An der Wiener Staatsoper hatten wieder einmal die Publikumsrenner Cavalleria Rusticana und Der Bajazzo für ein volles Haus gesorgt. Auch einige prominente Besucher fanden sich in der Staatsoper ein, darunter die französische Filmschauspielerin Fanny Ardant, die vor einigen Jahren in einem Film die berühmteste Opernsängerin aller Zeiten unter der Regie von Franco Zeffirelli gespielt hat.
Die beiden Verismo-Reißer zünden allerdings nicht nicht so wie man sich das erwarten darf.
Das liegt zum einen am etwas spröden und zu wenig mitreißenden Dirigat von Asher Fisch. Er dirigiert solide, aber es fehlt an Ecken und Kanten und das Verismo-Feuer wird nur recht spärlich gezündet.
In Cavalleria Rusticana kehrt Waltraud Meier in der Rolle der Santuzza wieder an die Staatsoper zurück. Doch das was ihr bei Wagner so eindrucksvoll gelingt, ist bei Mascagni nicht so selbstverständlich. Ihre Stimme ist etwas steif im Ausdruck und man würde sich eine „italienischere“ Santuzza wünschen. Auch wenn Meier ihre Rolle intensiv spielt – die italienische Bäuerin kann man ihr nicht ganz abnehmen. Dafür singt sie viel zu kontrolliert.
Zeitweise machen sich auch Höhenprobleme bemerkbar.
Der Turiddu von Peter Seiffert hat ein ähnliches Problem, allerdings noch verstärkt. Er präsentiert eine sehr unflexible und regelrecht harte Tenorstimme, auch wenn er technisch die Partie bewältigen kann. Zudem ist sein Tenor zu wenig italienisch. Mehr noch, von Italianità ist da eigentlich Nichts zu vernehmen.
Sicher, Seiffert als auch Meier sind ausgezeichnete Sänger in ihrem Fach, mit der Betonung auf ihrem, aber hier hat man das Gefühl Tristan und Isolde haben sich nach Sizilien verirrt.
Auch mit dem Alfio des Lucio Gallo wird man nicht wirklich glücklich. Zu wenig Stimmkraft scheint der Sänger für die Partie zu haben, zu wenig Durchschlagskraft besitzt sein Bariton – zumindest für ein Haus mit der Größe der Wiener Staatsoper.
Überzeugender agieren da schon die Interpretinnen von Lola und Mama Lucia. Erste wird von Monika Bohinec mit attraktivem Timbre gegeben und auch Aura Twarovska absolviert die Mutter Turiddu’s recht zufriedenstellend.
Aber auch nach der Pause kann Der Bajazzo von Leoncavallo nicht mitreißen.
Gustavo Porta debütiert mit dem Canio in Wien und läßt eine sehr unausgeglichene Leistung hören. Er startet vielversprechend, doch bereits nach dem ventitre ore scheint er an Stimmkraft zu verlieren. Sein Vortrag gerät eher farblos, da seine Tenorstimme kaum Schattierungen kennt. Somit kann er seiner Figur nur wenig Profil verleihen.
Auch wenn Tamar Iveri die Nedda gekonnt zu singen vermag, bleibt ihr recht eindimensionales Timbre, mit ihren glanzlosen Höhen und einer Mittellage, die ohne jeglichen Schönklang auskommt, Geschmackssache. Diesbezüglich paßt sie aber gut zu Porta.
Aus der Cavalleria-Besetzung ist Lucio Gallo übriggeblieben, und was er in der Mascagni-Oper bietet, findet seine Fortsetzung bei Leoncavallo. Zu wenig veristisch ist sein Vortrag. Auch scheint er mit einigen exponierten Höhen so seine Probleme zu haben. Dies wird ganz besonders beim Prolog hörbar, als er einen Spitzenton deutlich nach unten transponiert.
Den besten Eindruck macht da noch Tae-Joong Yang, der einen guten Silvio singt. Weniger überzeugend gelingt der Beppo von Carlos Osuna, der in seiner kurzen Arie einen etwas unruhig geführten Tenor hören läßt.
Letztendlich gibt es aber doch freundlichen, wenn auch sehr kurzen Applaus, und man verläßt das Opernhaus, mit der Frage, wo der Verismo an diesem Abend eigentlich geblieben ist.
Gregor