Heute habe ich die soeben bei Arthaus erschienene DVD des Carlos aus Berlin erhalten und ich bin regelrecht begeistert.
Musste ich doch seit langer Zeit glauben, dass bei mir, altersbedingt, die glühende Begeisterung meiner früheren Jahre für die Oper entschwunden sei, konnte ich anhand dieser DVD feststellen, dass dem keineswegs so ist. Wäre die Oper heute nicht durch das unsägliche Regietheater und die grossteils mittelmässigen Gesangsleistungen, bzw. kaum vorhandenen Persönlichkeiten der Sänger auf eine bedauerliche Sch(w)undstufe gesunken, wäre ich noch heute ebenso begeistert, wie vor 40 Jahren.
Diese DVD zeigt durchaus, dass es auch damals nicht nur tadellose sängerische Leistungen gegeben hat. Aber, wenn Greindls Philipp gelegentlich an die Grenze seiner stimmlichen Möglichkeiten kommt, so zeigt er daneben eine packende und ergreifende Gestaltung, die zumindest im deutschen Sprachraum hervorragend war (mir ist einzig die Gestaltung durch Boris Christoff auf gleicher Ebene in Erinnerung). Daneben haben wir Pilar Lorengars fabelhafte Elisabeth, Fischer-Dieskau's herrlich schwärmerischen Rodrigo, James King's höhensicheren Carlos, ja sogar Talvela als bedrohlichen Grossinquisitor. Dazu Sawallischs Dirigat - mehr kann man sich kaum wünschen (Abstriche sind einzig bei Patricia Johnson zu machen, die für die kranke Mignon Dunn einsprang). Und das alles mit mit Sellner's, dem Werk dienender Regie, die ohne jegliche aktualisierenden Mätzchen auskam und nur das Werk darstellte. Mag es auch noch so pathetisch sein, das ist Oper!
Ich gehe soweit, zu behaupten, dass heute eine gleichermassen packende Aufführung des Don Carlos schlichtweg nicht mehr möglich ist, und empfehle jedem Regietheater-Geschädigten, sich diese DVD umgehend zu bestellen.