Meine Opernsaison 2011/12 - Ein Rückblick

  • Nach meinem Besuch der Turandot in der Arena di Verona letzte Woche ist für mich die Opernsaison 2011/12 jetzt wohl abgeschlossen. Deswegen dachte ich mir, es wäre schön hier in kurzer Form alle meine Opernbesuche dieser Spieltzeit nocheinmal Revue passieren zu lassen und einen kleinen Fazit zu ziehen.


    -mein erster Opernbesuch dieser Spielzeit war die Carmen in München, bei der ich von Vesselina Kasarova in der Titalrolle sehr positiv überrascht war. Die alte Inszenierung nach Lina Wertmüller ist werkdienlich klassisch und immer noch sehenswert.


    -weiter ging es mit der Premiere von Les Contes d`Hoffmann in München, mit einer grossartigen Diana Damrau in allen Frauenrollen und einer großen Enttäuschung über Rolando Villazon....Das restliche Ensemble war bis auf die Muse eher blass. Richard Jones Inszenierung hatte einen gelungenen Antonia-Akt, einen mittelmässigen Olympia-Akt und einen miserablen Giulietta-Akt. Insgesamt: Ich habe schon Schlimmeres gesehn....


    -Eine Aufführung der Bayerischen Theaterakademie von La Finta Giardiniera ging trotz ansprechendem Barock-Bühnenbild in einem fürchterlichen Klamauk der Inszenierung unter. Arme Sänger.....


    -L'enfant et les sortileges von Ravel gemeinsam mit Zemlinkis Zwerg in München hat mir sehr gut gefallen. Zwei schöne werkgerechte Inszenierungen und das hier in München, sowie musikalisch hervorragend...


    -Turandot in Zürich: Die "halbmoderne"-Inszenierung von Gian-Carlo del Monaco mit einem modernen Calaf der in ein Antikes China per Zeitmaschine gebeamt wurde, möchte ich nur noch vergessen. José Cura als Calaf ebenfalls (aber da hatte ich Carlo Ventre noch nicht gehört....)


    -Die Turandot ohne Schluss war eine fürchterliche Neuinszenierung in München. La Fura dels Baus tat wirklich alles um von der Musik abzulenken, der fehlende Alfano-Schluss war unbefriedigend aber Zubin Mehta hat grandios dirigiert. Die Sänger waren gut bzw. oberes Mittelmaß


    -Ein musikalischer Highlight: Anja Harteros, Jonas Kaufmann und René Pape im Münchner Don Carlos. Die fünfaktige Rose-Inszenierung ist trotz endloser Dauerschwärze auch noch irgendwo erträglich.....


    -Münchner Neuinszenierung des Rings: Das Rheingold ist zum Weggucken. (Aber immer noch besser als die letzte Münchner Rheingold-Inszenierung). Scheussliche und geschmacklose Inszenierung mit halbnackten Statisten als Rhein und Wotan im Strassenanzug. Musikalisch hat es mich auch nicht vom Hocker gerissen - deshalb wurden alle weiteren Ring-Karten verkauft....Zu Recht, wenn ich die Bilder sehe....


    -Aida an der Mailänder Scala in der wiederbelebten traumhaften Inszenierung von Franco Zeffirelli mit den Bühnenbildern von Lila de Nobili aus dem Jahr 1963. Die schönste Aida aller Zeiten, aber musikalisch gab es noch viel Luft nach oben....


    -Rossinis Otello am Opernhaus Zürich: Die Bartoli als Desdemona war umwerfend, genauso John Osborn als Otello und Javier Camarena als Rodrigo. Grossartiges Orchester, aber der Fünfzigerjahre-Mief der Inszenierung von Mosche Leiser und Patrice Caurier war nur mit geschlossenen Augen zu ertragen. Eine verpasste Chance...


    -Opernhaus Zürich: Don Carlo in der fünfaktigen Fassung in einer teilweise sehr sparsam ausgestatteten Inszenierung, die aber durchaus noch werktreu war. Abermals mit einer grandiosen Anja Harteros, Zubin Mehta und Vesselina Kasarova, die nun wohl bei Verdi angekommen scheint. Der Rest der Sänger war leider als indisponiert angekündigt worden....


    -Otello in München: Einziger Lichtblick war Krassimira Stoyanova in der kriminellen Inszenierung von Francesca Zambello.....


    -Le Nozze di Figaro an der Mailänder Scala in der legendären Strehler-Inszenierung war auch musikalisch rundum traumhaft


    -Le Nozze di Figaro in München mit Harteros, Keenlyside und Pisaroni war musikalisch schwer zu toppen; die Inszenierung ist bis auf den miserablen vierten Akt ganz nett


    -Zweimal Becanto-Glück in München: Anna Netrebko und Vesselina Kasarova als Romeo und Julia in Bellinis Capuleti.... Die Inszenierung von Vincent Boussard gehört noch zu den angenehmeren Münchner Neuinszenierungen der letzten Jahre


    -La Cenerentola mit Joyce di Donato und Lawrence Bronlee in der Wiederaufnahme der legendären Ponnelle-Inszenierung. Eine der besten Aufführungen, die ich je gesehen habe. Unvergesslich!


    -Turandot in der Arena di Verona: Die herrliche Zeffirelli-Inszenierung wird durch miserable Sänger regelrecht vers........... Einzig die 67jährige Giovanna Casolla konnte in der Titelrolle überzeugen


    Fazit: Eine insgesamt sehr schöne Saison mit vielen herrlichen klassischen Inszenierungen. Musikalisch habe ich viele Sternstunden erlebt.... :):)
    Meine Lieblingsinszenierung der Saison: Aida von Franco Zeffirelli und Lila de Nobili an der Scala
    Meine Lieblingssängerin der Saison: Joyce di Donato als Cenerentola, dicht gefolgt von Anja Harteros als Don Carlo- Elisabetta; aber auch die Netrebko war sensationell, sowie die Kasarova
    Mein Lieblingssänger der Saison war Lawrence Brownlee als Ramiro in La Cenerentola
    Die schlimmmste Inszenierung war das Münchner Rheingold in Konkurrenz mit Francesca Zambellos Otello
    Schlimmster Sänger: Carlo Ventre als Calaf in der Turandot in Verona.....

  • Vielen Dank für deinen persönlichen Rückblick, den ich mit Interesse gelesen habe. Es ist immer interessant, was andere für Vorstellungen besucht und wie sie diese empfunden haben.
    Auch ich habe viele Vorstellungen in der vergangenen Saison besucht, vornehmlich in Wien, darunter auch wirkliche Höhepunkte. Ich hoffe, dass ich nächste Saison auch wieder mehr im Ausland sein kann. Mein letztes Verona-Erlebnis zum Beispiel war der tolle Trovatore vor zwei Jahren.
    Den neuen Rigoletto in München habe ich in Planung. Mal sehen .....


    Gregor

  • Zitat von Gregor

    Den neuen Rigoletto in München habe ich in Planung. Mal sehen .....


    Ich auch....Vielleicht sieht man sich? :)


    Ach ja den tollen Trovatore in Verona habe ich auch gesehen! Der war wirklich aussergewöhnlich! Sängerisch und szenisch!!!

  • In der Saison 2011/2012 ist mir keine Oper so positiv im Gedächtnis geblieben, daß ich sie hier ansprechen könnte. Leider war der Eindruck fast immer miserabelst, in einer Carmen in Gera bin ich sogar zur Pause gegangen. Nicht nur wegen Bühnenbild und Kostümen, sondern weil der eingesprungene Ersatzdirigent schwunglos wirkte, die Sänger wohl alle einen schlechten Tag erwischt hatten.


    Einzige Ausnahmen: Ariadne auf Naxos in Gera (stellte in Regie und Gesang manche große Bühne in den Schatten, obwohl auch unter Regietheater einzuordnen, aber gemäßigt)


    und Die schweigsame Frau in Chemnitz (mit einem tollen Franz Hawlat und wunderbaren alten Kostümen und Bühnenbildern))


    Sonst nur Aufführungen, die ich bereits alle wieder vergessen habe, die also wenig Eindruck hinterließen. Deshalb habe ich immer weniger Interesse an Opernbesuchen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.