L'elisir d'amore - Wiener Staatsoper, 18.11.2011

  • Neben der Aufführung von Wagner's Ring fanden an der Wiener Staatsoper natürlich auch noch andere Repertoire-Vorstellungen statt, doch gingen diese im Thielemann-Jubel fast vollständig unter.
    Das betraf auch eine Serie von Liebestrank-Vorstellungen, die zwar von den Namen her gut besetzt war, aber trotzdem enttäuschend ausfiel.


    Dem Staatsoperndirektor fehlen nach wie vor die richtigen Sänger für manche Opern. Aus welchen Gründen auch immer. Die vollkommen lieblos besetzten Mozart-Opern sind schon ein reines Ärgernis und trüben jede Freude an den Werken des Salzburger Meisters und ähnlich lustlos scheint dieser Liebestrank besetzt worden zu sein.


    Es war dies meine erste Begegnung mit Aleksandra Kurzak. Sie besitzt ein sehr schönes Timbre, die Stimme ist glasklar und aufgrund der guten Flexibilität scheint sie ideal für Opern des Belcanto zu sein. Man hat die Adina aber auch schon virtuoser gehört und so mancher Spitzenton geriet recht dünn, sodass sie vom Orchester stark zugedeckt wurde.
    Im Großen und Ganzen war es eine solide Leistung und vor allem optisch war sie wirklich hinreißend. Trotz leichter Einschränkungen war sie eine der besseren Rollenvertreterinnen die wir seit der Neuübernahme der Direktion des Hauses gesehen haben. Aber seit Tatiana Lisnic (noch zu Holländer's Zeiten) haben wir keine wirklich sehr gute Adina mehr in Wien gesehen. (Was wurde eigentlich aus dieser Sängerin? Früher hat sie an vielen bedeutenden Häusern gesungen, doch seit der Scheidung von Joseph Calleja sieht man sie gar nicht mehr. Schade.)


    Als Nemorino wurde Stephen Costello verpflichtet. Dafür, dass sein Timbre alles andere als schön ist, kann er nichts. Man hatte das Gefühl, dass er keine große Lust hat, den jungen Bauernburschen zu singen. Vielleicht lag das auch an seiner Passivität auf der Bühne.
    Vokal gab es jedenfalls einige Probleme. Die Stimme flatterte bei länger gehaltenen Tönen, die Höhen kamen nur mit Mühe, die Stimme wurde unruhig geführt und alles klang arg gequetscht. Mit Belcanto-Gesang hatte das nichts zu tun.
    Una Furtiva Lagrima fehlte es an Zartheit und wurde stellenweise viel zu laut vorgetragen. Es mangelte dem Sänger an dieser Stelle an jeglicher Intimität und Sensibilität. Ich habe noch nie einen so matten Applaus nach dieser Arie gehört, die schon bei mittelmäßigen Darbietungen oft bejubelt wird und bei wunderbarer Interpretation gar zu einem Showstopper werden kann.
    Auch darstellerisch machte er nichts aus der Rolle. Nie konnte man einen verliebten Nemorino sehen, der seine Adina anschmachtet. Dafür agierte Costello viel zu steif.


    Adam Plachetka als Dulcamara einzusetzen ist auch eine fragwürdige Entscheidung. Sicher, der junge Tscheche hat eine gute Bassstimme und gesanglich machte er das auch recht gut, auch wenn die Rolle noch viel mehr hergibt als Plachetka uns hören ließ. Doch fehlte ihm eine gewisse Reife für die Rolle, die er auch nicht witzig genug anlegte. Da war zu viel Ernsthaftigkeit und viel zu wenig Buffo in seinem Spiel.
    Hier wurde ein Ensemblemitglied völlig falsch eingesetzt.


    Die aus dem Inselstaat Trinidad und Tobago stammende Jeanine De Bique sang die Giannetta mit adäquater und hübscher, wenn auch etwas kleiner, Stimme.


    So lag es denn an Marco Caria den Abend zu retten. Der Sarde ließ seinen schönen „italienischen“ Bariton strömen und ließ schon bei seinem Auftrittsarioso aufhorchen.
    Auch als Typ ist er gut besetzt und ist ganz der fesche Sergeant. Dieser Belcore bereitete wirklich Freude, doch Caria alleine konnte den Abend nicht retten.


    Denn auch das Dirigat von Marco Armiliato war viel zu uninspiriert, um dem Werk und der Komödie gerecht zu werden. Er dirigierte die Musik Donizetti’s ohne jeglichen Charme und Witz. Es klang alles irgendwie eintönig und plätscherte belanglos vor sich hin.


    Für eine Staatsoper war das eindeutig zu wenig. Es gab zwar hin und wieder freundlichen Szenenapplaus, aber gute Stimmung oder gar Begeisterung kam niemals auf.
    Aber mit Sängern, die entweder ihre Anforderungen nicht erfüllen können oder auch in falschen Rollen eingesetzt werden, kann das auch nichts werden.
    So war denn auch der Schlußapplaus recht mager und dauerte keine vier Minuten.



    Gregor

  • Lieber Gregor,


    sehr schön geschrieben. Ich habe mir diese Serie erspart. Ich war seinerzeit im Liebestrank mit Netrebko/Nucci/Villazon drinnen - und wer einmal Juan Diego Flórez als Nemorino gehört hat, dann fällt es einem schwer, bei anderen Tenören in die Oper zu gehen.


    Was Tatjana Lisnic betrifft - ich habe gehört, dass sie vielleicht im nächsten Frühjahr gemeinsam mit ein paar Sängern der Staatsopern in Taiwan Vorstellungen der Nozze geben und die Susanna singen wird.

    Hear Me Roar!

  • Hätte ich mir auch sparen sollen, lieber Kurt.


    Florez hat mich seinerzeit nicht so begeistert wie dich. Ich hörte damals eine Dame in der Oper sagen "Er ist halt ein Rossini-Tenor, der jetzt auf Donizetti macht", und das traf es für mich genau. Da fehlte mir etwas.


    Danke für die Info über Frau Lisnic. Hoffentlich heißt das, dass sie auch mal wieder in Wien zu sehen sein wird.
    Habe mich zwar gestern abend kurz mit Joseph Calleja nach seinem Wien Konzert unterhalten, aber über seine Ex-Frau habe ich ihn wirklich nicht befragt. Das schien mir nicht passend - daran hätte ich auch ehrlich gar nicht gedacht. Da habe ich mit ihm doch über seine Pläne gesprochen.
    Da wir gerade bei Calleja sind - sein Nemorino hat mich für alle anderen verdorben. Ich glaube, ich werde nie mehr einen so herrlich gesungenen Nemorino hören. Das war meine erste Live-Begegnung mit ihm vor einigen Jahren und wird mir wohl immer im Gedächtnis bleiben.


    Gregor