Puccini Manon Lescaut ( Hamburg 15.04.2012

  • Die Wände der Bühne zierten entweder Porträts von Köpfen oder es waren Spiegel zu sehen.


    Auf der Bühnen selber standen oder saß die Clownerie, der Rest der Staffage auf Stühlen.


    Des Grieux kannte als schmieriger Küstengigolo nur zwei Gesichtszüge, entweder den eines infantile Grinsenden oder den eines kleinen Kindes, dem man gerade sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.


    Alles in allem hätte man hier auch einen Kartoffelsack auf die Bühnenstellen können, den man mal nach rechts außen und mal zur Mitte der Bühne bewegt, mehr fand hier nicht statt.


    Und wenn er nicht gerade, was höchst selten vorkam von einer Seite zur anderen ging, hatte er nur Augen fürs Publikum, vorzugweise von der Rampe aus, so müßen sich unsere heutigen Kritiker das Opernleben von früher vorgestellt haben, als es noch kein Regietheater gab.


    Gesanglich musizierte Carlo Ventre auf dem harten Stimmkern und wenn mal eine gefühlmäßige Regung kam verwechselte er schmalz mit schmelz, schade.


    Norma Fantinis ( im roten Barockkleid ) Bemühungen diesem Werk wengistens noch etwas Leben und Gefühl einzuhauchen liefen komplett ins leere, was der Regisseur nicht ruinieren konnte, das vermote Carlo Montanaro mit seinem von hinnen und von dannen eilendem Dirigat, der nur einige wirklich gelungene Momente hatte, wie zum Beispiel beim Vorspiel zum dritten Akt.


    Gesanglich war sie der Höhepunkt der Abends, mit ihrem runden ebenmäßig klingen Sopran verstand sie es sowohl in den dramatischen Ausbrüchen so wie auch in lyrischen Momenten ihr Instrument perfekt einzusetzen um somit ihr Publikum zu verzaubern.


    Lauri Vasar als Lescaut wollte wohl noch einmal an Heath Ledgers letzte große Rolle, die des Joker erinnern, gesanglich war er hervorragend.


    Tigran Martirossian verkörperte hier einen " geilen Alten " gesanglich war auch er ebenfalls hervorragend und zu guter letzt muß noch die kurze gesangseinlage von Maria Markina erwähnt werden, die ebenfalls keine Wünsche offenließ.

  • Und wenn er nicht gerade, was höchst selten vorkam von einer Seite zur anderen ging, hatte er nur Augen fürs Publikum, vorzugweise von der Rampe aus, so müßen sich unsere heutigen Kritiker das Opernleben von früher vorgestellt haben, als es noch kein Regietheater gab..


    Nur um noch einmal mit der Legende und dem Klischee aufzuräumen, dass es früher keine großen Sing-Schauspieler gegeben hätte: die gab es damals wie heute - genauso wie es damals und heute Rampensänger gegeben hat und gibt.


    Auch Regisseure gab es damals - auch schon um 1900 - nur war die Gewichtung damals noch anders verteilt. Die Interpretation mussten sich die Sänger erarbeiten mit ihren eigenen Kostümen mit ihrer eigenen Note - das machte die Interpretationen um vieles authentischer und einzigartiger als heute, wo sich viele Sänger gegen ihren Willen für einen Regisseur zum Affen machen müssen. Das heißt aber nicht, dass alle nur herumstanden und ins Publikum plärrten - dazu gibt es genug Fotomaterial, Literatur und Überlieferungen.

  • Auch Regisseure gab es damals - auch schon um 1900 - nur war die Gewichtung damals noch anders verteilt. Die Interpretation mussten sich die Sänger erarbeiten mit ihren eigenen Kostümen mit ihrer eigenen Note - das machte die Interpretationen um vieles authentischer und einzigartiger als heute, wo sich viele Sänger gegen ihren Willen für einen Regisseur zum Affen machen müssen. Das heißt aber nicht, dass alle nur herumstanden und ins Publikum plärrten - dazu gibt es genug Fotomaterial, Literatur und Überlieferungen.

    Lieber La Gioconda, bist Du Dir da wirklich sicher? Aus den Fotos, die ich kenne aus der Zeit um 1900 und den Jahren danach - und das sind sehr, sehr viele - staubt es doch nur so heraus, und das Mottenpulver sticht einem immer noch in die Nase. Damit wir uns verstehen, ich liebe solche Fotos, aber das Letzte, was ich darauf ausmachen kann, ist eine authentische Interpretation. Oder aber ich kenne nur die falschen Fotos. Gegen bestimmte Inszenierungen von heute ist freilich alles besser. Insofern stimme ich Dir zu. Verklären aber würde ich auch nicht. Das ist keine Lösung, um sich heutigen Regisseure zu erwehren. Wir kennen doch alle das Unglück der Komponisten, die über dem Schlendrian an den Theatern ihrer Zeit dem Wahnsinn nahe kamen.


    Mein Vorschlag: Geht nicht erst hin! Das würde vielleicht etwas bewirken. Ich meide Opernhäuser seit Jahren, gehe höchsten einmal im Jahr in eine Vorstellung, bei der ich sicher sein kann, dass mich die Bilder nicht nerven. Ich kann es nicht ganz nachvollziehen, dass sich Menschen wider besseres Wissen etwas antun, das sie anschließend lautstark beklagen.


    Es grüßt sehr herzlich Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da bin ich mir sogar ganz sicher - unter den Sängern gab es unbeholfene, ambitionierte und geniale Darsteller - genauso wie heute - hab ich nicht erfunden, kann man alles nachlesen und -hören. Wie alles ist das natürlich aus der Zeit heraus zu sehen. Der Gesang hatte, anders als heute, absoluten Vorrang. Wenn man dazu noch ein großer Darsteller war - umso besser.


    http://4.bp.blogspot.com/-xM-o…252C+Amelita+as+Lucia.jpg


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    Ich finde Fotos sagen schon ein bißchen was aus - vor allem wenn man die dazugehörige Stimme im Ohr hat und die zeitgenössischen Kritiken liest.

  • Lieber La Gioconda, bist Du Dir da wirklich sicher? Aus den Fotos, die ich kenne aus der Zeit um 1900 und den Jahren danach - und das sind sehr, sehr viele - staubt es doch nur so heraus, und das Mottenpulver sticht einem immer noch in die Nase.


    Dein Irrtum liegt darin, dass diese Photos ja keine Bühnenaktion darstellen, sondern gestellte Standbilder sind. Man darf diese Bilder nicht isoliert betrachten, sondern muss sie in Verbindung mit damaligen Berichten sehen. Dann wird das Pendel zugunsten von Giocondas Meinung ausschlagen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Bitte mir geht es nicht darum Recht zu haben. - Ich mag nur dieses Klischee nicht, das so gerne bemüht wird: früher standen alle nur dick und fett an der Rampe herum und sangen ins Publikum - ohne sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Abgesehen davon - Interpretation heißt nicht nur: wer legt im Laufe einer Vorstellung die meisten Kilometer auf der Bühne zurück...... Da gäbe es auch noch stimmliche Möglichkeiten...

  • Zitat

    Bitte mir geht es nicht darum Recht zu haben. - Ich mag nur dieses Klischee nicht, das so gerne bemüht wird: früher standen alle nur dick und fett an der Rampe herum und sangen ins Publikum - ohne sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Abgesehen davon - Interpretation heißt nicht nur: wer legt im Laufe einer Vorstellung die meisten Kilometer auf der Bühne zurück...... Da gäbe es auch noch stimmliche Möglichkeiten...


    Tja, liebe Gioconda - aber hier hast du ja nun mal Recht, wie immer man das auch drehen und wenden möchte. Dieses Klischee, das du ansprichst, nervt mich schon lange. Aber von wem wird es denn am meisten bemüht? Letztenendes ist das auch wieder mal nur ein billiges Ammenmärchen, mit dessen Hilfe die Regisseurmafia sich als die Heilsbringer und "Opernretter" darstellen möchte.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Dein Irrtum liegt darin, dass diese Photos ja keine Bühnenaktion darstellen, sondern gestellte Standbilder sind. Man darf diese Bilder nicht isoliert betrachten, sondern muss sie in Verbindung mit damaligen Berichten sehen. Dann wird das Pendel zugunsten von Giocondas Meinung ausschlagen.


    Lieber Theophilus, ich irre mich gern, weil Irrtümer oft die besseren Erkenntnisse sein können, vorausgesetzt, man erkennt sie als solche. In diesem Falle möchte ich aber entgegenhalten, dass es durchaus eine Menge historischer Fotos gibt, die Bühnenaktionen reflektieren bzw. einfangen. Ein Beispiel wären die umfänglichen optischen Dokumentationen der Aufführungen der Zoppoter Waldbühne aus den zwanziger und dreißiger Jahre. Ich bezog mich also nicht vornehmlich auf die von Dir erwähnten Standbilder. Und die damaligen Berichte, die Du erwähnst, sind - so ich welche kenne - sehr widersprüchlich und können als nicht sehr zuverlässig angesehen werden. Trotzdem habe ich allen Respekt vor Giocondas Meinung, schon, weil es eine Meinung ist. Ich würde ihr sogar danken wollen, weil sie mich zum Nachdenken und Nachschauen in meinen - nicht sehr wenigen einschlägigen Büchern - anregte.


    Ich leiste gleich mal Abbitte, weil das eigentliche Thema durch mich etwas ausgefranst ist. Aber so ist das nun oft bei Debatten.


    Es grüßt sehr herzlich Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent