Kinderopern - Förderung oder Verunstaltung?

  • Hallo an alle,


    eine interessante Frage, über die ich letztens mit Freunden diskutiert habe: Kinderopern - Förderung junger Talente oder Verunstaltung anspruchsvoller und musisch-kulturell essentieller Werke?


    Da ich selbst vor Jahren über eine Kinderoper zum Gesang gekommen bin ("Die Regentrude" nach Motiven von Theodor Storm), bin ich persönlich der Meinung, dass es eine gute Gelegenheit ist, sich auszuprobieren und (talentierte) junge Sänger (erstmals) an die Bühne heranzuführen.
    Andererseits, wurde meinen Argumenten entgegengehalten, können Kinder natürlich nicht so gut singen wie ausgebildete Sänger und die Stücke, die sie aufführen, sind oft vereinfacht. Abgesehen vom gefürchteten Regietheater, welches hier angeblich verstärkt auftreten soll, seien solche Projekte eher eine Veranstaltung für begeisterte Eltern und Großeltern.


    Daher nun der Thread: Was meint ihr? Lohnt es sich, eine Kinderoper anzusehen, oder geht man dann lieber gleich in die "richtige" Oper?


    Ich freue mich schon auf eure Antworten!


    Liebe Grüße,
    Mimi

  • Nun, da sollte man klären, was unter "Kinderoper" zu verstehen ist. Bei uns kenne ich den Begriff nur als spezielle, auf Kinder als Zuschauer abgestimmte Version einer gängigen Oper. Die Wiener Staatsoper hat dafür auf ihrer großen Terasse ein Zelt für die Kinderbühne aufgebaut, wo diese Vorstellungen stattfinden. Dabei singen Mitglieder des Opernensembles. Das wurde von Ioan Holaender eingeführt und ist ein voller Erfolg geworden (ein ähnliches Zelt gab es im großen Foyer der Kölner Oper).


    In der aktuellen Saison gibt es in Wien Aladdin und die Wunderlampe (Nino Rota) und Die Feen (Wagner) als Kinderprogramm.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Leider ist meine Kleine noch zu jung (5 Jahre), um mit ihr in eine Kinderoper zu gehen. Aber ich spiele ihr öfter einige Werke vor. Angefangen mit "Peter und der Wolf", das sie gerne hört. Dann muß ich öfter für sie "Hänsel und Gretel" auflegen, in verschiedenen Besetzungen. Sie singt schon Einiges nach. Auch verschiedene Operetten findet sie gut und singt auch mit. So sind auch meine zwei Großen zu der Musik gekommen. Meine große Tochter ist ganz Monteverdi und der mittelalterlichen Musik verfallen. So bin ich auch früh durch meine Eltern zur Klassik gekommen und wenn meine Kleine so weit ist, daß ich sie in die Oper mitnehmen kann, werde ich dies auch tun. Ich werde als Nächstes ihr mal was aus den "Königskindern" vorspielen, obwohl das schon etwas schwieriger werden wird.




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • In Düsseldorf gibt man die Zauberflöte für Kinder. Das Parkett wird für Kinder umgebaut, so dass sie dort bequem sitzen können. Eltern und Großeltern werden in den Rang verbannt. Ein Moderator führt durch die Oper, auch die Sänger, wenn auch die aus der 2. Reihe, sind gut. Es ist ein großer Erfolg, wie mir Freunde, die mit 6jähriger Enkeltochter da waren, versicherten. Auch in Duisburg und fast allen Opernhäusern im Ruhrgebiet gibt es umfangreiche Kinderprojekte, nicht nur in der Oper, auch im Konzert, die fast alle z.T. komplett ausgebucht sind!
    Wolfgang: deine große Tochter liebt das Mittelalter und Monteverdi; grüß sie von mir und sag ihr, wie toll ich das für jüngere Leute finde. Ich habe dazu viel länger gebraucht. Aber ich hatte auch nicht so einen kundigen Vater, dafür eine Mutter, die schön singen konnte und mich zum Chorgesang gebracht hat, dem ich bis heute treu bin.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Leider ist meine Kleine noch zu jung (5 Jahre), um mit ihr in eine Kinderoper zu gehen.


    Hallo Wolfgang,


    bei uns in der Düsseldorfer Oper werden zum einen Opern wie z.B. von Dr. Pingel schon erwähnt für Kinder inszeniert, andererseits gibt es aber auch andere Kinderopern, die nicht für Kinder extra angepasst werden.


    So haben wir hier zum Beispiel von Xavier Montsalvatge den gestiefelten Kater als Kinderoper (Dauer 1 Stunde). Ich selber habe ihn schon zweimal gesehen und selten so eine schön inszenierte Aufführung gesehen. Die Vorstellungen der Kindeopern kosten auf allen Plätzen "nur" 18,00 €. Ich bin immer wieder erstaunt, mit wie kleinen Kindern die Leute schon in die Oper gehen. Vierjährige sind da keine Ausnahme. So etwas könntest Du mit Deiner Tochter sicher auch schon machen. Die Vorstellungen sind in der Regel vollständig ausgebucht.


    Der einzige Nachteil (für mich) ist, dass es in der Oper mit so vielen kleinen Kindern nie richtig ruhig ist. Aber das weiß man ja vorher. Und ich finde es immer wieder schön zu sehen, wie fasziniert und gebannt die Kinder das Geschehen auf der Bühne verfolgen. Darum sind das die einzigen Vorstellungen bei denen ich nicht meckere, wenn getuschelt wird :D

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Also ehrlich gesagt, ich kann Kinderopern nicht viel abgewinnen und auch Kinderbearbeitungen, wie "Die Zauberflöte für Kinder". Es gibt genug Opern, die man mit Kindern problemlos besuchen, ggf. mit kindgerechter Vorbereitung, d.h. man kann den Inhalt vorlesen ( Es gibt spezielle Opernführer für Kinder...), die Musik gemeinsam anhöhren und evtl. nachsingen :D , mit den Kindern Bühnenbildentwürfe zeichnen etc. etc....
    Ich war nie in einer Kinderoper und habe mit "Hänsel und Gretel", "Zauberflöte", "Nozze di Figaro", "Idomeneo", "Don Pasquale", "Barbier von Sevilla"und "Italienerin in Algier" angefangen! Relativ kurz darauf begann ich mit "Don Carlo", "Aida" und "Trovatore" Verdi zu besuchen. Ich würde das mit meinen Kindern jederzeit wieder machen, da ich nicht verstehe,was an solchen Kinderopern für Kinder besser sein, als eine "richtige" Oper nach kindgerechter Vorbereitung! Die Zauberflöte ist doch eigentlich für ein Kind verständlich genug: Eine märchenhafte phantastische Handlung, gesprochene Dialoge, eingängige Melodien, die Kider auch oft aus der Schule kennen..... Wozu braucht es da eine gekürzte Handlung oder einen Erzähler?
    Anders sieht es freilich aus, wenn an Opernhäusern die kindgerechten Werke nur noch in Form von Regietheater verfügbar sind! In diesem Fall würde ich Kinderopern eindeutig den Vorzug geben! :P

  • Kinderopern — na ja. Bei Wagners "Feen" kann ich mir das ja noch irgendwo sogar vorstellen. Aber ob man wirklich potentielle spätere Operngänger auf diese Weise ködert? Schwer zu bezweifeln.


    M. E. gewinnt man junge Leute (evtl. auch schon Kinder) am ehesten durch eine librettogerechte, der Intention des Komponisten folgende, schöne "romantische" Inszenierung. Oper, wie man sich Oper als junger Mensch vorstellt. Keine Müllhalde kranker Ideen gescheiterter sog. "Regisseure".

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich glaube, man muss hier unterscheiden zwischen dem, was Mimi meinem Dafürhalten nach meint, nämlich die von Kindern gesungene Oper (sie selbst erhält glücklicherweise Gesangsunterricht) und der Oper für Kinder, die von gelernten Sängern gespielt wird.
    Beides hat in meinen Augen seine Berechtigung. Es ist - finde ich - ein Glück für Kinder, wenn sie frühzeitig Musikunterricht erhalten und mit der Klassik vertraut gemacht werden. Dieses Glück haben die meisten Kinder heute nicht mehr. Sie werden eher mit seichtem Pop erzogen und manchmal auch frühzeitig als Wunderkinder des Trivialgesangs zur Schau gestellt. Da sollte man solchen Kindern, die noch echten Musikunterricht erhalten, ebenfalls die Chance geben, Ihre mit weit mehr Mühe erlernten Künste öffentlich darzustellen, auch wenn sie noch nicht perfekt sein können. Allerdings wird dies eher eine schöne Vorstellung für Erwachsene sein, und ich wünsche solchen Veranstaltungen einen großen Zulauf.
    Anders sieht es aus mit Oper für Kinder. Hier sollen Kinder das Hören und Erleben einer Oper lernen. Hier müssen aber gut ausgebildete Künstler heran, die es Verstehen, mit einer kindgerechten Darstellung die Kinder mit einzubeziehen und zu fesseln. Und das ist gar nicht so einfach, wie ich es selbst einmal - allerdings beim Sprechtheater - erfahren habe, als wir als Amateure ein Stück für Kinder spielen wollten.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich habe vor Jahren die Dreigroschenoper in einer Aufführung von einer Schule (aber nicht in der Schule, sondern an einem anerkannten Ort - Burg Wilhelmstein - Ihr werdet es alle nicht kennen) gesehen. Es war die beste Aufführung, die ich je gesehen habe. gut, das waren eher Heranwachsende, aber ich fands toll.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Wolfgang,


    Leider ist meine Kleine noch zu jung (5 Jahre), um mit ihr in eine Kinderoper zu gehen.


    dann gehe mit ihr in die "richtige" Oper! - Aber im ernst: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass wir eher dazu neigen, unsere Kinder zu unterschätzen. Ich habe meine Tochter - kein Wunderkind - nach entsprechender Vorbereitung (CD, DVD, erzählen) mit viereinhalb mit in die Oper genommen (Hänsel und Gretel). Einfach mit dem Bewusstsein, dass ich auch wieder mit ihr nach hause gehe, wenn es nicht klappt; es hat geklappt! Auch das Weihnachtsoratorium (Kantaten I - III) war kein Problem. Und den ersten Siegfried-Aufzug letztens mit mir zusammen auf DVD (Schenk-Inszenierung, die dafür wirklich sehr geeignet ist!).

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • M. E. gewinnt man junge Leute (evtl. auch schon Kinder) am ehesten durch eine librettogerechte, der Intention des Komponisten folgende, schöne "romantische" Inszenierung. Oper, wie man sich Oper als junger Mensch vorstellt.


    Das sehe ich genauso, lieber Joseph II. und wenn sie dann zu diesem Zwecke auch "etwas kindgerecht" umgestaltet werden und man das junge Publikum nicht nur hören und sehen läßt, sondern dieses ein klein wenig mit einbezieht und daran teilhaben läßt. Ich meine damit zwischen den einzelnen Akten oder Szenen etwas erklärt oder auch Fragen beantwortet. Kinder wollen nicht nur passiv sein, sondern aktiv daran teilnehmen. So kann man sie am ehesten begeistern, wenn sie sich einbezogen fühlen. Aus Berichten und Schilderungen habe ich den Eindruck und vermute, daß die Wiener Staatsoper hier wohl beispielgebend ist. Soweit ich weiß, wird schon seit Jahren nach dem Opernball immer eine oder zwei kindgerecht gemachte Opern für das junge Publikum dargeboten. Unsere Wiener Freunde könnten da vielleicht mehr berichten.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Und den ersten Siegfried-Aufzug letztens mit mir zusammen auf DVD (Schenk-Inszenierung, die dafür wirklich sehr geeignet ist!).


    Hallo, Michael!


    Bist du dir da so sicher? Naja, ich werde es bald mal ausprobieren.



    Gruß wolfgang

    W.S.


  • Hallo, Michael!


    Bist du dir da so sicher? Naja, ich werde es bald mal ausprobieren.


    Warum nicht? - Das wichtigste ist die Begleitung. Alles, wonach das Kind fragt, muss auf kindgerechte Weise erklärt werden und das geht m.E. auch beim Ring. Und in der Oper genauso, allerdings dort tatsächlich auf die Inszenierung achten, wobei dort selbst "Regietheater" das Gespräch anregen kann ... z.B. habe ich damals mit meiner Tochter den Baden-Badener Freischütz von R.Wilson im Fernsehen gesehen und am allermeisten amüsiert haben die Kleine die roten Schuhe im Jägerchor :hahahaha:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.


  • Wie man sieht führen Kinder auch Oper auf - und das mit Begeisterung.
    Wie immer man das künstlerische Ergebnis beurteilt - diese jungen Leute werden in ihrem Leben
    Mozart immer "parat" haben.....


    Und ich habe herzlich gelacht.....


    mfg aus Wien


    Alfred


    Edit:
    SKATING AMADEUS ist der Name des Chors aus Graz, der aus rund 80 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 4 und 19 Jahre besteht. Unter fachkundiger musikalischer Leitung von Marguerite Dunitz-Scheer (Univ.Klinik für Kinder- u. Jugendheilkunde) können Kinder und Jugendliche zwei Mal pro Woche nach Herzenslust singen und spielen.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Erstmal danke Gerhard, dass du sie auf die richtige Fährte gelockt hast :)


    Bei uns in Dresden gibt es natürlich auch solche Sachen wie den "Ohrwurm" ect. Allerdings meinte ich mit dem Begriff "Kinderoper" ursprünglich tatsächlich eine von Kindern/Heranwachsenden aufgeführte Oper.
    Wir haben eine "Kinder- und Jugendoper Dresden", wo in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Stücke von Kindern in wechselnden Altersspannen aufgeführt werden (wird den Anforderungen angepasst).


    Aber wenn wir gerade dabei sind: Wenn sie gut gemacht sind, finde ich auch Opern, welche direkt für Kinder aufgeführt sind, gut. Dabei erfährt man manchmal Dinge, die man selbst vorher nicht wusste ;)


    Liebe Grüße,
    Mimi