Der Freischütz an der Komischen Oper Berlin

  • Calixto Bieito ist ja hier im Forum nicht gerade beliebt. Obwohl ich glaube, dass kaum jemand seiner Gegner eine Inszenierung von ihm kennt.
    Ich komme mal jetzt zu seiner jüngsten Regie, dem „Freischütz“ an der für werkgetreue Aufführungen nicht gerade berühmten Komischen Oper Berlin. Eins muss man Bieito lassen, er hat immer ein Konzept.


    Diesmal heisst es: „Der Freischütz“ ist ein Thriller. Das ganze spielt sich im dunklen Walde ab. Der Wald als ein Ort, der bedrohlich wirkt, aber auch wo die Brutalität regiert. Bereits bei der Ouvertüre ist der Vorhang geöffnet und man sieht eine lebendige Wildsau durch das Laub schnuffeln. Und die Jäger vollführen ein machohaftes Wettschießen. Schon von Beginn an wird jedem klar, Max und Agathe haben hier keine Chance. Man nimmt ihm nicht ab, dass er echt glaubt, sein Ziel zu erreichen, merkwürdig platt wirkt da die Bravourarie „Durch die Wälder, durch die Auen…“ Max geht ein Arrangement mit dem Bösewicht ein, um die Auflage zu erfüllen, mit einem gelungenen Probeschuss die Hand von Agathe zu bekommen. Dazu sind ihm die angebotenen Freikugeln gerade recht. Kaspar erschießt in der Wolfsschlucht ein Brautpaar und holt aus dem Unterleib der Braut die Freikugeln hervor(das ist Bieito!). Der Tanz der Brautjungfern ist alles andere als vergnügt (schließt allerdings auch in Moll, was dem Regiegedanken nahekommt), wirkt eher grotesk und spöttisch, hat doch Agathe statt des Brautkranzes ein Totengebinde erhalten (das auch nicht ausgetauscht wird). Und so wird auch hemmungslos von den Brautjungfern herumgealbert. Unmittelbar daran schließt sich der von den Hörnern dominierte Jägerchor an, sehr scheppernd und roh dargeboten, als wenn der Ausgang des Ganzen vorhergesehen wird. Als Zeichen des drohenden Niedergangs sind auch die Bäume inzwischen gefallen. Nun erfolgt der Schuss, Agathe und Kaspar sind getroffen und Max steht quasi am Pranger. Da der Operntext nicht verändert werden kann, wird also munter zu Ende gesungen, man könnte meinen, alles wird gut, bis dann am Schluss Agathe tot zusammenbricht und mit einem letzten Schuss auch Max sein Ende findet.


    Was bleibt: Eine interessante Aufführung (das heißt nicht sie war gut), die eine Idee verkörpert, die man übernehmen kann oder nicht. Aus dem guten Ende ist jedoch eine Katastrophe geworden, so hat das Weber sicher nicht gewollt. Viele Dialoge fielen der Schere zum Opfer.
    Musikalisch war das Ganze ebenfalls keine Offenbarung. Bereits die Ouvertüre beeindruckte mit Intonationsfehlern und unsauberen Übergängen und so zog es sich weiter holpernd hin. Die Premierenbesetzung war völlig ausgetauscht, aber was für diese galt, ist auch hier festzustellen: Herausragend waren allenfalls die Nebenrollen, so Bettina Jensen als Ännchen, die auch in der Höhe sehr sicher war, Ipca Ramanovic als Ottokar (beides Mitglieder des Opernstudios der KO) und Marko Spehar als Eremit. Dmitry Golovin als Max war anzuhören, dass er Deutsch nur als Fremdsprache kennt, in der Stimmlage etwas rauh, Bettina Jensen mit sehr klirrendem Sopran als recht korpulente Agathe. Und Jens Larsen als Kaspar singt einfach zu brav für diese Rolle. Am Dirigentenpult der bemühte Chefdirigent Patrick Lange, der das Haus zum Ende der Spielzeit verlassen wird. Wie auch der KO-Intendant Andreas Homoki.
    Warum diese Inszenierung ab 16 Jahre empfohlen wird, hat sich mir übrigens trotz der von mir geschilderten Szene nicht ganz erschlossen.


    Fazit: Die Komische Oper hat derzeit kaum irgendetwas Empfehlenswertes auf ihrem Spielplan. Es kann eigentlich nur besser werden, oder…?


    Mit freundlichen Grüßen


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Über diesen Mist aus dem letzten Müllhaufen ist ja an anderer Stelle schon genug gesagt worden. Erfreulich ist nur zu hören, dass der Intendant, der sich schon manchen Blödsinn höchster Güte in diesem Hause zugelassen hat, nun endlich geht und du hast recht: Schlimmer werden kann's wohl kaum!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Über diesen Mist aus dem letzten Müllhaufen ist ja an anderer Stelle schon genug gesagt worden. Erfreulich ist nur zu hören, dass der Intendant, der sich schon manchen Blödsinn höchster Güte in diesem Hause zugelassen hat, nun endlich geht und du hast recht: Schlimmer werden kann's wohl kaum!


    Liebe Grüße
    Gerhard



    ....aber bald damit Zürich beglücken darf. Und unter Kosky wird es auch nicht anders werden!

  • ich glaube, dass kaum jemand seiner Gegner eine Inszenierung von ihm kennt.

    Das ist bestimmt richtig. Die Ausschnitte, Rezensionen und auch Deine ausführliche, interessante Schilderung (vielen Dank dafür) lassen auch nur den Schluß zu, das muß man sich nicht antun!



    Kaspar erschießt in der Wolfsschlucht ein Brautpaar und holt aus dem Unterleib der Braut die Freikugeln hervor(das ist Bieito!).

    Alleine solche perversen, geistlosen Szenen reichen zum Verzicht.



    Die Komische Oper hat derzeit kaum irgendetwas Empfehlenswertes auf ihrem Spielplan. Es kann eigentlich nur besser werden, oder…?

    Die Worte hör´ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube ...


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...