Interpretation von Sinfonie - Konzert - Solostück und Oper bis hin zur Bearbeitung

  • Ein sperriger Threadtitel, der mir gar nicht gefällt, aber mir ist leider kein griffigerer eingefallen, der zum Thema passt.
    Es geht hier wieder mal um ein Argument der Regietheaterbefürworter, welche behaupten, daß extreme Interpretation von Instrumentalmusik an sich ebenso verfälschend wäre, als jene des Regietheaters.
    Wem das nicht genüge, der sehe doch auf die zahlreichen Bearbeitungen von berühmten Werken durch Zeitgenossen. Was in der einen Sparte gang und gäbe sei - das müsse auch in der anderen als legitim verstanden werden.
    Und so sei Regietheater ein legitimer Vorgang, der sich (mehr oder weniger) auf Traditionen im Orchesterbereich berufen könne. Sollte ich hier etwas mißverstanden haben, so wird man mich hier sicher korrigieren.........
    Mir geht es darum, die Fadenscheinigkeit solcher Behauptungen möglichst transparent zu machen - und sie zu entkräften.
    Es gibt in diesem Zusammenhang wichtige Unterschiede. Und speziell um diese dreht sich dieser Thread - NICHT aber um einzelne angeblich geglückte oder weniger geglückte Inszenierungen, die dem Regietheater zuzuorden sind.
    Ich werde - entgegen meiner sonstigen Gepflogenheit, bei diesem Thread sehr genau darauf schauen, daß er eng am Thema bleibt - und im Falle von Abweichungen - Löschungen vornehmen


    mit freundlichen GRüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred!

    Es geht hier wieder mal um ein Argument der Regietheaterbefürworter, welche behaupten, daß extreme Interpretation von Instrumentalmusik an sich ebenso verfälschend wäre, als jene des Regietheaters.


    Gibt es hier im Forum denn Regietheaterbefürworter?
    Und wer hätte gesagt, dass extreme Interpretation von Instrumentalmusik (wann wäre eine Interpretation denn extrem zu nennen?) verfälschend wäre?
    Und wer hätte gesagt, dass der Grad von Verfälschung derselbe wäre wie im Regietheater?
    Es müsste ja ein sehr dummer Zeitgenosse sein, der alle Regietheaterinszenierungen in solcher Weise über einen Kamm schert.


    Und so sei Regietheater ein legitimer Vorgang, der sich (mehr oder weniger) auf Traditionen im Orchesterbereich berufen könne.


    Wer hat das gesagt?


    Sollte ich hier etwas mißverstanden haben, so wird man mich hier sicher korrigieren.........


    Korrigieren - warum? Nur nachfragen, auf welche Aussagen Du Dich beziehst.


    Mir geht es darum, die Fadenscheinigkeit solcher Behauptungen möglichst transparent zu machen - und sie zu entkräften.


    Momentan klingt es für mich so, als ob Du dumme Aussagen aus der Luft greifst (möglicherweise inspiriert durch Äußerungen gewisser Forianer), um sie dann widerlegen zu können. Ich sage nicht, dass Du das tust - ich sage nur, dass es so auf mich wirkt. Wenn es so wäre, wäre es jedenfalls ziemlich billig - was ich natürlich nicht glauben mag.


    Ich freue mich auf Deine Belege und Deine Richtigstellungen bzw. Erläuterungen ... :hello:


    ... und speichere Diesen Beitrag vorsichtshalber mal ab, damit er im Falle einer Löschung wiederhergestellt werden kann.

  • Hallo Alfred,


    Ein sperriger Threadtitel, der mir gar nicht gefällt, aber mir ist leider kein griffigerer eingefallen, der zum Thema passt.


    Wie wäre es denn mit Noch Interpretation - oder schon Bearbeitung? - Über die Unterschiede in Darstellung und Rezeption klassischer Musik.?


    Es geht hier wieder mal um ein Argument der Regietheaterbefürworter, welche behaupten, daß extreme Interpretation von Instrumentalmusik an sich ebenso verfälschend wäre, als jene des Regietheaters. Wem das nicht genüge, der sehe doch auf die zahlreichen Bearbeitungen von berühmten Werken durch Zeitgenossen. Was in der einen Sparte gang und gäbe sei - das müsse auch in der anderen als legitim verstanden werden. Und so sei Regietheater ein legitimer Vorgang, der sich (mehr oder weniger) auf Traditionen im Orchesterbereich berufen könne.


    Na, dann sind die Fronten ja schon mal geklärt und auch dieser Thread wird sich vermutlich innerhalb kürzester Zeit in das übliche "Gefetze" zwischen den einen und den andern verwandeln :pfeif: Es ist zwar nicht wirklich mein Bier, aber manchmal könnten etwas neutralere Einleitungen zu einem neuen Thema einer sachdienlichen Diskussion hilfreicher sein, als der provokante Einstieg. Insbesondere, wenn durch die Forenleitung mit der Aussage


    Mir geht es darum, die Fadenscheinigkeit solcher Behauptungen möglichst transparent zu machen - und sie zu entkräften.


    auch gleich klar macht, was das von ihr gewünschte Ziel des Threads ist und damit die Freunde einer differenzierten Analyse nicht unbedingt zum mitmachen einlädt :no: So banal es klingt, aber ich denke, als "Vater des Forums" hat man nicht nur eine gewisse Autorität, sondern auch eine gewisse Verantwortung.


    Doch zurück zum Thema, zu welchem mir ersteinmal folgende Fragen eingefallen sind:


    • Sind konzertante Operaufführungen im Sinne des Werkes? Und falls ja, warum ist es dann eine Darstellung auf der Opernbühne in historisch nicht korrekten/m Kostümen/Bühnenbild nicht?
    • Ist die Darbietung einer Oper in der jeweiligen Landessprache der Bühne im Sinne des Werkes? Soetwas war ja bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchaus gang und gäbe. Und falls ja, wie sähe es dann mit einer Aufführung in Esperanto, Klingonisch oder irgendeiner beliebigen anderen Kunstsprache aus?
    • Durfte Christa Ludwig Schuberts Liederzyklus Winterreise singen? Und darf man das gut finden?


    Oder allgemeiner: Gibt es eigentlich einen erklärbaren Grund, warum die Fronten auf der Opernbühne offenbar für einige so klar und nicht verhandelbar sind, während dies bei Celibidaches Interpretationen/Bearbeitungen symphonischer Werke weit weniger der Fall ist? Läßt sich dieser Streit nicht nur psychologisch, sondern auch physiologisch begründen; schließlich kann der Mensch bei weitem besser sehen, als hören ... 8)

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich befürchte auch, daß uns der liebe Alfred keinen Gefällen mit der Thread-Erstellung und -Eröffnung getan hat. Dies mag unter angereichert daran liegen, daß differenzierte Argumentation nicht seine Stärke zu sein scheint. Dabei bietet das Thema, die Frage nach der Grenze zwischen Interpretation und Bearbeitung, doch viel Potential für eine qualitativ hochwertige Form des Diskurses! Sie auf die anscheinend immer wieder gerne durchgeführte Regietheater-Diskussion einzuengen mit sehr durchsichtigen Absichten, wird leider nicht dazu beitragen, die Qualität der Beiträge zu steigern. Pflegen doch diese Diskussionen mit einem wenig durchdachten und auch nicht hinreichend belegten Thesen-Geknalle zu enden. Zu guter Letzt erinnert noch der wenig sachdienliche Hinweis auf mögliche Löschungen doch sehr an eine Form der Redigierung, die im 18. Jahrhundert noch üblich war aber mit unseren demokratischen Vorstellungen einer freien Meinungsäußerung nur wenig gemein hat. Ich persönliche halte jedenfalls jede Form der Agentur für untragbar!


    Nun, nach der leider unumgänglichen Einleitung zum Thema:


    Mir scheint, daß viele hier die Grenze zwischen annehmbarer Variante (=Interpretation) und persönlich nicht mehr tolerierbarer Variante (=entstellende Bearbeitung) nicht vor dem Hintergrund einer analytischen und ergebnisoffenen Auseinandersetzung mit dem Werk bzw. der Aufführung ziehen. Vielmehr scheint hier der Faktor persönliche Hör- und Sehgewohnheit bzw. persönliche Hör- und Seherwartung das entscheidende Moment zu sein.


    Viele Schwierigkeiten in diesem Bereich scheint in der Tatsache begründet zu sein, daß wir ja erst seit wenigen Generationen, vielleicht seit ca. 100 Jahren, einen tiefgreifenden Wandel in der Aufführung und Rezeption von Musik erleben. Nicht mehr die aktuelle, die so eben entstehende und komponierte Musik steht im Zentrum der Aufführung sondern die Interpretation und Aufführung von Werken der gesamten Musikgeschichte. Ein Phänomen, das zwar in der Musik vermutlich am stärksten wahrnehmbar ist, aber durchaus auch auf die Bildenden Künste und das Theater zutrifft.
    Darüberhinaus erscheint mir das 20. und 21. Jahrhundert von dem bisher wohl divergierendsten Geschmacksbegriff gekennzeichnet zu sein. Das ist mit Sicherheit in der Öffnung der Gesellschaft begründet, wie sich diese Divergenz ja auch in gewandelten und sehr unterschiedlichen Erziehungs- und Moralverständnissen zeigt. Das bedeutet, daß sich ein wie auch immer gearteter "einheitlicher" Geschmack nicht mehr feststellen läßt.
    Dies scheint unmöglich zu machen, was bis ins 19. Jahrhundert hinein gang und gäbe war: Ein Werk an den Zeitgeist, an die Erwartungshaltung einer kulturtragenden Schicht anzupassen und so in diese Zeit passend verfügbar zu machen, eben weil es den kleinsten gemeinsamen Nenner eines gemeinsamen Geschmacksbegriffes in weitaus geringerem Umfang gibt.


    Vor diesem Hintergrund versuche ich nun für mich aufgrund von nachvollziehbaren Argumenten den Begriff einer Bearbeitung zu umreißen, ihn auf eine möglichst objektive Grundlage zu stellen und ihn dabei vom Begriff der Interpretation abzugrenzen. Das Ergebnis dieses Ansatzes darf durchaus als Diskussionsgrundlage angesehen werden, das gerne argumentativ auseinandergenommen und ad absurdum geführt werden darf. Ich fasse diesen Thread durchaus als Work in progress auf.
    Verlassen wir zunächst die Musik und werfen eine Blick in die Literatur. Unzweifelhaft werden wir eine Fassung etwa eines Romanes als Bearbeitung auffassen, wenn die textliche Gestalt verändert wird. Dies kann in mancherlei Gestalt erfolgen: als Kürzung oder als Übertragung eines Textes etwa des 16. Jahrhunderts in die Sprache des 20. Jahrhunderts. Immer dann wird der Leser darauf hingewiesen etwa mit den Worten "gekürzte Fassung" oder "in den Worten von" oder "nacherzählt von". Diese Texte werden gekauft und gelesen und dies vermutlich auch mit Genuß. Dennoch ist zu jeder Zeit erkenntlich, jedenfalls für denjenigen, den es interessiert, daß es sich um eine Bearbeitung handelt. Im anderen Falle, sprich einer Fassung des "originalen" Textes steht oft dabei "ungekürzte Fassung" oder "in der vom Autor authorisierten Fassung".
    Übertrage ich dies nun in die Musik ist z.B. eine gekürzte Fassung einer Oper eine Bearbeitung, wird hier doch in den Originaltext des Werkes eingegriffen. Daß dies natürlich auch gleichzeitig eine Interpretation ist, spielt keine Rolle. Durch die Kürzung verändern wir die Aussage des Stückes und damit auch die Aussage, den Ausdruckswillen des Komponisten. Geht diese Kürzung aber auf eine Praxis des Komponisten zurück, dann haben wir es nicht mit einer Bearbeitung sondern mit einer authorisierten Fassung zu tun. Ich denke schon hier wird deutlich, wie fließend der Übergang zwischen Interpretation und Bearbeitung ist.


    Ich persönlich ziehe die Grenze zur Bearbeitung recht eng, verstehe den Begriff der Bearbeitung aber keinesfalls negativ. Wenn man als Interpret den Boden der Partitur verläßt und einige Anweisungen werkverändernd ignoriert, dann fertigt man eine Bearbeitung an. So führt ein deutlich langsameres oder schnelleres Tempo eines Satzes zwangsläufig zu einer Bearbeitung wie auch die Aufführung einer Mozart-Sinfonie mit Instrumentarium des 20. Jahrhunderts zwangsläufig eine Bearbeitung ist. Denn durch diese Instrumente ergeben sich Balance- und Klangfarbenverschiebung wie sie sich ergeben, wenn ich diese Sinfonie für ein Blasorchester oder ein Streichquartett oder das Klavier arrangiere.


    Die Interpretation dagegen bewegt sich zunächst einmal auf dem Boden der Partitur des Textes. Das heißt: Äußere Gestalt, Besetzung des Werkes, Tempi, Dynamik, Artikulation wie sie uns vom Komponisten überliefert sind, stehen nicht zur Disposition sondern sind gesetzt.

  • Zitat

    Ich befürchte auch, daß uns der liebe Alfred keinen Gefällen mit der Thread-Erstellung und -Eröffnung getan hat. Dies mag unter angereichert daran liegen, daß differenzierte Argumentation nicht seine Stärke zu sein scheint


    Allmählich platzt mir der Kragen. Der süffisante Ton mir gegenüber ist nicht angebracht - ich bin derlei nicht gewöhnt - und werde mich auch inicht daran gewöhnen. - Und ich diskutiere auch nicht darüber !!!


    DIESER Thread wurde in aller Eile gestrickt um Abweichungen, die im Thread "Schach dem Regiethater" stattfanden HIER aufzufangen
    Der genannte Thread war nicht dazu gedacht darüber zu diskutieren inwieweit Regietheater legitim sei - sondern die Regietheatergegner wurden darin aufgefordert sich zu fomieren und zu beratschlagen wie man dem Regietheater endlich den Garaus machen könnte.


    Auch wenn Wolfram sich nicht daran erinnern kann oder will, hat er doch Regietheaterinszenierungen mit Bearbeitungen verglichen, bzw das Spielen von Beethovens Klaviermusik auf einem modernen Flügel. Und es war auch irgendwo die Rede davion (wer glaubt ich durchforste jetzt das ganze Forum nach den betreffenden Stellen, der irrt) daß schon INTERPRETATION eine Abweichung von der Werktreue darstellt.



    Zitat

    die anscheinend immer wieder gerne durchgeführte Regietheater-Diskussion einzuengen mit sehr durchsichtigen Absichten, wird leider nicht dazu beitragen, die Qualität der Beiträge zu steigern


    Zitat

    Pflegen doch diese Diskussionen mit einem wenig durchdachten und auch nicht hinreichend belegten Thesen-Geknalle zu enden


    Ich brauche kein Thesen -Geknalle - Es muß genügen, wenn diejenige für die Oper gemacht wird mehrheitlich sagen: Ich will nicht ! Punktum.


    Zitat

    Zu guter Letzt erinnert noch der wenig sachdienliche Hinweis auf mögliche Löschungen doch sehr an eine Form der Redigierung, die im 18. Jahrhundert noch üblich war aber mit unseren demokratischen Vorstellungen einer freien Meinungsäußerung nur wenig gemein hat,


    In erfolgreichen Konzernen, in der katholischen Kirche und anderen erfolgreichen Organisationen nimmt man nur wenig Rücksicht auf "demokratische Vorstellungen" - sondern man setzt Ziele - und erreicht sie. Und genau das mache ich auch. Wolfram weiß genau, daß ich bisher noch nie Beiträge gelöscht habe, nur weil die Verfasser anderer Meinung als ich waren. Gelöscht (und das meist nicht von mir - sondern von Seiten der Moderation - wurden vorzugsweise Beiträge, welche einen Künstler derart angriffen, daß eine Klage zu befürchten war, oder wenn eine öffentliche Copyrightverletzung vorlag, bzw wenn ein Moderator angegriffen wurde. Moderatoren sind sacrosanct - und somit ich auch. ich bitte dies freundlichst zur Kenntnis zu nehmen


    Zitat

    .......Regietheater-Diskussion einzuengen mit sehr durchsichtigen Absichten, wird leider nicht dazu beitragen, die Qualität der Beiträge zu steigern


    Wir sind mit Qualität und Quantität - sowie der Einschaltquote zufrieden - wie schon lange nicht mehr.....



    Zitat

    •Sind konzertante Operaufführungen im Sinne des Werkes? Und falls ja, warum ist es dann eine Darstellung auf der Opernbühne in historisch nicht korrekten/m Kostümen/Bühnenbild nicht?


    zur ersten Frage: NEIN
    Ich finde, daß konzertante Aufführungen eine Bankrotterklärung des Genre "Oper" sind.
    Oper lebt - neben der Musik - vom Bühnenbild, der Ausstattung und dem Flair vergangener Zeiten oder exotischer Länder
    Im Rahmen von konzertanten Aufführungen geht das alles verloren.
    Zudem hat man den Eindruck, daß hier gespart werden soll.........


    zur zweiten Frage:
    Eigentlich sollte sie mit der Beanwortung der ersten Frage bereits ebenfalls bentwortet sein, aber ich sehe doch einen
    gewaltigen Unterschied. Im ersten Falle wird das Publikum um optische Reize gebracht - es muß sie sich (trotz bezahltem Eintritt !)
    selbst vorstellen, Im zweiten Falle wird jedoch sogar das behindert, indem man durch Einsatz artfemder Kostüme und Bühnenbilder
    sogar das Entsehen von Illusionen verhindert, und dem Publikum ein entstelltes Werk aufzwingt.


    Zitat

    •Ist die Darbietung einer Oper in der jeweiligen Landessprache der Bühne im Sinne des Werkes? Soetwas war ja bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchaus gang und gäbe. Und falls ja, wie sähe es dann mit einer Aufführung in Esperanto, Klingonisch oder irgendeiner beliebigen anderen Kunstsprache aus?


    Wieder mehrere Fragen:


    Die Darbietung einer Oper in der jeweiligen Landessprache ist Geschmackssache. Zum einen versteht auch der Einsteiger ohne "Vorberietung" den Inhalt - aber es steht ausser Frag, daß der Inhalt verplumpt wird und manch musikalischer Effekt verlorengeht. Daher findet man beispielsweise nur mehr selten italienische Opern in deutscher Sprache.


    ABER: Hand aufs Herz:
    Wer möchte die "Verkaufte Braut schon auf Tschechisch hören ? - Die tschechische Sprache ist einfach ein Graus.


    Zitat

    •Durfte Christa Ludwig Schuberts Liederzyklus Winterreise singen? Und darf man das gut finden?


    Natürlich durfte sie das. Und natürlich darf man das für gut finden.
    Ich persönlich mag aber nicht, wenn Frauen Lieder singen, die für Männer geschrieben wurden
    (BTW - ich habe vor Jahrzehnten Christa Ludwig live diesen Zyklus singen hören - wenn ich mich richtig erinnere, war es im Wiener Musikverein.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • In erfolgreichen Konzernen, in der katholischen Kirche und anderen erfolgreichen Organisationen nimmt man nur wenig Rücksicht auf "demokratische Vorstellungen" - sondern man setzt Ziele - und erreicht sie. Und genau das mache ich auch.

    Tamino mit erfolgreichen Konzernen oder der katholischen Kirche gleichzusetzen, halte ich etwas für gewagt. Der Beitrag von
    flutedevoix ist m.E.ok. Süffisant finde ich die Einleitungsworte nicht. Die Bemerkung betreffend "differenzierte Argumentation"
    dem Forenbetreiber gegenüber vor dem Hintergrund nur dieses Threads ist natürlich völlig daneben. Viel Lesen im Forum brächte
    völlig andere Einsichten.

    Ich finde, daß konzertante Aufführungen eine Bankrotterklärung des Genre "Oper" sind.
    Oper lebt - neben der Musik - vom Bühnenbild, der Ausstattung und dem Flair vergangener Zeiten oder exotischer Länder
    Im Rahmen von konzertanten Aufführungen geht das alles verloren.

    Das sehe ich als Gegner des Regietheaters zwar auch so, finde aber das, was zur Zeit in Berlin passiert (Janowski - Wagner) immer noch besser, als den Schwachsinn "Regietheater live oder im TV".


    Die Darbietung einer Oper in der jeweiligen Landessprache ist Geschmackssache. Zum einen versteht auch der Einsteiger ohne "Vorberietung" den Inhalt - aber es steht ausser Frag, daß der Inhalt verplumpt wird und manch musikalischer Effekt verlorengeht. Daher findet man beispielsweise nur mehr selten italienische Opern in deutscher Sprache.

    Es ist aber überliefert, dass Eberhard Waechter als Direktor der Wiener Staatsoper in der Staatsoper das Werk in Originalsprache und das gleiche Werk in der Volksoper in deutscher Sprache aufführen zu lassen. Er wird dafür schon seinen Grund gehabt haben.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hiezu ist zu sagen,, daß die VOLKSoper - wie der Name schion sagt - kein erstes Haus - sondern ein (gutes ) zweites war.
    Hier wurde teilweise Operette gespielt, teilweise Opern in deutscher Sprache. -und sogar Musical.
    In Bezug auf "OPER" wurden einerseits Nachwuchskräfte, andrerseite Kräfte eingesetzt, die ihre beste Zeit an der Wiener Staatsoper bereits hinter sich hatten.
    Manche jedoch, zb. Karl Dönch starteten dort eine "zweite Karierre" die noch erfolgreicher war als jene der Staatsoper. Die Volksoper hatte ein bestimmtes Publikum, das bestimmte Anforderungen ans Haus stellte. Als Direktor der Wiener Volksoper (1987-92) war er surchaus erfolgreich - und 1991 kam die Staatsoper dazu -das war die Ausgangsposition für ein "zweisprachiges Programm" Durch seinen plötzlichen Herzinfarkt mit tödlichem Ausgang konnte vieles nicht mehr verwirklicht werden. Ich bin sicher, wenn der Herr Baron als Mit-Direktor der Wiener Staatsoper geblieben wäre - hätte sich das Regietheater dort nicht etablieren können.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich komme mal auf den letzten Beitrag von Flutedavoix zurück, ab jener Stelle wo er sich nach der "leider unumgänglichen" Einleitung (ich empfinde sie als frech und penetrant) dem sachlichen Teil zuwendet:



    Zitat

    Mir scheint, daß viele hier die Grenze zwischen annehmbarer Variante (=Interpretation) und persönlich nicht mehr tolerierbarer Variante (=entstellende Bearbeitung) nicht vor dem Hintergrund einer analytischen und ergebnisoffenen Auseinandersetzung mit dem Werk bzw. der Aufführung ziehen. Vielmehr scheint hier der Faktor persönliche Hör- und Sehgewohnheit bzw. persönliche Hör- und Seherwartung das entscheidende Moment zu sein.


    JEIN - Prinzipiell könnte dies für "romantisierenden Beethoven" - aber der stand ja zeitlich an der Schwelle zur Romantik - noch gelten.
    Nicht aber passt dies auf eine Verschiebung von Inhalten in eine andere Zeit, ein anderes Land, ein anderes Milieu.
    Das sind vorgegebene Parameter. Wer daran rüttelt zerstört das Werk.In Bezug auf diese Punkte gibt es für mich keinen Konsens.



    Zitat

    Viele Schwierigkeiten in diesem Bereich scheint in der Tatsache begründet zu sein, daß wir ja erst seit wenigen Generationen, vielleicht seit ca. 100 Jahren, einen tiefgreifenden Wandel in der Aufführung und Rezeption von Musik erleben. Nicht mehr die aktuelle, die so eben entstehende und komponierte Musik steht im Zentrum der Aufführung sondern die Interpretation und Aufführung von Werken der gesamten Musikgeschichte. Ein Phänomen, das zwar in der Musik vermutlich am stärksten wahrnehmbar ist, aber durchaus auch auf die Bildenden Künste und das Theater zutrifft.


    Kein Einspruch von meiner Seite, bis vielleicht auf die Kleinigkeit, daß ich hier keine Schwierigkeiten sehe.
    Oper und Klassische Musik sind schwerpunktmäßig museale Künste. Das ist durchaus kein Nachteil und bietet viele Möglichkeiten.
    Ich gehe davon aus, daß ein Gutteil des Publikums gerade deshalb diese Kunstformen so liebt.



    Zitat

    .....sondern die Interpretation und Aufführung von Werken der gesamten Musikgeschichte


    Das ergibt natürlich eine ungeheure Vielfalt . Wier haben wesentlich mehr Programm-Möglichkeiten, als ein selbst ein Fürst des 17. Jahrhunderts je zur Auswahl hatte.



    Zitat

    Darüberhinaus erscheint mir das 20. und 21. Jahrhundert von dem bisher wohl divergierendsten Geschmacksbegriff gekennzeichnet zu sein. Das ist mit Sicherheit in der Öffnung der Gesellschaft begründet, wie sich diese Divergenz ja auch in gewandelten und sehr unterschiedlichen Erziehungs- und Moralverständnissen zeigt. Das bedeutet, daß sich ein wie auch immer gearteter "einheitlicher" Geschmack nicht mehr feststellen läßt.


    Dieser schöne Satz sagt in letzte Hinsicht lediglich (geschickt verschleiert), daß sich Leute in die Gesellschaft gedrängt haben - und sie von innen heraus aushöhlen,. indem sie traditionelle Werte in Frage zu stellen wagen und ihren schlechten Geschmack in unsere Gesellschaft tragen. Das ist der ERSTE Schritt - anschliessen wollen sie ihr Nivaeu zum Maß aller Dinge machen - siehe mein Lieblingsthema Regietheater - aber auch in Sachen bildendre Kunst und zeitgenössischer Musik ist dieser Verfall sichtbar. Schon das Wort "Elite" wird oftmals als "Unwort" gesegen - vor allem von jenen die keine Chance haben jemals einer anzugehören...



    Zitat

    Dies scheint unmöglich zu machen, was bis ins 19. Jahrhundert hinein gang und gäbe war: Ein Werk an den Zeitgeist, an die Erwartungshaltung einer kulturtragenden Schicht anzupassen und so in diese Zeit passend verfügbar zu machen, eben weil es den kleinsten gemeinsamen Nenner eines gemeinsamen Geschmacksbegriffes in weitaus geringerem Umfang gibt.


    Es wäre einfach - man muß es nur wollen.
    Man schirme sich selbst und seine Clique weitgehend gegen Ausseneinflüsse ab. - und man ist dort wo man will
    WENN man es denn will...


    Zum Rest des Textes gibt es keine Kommentare von meiner Seite , da es hier scheinbar Übereinstimmung gibt...


    a.s..

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred!


    Nicht aber passt dies auf eine Verschiebung von Inhalten in eine andere Zeit, ein anderes Land, ein anderes Milieu.
    Das sind vorgegebene Parameter. Wer daran rüttelt zerstört das Werk.In Bezug auf diese Punkte gibt es für mich keinen Konsens.


    Ist Verdis Maskenball, der vom Komponisten nach der Komposition in ein anderes Land verlegt wurde, für Dich eine ansehbare Oper? Oder fällt diese auch unter Dein Verdikt?



    Oper und Klassische Musik sind schwerpunktmäßig museale Künste. Das ist durchaus kein Nachteil und bietet viele Möglichkeiten.


    Das ist wohl der tiefste Dissens, den wir haben. Ich verbinde klassische Musik und Oper mit allem Möglichen - aber nicht mit einem Museumsbesuch.


    Ein Museumsangestellter mag dies anders sehen. Wie sagte Watzlawick: "Wer als einziges Werkzeug einen Hammer hat, der sieht in jedem Problem einen Nagel".


    Klassische Musik und Oper sind für mich eigentlich nur dann von Interesse, wenn sie heute etwas in mir bewegen. Die Nofretete in Berlin kann ich bestaunen, sie löst einen gewissen ästhetischen Reiz in mir aus, ich bewundere den damaligen Stand des Kunsthandwerks. - Klassische Musik geht (für mich) viel weiter, sie berührt mich in meinem Hier und Jetzt.



    Das ergibt natürlich eine ungeheure Vielfalt . Wier haben wesentlich mehr Programm-Möglichkeiten, als ein selbst ein Fürst des 17. Jahrhunderts je zur Auswahl hatte.


    Da stimme ich vollkommen zu! Und erst die Möglichkeiten, konservierte Musik zu hören ...



    Dieser schöne Satz sagt in letzte Hinsicht lediglich (geschickt verschleiert), daß sich Leute in die Gesellschaft gedrängt haben - und sie von innen heraus aushöhlen,. indem sie traditionelle Werte in Frage zu stellen wagen und ihren schlechten Geschmack in unsere Gesellschaft tragen.


    Ach ja. Die übliche Weltverschwörungstheorie. Irgendwelche grünen Männchen kamen von außen und haben komische Dinge in die Gesellschaft getragen und damit alles verändert. So ein Quatsch.


    Die gesellschaftlichen Veränderungen (welche meinst Du eigentlich - die 68er? Gab es die in felix austria?) kamen von innen.



    Das ist der ERSTE Schritt - anschliessen wollen sie ihr Nivaeu zum Maß aller Dinge machen - siehe mein Lieblingsthema Regietheater - aber auch in Sachen bildendre Kunst und zeitgenössischer Musik ist dieser Verfall sichtbar.


    Sie können ihr Niveau immer nur dann zum Maß aller Dinge machen, wenn man sie lässt.


    Ich bin ja durchaus bereit, teilweise zuzustimmen. Wenn vor 50 Jahren etwa 10% der Jugendlichen ein Abitur (Österreich: Matura) machte und heute mehr als 50%, und wenn darüber hinaus die Intelligenzverteilung Jugendlicher heute in etwa dieselbe ist wie vor 50 Jahren (was ich mal voraussetze) und wenn die Wahrscheinlichkeit, ein Abitur zu machen, positiv mit der Intelligenz korreliert ist (was ich hoffe), dann bedeutet dies, dass das Niveau des Abiturs gesunken sein muss, d. h. es wurde entwertet. (Vorausgesetzt, dass alle, die die notwendige Intelligenz vor 50 Jahren hatten, auch tatsächlich ein Abitur abgelegt hatten.) Cui bono?


    Aber das Niveau bei der Wiedergabe von Musik bis ca. 1800, insbes. Barockopern, aber auch Klassisches, ist in den letzten 50 Jahren in atemberaubender Weise gestiegen! Das kann man doch nicht leugnen? Und auch das technische Niveau bei Pianisten und Geigern hat sich unglaublich entwickelt. Auch das kann man nicht leugnen.


    Mir geht die Annahme, es gäbe einen durchgängigen Verfall des Niveaus, zu weit.


    Aus persönlicher Sicht möchte ich hinzufügen, dass ich es allerdings angemessen fände, wenn diejenigen, die vom Verfall reden, sich erstmal einer akzeptablen Orthographie und Argumentation befließigen würden, bevor sie Halbwahrheiten über das Niveau anderer Menschen absonderten.



    Man schirme sich selbst und seine Clique weitgehend gegen Ausseneinflüsse ab. - und man ist dort wo man will. WENN man es denn will...


    Die meisten Menschen würden es mit sich alleine doch gar nicht aushalten. Obwohl, mancher ist überzeugt davon:

    Ich höre immer wenn ich bei Tamino surfe via Kopfhörer - zudem bin ich eine Nachteule mit wenig Schlafbedarf..keine nervenden Kinder, keine Ehefrau - ein beinahe paradiesischer Zustand für einen Egomanen.....

  • Das ist wohl der tiefste Dissens, den wir haben. Ich verbinde klassische Musik und Oper mit allem Möglichen - aber nicht mit einem Museumsbesuch.
    [...]
    Klassische Musik und Oper sind für mich eigentlich nur dann von Interesse, wenn sie heute etwas in mir bewegen. Die Nofretete in Berlin kann ich bestaunen, sie löst einen gewissen ästhetischen Reiz in mir aus, ich bewundere den damaligen Stand des Kunsthandwerks. - Klassische Musik geht (für mich) viel weiter, sie berührt mich in meinem Hier und Jetzt.


    Nun, das ist eine Frage des subjektiven Kunstwahrnehmens.
    An sich ist es aber zumindest erstmal schlüssiger, klassische Musik und Oper ebenso wie Malerei und Bildhauerei als museale Künste aufzufassen als hier eine nicht haltbare Einteilung zu treffen.
    Ein Gemälde von Turner ist genauso museal oder eben nicht wie eine Oper von Richard Wagner. Beides hat eine Bindung an seine Entstehungszeit und eine überzeitliche Aussage.
    Dass die Nofretete bei Dir wesentlich weniger Empfindungen auslöst ist schlicht ein Ergebnis einer eher einseitig auf Musik - das einseitig soll bitte nicht wertend verstanden werden - ausgerichteten Wahrnehmung. Mich etwa vermag eine Canova-Skulptur durchaus ebenso tief zu berühren wie Beethovens 9. Symphonie. Doch was würde denn nun ein begeisterter Liebhaber romantischer Landschaftsgemälde, mithin also eines Sujets, das nichts an Aktualität verlieren kann, sagen, der zur Musik einen rein analytischen Zugang hat? Dass die Malerei des 19. Jhdts. eine Kunst ist, die uns in der heutigen Zeit sehr viel zu geben vermag, während Brahms und Wagner lediglich von historischem Interesse sind, ein Dokument der musikalischen Praxis ihrer Zeit?


    Hiermit wurde die Sonderstellung der Musik als nicht-museal schon an ihre Grenzen geführt.
    Natürlich, die Interpretation ist ein Ereignis unserer Zeit, ein Bild wird nicht interpretiert.
    Aber auch die Ausstellungskonzepte haben sich gewandelt. Einen Rubens in einem nüchteren, quasi nicht präsentem Museumsraum des 21. Jahrhunderts zu präsentieren ist in mancherlei Hinsicht wesentlich drastischer als alles, was das Regietheater aufzubieten hat.


    Ich würde sagen, jegliche Form von Kunst, welche eine Aussage hat - und darin schließe ich auch explizit die rein ästhetische mit ein - die auch nur irgendwie in unserer Zeit noch verstanden werden kann, ist per se nicht museal in dem Sinne, wie dieses Wort hier gebraucht wurde.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

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  • Natürlich, die Interpretation ist ein Ereignis unserer Zeit, ein Bild wird nicht interpretiert.


    Das ist der entscheidende Satz.


    Ich würde sagen, jegliche Form von Kunst, welche eine Aussage hat - und darin schließe ich auch explizit die rein ästhetische mit ein - die auch nur irgendwie in unserer Zeit noch verstanden werden kann, ist per se nicht museal in dem Sinne, wie dieses Wort hier gebraucht wurde.


    Auch da stimme ich zu. Bei der Nofretete siehe ich diese Aussage aber nicht - ich bin bei Skulpturen allerdings auch nicht im Mindesten dafür sensibilisiert, wo ich denn die Aussage sehen könnte.

  • Zitat

    Zitat von Wolfram: Ist Verdis Maskenball, der vom Komponisten nach der Komposition in ein anderes Land verlegt wurde, für Dich eine ansehbare Oper?

    Ja, warum nicht? Die von Textdichter und vom Komponisten vorgegebene Handlung ist Grundlage (Fundament) der darauf komponierten Musik. Wenn der Komponist seine Musik nun auf eine andere Grundlage stellt, ist das für mich durchaus legitim. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn ein moderner Komponist dieselbe Handlung als Grundlage seiner Musik nimmt. Dann aber ist die Oper auch von diesem Komponisten und wird als solche deklariert. Der Regisseur des sogenannten "Regietheaters" aber greift eigenmächtig das Werk ein und vernichtet ihr Fundament, und damit stürzt für mich das ganze Haus ein.


    Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Für mich - und das habe ich schon an derer Stelle gesagt - hinkt der Vergleich mit der Interpretation eines Instrumentalstückes sehr stark. Hier sind Grundlage die Noten, und ich kenne keine Interpretation, in der man das Werk nicht wiedererkennt.
    Und nun zur Bearbeitung instrumentaler Werke. Wenn Mozart sein Oboenkonzert selbst in ein Flötenkonzert umwandelt und in eine andere Tonart setzt, bekommt dies sicherlich eine andere Färbung. Es wird aber dann auch als Flötenkonzert deklariert( Welches der beiden besser ist, mag jeder für sich entscheiden). Das gilt auch für andere Bearbeitungen. Wenn Bach von Busoni oder Mussorski von Ravel (oder Stokowski) bearbeitet wird, weiß ich ganz genau, dass dies eine Bearbeitung ist und worauf ich mich einlasse. Und die Bearbeitung ist ein selbständiges Werk, dem ich zuhören kann, ohne mir dazu völlig abwegige Bilder ansehen zu müssen (Auch so etwas wird ja schon mal bei Instrumentalwerken praktiziert, z.B. gewissen Videoclips, und wer's für seine Phantasie braucht, soll sich das meinetwegen ansehen. Ob er dabei immer hinter die Phantasien des Machers kommt, möchte ich bezweifeln).
    Die Oper ist aber auf einer eindeutigen Handlung aufgebaut. Wird dieses Fundament zerstört, aber dennoch das Werk als das des Komponisten ausgegeben, ist das für mich ein schweres Vergehen am Werk.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Ich würde sagen, jegliche Form von Kunst, welche eine Aussage hat - und darin schließe ich auch explizit die rein ästhetische mit ein - die auch nur irgendwie in unserer Zeit noch verstanden werden kann, ist per se nicht museal in dem Sinne, wie dieses Wort hier gebraucht wurde.


    Ich glaube hier manifestiert sich doch ein wesentlicher Punkt an dem letztendlich alle Diskussion über Musik (sei es Regie oder Interpretation), über bildende Künste und alle anderen "schönen Künste" sich schwer tut, wenn nicht gar scheitert:


    Die einen Liebhaber nähern sich diesen Künsten mit einer nahezu rein kosumierenden Haltung. Für diese ist es eine Aufführung oder ein Bild gelungen, wenn es ihnen gefällt. Völlig unabhängig von irgendwelchen handwerklichen Fertigkeiten oder dem Werk zu Grunde liegenden ästhetischen Auffassungen. Für diese Gruppe steht das Wohlfühlen, das Aufgehen in dieser Kunst an allererster Stelle. Anregungen über das Wesen oder die hinter der Kunst stehenden Überlegungen spielen keine Rolle. Hintergrundwissen und Wissenserweiterung, die der persönlichen Auffassung, die man liebgewonnen hat, wird skeptisch oder gar offen ablehnend eingeordnet und als stören empfunden.


    Die anderen ringen auch in der hörenden oder betrachtenden Nachempfindung eines Kunstwerkes mit den Emotionen, stellen die Frage nach der Aussage des Werkes und dem Willen und Wollen des Schöpfers des Kunstwerkes. Dabei zeigen sie sich offen für jede Information und versuchen aufgrund dieser Informationen sich dem Werk immer neu zu nähern, ein tieferes Verständnis für das Werk in seiner ästhetischen Zeitgebundenheit und in seiner Wirkung im Heute zu finden.


    Für die einen ist die Kunst ein musealer Besuch in einer längst vergangenen Zeit, ein Betrachten dieser Zeit von außen ohnen näheren Bezug zum heute. Die anderen sehen darin eine aufregende und natürlich irrationale Zeit- und Gefühlsreise und versuchen dieses Erlebte ins hier und jetzt zu übertragen.


    Trotz llem bleibt die Frage nach dem Verhältnis von Interpretation und Bearbeitung oder in die Praxis formuliert, warum auf der einen Seite, der musikalischen Seite, eine Modernisierung der Werke durchaus eingefordert und geradezu als conditio sine qua non angesehen wird, Teile dieser Gruppe aber vehement den gleichen Vorgang der anderen Seite, der darstellenden bzw. inszenierenden Seite, absprechen und verwehren.


    Gibt es dafür einleuchtende Argumente oder ist es eine Art von Schizophrenie?
    Ist Interpretation in der Musik etwas anderes als in der Regie? Und wenn ja, worin begründet sich der Unterschied? Wo genau sind dann in jedem Aspekt die Grenzen?
    Entspringt die Musik einem anderen ästhetischen Ideal als das Bühnenbild?


    Man könnte die Diskussion sogar noch viel weiter fassen und die Frage nach dem Libretto einbeziehen:
    Schadet ein schlechtes Libretto der Musik?
    Hält eigentlich immer das Libretto die qualitative Höhe der Musik?
    Sind abstruse Handlungsstränge nicht das Todesurteil einer drammatischen Musik?


    Fragen über Fragen und dazu alle noch ernst gemeint!

  • ... schließlich kann der Mensch bei weitem besser sehen, als hören


    Das ist ein großer Irrtum! Messtechnisch ist das Ohr das wesentlich empfindlichere Sinnesorgean!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,



    Das ist ein großer Irrtum! Messtechnisch ist das Ohr das wesentlich empfindlichere Sinnesorgean!


    da lasse ich mich gerne aufklären. - Ich bin jetzt z.B. davon ausgegangen, dass ich mit dem bloßen Auge z.B. den Mond sehen kann, der ja eine nicht unerhebliche Entfernung zu meinem physikalischen Standpunkt aufweist, von den Sternen ganz zu schweigen. Wie gut müsste ich hören um eine vergleichbare "Trennschärfe" zu erreichen? - Vielleicht vergleiche ich hier aber auch Äpfel mit Birnen ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Hallo Theophilus, hallo MSchenk,


    na ja, die Frage ist, was das tertium comparationis beim Vergleich der Empfindlichkeiten von Auge und Ohr sein soll.


    Das Ohr hört Frequenzen von ca. 16 Hz - 16384 Hz (idealisiert, 16.384 = 16 * 2^10), also ca. zehn Oktaven.
    Das Auge sieht Frequenzen von ca. 385 THz bis 789 THz, also etwas mehr als eine Oktave.


    Der lauteste Ton, der ohne Gehörschädigung gehört werden kann, hat einen rund dreimillionenmal höheren Schalldruck als der leiseste gerade noch wahrnehmbare Ton. Wären wir auch nur etwas hellhöriger, würden wir hören, wie die Luftmoleküle aneinander stoßen. Was ziemlich lästig wäre. - Eine Schallenergie von 10^-18 Joule genügt, um auditiv etwas wahrzunehmen.


    Die Empfindlichkeit des Auges ist (im Gegensatz zum Ohr) abhängig von der jeweiligen Adaption. Wer aus einem dunklen Keller ins helle Sonnenlicht tritt, braucht ein, zwei Minuten, bis ihn das Licht nicht mehr schmerzt. Umgekehrt braucht man so lange, um überhaupt etwas zu erkennen.


    Die bestmögliche erreichbare Empfindlichkeit liegt bei ca. 10^-5 cd/m^2, und zwar nur für die Stäbchen, d. h. ohne Farbensehen. Welcher Energie bzw. Leistung das entspricht, müsste ich lange nachrechnen.


    Dass wir den Mond sehen (und mit bloßen Auge auch bei idealen Bedingungen [dunkler Himmel] die Andromeda-Galaxie in ca. 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung), hängt daran, dass Licht verlustfrei durch das Vakuum geht und überhaupt durch das Vakuum geht. Schall tut das nicht. Schall braucht Luft, um sich fortzupflanzen, und die Reibung der Luftmoleküle entzieht den Schallwellen Energie. Das setzt der Schallausbreitung Grenzen.


    Dass wir theoretisch unendlich weit sehen können (eine hinreichend starke Lichtquelle vorausgesetzt und die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit ignoriert), aber nicht unendlich weit hören können, liegt also an den Gesetzen der Ausbreitung von Licht und Schall - und nicht an unseren Sinnesorganen.


  • Zitat (MSchenk) "Sind konzertante Operaufführungen im Sinne des Werkes? Und falls ja, warum ist es dann eine Darstellung auf der Opernbühne in historisch nicht korrekten/m Kostümen/Bühnenbild nicht?"


    zur ersten Frage:
    NEIN. Ich finde, daß konzertante Aufführungen eine Bankrotterklärung des Genre "Oper" sind. Oper lebt - neben der Musik - vom Bühnenbild, der Ausstattung und dem Flair vergangener Zeiten oder exotischer Länder. Im Rahmen von konzertanten Aufführungen geht das alles verloren. Zudem hat man den Eindruck, daß hier gespart werden soll.........


    jetzt bin ich zugegebenermaßen ratlos! - Wenn ich dies in letzter Konsequenz weiterdenke, wären damit doch auch Opernaufnahmen auf Tonträgern eine ebensolche Bankrotterklärung. Eigentlich sogar noch viel mehr, da sie dem Kunswerk Oper nicht nur die Visualisierung, sondern zudem den öffentlichen Raum, für welchen sie ja in den meisten Fällen durchaus gedacht ist, nehmen. Selbiges gilt für Konzerte klassischer Musik. Weiter besteht so gesehen keine Legitimation, z.B. eine Bachsche Kantate außerhalb eines Kirchenraumes aufzuführen ... Warum dürfen heutzutage überhaupt noch Werke der klassischen Musik bzw. Oper aufgeführt werden? Schließlich hat sich der gesamte gesellschaftlich-kulturell-politische Kontext seit z.B. der Uraufführung einer Zauberflöte offensichtlich doch erheblich verändert.


    So gesehen bin ich dann tatsächlich vollkommen dabei, wenn es eigentlich nur noch dazu taugt, die ganzen Partituren museal verstauben zu lassen. Ein bisschen Schade drum ist´s aber schon ... !?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hallo Wolfram,


    vielen Dank für die prompten Ausführungen. - So gesehen bin ich dann natürlich bei Theophilus und räume meinen schnell geschossenen Irrtum unumwunden ein. - Allerdings ist mir hierbei noch ein weiterer Aspekt eingefallen: Nämlich der der möglichen Informationsaufnahme. Wer kennt nicht das Sprichwort "Ein Bild sagt mehr, als tausend Worten!". Und tatsächlich geht es mir oft so, dass ich recht gerne Bilder male, bevor ich lange erkläre bzw. umgekehrt mir Bilder beim Verständnis oft weiterhelfen (Aber Vorsicht! Einer meiner Professoren sagte einmal sinngemäß dass Bilder in der Mathematik zwar sehr schön und dem ersten Verständnis durchaus zuträglich, jedoch meistens falsch seien! - Ich gemahne da nur an die 7te "Gerade" der Fano-Ebene ;) ).


    Wenn also Bilder weniger eindrücklich wären, würde vielleicht so mancher die "falschen" auf der Opernbühne nicht als so störend empfinden ... :hahahaha:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich anworte leider immer sehr stark zeitlich verzögert


    Zitat

    Ist Verdis Maskenball, der vom Komponisten nach der Komposition in ein anderes Land verlegt wurde, für Dich eine ansehbare Oper? Oder fällt diese auch unter Dein Verdikt?


    Keine gute Wahl, dieses Beispiel:
    Es ist überliefert, daß Verdi bei solchen erzwungenen Änderungen stets tobte - und gelegentlich sogar dachte, das Werk zurückzuziehen.


    Ich zitiere aus Wikipedia:


    Zitat

    Die Zensur schrieb die Oper total um, nannte sie nun Adelia degli Adimari, und Verdi musste praktisch jede Szene der Oper vor der Zensur rechtfertigen. Der Komponist war aufs höchste entrüstet. Da sich das Volk und einige Persönlichkeiten Neapels hinter den Komponisten stellten, kam es zu Tumulten. Es gab Demonstrationen gegen die Regierung und für die künstlerische Freiheit eines Komponisten. Schließlich entband der König Verdi aus seinem Kontrakt. Verdi verließ die Stadt und wollte nie wieder eine Oper für Neapel schreiben



    [jpc]Das Teatro Apollo in Rom bot Verdi an, seine neue Oper dort aufzuführen. Doch dort machte die päpstliche Zensur zunächst ebenfalls Probleme. Man gab sich dann allerdings damit zufrieden, wenn die Handlung nach Boston verlegt werde und einige Personen, vor allem die Adligen, umbenannt würden. Die Musik und der Text wurden beibehalten. Der Titel des Stückes aber wurde umbenannt in Un ballo in maschera.[/jpc]


    Zitat

    Heute wird immer häufiger wieder die Originalversion der Oper mit König Gustav aufgeführt, was mit Sicherheit im Sinne des Komponisten sein dürfte


    Soviel zum Maskenball.....


    Zitat

    Das ist wohl der tiefste Dissens, den wir haben. Ich verbinde klassische Musik und Oper mit allem Möglichen - aber nicht mit einem Museumsbesuch.
    Ein Museumsangestellter mag dies anders sehen. Wie sagte Watzlawick: "Wer als einziges Werkzeug einen Hammer hat, der sieht in jedem Problem einen Nagel".


    Ich verbinde klassische Musik sehr wohl mit dem musealen Aspekt - vermutlich liebe ich sie gerade deshalb so.
    Das hat mit meinem Beruf als "Museumsangestellter" eigentlich nichts zu tun, denn daß ich derzeit im Museum arbeite ist eher einem Zufall zuzuschreiben.
    Ich bin Buchhändler, habe dann des Geldes wegen auf Photokaufmann umgesattelt , war im HIFI-Bereich tätig und besaß zuletzt 3 Shops für Computer.


    Mit zeitghenössischer Musik konnte ich schon in frühester Jugend nichts anfangen - ich errinnere mich, daß ich die Karten für ein "Jeunesse-Konzert" im Wiener Konzerthaus - "Lutoslawsky dirigiert Luitoslawsky" mit den Worten kommentierte: "Immer wenn sich ein unanhörbarer Dreck nicht verkaufen lässt, weil ihn niemand hören will - stopft man ihn in ein Abonnementkonzert für die Jugend"


    Est seit ich das Forum betreibe höre ich Musik des 20, Jahrhunderts. Als ich gestern Bartok aus Bildungsgründen hörte und mich im Selbstgespräch fragte, ob dies jemand auch freiwillig höre. da richtete meine Mutter anklagend den Zeigefinger auf mich und sagte mit unverhohlener Verachtung "DUUU !"


    ___________________


    Beim Geniessen von Kunstwerken steht einerseits der optische- akustische Genuss im Vordergrund, und zudem noch die historischen Hintergründe zur Entstehung. Mehr Anteil nehme ich weder an Bildern, noch an Opern.
    Mich stört, wenn ein Rembrandt eine historische Begebenheit mit falschen Kostümen malt, bloß weil er die entsprechenden Kenntnisse nicht hatte.
    Daher ist meine Domäne die Portraitmalerei, und die Genremalerei. Beide sind "Zeitfenster" und manchen mich quasi zum Herrn über die Zeit. Ich begebe mich auf eine Zeitreise in die Vergangenheit,.
    Ähnlich ist es hier bei der Oper. Mich reitzt am Freischütz (abgesehen von der Musik) die Athmosphäre um 1650, ebenso wie die Spukeffekte, die dem Zeitgeist der Romantik geschildet sind, wobei ich es belustigend und aufschlußreich finde wie das Couplet von der Muhme zeigt, daß auch schon damals kritik am Aberglauben in spöttischer Form - wenngleich nur zögerlich -geübt wurde....
    Ansonst interessiert mich eine Geschichte, von der ich im voraus weiß wie sie ausgehen wird - überhaupt nicht.



    Zitat

    Ist Interpretation in der Musik etwas anderes als in der Regie?


    Nicht wirklich
    ABER
    Es handelt sich beim sogenannten Regietheater nicht mehr um Regie im eigentlichen Sinne.
    Die Regie ist aus den ihr auferlegten Grenzen (Libretto) gestiegen und hat sich verselbständigt.
    Sie erbringt "unerwümschte Leistungen"
    Mir fällt dazu als Vergleich ein, wenn ich eine Reinuigungfsfirma beauftrage die Fassade meines Hauses zu reinigen,
    und sie bemalt die Fassade mit graffitis - weil das so gut in unsere Zeit passt, und weil die neue Reinigungshilfskraft
    sich zum abstrakten Maler berufen fühlt !!!


    Zitat

    Schadet ein schlechtes Libretto der Musik?


    Wie die Erfahrung zeigt - in den meisten Fällen nicht.
    Aber das wäre schon ein neuer Threadtitel - noch dazu mit interessantem Thema.
    Aber wie auch immer die Antwort auf diese Fragen ausfiele_
    eine Rechtfertigung für Bearbeitung durch einen Regisseur unserer Zeit säher ich nie und nimmer darin...!!!


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Keine gute Wahl, dieses Beispiel:
    Es ist überliefert, daß Verdi bei solchen erzwungenen Änderungen stets tobte - und gelegentlich sogar dachte, das Werk zurückzuziehen.


    Gerade darum ist es ein gutes Beispiel. Das wäre doch ein Grund, die Oper NICHT aufzuführen, nicht wahr? Denn der Ort ist nicht der vom Komponisten gewünschte ... wo habe ich dieses Argument zuletzt gehört?


    Mit zeitghenössischer Musik konnte ich schon in frühester Jugend nichts anfangen


    Das kann ich nicht verstehen. Die Emotionalität ist bei Schönberg genauso offenbar wie bei Beethoven. Vielleicht hat Beethoven oberflächlich gehört etwas, was man im naiven Sinne "schön" nennen könnte, selbst dann, wenn er Revolutionäres schuf. Wem diese Oberfläche bem Musikhören wichtig ist, kann mit Schönberg vermutlich nichts anfangen. Wem es um die Musik geht und wer die Musik hört, wird durch beiderlei Werke bereichert.


    Als ich gestern Bartok aus Bildungsgründen hörte und mich im Selbstgespräch fragte, ob dies jemand auch freiwillig höre. da richtete meine Mutter anklagend den Zeigefinger auf mich und sagte mit unverhohlener Verachtung "DUUU !"


    Ich höre Bartok freiwillig: Blaubarts Burg, die Streichquartette, die "Musik für Saiteninstrumente ... ", das Konzert für Orchester, die Klavierkonzerte, das fantastische Violakonzert, der "wunderbare Mandarin", ... hmmm ...

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  • Wer kennt nicht das Sprichwort "Ein Bild sagt mehr, als tausend Worten!".


    Ja klar - wir sind Augenmenschen! Aber noch eindrücklicher ist unsere Geruchswahrnehmung. Wir können an einem anderen Menschen akzeptieren, wenn wir sein Aussehen oder seine Stimme nicht mögen. Wenn wir ihn "nicht riechen können", wird es aber nicht funkionieren ...


    Ich gemahne da nur an die 7te "Gerade" der Fano-Ebene


    Hey! Du sprichst von meinem Avatar mit seinen sieben Geraden ... :hello: ... hallo Kollege!


    Wenn also Bilder weniger eindrücklich wären, würde vielleicht so mancher die "falschen" auf der Opernbühne nicht als so störend empfinden ...


    Ja sicher! Ich behaupte: Wenn die Optik stimmen würde und man ein paar falsche Arien unterjubeln würde, würden es die meisten Regietheatergegner nicht merken ... :hahahaha::hahahaha::hahahaha:

  • Ja sicher! Ich behaupte: Wenn die Optik stimmen würde und man ein paar falsche Arien unterjubeln würde, würden es die meisten Regietheatergegner nicht merken


    Das ist schon eine sehr gewagte Behauptung! Du kannst schon davon ausgehen, dass wir Opernliebhaber unsere Opern schon recht genau kennen. Passieren könnte es eigentlich nur dann, wenn ich eine Oper überhaupt nicht kenne bzw. noch nie gehört habe. Wie die Optik sein sollte, könnte ich dann zwar einem Opernführer entnehmen, aber da ich selten eine Partitur mit in die Oper schleppe, könnte es in einem solchen Fall schon passieren. Ich wüsste allerdings nicht, wieso das nur auf die Regietheatergegner zutreffen sollte und auf die Befürworter nicht. Oder kennen die die Opern besser?


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • "Ein Bild sagt mehr, als tausend Worten!"


    Dank Wolframs schneller und ausführlicher Antwort brauche ich die Physik nicht mehr bemühen. Vielleicht aber noch ein evolutionstheoretischer Hinweis: der Urmensch, der als Jäger in Wald und Buschwerk unterwegs war, hatte einen relativ eingeschränkten Gesichtskreis. Das Auge brauchte "lediglich" diese Umgebung mit guter Qualität erfassen zu können. Die gefährlichen Feinde, die sich außerhalb dieses Gesichtskreises befanden (oder auch bei Dämmerung und Dunkelheit ohnehin fast nicht mehr auszumachen waren) mussten über das Gehör rechtzeitig erkannt werden. Daher ist das Gehör in Frequenzbereichen, wie sie bei knickenden Zweigen und ähnlichem auftreten, äußerst empfindlich. Unser Hörcomputer kann solche atypischen Geräusche auch bei einem hohen Rauschpegel (z.B. das Rauschen eines Waldes) erstaunlich gut herausfiltern und durch die beiden weit voneinander entfernten Empfänger auch richtungsmäßig perfekt orten.


    Was jetzt das Zitat betrifft, so dürfte der primäre Grund für diese allgemein bekannte Tatsache darin liegen, dass ein Bild eine statische Angelegenheit ist. Ein Bild kann man in Ruhe erfassen und auswerten. Etwas erzähltes ist zu schnell vergänglich, umso mehr als man ja Begriffe ohnehin zumeist in gedankliche Bilder übersetzt, die aber nicht so konkret wie ein echtes Bild sind.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat von MmeCortese

    Das ist schon eine sehr gewagte Behauptung!


    Da muss ich dir vollkommen recht geben, aber solche diskriminierenden Äußerungen sind wir ja von ihm gewöhnt. Die kann ich nicht mehr ernst nehmen. Wenn man nicht mehr weiter weiß, wird man eben unsachlich.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ja sicher! Ich behaupte: Wenn die Optik stimmen würde und man ein paar falsche Arien unterjubeln würde, würden es die meisten Regietheatergegner nicht merken ...



    Touché.... (aber sagen wir besser: einige)

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

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  • Zitat

    Wie die Optik sein sollte, könnte ich dann zwar einem Opernführer entnehmen,


    Wie ich sehe, kennst Dur den Harenberg Opernführer nicht :stumm::baeh01:


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das ist schon eine sehr gewagte Behauptung! Du kannst schon davon ausgehen, dass wir Opernliebhaber unsere Opern schon recht genau kennen. Passieren könnte es eigentlich nur dann, wenn ich eine Oper überhaupt nicht kenne bzw. noch nie gehört habe.


    Da muss ich dir vollkommen recht geben, aber solche diskriminierenden Äußerungen sind wir ja von ihm gewöhnt. Die kann ich nicht mehr ernst nehmen. Wenn man nicht mehr weiter weiß, wird man eben unsachlich.


    Machen wir doch die Probe aufs Exempel. Mit einer wohlbekannten Oper, damit keiner sagen kann, ich hätte ein zu schwieriges Beispiel gewählt.


    In welcher Fassung habt Ihr Eure letzte "Nozze di Figaro" gesehen? Und wurde die gewählte Fassung komplett gespielt oder wurden Arien gestrichen?


    Es genügt, wenn Ihr Euch die Antwort selbst gebt.

  • Was das Thema des Threads anbelangt, so habe ich nichts gegen musikalische Bearbeitungen, so sie als diese gekennzeichnet sind, wenngleich ich das Original immer bevorzuge. Ich habe aber das Gefühl, dass hier ständig Äpfel mit Birnen verglichen werden. Die Frage, ob man ein Stück von Bach nur auf einem Cembalo oder auch auf einem Steinway spielen darf, ist für mich beispielsweise eine rein technische bzw. allenfalls klangästhetische Erörterung und hat mit der Frage nach regielichen Eingriffen in ein schriftlich niedergelegtes Opernlibretto absolut nichts zu tun. Hätte Bach auf einem Steinway gespielt, wenn er ihm zur Verfügung gestanden hätte? Wahrscheinlich. Warum hätte er es nicht tun sollen? Hätte er einem modern ausgebildeten Chirurgen den Vorzug vor dem englischen Quacksalber gegeben, der ihm noch den letzten Rest seines Augenlichts raubte? Mit ziemlicher Sicherheit: ja. Diese Frage stellte sich aber logischerwerise erst gar nicht, weil die technischen und medizinischen Voraussetzungen nun mal die des 18.Jahrhunderts waren.
    Dürfen wir heute dann überhaupt im Auto/in der U-Bahn/etc. zur Oper fahren, oder müssen wir das im Fahrzeug der Entstehungszeit des Werkes, also höchstwahrscheinlich mit Pferd und Wagen tun? Darf die Beleuchtung des Opernhauses elektrisch sein, oder muss man auf Petroleumlampen oder Kerzen zurückgreifen? Darf die Bühnenmaschinerie computerbetrieben sein, oder muss sie um der Authentizität willen per Handbetrieb laufen?
    Ich will damit auf keinen Fall andeuten, dass ich ein Cembalo als veraltet oder gar primitiv betrachte, im Gegenteil, ich selber spiele barocke Musik vorzugsweise immer auf einem Cembalo, weil mir diese Musik auf einem solchen Instrument meistens besser gefällt. Aber ein Cembalo ist ein historisches Instrument. Heute können wir sowohl auf diesem als auch auf einem Steinway, Blüthner etc. spielen. Wir haben die Wahl.


    Im Zusammenhang mit dem Regietheater lehne ich diesen Diskurs jedoch ab, weil hier ein technisches mit einem ästhetischen Problem gleichgesetzt wird.


    Vorhin war von Verdis Maskenball die Rede. Dazu möchte ich ein Zitat aus einem Brief an seinen Rechtsanwalt Arpino 1858 beisteuern. Verdi hatte sogar gegen das gewaltsame Verlagern seiner Oper ins Boston des 17.Jahrhunderts geklagt.
    Wenn es gewünscht wird, übersetze ich auch gern, wollte aber hier nur schon mal das Original zitieren, damit dies mit einer etwaigen späteren Übersetzung verglichen werden kann:


    "Questo cambiamento d'epoca e di
    luogo toglie il carattere al dramma e alla musica. Il colorito, il
    fondo, dirò così, del quadro musicale diviene necessariamente falso.
    L'avvocato dell' Impresa può ben dire come sia vano parlar di tinte
    locali e di epoche più o meno remote: alle bestemmie in arte va
    risposto: tutte le epoche hanno, è risaputo, i loro caratteri
    particolari: gli uomini del 400 avevano costumi e sentimenti diversi da
    quelli del 800: nè gli uomini del Nord somgigliano quelli del
    Mezzogiorno. Il carattere musicale di questi popoli poi è totalmente
    diverso: prendete per esempio, una canzone napoletana, ed una canzone
    svedese e vedrete la differenza..."


    Hätte Verdi alle seine Opern, die er ja angeblich nur wegen der Zensur in bestimmten Epochen
    angesiedelt hat, als gefeierter Nationalkomponist nach der italienischen Einigung ohne jeden Zensurzwang nicht "aktualisieren" können? Hätte er seine Libretti nicht mit dem Hinweis "Ort und Zeit der Handlung: beliebig" oder "Gegenwart" übertiteln können? Hätte er, hat er aber nicht. Und welches
    Recht hat dann der Regisseur, dies einfach so zu tun?

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Der Vergleich, ob man Bach auf einem modernen Flügel spielen darf oder nicht -
    ist an sich nicht der Vergleich ob man ein Stück "uminterpretieren" darf oder nicht


    sondern der, ob man eine Oper des 18. oder 19. Jahrhunderts
    mit elektischer Bühnenbeleuchtung und moderner Bühnentechnik spielen darf - oder nicht


    Und natürlich darf man das,
    man soll es sogar, weil diese Technik
    es in vielen Fällen viel leichter ermöglicht
    die im Libretto beschriebenen optischen Effekte
    zu realisieren.


    Der Vergleich "Librettogetreu vs Regietheater


    müsste im Falle Bachs lauten:
    Darf ich Werke von Bach
    auf atonale Musikstücke hin
    "bearbeiten" - und das Ganze dann
    noch als "BACH" unter die Leute bringen ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Im Zusammenhang mit dem Regietheater lehne ich diesen Diskurs jedoch ab, weil hier ein technisches mit einem ästhetischen Problem gleichgesetzt wird.


    Das ist ein Irrtum! Warum? Nun, auf einem Cembalo mit seinem ganz anders gearteten Obertonreichtum entsteht eine ganz andere Asthetik als auf dem modernen Klavier. Anders gesagt, ich kann auf dem Steinway manches nicht erzeugen, was ich auf einem Cembalo kann und von den Komponisten gefordert wird. Noch auffälliger: die Bebungen eines Clavichordes können nun einmal nicht auf einem Steinway imitiert werden. Und diese sind durchaus in Kompositionen vorgeschrieben. In dem ich aber auch diese Möglichkeiten verzichte, lege ich doch eine ganz andere Ästhetik dem Werk zu Grunde als ihm in seiner Entstehungszeit eigen war! Wir hören inder Tat ein anderes Werk, und das jetzt ohne auf Stimmungen der entsprechenden Epopchen eingehen zu wollen, die der Komponist für bestimmte harmonische Wendungen zwingend benötigt.


    Zitat

    Hätte Bach auf einem Steinway gespielt, wenn er ihm zur Verfügung gestanden hätte? Wahrscheinlich. Warum hätte er es nicht tun sollen? Hätte er einem modern ausgebildeten Chirurgen den Vorzug vor dem englischen Quacksalber gegeben, der ihm noch den letzten Rest seines Augenlichts raubte? Mit ziemlicher Sicherheit: ja. Diese Frage stellte sich aber logischerwerise erst gar nicht, weil die technischen und medizinischen Voraussetzungen nun mal die des 18.Jahrhunderts waren


    Der Reihe nach:
    1. Bach hätte ziemlich sicher auf einem modernen Steinway gespielt und für diesen Komponiert. Und genau da liegt ja die Crux, die hier so gerne übersehen wird. Nicht die Komponisten haben neuartige Stücke geschrieben für die die Instrumente entwickelt wurden, sondern es wurden Instrumente entwickelt, für die die Komponisten Stücke schrieben. Es ist ja nicht so, daß nur die Musikinstrumente sich entwickelt haben, aber die Komponisten immer das gleiche komponiert haben!
    Warum sind denn Instrumente wie die Gambe, die Laute oder das Cembalo in Vergessenheit geraten. Doch nicht weil die Komponisten keine Werke mehr für sie geschrieben haben, sondern weil es niemand mehr gab, der sie gespielt hat, weil das Instrument klangästhetisch nicht mehr en vogue war. Oder anders formuliert: Die Geige hat sich gegenüber der Gambe nicht durchgesetzt, weil mehr Komponisten mehr Werke für die Geige geschrieben haben, sondern weil mehr Menschen sie gespielt haben!
    Um auf die Frage zurück zu kommen: Bach hätte vermutlich den Steinway gespielt, er hätte ihn aber anders gespielt als das Cembalo (warum können wohl die wenigsten Pianisten klanglich mit einem Cembalo umgehen?) und mit der gleichen Wahrscheinlichkeit hätte er anders dafür komponiert!
    Wenn sich die Auffassung nach der Wahl des Interpretationsansatzes lediglich als technisches Kriterium stellt, dann dürfte es ja auch kein Aufschrei geben, wenn ich Chopin auf einer Orgel des 15. Jahrhunderts spiele oder einem Harmonium des 19. Jahrhunderts!
    Und kaum jemand wird behaupten, daß der Unterschied zwischen barockem Gesang und Wagnergesang ein rein technischer Aspekt ist und keine ästhetischen Einflüsse zugrunde liegen


    2. Der Vergleich mit der medizinischen und technischen Entwicklung hinkt. Aber greifen wir auf die bildende Kunst zurück: Wenn ich ein Bild im Stile und der Ästhetik da Vincis malen will, wohlgemerkt keine Kopie, sondern nur die Ästhektik nachempfinden will, dann kann ich nicht mit Airbrush-Technik arbeiten oder die Techniken der Pop-Art anwenden. Davon abgesehen: gibt es nicht auch moderne Standards die alten Techniken nicht überlegen sind, keine besseren Produkte liefern, sondern möglicherweise sogar schlechtere!

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