"Klinge, klinge meiner Gusli Klang" - der Magier Nikolai Rimski-Korsakow

  • Nikolai Rimski-Korsakow


    [timg]http://www.russisches-musikarc…portrait-01.jpg;l;315;414[/timg]Er gilt oftmals als der letzte klassische russische Opernkomponist und wurde von dem Schriftsteller Poljanowski als der „große Baumeister der russischen Musik“ bezeichnet. Unter seinen Schülern finden sich Namen wie Glasunow, Arenski, Strawinski, Prokofjew und Respighi. Selbst Schostakowitschs Lehrer Steinberg war ein Vertreter aus der Rimski-Schule.
    Wie zB Mussorgsky gehörte er in die Gruppe des „Mächtigen Häufleins“, die sich unter einer gewissen väterlichen-lehrenden Leitung von Mili Balakirew anschickte die russische Musik zu revolutionieren.


    Rimski-Korsakow wird am 18. März 1844 in Nordrussland geboren und bekommt ab dem Alter von 6 Jahren Musikunterricht. Durch diesen und ein musikinteressiertes Umfeld kommt er früh in Berührung mit Komponisten wie Verdi, Meyerbeer, Mozart und Beethoven. Auf der anderen Seite wirkt das Volkstum dieser Gegend stark auf ihn; Bräuche, Feste und die Lieder seiner Landsleute, sowie die russischen Kirchengesänge strömen in ihn ein.
    Mit zwölf Jahren wird Rimski Seekadett und erwärmt sich, neben der Musik, für Reiseliteratur, historische Novellen und Astronomie. In dieser Zeit beginnt der Junge Konzerte und Opernaufführungen zu besuchen (erhält auch weiterhin Musikunterricht), wobei er an den Opern von Rossini, Mozart, Verdi, Donizetti, aber auch Webers „Freischütz“ viel Gefallen findet; bei der Instrumentalmusik sind es Mendelssohn und Lizst, besonders begeistert ist er auch von den Sinfonien und Sonaten Beethovens. Ganz besonders enthusiastisch reagiert er allerdings auf die Werke Michail Glinkas, „ich war verliebt in Glinka“, sagt er einmal selbst. Sein Klavierlehrer bestärkt ihn darin und machte ihn außerdem mit den Werken Bachs bekannt, außerdem bringt er ihm bei Orchesterpartituren zu lesen. 1861 lernt der junge Mann schließlich Balakirew kennen, der ihn ermuntert eine Sinfonie zu schreiben. Dazu sei gesagt, dass Rimski zu diesem Zeitpunkt weder die einfachsten Regeln der Harmonielehre kennt, noch weiß, was der Kontrapunkt ist. Durch Balakirew kommt er schließlich in Kontakt mit Mussorgsky und Cui, sowie dem Musikkritiker Wladimir Stassow. Ein Jahr später tritt Rimksi der Marine bei und absolviert auf einem Schulschiff eine dreijährige Weltreise, auf der er die USA, Südamerika, das Mittelmeer und viele französische und italienische Hafenstädte kennen lernt. Nach seiner Rückkehr beendet er seine erste Sinfonie, die Cui die erste russische Sinfonie nennen wird. Er schließt sich wieder Balakirew Kreis an (Borodin gehört inzwischen auch dazu), der sowohl die westeuropäische Musik eifrig studiert und analysiert, besonders Liszt und Berlioz, als auch weiter den Gedanken an die Volksmusik ausbaut. Balakirew hat von einer Reise in den Kaukasus einige Volkslieder und orientalischen Stücke mitgebracht, die Rimski und seine Freunde stark inspirieren. 1868 unternimmt er eine Reise ins Innere von Russland, wo ein „plötzliches, zu äußerster Stärke gesteigertes Gefühl der Liebe zum russischen Volk“ in ihm entsteht. Aus dieser Stimmung heraus komponiert er seine erste Oper „Das Mädchen von Pskow“. Zudem gibt er Volksliedsammlungen heraus.
    Da er sich immer mehr einen Namen im Musikbetrieb macht, bekommt er eine Professorenstelle für Komposition und Instrumentation, sowie die Leitung der Orchesterklasse des Petersburger Konservatoriums und quittiert 1873 seinen Marinedienst. Als Professor im Umgang mit seinen Studenten wird Rimski klar wie wenig er eigentlich selbst von der Theorie der Musik und des Komponierens versteht, nimmt darum selbst noch einmal Unterricht und beliest sich in unzähligen Theoriewerken u.a. Tschaikowskis Harmonielehre und das Kontrapunkt-Lehrbuch Cherubinis. Die kontrapunktischen Formen sind denn auch einer der wiederkehrenden Bestandteile in Rimki-Korsakows Werk. 1872 hatte Rimski die Pianistin Nadeshda Purgold geheiratet, die für ihn ihre Karriere aufgab. Ihr widmete er auch seine zweite Oper „Die Mainacht“. In seinem weiteren Studium beschäftigt er sich auch mit Partiturlesen und Dirigieren, sodass er 1874 das erste Mal öffentlich als Dirigent auftreten kann. Nebenbei hilft er auch immer wieder seinen Freunden, indem er sie beim Komponieren unterstützt bzw. nach deren Tod deren Nachlass verwaltet und bearbeitet, so bei Borodins „Fürst Igor“ und Mussorgskys Opern. Inzwischen hat sich das „Mächtige Häuflein“ einander allerdings schon entfremdet. Jedoch schreibt Rimski in dieser Zeit zwei seiner berühmtesten Instrumentalstücke, „Spanische Capriccio“ und „Scheherazade“. Anfang der neunziger Jahre gerät er aber in eine musikalische Krise. Er zweifelt daran, ob sein bisheriger musikalischer Weg der richtige sei, außerdem hat er Familiensorgen, denn eine seiner Töchter stirbt. Aus dieser Zeit geht er umso tatkräftiger hervor und schafft eine seiner bekanntesten Opern „Sadko“. Es folgen weitere, zB die düstere „Der unsterbliche Kastschei“ und „Die Geschichte von der unsichtbaren Stadt Kitesh und der Jungfrau Fewroina“, die viele Musikwissenschaftler und -historiker für sein bedeutenstes Bühnenwerk halten.
    Als 1905 die Revolution losbrach, macht Rimksi sich bei den Politischen verdächtigt, weil er sich auf die Seite seiner revolutionären Studentenschaft stellte, was zu Folge hat, dass die Auffürhung seiner Werke in Petersburg verboten wird. Daraufhin hagelt es Protest aus ganz Russland. Erst als Alexander Glasunow die Leitung des Petersburger Konservatoriums übernimmt, kehrt Rimski als Professor zurück. Nach der Revolution komponiert er das satirische Stück „Der Goldene Hahn“.
    Auch gibt es von ihm zwei weitere Sinfonien und eine Reihe Klavier- und Kammermusik, sowie Lieder.
    Am 8. Juni 1908 stirbt er auf seinem Landgut in Ljubensk.


    Trotzdem Rimski-Korsakow sowohl in vielen seiner Ausdrucksmittel, seiner Harmonik, der Melodien und des Rhythmus, als auch bei der Wahl seiner Themen immer eng verbunden ist mit der Musik und der Sprache seine Volkes, deswegen durchaus volkstümlich genannt werden kann, sollte man nicht die vorhandenen Gewähltheiten und Kühnheiten in seinen Werken übersehen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ich habe ihn sehr lange ignoriert, denn der ewige Hummelflug beim blauen Bock, das muss ich nicht haben...
    Dann hörte ich in Maastricht ohne irgendeine Vorinformation (einfach durch den KÜnstlereingang reinmarschiert und mich hingesetzt) Sheherazade. - Und war restlos begeistert. Ich weiß noch, dass ich auf einmal dachte: "So groß habe ich mir Sindbads Schiff gar nicht vorgestellt" - so realistisch waren die inneren Bilder.
    ABer ich muss zugeben, dass es auch dabei wieder geblieben ist. Mir fällt jetzt auf Anhieb kein anderes Werk von ihm ein.


    Er war für mich also zweimal ein "one hit wonder". - Auch mal was...


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Klaus,


    es stimmt schon "Der Hummelflug" losgelöst als "Klassik-Praline" hat Rimski nicht eben beliebter oder bekannter gemacht, dabei lohnt es sich schon das ganze Werk dahinter einmal kennenzulernen, im Zusammenhang wirkt dieses kleine Stück denn auch viel interessanter und weniger banal.
    "Scheherazade" ist und bleibt auch das berühmteste Werk Rimskis in Deutschland, was durchaus nicht negativ zu betrachten ist, ich finde es ein sehr gelungenes, mitreißendes Stück (und es liegt auch in unzähligen Aufnahmen vor).
    Ich denke, die Essenz von Rimskis Musik liegt in seinen Opernwerken (auf die ich nach und nach auch hier eingehen will).
    Wenn du allerdings mit Oper nichts am Hut hast, versuch es doch mal mit seinen 3 Sinfonien.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ja, da sollte ich mich mal drum kümmern um die 3 Symphonien (keine Ahnung davon, aber mein Saturn-Mitarbeiter wird da weiterwissen).
    Oper liebe ich sehr, aber nur, wenn ich sie auch sehen kann, CDs höre ich gar nicht und DVDs sind leider oft zu teuer. Ich habe es sehr genossen, als 2001 eine Opernreihe aufgelegt hatte für ca. 10,-€ pro WERk. Klasse war das.

    Danke für die Tipps.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Auch ich liebe die Musik von Rimski-Korsakow. Die Inhaltsangabe zu seiner Oper "Der goldene Hahn" habe ich ja schon in unseren Opernführer eingestellt. Diese besitze ich sowohl auf CD als auch in einer Aufführung des Marinsky-Theaters auf DVD. Auf CD habe ich aber auch "Snegurotschka" und "Mainacht". Leider habe ich dazu noch kein Libretto gefunden, und wenn es ein russisches wäre, könnte ich es auch nicht lesen. Vielleicht hat Schall und Wahn ja die Möglichkeit, eine Inhaltsangabe in Stil der Inhaltsangaben unseres Forums dazu zu gestalten.
    Natürlich habe ich auch die Scheherazade, sowohl auf CD als auch auf DVD in einer Aufführung des Kirov-Balletts nach einer Choreographie von Mikhail Fokine Auf CD außerdem das Cappriccio espagnol und die Ouvertüre "Große russische Ostern", die ich beide auch sehr gerne höre. Von "Mlada" und "Sadko" habe ich nur Auszüge und dann die drei Sinfonien mit dem Staatlichen Orchester der UDSSR unter Jewgenij Swetlanow. Deshalb freue ich mich schon auf die Ausführungen in diesem neuen Thema.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Hallo Gerhard,


    es stimmt, die Libretti für Rimski-Opern scheinen selbst im Internet nicht verbreitet zu sein. Dort gibt es zwar die Klavierauzüge, aber der Text dort ist in Russisch, was ich ebenfalls nicht beherrsche. Lange war ich auf die kümmerlichen Inhaltsangaben in CD-Booklets oder im Internet angewiesen. Habe aber eine Seite gefunden, auf der zumindest äußerst ausführliche Inhaltsangaben nachzulesen sind...einfach nach unten zu Opern scrollen und die einzelnen Werke anklicken :
    http://www.klassika.info/Kompo…_Korsakov/wv_gattung.html


    Das ist auch der Grund, warum ich bisher den 3 Einträgen, die es im Tamino-Operführer zu Rimski gibt, noch keinen hinzugefügt habe, da ich ja doch nur den Text, der auf der genannten Seite zu finden ist, wiedergeben würde.
    In diesem Thread werde ich aber auf jeden Fall etwas darauf eingehen (leider kenne ich auch noch nicht alle Opern von Rimski).
    Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn du etwas zu den Sinfonien schreibst, die ich selbst bisher auch nur sporadisch gehört habe.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Die erste und dritte Sinfonie sind etwas trocken, in der Sheherazade-Liga spielt die 2. Sinfonie "Antar" und die Suiten aus den Opern: Zar Saltan (inkl. Hummelflug), Der Goldene Hahn, Die Nacht vor Weihnachten und evtl. noch einige weitere. Komplette Opern (wohl seine wichtigsten Werke) kenne ich bislang auch noch keine richtig. Die Stärken Rimskys liegen in farbiger Instrumentation und exotischem Kolorit. Der frühe Stravinsky (bes. Feuervogel) verdankt seinem Lehrer einiges.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Heilbronner Sinfonie Orchester hat im Programm seines diesjährigen Weihnachtskonzerts drei sehr wirkungsvolle Stücke von Rimsky-Korsakow:
    Polonaise aus "Die Weihnacht", Aus "Schneeflöckchen" den Tanz der Gaukler und wie könnte es anders sein den unverwüstlichen "Hummelflug" - übrigens ein Erfolgsgarant beim breiten Publikum.
    Das beweist, der Komponist hat sehr melodiös klingende und gar nicht spröd wirkende Stücke geschrieben.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ja, Rimski-Korsakow ist ein Meister der Instrumentation und hat daher sehr farbige Musik geschrieben. Die Suiten - vor allen die aus Snegurotschka - die Scheherazade und "Große russische Ostern" finde ich einmalig schön. Die Sinfonien habe ich schon lange nicht mehr gehört und kann dazu jetzt nichts sagen, kann mich aber erinnern, dass "Antar" mir auch am besten gefallen hat.
    Wenn wir näher wohnen würden, wären wir sicher bei Operus' Weihnachtskonzert mit dabei.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Komplette Opern (wohl seine wichtigsten Werke) kenne ich bislang auch noch keine richtig. Die Stärken Rimskys liegen in farbiger Instrumentation und exotischem Kolorit. Der frühe Stravinsky (bes. Feuervogel) verdankt seinem Lehrer einiges.

    Solltest du dringend nachholen :) ...ich werde einige hier vorstellen.
    Übrigens auch Ravel und Respighi wurden sehr von Rimskis Instrumentation beeinflusst.


    Da es eben Rimskis bekanntestes Werk in Deutschland ist, hier nun etwas zur sinfonischen Suite „Scheherazade“ von 1885. Dazu hat Rimski selbst folgenden Leitgedanken :

    Zitat

    Der Sultan Schachriar, überzeugt von der Falschheit und der Untreue der Frauen, hatte sich geschworen, jede seiner Geliebten nach der Brautnacht umbringen zu lassen. Die Sultanin Scheherazade aber rettete ihr Leben durch eine List. Während 'Tausenundeiner Nacht' fesselte sie den Sultan durch wundervolle Märchen und Lieder alter Dichter, die ihn so umstimmten, dass er ihre Hinrichtung immer wieder aufschob und seine Absicht sie zu töten, schließlich aufgab.

    Ich muss zugeben, dass ich in Erinnerung hatte, Scheherazade wäre im Märchen ein Diebin gewesen, aber wie auch immer.
    Inspiriert also von den Märchen aus 1001 Nacht hat er vier dieser Geschichten für sein Werk ausgewählt :


    Sindbad der Seefahrer
    Der Prinz Kalendar
    der junge Prinz und die junge Prinzessin
    das Fest von Bagdad und das an den Felsen scheiternde Schiff


    Beide Hauptfiguren sind gleich zu Beginn eindeutig charakterisiert, das Thema des Sultans ist dunkel-tyrannisch, Scheherazade dagegen wird durch die Solo-Violine dargestellt, mit ein paar Harfenakkorden im Hintergrund. Beide Themen sind der Boden auch für die Sindbad-Episode, die eine von Rimskis berühmten Meeresschilderungen (er war schließlich bei der Marine) enthält. Im zweiten Bild beginnt das Scheherazade-Thema das des Sultans zu überlagern, er versucht ein paar Widerworte, sein Thema versucht im Orchester anzuklingen, aber wird alsgleich überspielt. Die Erzählung vom Prinzen Kalandar ist unterlegt von einen eigensinnigen Rhythmus und wirkt aufheiternd. Die folgende Geschichte des Prinzen und der Prinzessin hat ein zartes Streicherthema, das unter Zunahme von Schlagwerke, Harfe und der Solo-Violine immer wieder variiert wird. Im vierten Bild ertönt wieder erregt das Thema des Sultans um dessen Aufbrausen zu unterstreichen, die Scheherazade-Violine reagiert mit einer kurzen Kadenz. Das Fest von Bagdad wiederum präsentiert farbige, sich steigernde Musik, die ihren Höhenpunkt (das gekenterte Schiff) erreicht und dann in das Thema des Sultans übergeht, welches immer sanfter wird. Mit der Solo-Violine als Triumphator endet schließlich die Suite.
    Eine Motive wiederholen sich übrigens, ohne bestimmte Gründe in mehreren Bildern zB das Thema des Prinzen Kalandar, ein Drei-Viertel-Takt in h-Moll taucht leicht verändert als Seitenthema auch im Fest von Bagdad wieder auf.
    Obwohl das alles sehr wie Programmmusik anmutet, wollte Rimski später die Satzbezeichnungen gestrichen wissen, da er seinen Hörern keine Angaben für ihre Phantasie machen wollte, sie lediglich inspirieren wollte, sich eigene Vorstellungen zu machen.


    Es gibt so viele Aufnahmen dieses Werkes, dass ich gar nicht weiß, welche ich empfehlen soll, weil ich nur zwei kenne - ich halte das Werk aber auch für ziemlich unkaputtbar, deshalb nenne ich einfach nur blind heraus zwei Beispiele (wer einen echten Tipp hat, nur zu)


    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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  • Zitat

    Zitat von SchallundWahn: Ich muss zugeben, dass ich in Erinnerung hatte Scheherazade wäre im Märchen ein Diebin gewesen, aber wie auch immer.

    Liebe SchallundWahn,


    das ist, wie du schon selbst bemerkt hast, ein Irrtum.


    Ich habe die vollständige Originalausgabe von 1001 Nacht. Sultan Scherijar war von seiner Frau mit einem Sklaven betrogen worden. Er ließ seiner Frau und den Sklaven und Sklavinnen den Kopf abschlagen und verlangte jede Nacht nach einer Jungfrau, der er am Morgen den Kopf abschlagen ließ, damit er sicher war, dass er nicht betrogen werde. Als sein Wesir keine Jungfrauen mehr auftreiben konnte, weil alle aus der Stadt geflohen waren, und ihm der Tod drohte erklärte sich dessen älteste Tochter, Schehrezad, die sehr belesen war, bereit, den Sultan zu heiraten. Nun hielt sie ihn tausendundeine Nacht mit ihren Erzählungen hin, die oft über mehrere Nächte gehen und bei denen sie an spannenden Stellen „in der verstatteten Rede anhielt“, bis er sein Vorhaben, auch sie zu köpfen, aufgab.
    Die auf der Scheherazade von Rimski-Korsakow basierende Ballettchoreographie von Mikail Fokine hat mit Scherezad wenig zu tun. Sie verarbeitet die Vorgeschichte. Die Geliebte des Sultan heißt Zobeïde. Als dem Sultan zugeflüstert wird, sie betrüge ihn, begibt er sich zum Schein auf die Jagd. Bei der vorzeitigen Rückkehr findet er die Sklavinnen in den Armen der Sklaven und Zobeïde in denen des Obersklaven. Der Sultan lässt alle Skaven und Sklavinnen niedermetzeln und Zobeïde erdolcht sich über der Leiche des Geliebten.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Hallo Schall+Wahn,


    Danke für deinen schönen und mühevollen Rimsky-Korsakow-Thread.
    Über zahlreiche lohnende Aufnahmen kann man sich im Thread Rimsky-Korsakoff Sheherazade sehr gut informieren ... und ggf dort weitere Empfehungen geben.
    :thumbup: Meine Sheherazade-Favoriten heissen Swetlanow (Melodiya) und Reiner (RCA).


    Ich meine auch, das ein Thread über die Sinfonien existiert (ich werde nochmal nachsuchen). Jedenfalls kann ich zwei herausragende Aufnahmen empfehlen, die diese 3 Sinfonien weniger trocken ins Licht stellen, als man es allgemein an allen ecken und Enden über R-K liesst:
    1. Gothenborg SO / Neme Järvi (DG), die besonders durch ihre fabelhaften Detailreichtum (mit ebensolchen Pauken) besticht.
    2. Erst dieses Jahr konnte ich endlich die gestrichene aber referenzwürdige Swetlanow-GA (Melodiya/Eurodisc) auf CD erwerben, die alle Vorurteile wiederlegt und auch die Sinfonien Nr.1 und 3 nicht weniger spannend erscheinen lässt, als die meistgespielte Sinfonie Nr.2 "ANTAR".

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Danke Gerhard, dass du das nochmal erwähnt hast, dann habe ich mich einfach falsch erinnert (oder es falsch erzählt bekommen).
    Das Scheherazade-Ballett habe ich noch nie gesehen...würde ich aber gerne mal.


    Da ich auch noch nicht alle Opern Rimskis kenne (es sind schließlich 15), wird die Vorstellung nicht ganz chronologisch sein, aber die fehlenden werden dann eben einfach hinten dran gehängt.


    Das Mädchen von Pskow (Pskovitjanka)


    entstanden zwischen 1868-72, uraufgeführt 1873 in Petersburg


    In dieser Oper nach einem Schauspiel von Alexander Mei geht es um den Kampf der Freien Stadt Pskow gegen den Zaren Iwan Grosny. Das besagte Mädchen aus Pskow, Olga, die vermeintliche Tochter des Fürsten von Pskow wartet auf ihren Geliebten Michail, ein Kaufmanns Sohn, den sie aufgrund der Standesunterschiede nicht heiraten darf, stattdessen einem Bojaren versprochen ist. Am Ende des 1.Bilds des 1.Akt erfahren wir, das Olga gar nicht die legitime Tochter des Fürsten ist, sondern eine Art Kuckuckskind. Derweil gelangen aus der Ferne Gerüchte in die Stadt, dass der Zar vorhat seinen Machtbereich auch bis nach Pskow auszuweiten. In der Stadt macht das Volk sich Sorgen.
    Bei der Ankunft des Zaren herrscht in der Bevölkerung verständlicher Weise Unruhe und Anspannung. Der Zar bezieht Lager beim Fürsten und wird dort von Olga bedient, die ihm seltsam vertraut erscheint. Er erinnert sich an eine Frau, Vera Scheloga (der Rimski sogar noch eine eigene kleine Oper widmen wird) mit der er einst eine Affäre hatte, und Olga sieht ihr zum verwechseln ähnlich. Am Ende der Szene ist klar, dass Olga die Zarentochter ist und der Zar beschließt Pskow zu verschonen.
    Allerdings haben im Wald um die Stadt einige Truppen ein Lager aufgeschlagen, um den Zaren zu bekämpfen, auch Olgas Geliebter ist dabei. Er will Olga überreden mit ihm fortzulaufen. Doch ehe beide fliehen können, wird Olga vom Bojaren festgenommen, den sie heiraten soll. Er bringt sie zum Zaren, wo die ganze Geschichte klar gestellt wird. Plötzlich greifen aber die Truppen von Pskow (inklusive Michail) das zaristische Lager an. Der Zar befiehlt die Vernichtung, aber als Olga, zu Michail laufen will, wird sie von einer herumfliegenden Kugel getroffen und stirbt.
    Die Kämpfe werden beendet, Pskow bleibt frei, jedoch ist diese Freiheit mit Olgas Leben erkauft.


    Diese Oper ist Rimski erste und enthält schon einige Bestandteile, die sich später immer wieder in seinen Werken finden werden; farbige Instrumentation, Verwendung von Volslieder und vor allem volkstümliche Szenen, Massenszene, wie man sie auch von Mussorgsky kennt, die die Höhepunkte dieser Oper bestimmen. Interessant ist auch, dass das dunkle Maestoso-Thema des Zaren Iwan eigentlich das ganze Werk beherrscht.
    Manchmal findet man diese Oper auch unter dem Namen "Ivan der Schreckliche/Ivan the Terrible"


    Es gibt so weit ich weiß nur eine "richtige" Aufnahme dieses Werkes, die ich ohne Wertung hier einstellle :


    Die andere (mit Boris Christoff als Iwan) ist in Italienisch :

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ehe ich fortschreite zur nächsten Oper wollte ich noch ein paar Boxen vorstellen, die sich Rimskis Schaffen widmen.



    Noch relativ neu ist diese von Brilliant, die sage und schreibe 25 (!) CDs bietet, enthält etliche Intrumentalwerke inklusive der Sinfonien, Scheherazade, Russische Ostern, als auch Lieder, sowie einige Opern und sogar Kantanten, dargeboten von verschiedenen Interpreten.


    Eine zweite Box rein mit Instrumentalaufnahmen von Chandos, unter Dimitri Kitajenko mit der Philharmonie von Bergen.


    Beide sind allein schon interessant um auf das auf ihnen enthaltene Klavierkonzert Rimskis zu verweisen bei dem man Rachmaninow schon mal vorfühlen kann und das mit knapp 15 Minuten auch sehr ökonomisch daherkommt.
    Gibt's auch auf dieser CD (zusammen mit Balakirew) :


    Was die Opern angeht, gibt es folgendes. Einmal die Gergiev-Box (zusammen mit Kirov Opera & Orchestra of The Mariinsky Theatre) mit den 5 Opern "Kaschtschei der Unsterbliche", "Die Legende von der Unsichtbaren Stadt Kitesh", "Das Mädchen von Pskow", "Sadko", "Die Zarenbraut", die es auch einzeln gibt.
    Ich gebe zu kein großer Fan von Gergiev zu sein, aber in diesem Repertoire stößt man zwangsläufig auf ihn.


    Eine zweite Opern-Box gibt es noch. Sie enthält "Mainacht", "Schneeflöckchen", "Vera Scheloga" und "Der Goldene Hahn" (gibt es auch einzeln).

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Hallo Schall+Wahn,


    die Brillant-25CD-Box hat aber keine besonders guten Kritiken (auch wenn man nach anklicken dort die a....n-Kritik nachlist !). Sie bietet lediglich eine gute Übersicht über R.-K.´s Schaffen. Tjenavorian ist auch ein Dirigent der mir durch wenig konstante Qualität aufgefallen ist. Entweder er liefert die absoluten Langeweiler oder liefert Spitzenaufnahmen.


    Zitat

    Gibt's auch auf dieser CD (zusammen mit Balakirew) :


    :!: Die von Dir abgebildte Hyperion-CD des R.K.-Klavierkonzertes mit den beiden Balakiriew-KK kann es allerdings mit den allerbesten russischen Aufnahmen aufnehmen (die technisch bei weitem nur nicht so perpekt klingen). Eine wirklich hochempfehlenswerte CD, die trotz der englischen Ausführenden russisches Flair versprüht.


    Interessant sicher auch der Hinweis auf die Kitaenko-Box (Chandos) mit den Orchesterwerken.
    Dieser möchte ich mit bester Empfehlung die Swetlanow-Aufnahmen mit dem Akademischen Staatlchen SO der UDSSR (wie es die Eurodisc-Ausgabe genauer bezeichnet) gegenüberstellen:


    Die Sinfonien:

    Melodiya, 1983 (Nr.1 und 3), 1977 (Nr.2), ADD


    Hiervon konnte ich die deutsche Eurodisc-CD-Ausgabe ergattern.



    Die Sheherazade op.35 mit Swetlanow halte ich für ein MUSS für alle Rimsky-Korsakow-Fans:

    mit Sadko, op.5; Fantasie über serbische Themen, op.6; At the Tomb, op.61
    Melodiya, 1969, ADD



    Wenig bekannt, aber nett anzuhören ist auch Rimsky-Korsakows Sinfonietta, die sich mit der unbekannten Ouvertüre Vera Sheloga auf einer Regis-CD mit Swetlanow findet:

    REGIS, 1985, ADD



    Für die Opernfans hast Du die Opern-Boxen vorgestellt. :pfeif: Da bin ich kein Ansprechpartner ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Was die Opern angeht, gibt es folgendes. Einmal die Gergiev-Box (zusammen mit Kirov Opera & Orchestra of The Mariinsky Theatre) mit den 5 Opern "Kaschtschei der Unsterbliche", "Die Legende von der Unsichtbaren Stadt Kitesh", "Das Mädchen von Pskow", "Sadko", "Die Zarenbraut", die es auch einzeln gibt.
    Ich gebe zu kein großer Fan von Gergiev zu sein, aber in diesem Repertoire stößt man zwangsläufig auf ihn :

    Auch wenn es für jede der 5 in dieser Box zusammen gefassten Opern gute oder sogar bessere Alternativ-Aufnahmen aus der Vergangenheit gibt, würde ich zum Kauf raten, weil sie für Freunde von Rimsky-Korsakovs Opern bzw. für jeden, der sie kennenlernen möchte, einen guten Einstieg bildet.


    Herausragende Leistungen bieten meiner Meinung nach Galina Gorchakova (in Kitezh und Pskovityanka), Vladimir Galuzin (in diesen Opern plus Sadko) sowie Olga Borodina und Dmitri Hvorostovsky (in Zarenbraut), während Marina Shaguch (in Zarenbraut und Kashtchey) und Evgeny Akimov (in Zarenbraut) dieses Niveau nicht erreichen. Man sollte jedoch in Rechnung stellen, dass jede dieser Aufnahmen in Zusammenhang mit Aufführungen des Mariinsky-Theaters entstanden sind, zum Teil als Live-Mitschnitt (Sadko), zum Teil separat im Theater. Das Mariinsky-Theater ist eines der letzten (wenn nicht sogar das letzte) Ensemble-Theater von Weltrang, das jede dieser Opern aus dem eigenen Ensemble besetzt hat. Diese langjährige Verbundenheit mit den Partien gibt diesen CDs eine besondere Qualität, ein Rückblick auf eine in West-Europa leider untergegangene Epoche. Valery Gergiev zeigt sich in all diesen Produktionen von einer für ihn kennzeichnenden Dynamik, durch die ich (manchmal ungern) nicht ganz adäquate Gesangsleistungen vergesse.


    Gruß, Peter

  • die Brillant-25CD-Box hat aber keine besonders guten Kritiken (auch wenn man nach anklicken dort die a....n-Kritik nachlist !). Sie bietet lediglich eine gute Übersicht über R.-K.´s Schaffen.

    Das mag stimmen, die Kritiken können stimmen, ich kann dazu nichts sagen, da ich die Box nicht besitze (ich werde sie wohl auch nicht kaufen, da ich eh kein Fan solcher Monster-Boxen bin), wollte sie aber vollständigkeitshalber einstellen...und für den Rimski-Einsteiger ist, sie denke ich, sowieso brauchbar.



    Auch wenn es für jede der 5 in dieser Box zusammen gefassten Opern gute oder sogar bessere Alternativ-Aufnahmen aus der Vergangenheit gibt, würde ich zum Kauf raten, weil sie für Freunde von Rimsky-Korsakovs Opern bzw. für jeden, der sie kennenlernen möchte, einen guten Einstieg bildet. Herausragende Leistungen bieten meiner Meinung nach Galina Gorchakova (in Kitezh)

    Hallo Peter,
    ersteres würde ich in jedem Fall unterschreiben, falsch kann man mit der Box nicht allzuviel machen, aber bei der Gorchakova in Kitesh scheiden sich bei uns beiden dann doch die Geister...in dieser zugegeben sehr schwierigen Rolle der Fewronia ist sie für mich gar nicht herausragend, sie hat doch arge Probleme, was in dieser exponierten Rolle noch störender ist.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • aber bei der Gorchakova in Kitesh scheiden sich bei uns beiden dann doch die Geister...in dieser zugegeben sehr schwierigen Rolle der Fewronia ist sie für mich gar nicht herausragend, sie hat doch arge Probleme, was in dieser exponierten Rolle noch störender ist.


    Liebe SchallundWahn,


    bei meinem ursprünglichen Text hatte auch ich mich etwas kritischer mit Galina Gorchakova auseinander gesetzt, hatte aber wohl auf den verkehrten Knopf gedrückt, so dass er im Nirwana verschwand. Gorchakova ist ein merkwürdiger Fall. Als ich sie das erste Mal live in der "Hammer"-Rolle der Renata im "Feurigen Engel" hörte, war ich begeistert von der Mühelosigkeit, mit der sie alle Schwierigkeiten dieser ungemein anspruchsvollen Partie meisterte. Denselben Eindruck gewann ich den Jahren darauf : live als Fevroniya in Amsterdam und Hamburg. Ich liebte, mit welcher "Kopfigkeit" sie die hohen Töne produzierte. 1995 war ich dabei, als sie hier in Mikkeli ihr erstes Arien-Recital unter Gergiev aufnahm, und bei den Sitzungen war unüberhörbar, dass sie stimmtechnische Probleme hatte : Die Stimme sprach nicht an, und in der Mitte ihrer Stimme befand sich ein Loch von Baltsa-Größe (Baltsa-Kenner werden wissen, was ich damit meine). Trotzdem wurden die Aufnahmen nicht gestoppt, und auf der schließlich veröffentlichten CD ist nichts von diesen Problem zu hören, denn es wurde nachproduziert. Dasselbe geschah bzw. sollte mit "Kitezh" geschehen. Laut Booklet wurde im Februar 1994 mitgeschnitten, doch die CD erschien erst 1999. Ich weiß, dass man vorhatte, Gastspiele u.a. in Paris dazu zu benutzen, einige Takes neu aufzunehmen, aber ich weiß nicht, ob dies tatsächlich geschah. Meine Interpretation : Die Nach-Aufnahmen wurden unterlassen, und die CD wurde mit den Mängeln von 1994 herausgegeben. Ich möchte Dir in Deinem Urteil über Gorchakova nicht wiedersprechen. In Bezug auf diese "Kitezh"-Aufnahme hast Du bestimmt mehr Recht als ich. Da ich mein Urteil jedoch weniger auf Grund von Live-Erlebnissen bzw. -Mitschnitten bilde, finde ich, dass die Fevroniya im Prinzip zu Gorchakovas besten Partien gehörte.


    Leider musste ich "gehörte" statt "gehört" verwenden, denn Gorchakova scheint nicht mehr zu singen, außer einem Konzert zu den Weißen Nächten im Jahre 2010. Das ist ein Jammer, doch wahrscheinlich haben außer Dir auch andere (Intendanten, CD-Produzenten) ihre stimmtechnischen Mängel bemerkt, ganz abgesehen von dem Lapsus, einem Journalisten aus Portugal zu erlauben, ein Interview mit ihr unter der Überschrift "Gergiev versucht, meine Karriere zu ruinieren" zu veröffentlichen.


    In der Hoffnung auf weitere anregende Diskussionen - herzliche Grüße


    Peter

  • Lieber Peter,


    ich glaube dir gerne, dass die Gorchakova in den besagten Live-Erlebnissen überzeugen konnte. Live ist ja sowieso immer Live, auch wird da evtl. ihre physische Darstellung mitgewirkt haben. Ich kenne sie ja wirklich nur von der CD, deshalb ist meine Meinung da auch sehr eingeschränkt. Dazu muss auch gesagt werden, dass ich sie in der gemeinten Kitesh-Aufnahme keinesfalls für völlig schlecht halte, die Version ist immer noch sehr gut (allein weil sie so wenig geschnitten ist) und die Gorchakova ist nicht "zum Weglaufen", mein Einspruch bezog sich nur auf das Wort herausragend, denn das ist sie nun wirklich nicht. Und ob eine andere Dame die Rolle zu dem Zeitpunkt besser gesungen hätte, möchte ich auch bezweifeln. So gesehen, kann man mit ihr auf dieser CD noch leben, zumal wir mit Kitesh-Aufnahmen ja auch nicht eben überhäuft werden.


    PS. Ich beneide dich sehr darum, dass du Prokofjews Feurigen Engel live erlebt hast (und Kitesh sowieso)


    LG

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Mainacht (Maiskaja noč')
    entstanden 1879, uraufgeführt am 21. Januar 1880 in Petersburg im Mariinsky Theater



    Mit dieser Oper taucht ein Aspekt in Rimskis Operschaffen auf, der im folgenden noch in den meisten Weiteren auftauchen wird, nämlich das Reich der Märchen. Es mus allerdings unterschieden werden zwischen seinen reinen Märchenopern zB „Zar Saltan“, und dieser „Mainacht“ , denn hier verbindet sich das Märchenreich mit der Welt des Volkes, wie wir es zB in auch „Sadko“ wiederfinden.
    „Mainacht“ basiert u.a. auf der verbreiteten Rusalka-Sage, die wir auch bei Dargomyshski, Dvorak oder in ähnlicher Form auch in der deutschen Undine nach Fouque oder Andersen (umgesetzt von Hoffmann und Lortzing) oder der Melusine (umgesetzt zB von Henze) antreffen. Rusalki sind weibliche Wassergeister, Nixen. Dem Libretto liegt eine Erzählung aus Nikolai Gogols Sammlung „Die Abende auf dem Vorwerk nahe Dikankas“ zugrunde, aus der auch Mussorgsky seinen „Jahrmarkt von Sorotschnizy“ genommen hat.



    Die Geschichte ereignet sich in einem Dorf in der Ukraine (damals Kleinrussland) und handelt von dem jungen Sänger Lewko, der das Mädchen Hanna liebt. Aber auch sein Vater, der Dorfschulze, will sie zu seiner Frau machen. Sohn und Vater werden zu Rivalen. Es muss wohl nicht erwähnt werden, dass Hanna Lewko ebenfalls liebt. Bei einem Stelldichein in der beginnenden Dämmerung erzählt Lewko Hanna von dem alten verlassenen Haus am See in dem früher ein Kosakenhauptmann mit seiner zweiten Frau und der Tochter aus erster Ehe lebte. Die Stiefmutter (die auch noch heimlich eine Zauberin war) tyrannisierte das Mädchen so sehr, dass es schließlich beschloss sich aus Verzweiflung im See zu ertränken, doch in dem Moment verwandelte sie sich in eine Rusalka. Zusammen mit den anderen Rusalki wollte sie sich an der Stiefmutter rächen und sie eines Abends ebenfalls ins Wasser ziehen und ertränken, doch die zaubergewante Stiefmutter verwandelte sich ebenfalls in eine Rusalka und war nun nicht mehr von den anderen zu unterscheiden. Seitdem wartet das Mädchen darauf die böse Stiefmutter endlich zu erkennen.
    Das Liebespaar wird von den Dorfmädchen gestört, die den Frühling feiern. Es ist kurz vor Pfingsten, die Zeit der Rusalki. Der nächste Störenfried ist der betrunkene Kalenik, er schimpft auf den Dorfschulzen und wird daraufhin von den Mädchen zum Spaß in das Haus des Dorfschulzen geschickt wird, anstatt in sein eigenes. Der Dorfschulze wiederum ist nicht zu Hause, denn er stellt Hanna nach und erscheint am Haus. Die Dorfjugend macht sich über ihn lustig, dass er flüchtet und Lewko ist der Alte äußerst peinlich, er beschließt ihm eins auszuwischen. Gemeinsam mit den anderen Burschen gehen sie zum Schulzen-Haus.
    Im zweiten Akt poltert Kalenik in das Haus des Schulzen, doch ehe der und seine Gäste sich darüber aufregen können, werden Steine durch die Scheiben geworfen und draußen grölt die Dorfjugend Spottlieder. Der Schulze stürzt wütend hinaus und greift sich einen von ihnen, ohne zu wissen, dass es der verkleidete Lewko ist (im schwarzen Schafspelz und geschwärztem Gesicht). Plötzlich erlischt das Licht im Haus, die Dorfjugend ergreift die Flucht und der Schulze greift sich einen anderen um ihn ins Haus zu sperren. Kurz darauf stellt sich heraus, dass es die eigene Schwägerin ist, die schreiend aus dem Haus läuft. Da erscheint der Gerichtsschreiber und verkündet den besagten Tunichtgut im schwarzen Pelz selbst gefangen zu haben. Als alle zur Kammer eilen, wo er arrestiert sein soll, stellen sie fest, dass es wieder die Schwägerin ist (denn die Dorfjugend hat sie inzwischen für gefangenen Lewko ausgetauscht). Nun glaubt man endgültig der Teufel gehe um und habe sich nur in die Schwägerin verwandelt. Sie muss durch das Kreuzzeichenmachen beweisen, dass sie nicht der Teufel ist. Um einen Schuldigen zu finden, wird der betrunkene Kalenik in die Kammer gesperrt.
    Im dritten Akt geht Lewko am See spazieren. Er singt ein Lied und im alten Kosakenhaus erscheint auf einmal Licht und eine Rusalka erscheint, lobt Lewkos Gesang und will ihn mit sich in den See ziehen. In dem Moment ertönt die Stimme der Tochter des Kosaken, sie will endlich Rache an der Stiefmutter nehmen, deshalb ist es an Lewko sie aus den zahlreichen nun auftauchenden Rusalki herauszufinden. Die Rusalki beginnen ein Spiel, doch eine ist mit dem Spiel nicht vertraut, in ihr erkennt Lewko die Stiefmutter. Sie wird von den Rusalki getötet. Die Tochter-Rusalka überreicht Lewko als Dankeschön ein Schriftstück. Dieses überreicht er dem Vater, darin befiehlt der Vorgesetzte Kommissar des Schulzen, Hanna und seinen Sohn zu verheiraten. Der Schulze muss einwilligen und alle freuen sich une beglückwünschen das Paar.


    Die „Mainacht“ ist hauptsächlich in geschlossenen Formen komponiert, enthält viele Nummer, Arien, Duette oder Chöre, in letzteren drückt sich vor allem wieder das Volkstreiben aus, dass wir bei Rimski stets finden. Auch zeigt diese Opern unnachahmlich, dass Rimski ebenfalls ein großer Humorist war, das Lied des liebestollen Schulzen oder eine Polka im zweiten Akt stehen dafür. Ganz besonders sei in diesem Zusammenhang aber die Szene erwähnt in der statt des erwarteten Rüpels die Schwägerin des Schulzen in der Kammer eingesperrt entdeckt wird und alle glauben, der Teufel habe seine Hände im Spiel; hier beginnt nämlich auf „Satanas, Satanas, Satanas“ eine Fuge, das Allegro dieses Fugenthemas unterstreicht diese frech-groteske Situation.
    (Neben Wagners Prügel-Fuge aus den Meistersingern und der Fuge am Ende von Verdis Falstaff, eine der wenigen Fugen in Opernwerken...und immer in Komödien).


    Es gibt ein paar Aufnahmen, ich selbst besitze diese und bin sehr zufrieden damit :


    Andere wären (alle verschiedenen Veröffentlichungen der gleichen Aufnahme sind nicht aufgeführt) :

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Schneeflöckchen (Snegúrochka )
    entstanden 1881, uraufgeführt in Petersburg am 29. Januar 1882 im Mariinsky Theaterkunst


    Diese Oper verschränkt wie schon „Mainacht“ die Welt der Menschen mit der Märchenwelt, obwohl es hier hauptsächlich um die Menschen geht.
    Der Untertitel lautet : ein Frühlingsmärchen und das ist programmatisch für die helle, herzige Musik.
    Das Libretto beruht auf dem gleichnamigen Theaterstück (das 1873 bei seiner Erstaufführung mit Bühnenmusik von Tschaikowsky gegeben wurde) des berühmten russischen Schriftstellers Alexander Ostrowski (dessen Stück „Das Gewitter“ zB auch die Vorlage für Janaceks „Katja Kabanowa“ war). Sie gehört zu einem von Rimskis beliebtesten Opern und auch er selbst schätzte sie außerordentlich : „Die Oper 'Schneeflöckchen' ist nicht nur meine beste Oper, sondern sie ist, sowohl nach ihrer Idee, als auch nach der Ausführung, vielleicht die beste zeitgenössische Oper überhaupt.“


    Im Prolog erfahren wir, dass Schneeflöckchen das Kind der Frühlingsfee und des König Frost ist. Der Sonnengott hat die Tochter verurteilt. Wenn sie den Frühling übersteht ohne einen Menschen Liebe zu empfinden, der diese erwidert, wird sie ehe der Winter kommt, sterben. Die Eltern quartieren sie deshalb bei einem Ehepaar in einer Waldhütte ein, wo Schneeflöckchen sich schnell einlebt. Aber das ist auch schon der Hirtenjunge Lel, der so schön singt und dessen Stimme dem Schneeflöckchen so gefällt . So bittet die Frühlingsfee einen Waldgeist auf die Tochter Acht zu geben. Auch schickt sie den König Frost ab nach Sibirien, der Winter soll doch ein Ende haben.
    Im ertsen Akt begegnen wir wieder Lel, der von Schneeflöckchen Blumen geschenkt bekommt, diese aber wirft es in seiner Unwissen fort und bringt Schneeflöckchen zum Weinen. Im Dorf ist eine Unruhe los, denn eine Hochzeit steht an. Das Mädchen Kupawa kommt und erzählt Schneeflöckchen, dass sie bald den Kaufmann Misgir heiratet. Als der ebenfalls dazukommt und Schneeflöckchen sieht, verliebt er sich sofort in sie und will nun viel lieber sie heiraten. Kupawas ist todunglücklich, aber das rät Lel ihr zum Zaren zu gehen um sich über das unmögliche Verhalten von Misgir zu beschweren.
    Im zweiten Akt wird dem Zar die ganze Sache dargebracht. Es stellt sich raus, dass Schneeflöckchen so etwas wie wahre Liebe gar nicht zu fühlen scheint. Er entscheidet, dass nur der Schneeflöckchen zur Frau nehmen darf, der es schafft ihr Herz zum Glühen zu bringen.
    Im dritten Akt findet das Fest zu Ehren des Sonnengottes statt, alles tanzt und feiert ausgelassen. Ein Gesangswettbewerb wird veranstaltet, dessen Gewinner sich das Mädchen seiner Wahl zur Frau nehmen kann, wird natürlich von Lel gewonnen, der sich für Kupawa entscheidet woraufhin Schneeflöckchen weinend davonläuft. Kupawa aber will ihr helfen und überlässt ihr Misgir, doch mit dessen Liebe kann Schneeflöckchen noch immer nichts anfangen. Der obachthabende Waldgeist will Misgir von ihr fernhalten und verzaubert ihn. Schneeflöckchen wird Zeugin von Lel und Kupawas Zärtlichkeiten und verzweifelt fast.
    Im letzten Akt läuft Schneeflöckchen also in den Wald um ihre Mutter nach der Liebe zu fragen. Die kann trotz ihrer Sorge der Tochter den Wunsch nicht abschlagen und stimmt einen Zaubergesang ein. Mit diesem im Ohr sieht Schneeflöckchen nun die Welt mit ganz anderen Augen und als sie auf Misgir trifft, weiß sie endlich, was Liebe ist und sie fallen einander in die Arme.
    Da kommt der Zar mit seinem Festzug an, doch in dem Moment in dem Schneeflöckchen ihm von ihre Liebe erzählt, fällt sein heller Sonnenstrahl auf sie und sie schmilzt. Misgir stürzt sich in den entstandenen Fluss. Das Volk preist den Sonnengott.


    Die durchaus pantheistische Botschaft dieser Oper (eine Weltsicht, der Rimski sehr nahe stand) wird hier nach Art von Leitmotivik, als auch Leitharmonien erzählt, trotzdem hat sie immer noch Nummerncharakter. Das Orchester ist hier größer als das bei „Mainacht“ und die einzelnen Instrumente werden durchaus auch schon solistisch verwendet, wie es später oft bei Rimski der Fall sein wird. Die Harmonik bietet einige neue Zusammenklänge zB einen Akkord, der aus übermäßigen Dreiklängen besteht c-e-gis oder d-fis-ais. Auch die Rhythmen weisen einige ungewöhnlichen Takte,sowie 5- und 7taktige Perioden auf.
    Interessant ist außerdem, dass der russische Kritiker Stassow von einem „erstaunlichen, altheidnisches Gemälde“ sprach, viele der Szenen und Nummer aber in Kirchtonarten geschrieben sind. Dazu Rimski : „...bei der Arbeit an 'Snegúrochka' (beschäftigten mich) die alten Kirchtonarten. Das erste Lied des Lel, einige Teile des Faschingskehraus, der Ruf der Herolde, der Hymnus der Berenäer, ein Reigenlied u.a. sind in alten Kirchtonarten (der dorischen, phrygischen und mixolydischen) mit den entsprechenden Kadenzen geschrieben. Dieser Vorliebe bin ich im Laufe meiner gesamten kompositorischen Tätigkeit treu geblieben, und zweifle nicht daran, dass ich auf dem Gebiete, gleich den Komponisten der russischen Seele, Neues geschaffen habe, während in der westeuropäischen Musik nur selten Versuche in dieser Richtung auftauchten : die Variationen des 'Totentanzes' von Liszt, der 'Nubische Tanz' von Berlioz u. Dgl.“ (wer das mit den Kirchentonarten näher wissen will, kann bei Wiki schauen)
    Im großen Sonnenwendchor erkennt man zB gut eine Verbindungslinie zum frühen Strawinski.


    Wie immer bei Rimski wird man mit Aufnahmen nicht eben überhäuft :


    Ich selbst habe eine unter Svetlanov, die mich allerdings nicht begeistert, weshalb gerade diese Rimski-Oper in meiner Gunst sehr weit unten steht :


    Außerdem existiert noch eine gekürzte Aufnahme in Französisch (die gleiche Aufnahme bei verschiedenen Labels) :

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Sadko
    entstanden 1896, uraufgeführt am 7. Januar 1898 im Solodovnikov Theatre in Moskau


    [timg]http://01varvara.files.wordpre…ingdom-1999.jpg;c;557;374[/timg]
    Schon 1867 hatte Rimski vom „Sadko“-Sagenstoff angezogen dazu eine Sinfonische Dichtung komponiert und griff später wieder darauf zurück. Er schrieb das Libretto selbst, mit Hilfe von Vladimir Belsky und Vladimir Stasov. Es gibt keine traditionelle Aufteilung in Akte, sondern besteht aus einzelnen Bildern. Je nachdem wie die Bilder einzeln oder verknüpft aufgeführt werden, ergibt sich eine 3- oder 5-aktige Aufführung; drei Akte – Bilder 1-2, 3-4, 5-6-7 or 1-2-3, 4, 5-6-7, fünf Akte - Bilder 1, 2-3, 4, 5-6, 7)


    Bild 1 : Die Oper erzählt die Geschichte des Gusli-Spielers Sadko aus Nowgorod. Im Hafentreiben der Handelsstadt singt eine Sänger den Kaulf- und Schiffleuten schöne Lieder. Auch Sadko kommt dazu, aber will nicht den Reichtum anderer besingen. Er schlägt einigen Stadtoberen vor, ihm Geld für ein Schiff zu leihen, so will er über die Weltmeere fahren und Schätze aus fernen Ländern mitbringen um sich und seine Stadt reich zu machen. Er wird ausgelacht uns schimpft auf die Engstirnigkeit seiner Umgebung.
    Bild 2 : im naheliegenden Ilmensee gibt es nicht nur Wasser, sondern darin leben auch Wassergeister, Töchter des Meeresgottes, die in Schwanengestalt einem wunderbaren Lied lauschen. Sadko sitzt in der Dämmerung am Ufer und singt. Eine der Töchter, Prinzessin Wolchowa wurde einst geweissagt, sie würde sich mit einem Sterblichen vermählen und als sie nun Sadko zuhört, weiß sie, dass er es sein wird. Sie und ihre Schwestern verwandeln sich in Mädchen um mit Sadko zu sprechen. Der ist gleich sehr angetan von Wolchowa, beide tauschen ein paar Liebesschwüre aus und zum Abschied schenkt die Prinzessin ihm 3 goldene Fischflossen, die Fische anlocken, wenn er einmal kein Angelglück hat. Der Meereskönig hat das alles griesgrämig verfolgt und holt seine Töchter herab ins Wasser.
    Bild 3 : Sadko ist die Nacht nicht nach Hause gekommen und seine Frau Ljubawa klagt daheim über ihren Mann und seine Hirgespinste. Als er am Morgen erscheint, macht sie ihm Vorwürfe, doch er schmettert sie ab, weil er immer noch an die wundersamen Geschehnisse der Nacht denkt. Abermals treibt es ihn in die Ferne. Die Worte seiner Frau können ihn nicht halten, er ist fest entschlossen auf Reisen zu gehen.
    Bild 4 : Im Hafen sind fremde Schiffe angekommen. Sadko kommt dazu und beginnt zu prahlen, er könne einen Haufen goldener Fische fangen und wird wieder einmal ausgelacht. Doch als er eine der goldenen Fischflossen zusammen mit einem Netz ins Wasser wirft, ertönt eine fremdartige Stimme, die ihm Fisch zusagt. Als das Netz eingeholt wird, ist es voller goldener Fische und die anderen kleineren Fische mitsamt haben sich in Goldbarren verwandelt. Das Volk staunt und preist Sadko, der nun endlich die Möglichkeit hat auf Reisen zu gehen. Drei Kaufleute, ein Waräger, ein Perser und ein Hindu erzählen von ihrer Heimat. Sadko segelt mit einem Schiff davon und lässt seine Frau in Nowgorod zurück.
    Bild 5 : zwölf Jahre später, Sadkos Schiff ist schwer beladen mit allerlei Schätzen und Kunsthandwerk aus aller Herren Länder. Doch das Schiff steckt in einer schweren Flaute, kein Lüftchen weh, keine Welle geht. Schmuckstücke für den Meereskönig ins Wasser zu werfen, hat nicht funktioniert, deshalb versucht man es mit einem Menschenopfer. Zelten mit allen Namen der Besatzung werden ins Meer geworfen. Alle schwimmen an der Oberfläche, nur Sadkos geht unter. Gefasst geht er über Bord. Der Wind regt sich und treibt das Schiff voran, während Sadko in einem Strudel unter Wasser gerissen wird.
    Bild 6 : Sadko gelangt durch den Strudel in den Palast des Meereskönigs. Der ist wütend, weil Sadko es in den Jahren an Dankbarkeit hat fehlen lassen. Doch seine Tochter Wolchowa kann ihn beruhigen und nun wird endlich die Hochzeit veranstaltet. Sadko singt ein Lied, ein Ballett wird veranstaltet. Die großen Flüsse wie Nil, Amazonas, Mississippi und Bramaputra sind erschienen und haben Geschenke aus ihrer Heimat mitgebracht. Es gibt ein Festmahl und es wird wild getanzt. Plötzlich erzählt ein alter Mann, dass diese Ehe keine Zukunft habe, Wolchowa würde ein Fluss werden und Sadko zurück nach Hause gelangen.
    Bild 7 : auf der Hochzeitsfahrt gen Nowgorod wird Wolchowa klar, dass die Worte des Alten nicht ganz verkehrt waren. Am Ilmensee angekommen, singt die Sadko ein Schlaflied zu Abschied. Um trotzdem immer bei ihm zu sein, wird sie in Tränen aufgelöst zum Fluss Wolchow, der Nowgorod immer mit Wasser versorgen soll. Als Sadko erwacht hört er jemanden ein trauriges Lied singen. Es ist Ljubawa, die seit Jahren auf die Rückkehr ihres Mannes wartet. Beide erkennen sich und schließen einander in die Arme. Auch das Volk jubelt dem Rückkehrer zu, dessen Flotte eben im Hafen anlegt und lauter Schätze mitbringt.


    Dieses Mal trennt Rimski beide Sphären musikalisch streng voneinander. Während die Welt der Menschen, das Hafengetümmel usw. durch einzelne geschlossene Nummern dargestellt, während die Welt des Meeres und der darin wohnenden Geister von der Leitmotivik geprägt sind. Der Übergang zB vom volklstümlichen Hafentreiben des 1. Bildes zur Schilderung des Seegemäldes im 2. Bild ist dabei offenkundig, aber wirklich fließend komponiert, das Seegemälde besitzt schon leichte Vorboten des Impressionismus eines Debussy. Diese Trennung der Sphären wird ohrenfällig, wenn Wolchowa bei ihrem Schlaflied für Sadko am Ende, in den Ton der Menschenlieder einstimmt, der einzige kurze Verbindungspunkt beider Welten.
    Auch das sog.'epische Rezitativ', welches sich genau dem Rhythmus des Russischen anpasst, wird hier gewählt. Da ich kein Russisch kann, muss ich also Rimskis Worte so gelten lassen : „Diese Rezitative sind nicht die gewöhnliche Unterhaltungssprache, sondern altertümlicher epischer Sang, dessen Urbild in den volkstümlichen Deklamationen des Rhapsoden Rjabinin enthalten ist. Dieses Rezitativ, das sich wie ein roter Faden durch die ganze Oper hinzieht, verleiht dem Werk einen spezifisch nationalen, auf uralter wirklichkeitsechter Überlieferung fußenden Charakter, der vielleicht nur von einem kernrussichen Publikum gewürdigt werden kann.“
    Trotzdem ist gerade „Sadko“ Rimskis bekannteste und beliebteste Oper im Westen.


    Ich selbst habe diese Aufnahme (immerhin mit Mark Reizen als Waräger), die es in verschiedenen Ausführungen gibt (die ich nicht alle abbilde) :


    Gibt aber auch noch diese :


    Und eine deutsche Version :


    Außerdem eine DVD :

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Danke, liebe SchallundWahn, für die bisherige Einführung in das Opernschaffen Rimsky-Korsakovs und die Vorstellung einzelner Aufnahmen. Dass seine Werke im Westen nicht häufiger aufgeführt werden, liegt m. E. nicht an fehlender musikalischer Qualität, sondern daran, dass sich die meisten einem heute so beliebten "Updaten" entziehen. Viele von ihnen sind Märchenstoffe, die z. B. in St. Petersburg am Mariinsky-Theater einem häufig aus Jugendlichen und Kindern bestehenden Publikum in traditionellen Inszenierungen nahe gebracht werden. Von den 15 Opern Rimsky-Korsakovs befinden sich ganze 10 im Repertoire des Mariinsky-Theaters, wobei Pskovityanka, Sadko, Zar Saltan, Kashtchey und der Goldene Hahn im großen Haus konventionell inszeniert, Mainacht und die Nacht vor Weihnachten szenisch in der Mariinsky-Konzerthalle ebenso. Lediglich Schneeflöckchen, Zarenbraut und Kitezh sind nicht-konventionell inszeniert.


    Zu Sadko unter Gergiev : CD und DVD sind ein- und dieselbe Aufführung. Daran krankt m. E. die CD, da die Mikrofonaufstellung nicht sehr glücklich gewählt war - eben ein Live-Mitschnitt. Auch wenn Galuzin an diesem Abend etwas müde erschien, ist er doch dank seines dunkel, beinahe baritonal timbrierten Tenors mit seinem enormen Höhenstrahl und auch mit seinem Markenzeichen, diesem emotionalen "Overdrive", ein überzeugender Sadko, auf eine Stufe mit Nelepp zu stellen. Die diversen Bässe des Theaters (Aleksashkin, Ognovenko, Bezzubenkov und der kirgisische Schaljapin, Bulat Minzhilkiev) sind eine Klasse für sich, während Tsydipova als Volkhova durch ihr weites Vibrato doch sehr irritiert. In kleineren Rollen zwei Sänger, die heute zu der ersten Garde des Mariinsky gehören : Larissa Diadkova und Nikolai Putilin.


    Sadko spielt in Novgorod, und so war es eine interessante Idee, dass Gergiev vor 2 Jahren diese Oper szenisch "open air" ebendort aufführte, leider (ebenso wie 2011 konzertant bei seinem Festival in Rotterdam) arg kastriert, d.h. unter Auslassung einer ganzen Rolle (Lyubava). Trotzdem, auch dank der hervorragenden Tatiana Pavlovskaya als Volkhova, war es eine mitreißende Aufführung.


    Gruß, Peter

  • Hallo Peter,


    das mit dem "Updaten" ist ja so eine Sache...ich bezweifle, dass es nicht irgendwo jemanden gibt, der auch die von dir genannten "Updaten" könnte (bei Dvoraks "Rusalka" hat es ja auch funktioniert). Ich finde, gerade "Kaschtschej", "Zar Saltan" und gerade "Der Goldene Hahn" böten da einiges an Potenzial (beim Hähnchen gibt es ja eine DVD, die ich dann noch vorstellen werde, wenn ich zu der Oper komme).
    Mit der Musik als solche, wie du es schon sagstest, hat das Schattendaseins Rimskis sicherlich nichts zu tun, er teilt das Los vieler russischer Komponisten, selbst Tschaikowskys Oper bis auf "Eugen Onegin" sieht man ja nicht allzuoft.


    Zur Sadko-DVD...danke für die Informationen. Wie ist denn die Inszenierung gewesen, sieht dem Bild nach zu urteilen ja eher traditionell aus.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Zitat

    Zitat von SchallundWahn: das mit dem "Updaten" ist ja so eine Sache...ich bezweifle, dass es nicht irgendwo jemanden gibt, der auch die von dir genannten "Updaten" könnte (bei Dvoraks "Rusalka" hat es ja auch funktioniert).

    Liebe SchallundWahn,


    die Entstellungen, die beim "Updaten" von "Rusalka" entstanden sind, haben mit der Oper nur noch wenig zu tun und neigen dazu, uns diese herrliche Oper vollständig zu vergraulen. "Updaten" heißt für mich, etwas verbessern. Das, was bei "Updaten" von Opern herauskommt, ist aber fast regelmäßig eine wesentliche Verschlechterung. Es "funktioniert" meiner Ansicht nach eben nicht.
    Wenn du allerdings unter "Updaten" = "Verschlimmbessern" verstehst, kann ich dir Recht geben! :evil:


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • O.T., wofür ich um pardon bitte:


    Die Idee, dem Rusalkastoff die Struktur einer Familiengeschichte zu unterlegen, wonach ein Mädchen, befangen in einem geschlossenen Milieu, wie aus einer Verzauberung erwachend sich nach einer fremden, bedrohlichen Freiheit sehnt und ausbricht aus dem verwunschenen Feenreich der Kindheit - diese Idee finde ich nach wie vor nachvollziehbar und faszinierend.


    Allgemein gesprochen: Die Ebene der Deutung verläßt immer die Plausibilität des Gegebenen. Sie erfaßt im Bild das nicht Abbildbare. Man denke an den Biblischen Schöpfungsbericht, die Geschichte von Adam und Eva. Die ist deswegen faszinierend, weil man in ihr das Wesen der menschlichen Existenz erfaßt, und nicht, weil ein bestimmter Garten mit bestimmten Pflanzen darin vorkommt.


    Daß die Deutung, wie Mme Cortese es etwa formuliert hat, Privatsache des Einzelnen sei und das Szenische nicht berühre, ist eine Meinung, die ich nicht teilen kann. Das szenisch Plausible wird, gerade in der Oper, immer schon überschritten. Eine Legendenhandlung wie etwa im Lohengrin ist nach Maßgabe historisierender Objektivität auf der Bühne nicht darstellbar - Wagner hätte, mit ein wenig Theaterinstinkt, wissen müssen, daß ein Nachen, von einem Schwan gezogen, nur als poetisches Bild funktioniert, aber auf einer realistischen Bühne lächerlich wirken muß (es handelt sich ja in der Tat um die am meisten parodierte Wagnerszene überhaupt). Wir streiten hier manchmal um die Länge der Leine, die dem Schwan um den Hals hängt ...


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Liebe Leute,


    auch wenn ich die Reaktionen nachvollziehen kann, bitte ich doch darum dieses Thema (moderne Inszenierungen) zumindest in diesem Thread nicht mehr auszuweiten (dafür gibt es andere Plätze). Mein Beitrag bezog sich lediglich auf die von Peter berichtete Aufführungspraxis der Rimski-Opern im Mariinsky, es hat mich einfach gewundert, warum manche seiner Opern "modernisiert" wurden und andere nicht, erst einmal ganz neutral gesehen. Was Peter unter seinem "Updaten" versteht, kann ich nicht sagen, ich selbst verstehe das weder als Verbesserung oder als Verschlimmbesserung, sondern erstmal ganz neutral als Transformation, erst im konkreten Fall würde ich entscheiden, ob ich das positiv oder negativ sehe. In Farinellis Beitrag habe ich herausgelesen, dass er und ich die gleiche Rusalka-Inszenierung im Kopf hatten, die Münchner von Kusej...darüber zu diskutieren, ist aber auch hier der falsche Ort.
    Zurück zum Thema :


    Die Bojarin Vera Scheloga (Boyarïnya Vera Sheloga )
    entstanden 1898, uraufgeführt in Moskau am 27. Dezember 1898 im Solodovnikov Theater


    1555, Vera Scheloga, deren Mann auf einem Feldzug ist, gebiert in dieser Zeit eine Tochter, die sie Olga nennt. Nur ihrer ledigen Schwester Nadeshda vertraut sie an, dass das Kind nicht von ihrem Mann, sondern einem jungen Prinzen ist, der vor einiger Zeit durch die Stadt kam (später wird sich herausstellen, dass es es Iwan Grosny war). Nach dem Gespräch kehrt Veras Mann nach Hause zurück und wundert sich über das Kind. Nadeshda rettet ihre Schwester indem sie das Kind als ihres ausgiebt.


    Dieser kleine Einakter entstand aus Material zu „Das Mädchen von Pskow“, in dem wir diesem Kind Olga wiederbegegnen (siehe Eintrag). Später wurde der Einakter oft als Prolog zu dieser gespielt.


    Mir bekannt, ist nur eine einzige Aufnahme :

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Danke Hami, für den Link, die Aufführungsfotos machen Lust auf die Inszenierung...sie scheint auf moderate Weise Traditionelles mit Modernem verbinden...leider werde ich sicher nicht dabei sein, egal wie billig die Hotels sind ;)

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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