2012 - Sergiu Celibidache und sein Brucknerbild

  • Es war eine schwere Entscheidung, zwischen einem "100 -Jahre Celi" Thread oder einem speziellen zu wählen.
    Da kam mir der Zufall zu Hilfe. Im vielgescholtenen Thread "Was hört ihr gerade jetzt" begannen sich User vorsichtig über die Vorzüge von Celis Brucknerdirigat auszutauschen. Und zwar gab man sich den Klängen Bruckners in der Lesart des Maestro hin, OHNE sich mit Vergleichsaufnahmen zu belasten. Ein Ansatz der mir gefällt, weil er viele Vorteile (bei einigen Nachteilen) bietet. Einer davon ist sicher das unbelastete Hören, das sich Bezaubern lassen ohne wenn und aber (darüber wird es demnächst einen eigenen Thread geben.

    Was aber macht denn nun die Faszination von Celis Bruckner-Aufnahmen (vielleicht hat ihn sogar jemand live erlebt ?) eigentlich aus ?


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    grüße Dich! Sehe ich das richtig, dass in dem 2012 eröffneten Thread "Sergiu Celibidache und sein Bruckner-Bild" kein Eintrag enthalten ist? Oder habe ich da etwas übersehen?


    Liebe Grüße nach Wien

    Bernd

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Auf meine Mail-Anfrage von heute Nachmittag an die "St.Florianer BruckerTage" habe ich soeben diese interessante Antwort zum Thema Celibidache in Bruckners Begräbniskirche St.Florian bekommen, die einen sehr guten Einblick in das Wirken Celis in Linz gibt.

    *Die darin erwähnte Aufführung der Dritten im September 1991 durfte ich vor Ort miterleben, und war tief beeindruckt von dem damals schon mühsam an das Dirigentenpult schreitenden Maestro. Seine Interpretation über dem Grab Anton Bruckners war gewaltig.


    Sehr geehrter Herr Riedle!

    Hier sende ich Ihnen die Antwort von unserem Künstlerischen Leiter zu.

    Bitte schreiben Sie ihm auf diese E-Mail zurück. klaus-felix.laczika@meduniwien.ac.at


    Sehr geehrter Herr Riedle, ich kann derzeit nur per WhatsApp schreiben. Nach Eugen Jochums jährlichen Konzerten und seinem Ableben dirigierte in der Nachfolge Celibidache 1987 die VIII, 1988 die IV, 1989 die VII, 1990 die f Moll Messe und *1991 die III. Alles im Rahmen des Linzer Brucknerfestes jeweils im September. Anschließend wurde die Stiftskirche für mehrere Jahre restauriert. 1996 wollte er zu Bruckners Todestag die IX dirigieren, ist jedoch leider am 14.8.1996 verstorben. Zu seinem Gedenken wurden 1997 die Sankt Florianer Brucknertage gegründet. Morgen bin ich ich wieder an meinem PC und kann Ihnen Details mailen.


    Herzliche Grüße Klaus Laczika www.brucknertage.at

    Künstlerischer Leiter "St. Florianer BrucknerTage"

    a.o. Univ.-Prof. Dr. Klaus Laczika
    A - 1040 Wien

    https://www.youtube.com/watch?v=vQNOK_57H2k

    "Service to others is the rent you pay for your room here on earth." (Muhammad Ali)


    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Sergiu Celibidache und Anton Bruckner in St. Florian


    Hier die Zustimmung des Künstlerischen Leiters der St.Florianer BrucknerTage, Prof. Dr. Klaus Laczika (Wien), zur Veröffentlichung seiner Mail vom gestrigen 25.08.2023 über Celibidache in Linz im TAMINO KLASSIKFORUM - mit Grüßen an unseren Administrator!*


    "Sehr geehrter Herr Riedle, sehr gern und mit lieben Grüßen an Alfred!"


    * die hiermit ausgerichtet sind


    Ich hatte ihn natürlich gefragt, ob er damit einverstanden ist, dass ich seine Mail hier für die Bruckner-Freunde veröffentliche:


    "Darf ich Ihre Antwort im TAMINO Klassikforum des Herrn Schmidt aus Wien veröffentlichen,

    weil wir uns dort derzeit wieder verstärkt mit Celis Bruckner befassen?"

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Das zeigt einen Teil von Celibidaches Schaffen, aber weniger sein Brucknerbild. Eine durchgängig einheitliche Vorstelung vom Musizieren im Allgemeinen und bei Bruckner im Speziellen hatte er wohl nicht. Zumindest gehörte er zu den Dirigenten, deren Tempi in späteren Lebensjahren immer langsamer wurden (durchaus nachhörbar, denn in früheren Jahren hat er ganz offiziell Schallplatten gemacht und auch so ist sein Wirken und seine Entwicklung über seine Tätigkeit bei verschiedenen Rundfunkorchestern ganz gut dokumentiert). Ob er ein spezifisches Brucknerbildhatte? Seine Art des Musizierens war von seiner Beschäftigung mit dem Zen-Buddhismus geprägt, in Interviews sprach er gerne vom Fluss des Musizierens und vom Klang.


    Ich habe Celibidache tatsächlich live in Köln erlebt, am Tag seines 80. Geburtstags (un der ganze Saal hat ihm ein Geburtstagsständchen gebracht), mit Bruckners 3. Sinfonie. Celibidache war ein Großmeister darin, die Akkustik eines Saales zu berücksichtigen, insofern dürften seine Konzerte Saalabhängig jeweils anders geklungen haben (insofern würde ich mir von Mitschnitten aus Linz nicht viel versprechen). Die Runfunktecnike von SWR und BR haben bei der Aufzeichnung der posthum veröffentlichten Konzerte ganze Arbeit geleist, dem Meister wird's wohl eher nicht gefallen haben.


    Das von Alfred angeregte Unterfangen dürfte indes schwer umzusetzen sein: allein von Bruckner 5 stehen in meiner bescheinden kleinen Sammlung mindestens 25 Aufnahmen, auch die anderen sind allein über die GAs mehrfach vertreten und einige besonders lieb gewonnene Aufnahmen hast Du zwangsläufig im Ohr, wenn Du Anderes hörst. Selbst wenn ich den Vergleich hier nicht aufmache.


    Ich glaube auch nicht, dass Celibidache ein spezifisches Brucknerbild hatte. Er hatte eine Celipbidachspezifische Vorstellung vom Musizieren. Aber das ist wieder ein anderes Blatt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Das zeigt einen Teil von Celibidaches Schaffen, aber weniger sein Brucknerbild. Eine durchgängig einheitliche Vorstelung vom Musizieren im Allgemeinen und bei Bruckner im Speziellen hatte er wohl nicht.

    Ich bin der festen Überzeugung, dass Celibidache sehr wohl ein Bruckner-Bild hatte. Darüber hat er sich mehrfach geäußert. Seine Auffassung der breiten Tempi bei seinen späten Aufnahmen ist durchgängig nachhörbar. Und dieser sein später Bruckner ist für ihn gültig. Hier eine Stimme aus unserem Forum aus dem Jahre 2004 (muss raussuchen, wer das schrieb):


    An Celibidache erinnern die breiten Tempi und die fantastische Ausgestaltung der Schlußcoda im Finale.


    Das bezog sich auf das Finale der Vierten. "Fantastisch" trifft es wirklich perfekt.


    In der Tat: Auch ich kann dieses Finale bei keinem anderen Dirigenten in dieser Ausgestaltung finden, auch nicht bei dem von mir so verehrten Otto Klemperer. Wie da die Geigen zum Hauptthema der Bläser unerbittlich den Rhythmus beibehalten, das ist nach meiner Meinung einzigartig.


    Der Live-Mitschnitt 1991 aus der Stiftskirche St.Florian interessiert mich ja nur insofern, als ich diese Aufführung der Dritten, wie erwähnt, miterlebt habe

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  • Ich glaube auch nicht, dass Celibidache ein spezifisches Brucknerbild hatte. Er hatte eine Celipbidachspezifische Vorstellung vom Musizieren. Aber das ist wieder ein anderes Blatt.

    Genauso ist es, lieber Thomas. Celibidache erzählt, dass er einmal eine Erleuchtung hatte bei einer Aufführung, dass die Zeit am Ende in den Anfang zurückkehrt. Weil er früher mal Philosophie studiert hatte, erklärt er das mit Edmund Husserl, dessen Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins, mit Husserls Begriffen "Retention" - "Protention". Davon - von der Retention (der primären Erinnerung) und der Protention (der erwartungsvorgängigen Antizipation der Zunkunft) - hängt das Tempo ab. Ist das Tempo zu schnell, behält man zwar den großen Zusammenhang im Gedächtins, verliert aber die Details. Ist es zu langsam, geht die Wahrnehmung von Details auf Kosten des großen Zusammenhangs. Da zwischen wollte er - in jeder Aufführung immer wieder neu - die Balance finden. Es ging ihm also keineswegs um "Langsamkeit an sich!" :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich glaube auch nicht, dass Celibidache ein spezifisches Brucknerbild hatte.

    Genauso ist es, lieber Thomas.

    Ich bin der festen Überzeugung, dass Celibidache sehr wohl ein Bruckner-Bild hatte.

    Zwischen "glauben" (Thomas) und "der festen Überzeugung" sein (nur deshalb zitiere ich mich hier selbst), ist es sehr schwer, eine Antwort auf die Kernfrage zu finden - wir wissen es also nicht, ob Celibidache ein Brucknerbild hatte, und fragen können wir ihn leider nicht mehr. Wie gesagt, ich bin auf der Suche nach entsprechenden Aussagen von ihm. Aber eine einfache Frage habe ich nun doch: Können wir nicht schlicht sagen, ob uns sein Bruckner gefällt oder eher nicht? Und das dann begründen. Sind es seine breiten Tempi oder ist es seine Gesamt-Auslegung von Bruckner, die uns zusagen oder missfallen? Statt zu spekulieren über Ja oder Nein zu seinem Bruckner-Bild, vielleicht einfach mal den Kopf aus- und das Herz einschalten?

    Oder ist das naiv?

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  • Statt zu spekulieren über Ja oder Nein zu seinem Bruckner-Bild,

    Nun, die Frage nach dem Bruckner-Bild ist der Threadgegenstand. Und da habe ich die These aufgestellt, daß Celibidache mutmaßliches Bruckner-Biild hatte. Denn die langsamen Tempi setzte er bei allen seinen späten Konzerten ein, sie waren nicht bruicknerspezifisch. Freilich lässt sich über die persönliche Einstellung zu Celibidaches Bruckner diskutieren. Das geschieht auch an vielen Stellen des Forums. Hier geht's dann doch am Threadgegenstand vorbei.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • daß Celibidache mutmaßliches Bruckner-Biild hatte

    Was denn jetzt, lieber Thomas: hatte oder hatte nicht? Oder nur mutmaßlich? Und dass dies am Thread-Thema vorbeigeht, kann ich nicht nachvollziehen. Das Thema lautet "Sergiu Celibidache und sein Bruckner-Bild", und nicht "Hatte Celibidache ein Brucknerbild?" Also darf man doch die Frage stellen, ob sein Bruckner gefällt oder nicht - und warum man das so sieht. Aber wie schon gesagt, vielleicht ist das zu naiv. Die in Klammern am Schluss gestellte Frage zur Eröffnung des Threads haben jedenfalls Du und ich positiv beantworten können: Du hast Celi in Köln erlebt, und ich in Linz.

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  • BR Klassik 2021 - Frideman Leipold:


    Wie aufgeregt sind wir als Studenten immer in die Münchner Philharmonie gepilgert, wenn Sergiu Celibidache Bruckner zelebrierte! Wenn der rumänische Guru mit der Liszt‘schen Löwenmähne seinem Lieblingskomponisten wahre Klang-Kathedralen errichtete. Denn "Celis" Bruckner-Aufführungen waren Kult: Solche Spannungsbögen, solche Höhepunkte, solche Transzendenz hat sonst keiner hinbekommen. Jedenfalls nicht mit der stoischen Ruhe, die dem praktizierenden Zen-Buddhisten Celibidache zu eigen war.

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  • Was aber macht denn nun die Faszination von Celis Bruckner-Aufnahmen eigentlich aus ?

    Das war die Frage zur Eröffnung dieses Threads. Und darüber möchte ich mich gerne austauschen. Das war auch der Grund, weshalb ich wissen wollte, wann es war, dass ich unter Celi in St.Florian Bruckner III erlebte. Ich wusste es nämlich nicht mehr genau. Die Antwort von Prof. Laczika aus Wien kam ja nur eine Stunde nach meiner Anfrage. Diese Schnelligkeit ist schon erstaunlich! Ich dachte, die Wiener sind so "gemütlich" ;).


    Für mich macht die Faszination der Celi-Bruckner-Aufnahmen absolut die nur durch seine "breiten" Tempi erreichbare hundertprozentige Transparenz der gewaltigen Architektur des "Orgel-Sinfonikers" aus. Natürlich kann das als zu "breit" empfunden werden - aber darüber zu diskutieren, ist doch sicher auch der Sinn der Sache. Oder nicht?

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  • Danke Dir lieber Orfeo für diesen wirklich sehr lesenswerten und sonst nirgendwo zu findenden Artikel. Ich habe ihn, trotz der schwierigen Übersetzung, am Stück "gefressen" und bin beeindruckt. Sowohl über die Schilderungen von Tess James über Celis musikalischen Auffassungen wie auch die Beschreibungen seiner wohl letztlich sehr menschlichen Art.


    Dein Beitrag ist wieder einmal ein Beispiel für das, was ich meine mit dem "Schatz" des Tamino Klassikforums. Man würde ohne das Forum ja regelrecht dumm bleiben :) und Beiträge wie Dein Lesehinweis würden einem entgehen. In diesem Sinne nochmal Danke, lieber Orfeo und


    LG Bernd

    Tess James äußerte sich im Jahr 1998 in

    "The Online Journal of the Society for Music Theory" über

    Celibidache and Bruckner

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • cb_1155_piendl_otto.jpg?itok=MysoSR75


    In diesem Buch, das noch am Markt ist, findet sich auch eine Kapitel über Celibidache und Bruckner. Die achtzehn einschlägigen Äußerungen des Dirgenten sind durchweg positiv gehalten und ohne jede Schärfe. Ein Beispiel: "Er war der größte Symphoniker aller Zeiten. Niemand ist soweit wie Bruckner mit seiner klangbezogenen Korrelationsfähigkeit in den Kosmos eingedrungen."


    Ob er ein spezifisches Brucknerbildhatte? Seine Art des Musizierens war von seiner Beschäftigung mit dem Zen-Buddhismus geprägt, in Interviews sprach er gerne vom Fluss des Musizierens und vom Klang.


    Die Frage, die Thomas aufwirft, würde ich mit ja beantworten. Mein Eindruck ist, dass Celibidache in Bruckner den Komponisten fand, mit dessen Musik er seine ästhetischen Vorstellungen als Dirigent am besten und nachhaltigsten umsetzen konnte. Auf dieser Grundlage erwuchs eine tiefe ins Religiöse gehende Beziehung, wie sie nur er einzugehen in der Lage war.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zwischen "glauben" (Thomas) und "der festen Überzeugung" sein (nur deshalb zitiere ich mich hier selbst), ist es sehr schwer, eine Antwort auf die Kernfrage zu finden - wir wissen es also nicht, ob Celibidache ein Brucknerbild hatte, und fragen können wir ihn leider nicht mehr.

    Lieber Bernd,


    von Celi habe ich dieses Buch:


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    Da werde ich noch einmal nachschauen, ob ich etwas zu Bruckner finde. Das andere Buch, worauf Rüdiger hinweist, habe ich leider (!!!) nicht. Mir scheint aus dem was ich von Äußerungen von ihm kenne, dass er ein eher striktes Verständnis von "absoluter Musik" hatte - Biographien, Programme, Musik-Hermeneutik interessieren ihn eigentlich nicht. Insofern denke ich, dass man nicht falsch liegt, wenn man vermutet, dass er weniger am "Bruckner-Spezifischen" interessiert war, sondern Bruckner eher ein Komponist war, der seine Musikauffassung ideal repräsentierte. Und da gibt es natürlich Affinitäten. Das ist vor allem der Bezug zu Furtwängler, den Celi sehr verehrte, also die Wagner-Tradition. :hello:


    Einen schönen Sonntag wünschend

    Holger

  • ...sondern Bruckner eher ein Komponist war, der seine Musikauffassung ideal repräsentierte. Und da gibt es natürlich Affinitäten. Das ist vor allem der Bezug zu Furtwängler, den Celi sehr verehrte, also die Wagner-Tradition. :hello:

    Guten Morgen lieber Holger. Danke Dir, dass Du zwischen all dem Hin und Her um RT noch Zeit findest, um Dich auch mit meiner Überlegung zu Celi und Bruckner zu befassen. Wäre Dir dankbar, wenn Du in Deinem Buch noch einmal nachschaust. Was ich vorsichtig sagen möchte, ist dies: Ich denke nicht, dass man Bruckner so zelebrieren kann wie Celi das getan hat, ohne ein ziemlich genaues Brucknerbild zu haben. Auch ich wünsche Dir einen stressfreien Sonntag. PS. Gibt es beim Thema RT eine Aussicht auf Annäherung der Standpunkte? LG Bernd

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Guten Morgen lieber Holger. Danke Dir, dass Du zwischen all dem Hin und Her um RT noch Zeit findest, um Dich auch mit meiner Überlegung zu Celi und Bruckner zu befassen. Wäre Dir dankbar, wenn Du in Deinem Buch noch einmal nachschaust. Was ich vorsichtig sagen möchte, ist dies: Ich denke nicht, dass man Bruckner so zelebrieren kann wie Celi das getan hat, ohne ein ziemlich genaues Brucknerbild zu haben. Auch ich wünsche Dir einen stressfreien Sonntag. PS. Gibt es beim Thema RT eine Aussicht auf Annäherung der Standpunkte? LG Bernd

    Lieber Berrnd, Danke! :) Celi und Bruckner- das interessiert mich natürlich auch sehr. Du hast natürlich Recht. Es gibt manche Komponisten, die quasi dazu einladen, zelebriert zu werden. ^^ Das hat natürlich auch geschichtliche Gründe.


    Ich bin selbst gespannt, was die letzte RT-Diskussion angeht. Ich bleibe skeptisch. Immer dann, wenn es tiefer geht auf die eigentlichen ästhetischen Probleme, endet meist die Diskussion. Aber Deine Frage hat mich inspiriert zu einem Beitrag - spätestens morgen schreibe ich ihn dann! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Das folgende Video zeigt die Vorgehensweise Celibidaches bei den Proben zu Bruckners 9. Sinfonie.

    Deutsch mit Transkript


    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Video zeigt die Vorgehensweise Celibidaches bei den Proben zu Bruckners 9. Sinfonie

    Oft und immer wieder gerne gesehen, lieber Orfeo - auch wegen der Stelle ab etwa 31:38

    "...letzte Note bi bi baaaam, nicht bi bi bam". Das sind eben die "Längen" bei Celis Bruckner: nicht bi bi ba, sondern bi bi baaaam...

    Aber auch ansonsten ist das Video sehr aufschlussreich!

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Stimme eines Users nach dem von orfeo hier eingestellten Video über Celis Probe der Neunten Bruckner:


    "The greatest Bruckner conductor I have ever heard!"


    (diese und andere Stimmen, wie immer, nachzulesen unter dem Video)

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  • Aber natürlich auch diese Stimme eines Users:


    Celibidache mag ein herausragender Musiker gewesen sein, aber diese Arroganz ist kaum zu ertragen und das ist der eigentliche Punkt. Wirklich geniale Musiker haben auch immer Bescheidenheit und Demut ausgestrahlt. Diesen Kult um ihn habe ich nie verstanden, seine Interpretationen zum Maß aller Dinge zu erklären, ist einfach Unsinn. Mit seinen "breiten" Tempi hat er einer ganzen Reihe von Kompositionen auch ihren spezifischen Charakter genommen und hat deshalb am Stück vorbei interpretiert. Auch seine Art zu dirigieren, handwerklich meisterlich, aber despotisch, seine Orchester strahlen für mich nie Freiheit, Individualität und Spielfreude aus. Kult war noch nie gut, es geht immer wieder um das unvoreingenommene Zuhören und auch Zuschauen!


    Und der Maestro selbst:


    Die Bruckner-Tradition? Das nenne ich Kulturmord. Bruckner-Dirigenten? Sie treiben Kulturmord. Es gibt sogenannte Bruckner-Dirigenten, die noch nie eine Bruckner-Symphonie gespielt haben! Diese Kameltreiber haben von Bruckner absolut nichts verstanden. Ich frage mich manchmal, ob Bruckner je uraufgeführt wurde.

    Und an anderer Stelle:


    Ich habe nie Mahler dirigiert und werde es auch nicht tun. Mahler ist eine der peinlichsten Erscheinungen der Musikgeschichte.


    Dabei hat er, wenn ich mich nicht täusche, die Kindertotenlieder dirigiert.


    Ja, so ist das nun einmal mit Celi - einerseits große Interpretationen gerade bei Bruckner, andererseits seine Widersprüchlichkeit in seinen Aussagen und "Gewalt-Urteile"...

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

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  • Das gibt es auf DVD und sogar etwas versteckt im Internet: Archivmaterial von Sergiu Celibidache und den Münchner Philharmonikern bei den Proben von


    Anton Bruckners Messe Nr. 3 in f-Moll mit Margaret Price 1993 in St. Florian, Linz.


    https://b23.tv/DeVndFe

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Zitat von Bernd

    Celibidache mag ein herausragender Musiker gewesen sein, aber diese Arroganz ist kaum zu ertragen und das ist der eigentliche Punkt.


    Diese ganz spezifische Arroganz gibt es wahrscheinlich immer mal wieder bei an sich leidenschaftlichen und fähigen Musikern. Auch der Hang zu Schau, zur Show ist verbreitet - Leonard Bernstein verkörperte solches durchaus, meine ich, aber das Arrogante lag ihm dann doch fern, dazu war er viel zu sehr der Welt-Umarmende. Ein aktuelles und für mich durchaus unsympathisches Beispiel, wo Bernstein irgendwie auf Celibidache trifft und wo noch eine problematische politische Komponente hinzutritt, ist Teodor Currentzis.


    Doch das wird nicht jeder so sehen, was ich schon mal selbstverständlich akzeptiere.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat von Bernd???

    Celibidache mag ein herausragender Musiker gewesen sein, aber diese Arroganz ist kaum zu ertragen und das ist der eigentliche Punkt.


    Mit diesem Zitat wird nicht ausgedrückt, was ich gesagt habe. Ich habe damit einen User eines YouTube Videos über Celis Bruckner-Probe der Neunten (hier eingestellt von Orfeo) zitiert.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Diese ganz spezifische Arroganz gibt es wahrscheinlich immer mal wieder bei an sich leidenschaftlichen und fähigen Musikern. Auch der Hang zu Schau, zur Show ist verbreitet - Leonard Bernstein verkörperte solches durchaus, meine ich, aber das Arrogante lag ihm dann doch fern, dazu war er viel zu sehr der Welt-Umarmende. Ein aktuelles und für mich durchaus unsympathisches Beispiel, wo Bernstein irgendwie auf Celibidache trifft und wo noch eine problematische politische Komponente hinzutritt, ist Teodor Currentzis.

    Hallo lieber WolfgangZ! Nach meiner Klarstellung zum Zitat (das ist ein Schwachpunkt hier, wenn man ein Zitat einfügt) stimme ich Dir zu Deiner inhaltlichen Aussage absolut zu.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Hallo lieber WolfgangZ! Nach meiner Klarstellung zum Zitat (das ist ein Schwachpunkt hier, wenn man ein Zitat einfügt) stimme ich Dir zu Deiner inhaltlichen Aussage absolut zu.

    Sowieso kein Problem, lieber Bernd! Und die beiden Celibidache-Zitate sind halt sehr verräterisch, wie Du ja auch andeutest. Wer sich so artikuliert, ist mit Sicherheit unduldsam und als Gesprächspartner oder Vorgesetzter schwierig.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Und die beiden Celibidache-Zitate sind halt sehr verräterisch, wie Du ja auch andeutest. Wer sich so artikuliert, ist mit Sicherheit unduldsam und als Gesprächspartner oder Vorgesetzter schwierig.

    So ischt es , wie der Schwabe sagt. Ja, die beiden Celibidache-Zitate gereichen ihm nicht gerade zum Ruhme. Nichtsdestotrotz schätze ich seinen "breiten" Bruckner sehr. Ob die "Kameltreiber" über seine Kollegen, oder Mahler als die "peinlichste Erscheinung der Musikgeschichte" - Celi hätte sich besser auf sein Dirigat konzentrieren und nicht soviel reden sollen. Das wäre gescheiter gewesen.

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