Eigentlich hatte ich keinen Bock über diese Unterklasse-Aufführung von Verdis Otello an der Bayerischen Staatsoper auch nur ein Wort zu verlieren, da ich aber heute so gelangweilt zu Hause rumsitze, habe ich beschlossen meine Eindrucke mit euch zu teilen! Dass die völlig vermurkste Inszenierung von Francesca Zambello mittlerweile 13 Jahre auf den Buckel hat, grenzt an ein Wunder und mag wohl damit begründet sein, dass sich die Intendanz angesichts eines noch größeren drohenden Murks vor einer Neuinszenierung scheut! völlig ungeachtet von Verdis genialer Sturmszene beginnt die Oper nicht mit Musik sondern mit ohrenbetäubendem Theaterdonner. Nebel wabert über den Orchestergraben ins Publikum und gibt, wenn er abgeklungen ist, den Blick auf eines der hässlichsten Bühnenbilder frei, die die Münchner Oper derzeit im Angebot hat (Ausstattung Alison Chitty): Zwei Baustellengerüsttürme links und rechts, die über ein paar Brücken miteinander verbunden werden. Diese Bühne wird von Solisten und Chor beklettert; während Letzterer vor allem darauf postiert ist, dürfen Otello und Desdemona ihr Liebesduett auf dem Gerüst singen! Unromantischer und mehr gegen die Musik geht's fast nicht mehr. Dankbar nahm ich zur Kenntnis, dass im zweiten und dritten Akt dieses Gerüst von einer Art Rolladen bedeckt wird und so einem von den Rängen der oben geschilderte Anblick erspart bleibt! In diesen Szenen stehen außerdem noch ein Liegestuhl und ein Sonnenschirm auf der Bühne, was später durch Othellos Schreibtisch ersetzt wird. Während Cassio und Jago auf diesen herumturnen, werden sie von Otello, der auf einer Brücke hinter dem Rolladen steht belauscht! Und Wow, wie wahnsinnig hochgeistig war es von der Regisseuse ab dem Finale des dritten Aktes ein Gebilde aus dem Schnürboden herabzufahren, dass Aussieht wie ein rotes Messer und vor dem dann am Ende das Bett der Desdemona steht inkl. Hausaltar. Die hässlichen Kostüme orientieren sich an der Entstehungszeit der Oper und sind in schwarz-weiß gehalten. Die Herren tragen fast Ausschließlich Uniformen, nur für Desdemona und Emilia sowie den Kinderchor, sind sie etwas geschmackvoller ausgefallen! Auch musikalisch würde ich die Aufführung allenfalls als Mittelmaß bezeichnen! Der überwiegend als Wagnersänger bekannte Peter Seiffert ist als Otello leider eine komplette Fehlbesetzung. Natürlich bewältigt diese gigantische Stimme auch diese Rolle, aber von einem Otello erwarte ich mir etwas anderes (ich beklage hier nicht nur die vollständig fehlende Italianita)! Darstellerisch war er aber noch das Licht des Abend! Krassimira Stoyanova ist rein stimmlich (fast) eine perfekte Besetzung der Desdemona. Nach verhaltenem Beginn fand sie im zweiten Teil zu ganz großer Form und betörte im Lied von der Weide und dem Ave Maria mit traumschönen Piani. Trotz ihrer steifen Darstellung war allein wegen ihr der Besuch der Aufführung gerechtfertigt. Zum Glück hatte Juha Uusitalo, von dessen Scarpia es mir noch reicht, den Jago abgesagt, und war durch Claudio Sgurro ersetzt, der zwar eine riesige Tiefe Stimme besitzt, dem aber das personifiziert Böse dieser Partie fast vollständig fehlt. Warum alle Welt derzeit so von Pavol Breslik begeistert ist, habe ich noch nie begriffen, sein Cassio war solide - mehr nicht. Herr Breslik ist für mich v.a. einer jener jungen Sänger, die in Sachen Regietheater noch bisher so jeden Blödsinn mitgemacht haben und somit als pflegeleicht gelten und somit mit zahlreichen Engagements gesegnet sind. Die anderen Partien waren aus dem Ensemble mehr oder minder Rollendeckend besetzt!
Der Chor beeindruckte mich mit seiner mitreissenden Klangpracht, während Asher Fish, der kurzfristig das Dirigat übernommen hatte, routiniert durch den Abend führte! Alles in allem - Staatsopern UNwürdig! Das Publikum sah das wohl genauso, selten war der Applaus so kurz!!! Das traurige ist, dass in München in Sachen Verdi So gut wie immer (außer Don Carlo) dieses Niveau geboten wird! Ausverkauft ist trotzdem.
Povero Verdi!