Semperoper wird zum Schlachtfeld umgebaut

  • Unter dieser obiger Schlagzeile zitiere ich eine gestrige Pressemitteilung:


    Eine Mammutaktion wie sonst nur zum Opernball

    Dresden: Mit einem Antikriegs- Schocker startet die Semperoper heute in die neue Spielzeit 2012/13.
    Das zeitgenössische Werk des in Italien lebenden deutschen Komponisten-Genies Hans Werner Henze (86) heißt
    "Wir erreichen den Fluß - We come to the River".
    Die ohrenbetäubende Invasion in der Semperoper zeigt martialische Bilder: Schlachtfelder, Hinrichtungen, Szenen in einem Irrenhaus.
    Drei Orchester und 50 Sänger stehen auf der Bühne und fast im halben Zuschauerraum. Eine Sprecherin: "Für das Stück wird die Oper wie sonst nur zum Semper- Opernball komplett umgebaut. Statt 1.300 stehen uns auch nur noch 728 Sitzplätze zur Verfügung." Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper in Dresden gibt´s nur vier weitere Aufführungen: 20., 25., 26. und 29. September!


    CHRISSY
    (von mir ohne Kommentar)

    Jegliches hat seine Zeit...

  • naja, aber heute kann man als komponist eher nur mäßig in die regie reinreden.
    insofern wird man henze und den regisseur gesondert betrachten müssen, sofern man's betrachtet.
    sollte mal wieder henze auflegen.

  • Demnach handelt es sich um eine Uraufführung? Oder gab's das Werk schon mal anderswo?
    Bei Henze würd's mich ja schon mal interessieren...aber Dresden ist so weit :(

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ha, bin vielleicht am 26. eh schon in Dresden wegen einer Tagung an Do/Fr., insofern hätte ich vielleicht sogar eine Chance mir das anzuschauen.
    Die Formulierung "wie sonst nur" ist beinahe verräterisch. Wenn ein Umbau für einen Schmarrn wie den Ball o.k. ist, sollte es das doch erst recht aus künstlerischen Gründen sein, oder?


    Das (mir unbekannte) Stück ist von 1976 (UA in Covent Garden) und vermutlich zeitentsprechend politisch aufgeladen. Libretto von dem englischen Dramatiker Edward Bond, der u.a. auch das Drehbuch zu "Blow up" verfasst hat.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Johannes, ganz selbstlos würde ich sagen, lass dir das nicht entgehen, wenn du schon die Gelegenheit hast (und kannst uns auch noch davon berichten) ;)


    Hier einmal ein Filmchen dazu :


    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • bin vielleicht am 26. eh in Dresden... insofern hätte ich vielleicht sogar eine Chance mir das anzuschauen.

    Hallo, Johannes
    ... na dann "viel Spaß und ein schönes Erlebnis". Auf jeden Fall ist die Semperoper von außen und innen sehenswert und Dresden sowieso.
    Du solltest Dich aber schon jetzt um Karten kümmern. Hier die E- Mail, bzw. die Tel. Nr.:
    bestellung@semperoper.de
    Tel.: 0351 4911 705
    Du bekommst die Karten mit der Rechnung zugeschickt. Der Betrag ist per Bank zu überweisen.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY
    (Ich selbst bin evtl. am 23. und 30. in Dresden, allerdings nicht wegen dieser Oper).

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper in Dresden gibt´s nur vier weitere Aufführungen: 20., 25., 26. und 29. September!


    Lieber Chrissy!


    Mir hat es im ersten Moment die Sprache verschlagen! Was ist das für ein Irrsinn! "Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper". Für wie dämlich halten uns diese Provokateure? Ich muß das erstmal sacken lassen!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • naja, aber heute kann man als komponist eher nur mäßig in die regie reinreden.
    insofern wird man henze und den regisseur gesondert betrachten müssen, sofern man's betrachtet.


    Bist du sicher? Ein zum Aufführungszeitpunkt seines Werkes lebender Komponist hat nur mäßiges Mitspracherecht? Das würde ich aber bezweifeln.
    Es sei denn - es interessiert ihn nicht.
    Wenn aber doch - bei Nichtgefallen kann er eine Aufführung doch stoppen lassen, oder nicht?

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)


  • Lieber Chrissy!


    Mir hat es im ersten Moment die Sprache verschlagen! Was ist das für ein Irrsinn! "Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper". Für wie dämlich halten uns diese Provokateure? Ich muß das erstmal sacken lassen!


    Gruß Wolfgang


    Hallo Wolfgang,


    vielleicht kannst Du, nachdem es "gesackt" ist, Deine Echauffierung, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, erklären!? - Dass man mit einer Oper des 20ten Jhdts. kein Haus regelmäßig vollkriegt, halte ich mitnichten für eine Provokation (von wem eigentlich?), sondern für eine Tatsache. Und natürlich sind schon diese vier Aufführungen (wie Oper überhaupt) ein im Prinzip vollkommen artifizieller Spaß auf Kosten des "normalen" Steuerzahlers.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Und natürlich sind schon diese vier Aufführungen (wie Oper überhaupt) ein im Prinzip vollkommen artifizieller Spaß auf Kosten des "normalen" Steuerzahlers.


    Hallo, Sven!


    Vielleicht habe ich mich hier falsch ausgedrückt. Ich werde nie Willens sein, solchen Blödsinn auch noch mit meinem sauer verdienten Geld zu unterstützen! Ich kam nur darauf, weil es scheinbar doch Interessenten für so einen Klamauk gibt, die auch noch dafür Geld ausgeben. Da hakt es bei mir.

    W.S.


  • Hallo, Sven!


    Vielleicht habe ich mich hier falsch ausgedrückt. Ich werde nie Willens sein, solchen Blödsinn auch noch mit meinem sauer verdienten Geld zu unterstützen! Ich kam nur darauf, weil es scheinbar doch Interessenten für so einen Klamauk gibt, die auch noch dafür Geld ausgeben. Da hakt es bei mir.


    Abgesehen davon, daß mein Name nicht "Sven" ist, bin ich nun noch verwirrter, als vorher! - Jedenfalls scheinst Du Henzes Werk wesentlich besser zu kennen, als ich (der zumindest die hier in Rede stehende Oper nicht kennt), wenn Du seine Oper so leichthin als Blödsinn und Klamauk abqualifizierst, der das Geld für eine Eintrittskarte, geschweige denn das Geld des Steuerzahlers wert sei!?


    Mit (begriffs-)stutzigen Grüßen aus Hamburg.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hallo, lieber Michael


    Eigentlich wollte ich mich zu diesem Thema, bzw. dieser Oper, nicht äußern und dies nicht kommentieren. Nach Deinem Disput mit Wolfgang, möchte ich aber doch ein paar Worte sagen, denn auch ich sehe das Ganze nicht positiv.



    Mit einem Antikriegs- Schocker startet die Semperoper...
    Die ohrenbetäubende Invasion in der Semperoper zeigt martialische Bilder: Schlachtfelder, Hinrichtungen, Szenen in einem Irrenhaus.

    Nun, hier muß ich sagen, aus persönlicher Einstellung, Interesse und Geschmack, dies ist ganz sicher nicht das, was ich auf der Opernbühne erleben möchte. Selbst eine geschenkte Karte in der "Königsloge" würde ich ablehnen.
    Hinzu kommt:

    Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper

    Ich kann und will hier eine ehrlich zugegebene persönliche Voreingenommenheit nicht bestreiten. Auch wenn ich diese Musik nicht kenne, bin ich mir ganz sicher, dies ist nicht "meine Musik" und wird es auch ganz sicher nie werden. Aber das darf jeder gern anders sehen.
    Ich finde es aber wiederum richtig gut, daß andere, wie z. B. unser Forums- Mitglied J. R., dafür aufgeschlossen sind und sich dafür interessieren.
    Dies waren ein paar kurze persönliche Anmerkungen. Kommen wir aber nun neutral gesehen zum wichtigsten Punkt, dem ökonomischen Aspekt im Verhältnis von Aufwand und Kosten/Nutzen Rechnung. Und da fehlt mir nun wirklich jegliches Verständnis!



    Statt 1.300 stehen uns auch nur noch 728 Sitzplätze zur Verfügung." Wegen des geringen Interesses an zeitgenössischer Oper in Dresden gibt´s nur vier weitere Aufführungen

    D. h. also mit der Premiere sind es 5 Vorstellungen. Gehen wir davon aus, daß der Durchschnittspreis hier niedriger wie sonst ist, (wegen des schon vorher vermuteten geringen Interesses, bei 40 € liegt,wahrscheinlich noch darunter), und im günstigsten Fall idealerweise jede Vorstellung ausverkauft ist, erzielt die Oper insgesamt gerade mal 145.600 € !!! Auch wenn ich davon keine Ahnung habe, ich wage mir nicht vorzustellen, in welchem Kosten- Verhältnis der Gesamtaufwand steht.



    Drei Orchester und 50 Sänger stehen auf der Bühne und fast im halben Zuschauerraum.
    "Für das Stück wird die Oper wie sonst nur zum Semper- Opernball komplett umgebaut.

    Von dem enormen Arbeitsaufwand für alle Beteiligten gar nicht zu sprechen. Und damit meine ich nicht nur die Handwerker, nein, auch die Künstler, Orchester und Sänger. Ganz sicher ist das Proben und Einstudieren viel aufwändiger und schwieriger, wie eine Verdi-, Puccini- oder Mozart- Oper. Das auch diese Opern in der Regel ein gewisses finanzielles Verlustgeschäft sind und von Subventionen getragen sind, weiß ich. Aber hier, dieser enorme Aufwand in allem für nur fünf Vorstellungen (!!!), da fehlt mir aber doch jegliches Verständnis.


    Herzliche Grüße ins schöne und interessante Hamburg
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • vielleicht kannst Du, nachdem es "gesackt" ist, Deine Echauffierung, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, erklären!? - Dass man mit einer Oper des 20ten Jhdts. kein Haus regelmäßig vollkriegt, halte ich mitnichten für eine Provokation (von wem eigentlich?), sondern für eine Tatsache. Und natürlich sind schon diese vier Aufführungen (wie Oper überhaupt) ein im Prinzip vollkommen artifizieller Spaß auf Kosten des "normalen" Steuerzahlers.


    Darin besteht kein Unterschied zu einer "Tosca"-Aufführung. Selbst eine zwanzigmal hintereinander ausverkaufte Tosca (was sie normalerweise auch nicht ist, ich erinnere mich, dass man ca. '94 in Dresden kurz vor Aufführungsbeginn restliche Karten billig bei Fahrern von Touristenbussen kaufen konnte und ganz voll war es immer noch nicht) ist ein "vollkommen artifzieller Spaß auf Kosten des "normalen" Steuerzahlers". Denn der hat genausowenig Interesse an "Tosca" wie an "Wir erreichen den Fluss". Und ob sich der Opernball durch Sponsorengelder (bei denen fragt man am besten auch lieber nicht so genau, wie sie "verdient" wurden) selber trägt, bin ich mir keineswegs sicher.
    Bei anderem selten gespielten Repertoire gibt es an vielen Häusern oft ein paar konzertante Aufführungen. Das wäre bei dem "musical actions" o.ä. untertitelten Henze-Werk aber vermutlich absurd, das könnte man dann auch ganz lassen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Abgesehen davon, daß mein Name nicht "Sven" ist, bin ich nun noch verwirrter, als vorher!


    Hallo, Michael!


    Entschuldigung! Ich bin z. Zt. einfach zu hektisch. Meine Kleine nimmt mich momentan zu sehr in Anspruch. Von einem Termin zum anderen. Ich muß mir einfach mehr Zeit zum Schreiben nehmen, dann passieren solche dummen Fehler nicht mehr. Aber das ändert an meiner Meinung über solche Vorstellungen nichts. Die Ausschnitte, die ich bei SchallundWahn gesehen habe, langten mir völlig.

    W.S.

  • Darin besteht kein Unterschied zu einer "Tosca"-Aufführung. Selbst eine zwanzigmal hintereinander ausverkaufte Tosca ist ein "vollkommen artifzieller Spaß auf Kosten des "normalen" Steuerzahlers".

    Aber natürlich besteht da ein Unterschied und zwar ein ganz gewaltiger, was Aufwand und Kosten betrifft. Ich habe in den letzten zwei Jahren in Dresden "Boheme, Rigoletto und Traviata" gesehen. Für alle drei Inszenierungen, wenn man dieses Wort dafür überhaupt gebrauchen will, langt eine Handvoll Bühnenarbeiter und ein kleiner Transporter für die "Kulissen", falls man den überhaupt für das Wenige braucht. Der rote Sessel, der in der Traviata als fast einziges Stück auf der Bühne steht, läßt sich ganz sicher aus irgendeiner Ecke hervorholen, notfalls aus einem Büro.



    Selbst eine zwanzigmal hintereinander ausverkaufte Tosca (was sie normalerweise auch nicht ist, ich erinnere mich, dass man ca. '94 in Dresden kurz vor Aufführungsbeginn restliche Karten billig bei Fahrern von Touristenbussen kaufen konnte und ganz voll war es immer noch nicht)

    Lieber Johannes


    Es fällt mir schwer, Dir das zu glauben, weil ich aus der Erfahrung heraus weiß, daß die Semperoper zu einem hohen Maß fast immer sehr gut besucht bis ausverkauft ist. Dies ist nicht der Tosca oder einer anderen Oper geschuldet, das mag manchen Besuchern sogar egal sein, sondern sehr viele kommen wegen dem Haus, vor allem Touristen. Und die sind über das ganze Jahr sehr zahlreich in Dresden und vielen ist es tatsächlich egal was gespielt wird, Hauptsache man kann sagen, man war mal in der Semperoper. In gewissen Kreisen gehört das auch ganz einfach "zum guten Ton".
    In den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung lag die Auslastung bestimmt nicht viel unter 100 %.
    Herzliche Grüße und viel Erfolg beim evtl. Kartenerwerb. Ich hoffe Du hast meinen Beitrag 6 gelesen.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,


    voll und ganz stehe ich hinter Deinem Beitrag 13. Auch ich würde nicht einmal geschenkt eine Karte dazu nehmen, denn die Musik von Henze (die ich im Konzert als Eröffnung des 1. Teils schon mehrfach über mich ergehen lassen mußte) ist für mich nichts anderes als eine nervtötende Aneinanderreihung von Tönen. Aber das ist keine Kritik von mir an Leuten, die das hören möchten und können. Die können ja nach Dresden fahren, dann werden die rund 700 Plätze vielleicht voll. Hoffentlich machen sie eine Pause, damit der Teil, der nicht wußte, was ihn erwartet, vor dem Nervenzusammenbruch oder dem einsetzenden Tinnitus bzw. Hörsturz (bei so viel Musikern!!) die Möglichkeit hat, ohne gesundheitliche Spätfolgen zu gehen.


    Und Johannes Roehl hatte ich bisher immer hoch geschätzt. Wenn er aber die Tosca mit dem Henze-Schinken vergleicht, dann macht er wohl einen seiner seltenen Denkfehler - oder ich habe ihn in meiner Beschränktheit nur falsch verstanden. Dann bitte ich natürlich um Verzeihung.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Also ich würde mir diese Oper sehr gern anhören und ansehen. Ohne sie zu kennen, fühle ich mich außerstande über das Werk mitzudiskutieren.
    Wenn man allerdings davon ausgeht, dass die Etats für Kulturinstitutionen von den Zuschussgebern immer kritischer und restriktiver betrachtet werden, dann ist es doch sehr fraglich. ob eine Oper bei diesem Aufwand, so einer kleinen Zahl von Aufführungen, dem prognostizierten niedrigen Zuschauerinteresse und dadurch geringen Einspielergebnissen ökonomisch sinnvoll und vertretbar ist.
    Bei uns beim Heilbronner Sinfonie Orchester wird von den Zuschussgebern sehr genau auf die Besucherzahlen, Abonnenten, Einpielergebnisse und die Eigeneinspielquote geachtet und kommende Förderungen von diesen Ergebnissen abhängig gemacht.. Wir könnten es uns niemals leisten gegen den Geschmack des breiten Publikums zu agieren. Wir sind aus wirtschaftlichen und damit Überlebensgründen gezwungen die Erwartungen unseres Publikums zu erfüllen. Das geht und man kann dabei sogar ein ambitioniertes, durchaus anspruchsvolles Programm gestalten.
    Hoffen wir, dass durch Projekte, wie die geschilderte Oper, die kritschen Tendenzen gegen "bedingungslose" Kulturförderung nicht zunehmen und das Kulturschaffen durch solche Experimente belastet, beschnitten und eingeschränkt wird.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Da die meisten hier im Forum die Oper nicht kennen, hier die Premierenkritik im Wortlaut (DLR v.14.9.2012):



    Den Text (mit Musikausschnitten) gibt es auch zum Nachhören auf der Deutschlandradio-Webseite.
    Die Musik kennte ich von der Radio-Übertragung der Oper aus Hamburg von vor ca. 10 Jahren (Leitung: Ingo Metzmacher), leider habe ich die Bandaufnahme irgendwann mal gelöscht.


    Ich könnte mir vorstellen, dass sich der Besuch in Dresden lohnt, so oft bekommt man "Wir erreichen den Fluß" ja nicht zu sehen!


    LG


    8-)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Wenn man allerdings davon ausgeht, dass die Etats für Kulturinstitutionen von den Zuschussgebern immer kritischer und restriktiver betrachtet werden, dann ist es doch sehr fraglich, ob eine Oper bei diesem Aufwand, so einer kleinen Zahl von Aufführungen, dem prognostizierten niedrigen Zuschauerinteresse und dadurch geringen Einspielergebnissen ökonomisch sinnvoll und vertretbar ist.

    Mein lieber Operus


    Du bringst es in Deinem Beitrag nochmal haargenau auf den Punkt, in obigem Zitat und auch in Deiner Fortführung, was auch ich ausdrücken wollte und zu bedenken gebe. Dafür danke ich Dir ganz sehr.



    Also ich würde mir diese Oper sehr gern anhören und ansehen.

    Und auch diese Aussage spricht positiv für Dich. Du gehst hier interessiert und unvoreingenommen an die Sache ran. Ich finde das wirklich richtig gut, obwohl ich hier für mich anderer Meinung und Einstellung bin.
    Bestärkt fühle ich mich hier auch durch den Beitrag mit der ausführlichen Inhaltsangabe von Harald, dem ich auch dafür danke. Die Handlung, das Geschehen, wie auch die zu erwartende Musik, sind ganz sicher nichts für mich. Aber ich achte und respektiere die Interessen anderer.



    Ich könnte mir vorstellen, dass sich der Besuch in Dresden lohnt, so oft bekommt man "Wir erreichen den Fluß" ja nicht zu sehen!

    Ja, da kann ich nur sagen, die Initiative ergreifen, versuchen eine Karte zu bekommen (s. Btr. 6) und herzlich willkommen in Dresden. Abgesehen von der Oper, diese wunderschöne und interessante Stadt, mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten, ist für einen kurzen Besuch immer lohnenswert.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo chrissy, Hallo allerseits,


    wenn ich die letzten Beiträge lese, stelle ich fest, dass wir insgesamt wohl nicht allzuweit auseinander liegen. Ähnliche Berechnungen, wie chrissy habe ich auch ich schon in einem anderen Thread angestellt und das Ergebnis bleibt immer gleich: Ein Opernbetrieb, der bzgl. Eintrittspreisen für "Leute, wie Du und ich" bezahlbar bleiben soll, ist letztlich (hoch-)defizitär. Selbiges gilt wohl auch für den Konzert- und den Theaterbetrieb, sowie Museen etc.


    Johannes Vergleich mit der Tosca "hinkt" m.E. allerdings nur im ersten Augenblick; ein Rechenbeispiel mag verdeutlichen, was ich meine: Henzes Oper wird in Dresden fünfmal aufgeführt. Bei einem fiktiv angenommenen Verlust von z.B. 100.000€ macht dies eine halbe Million. Ein Aufführung der Tosca kann sicherlich als weniger aufwendig angenommen werden (wenn wir mal eine Zeffirelli-Inszenierung außen vor lassen :pfeif: ), andererseits läuft die Inszenierung weit häufiger. Bei einem Verlust von "nur" 25.000€ pro Aufführung bei mind. 50 Aufführungen ergibt sich ein Totalverlust von 1,25 Millionen Euro ... Da ist der Henze wiederum günstig!


    Das grundlegende Problem, welches auch von operus angesprochen wird, bleibt: Inwieweit darf, kann, soll oder muss unserer Gesellschaft die Subvention von (Hoch-)Kultur überhaupt leisten? Und wenn sie es tut, darf sie zwischen Henze und Puccini, zwischen dem Deutschen Schauspielhaus und einem kleinen Jugendtheater, zwischen Breughel und Beuys unterscheiden? - Über diese Fragen können wir sicherlich noch lange diskutieren und am Ende angesichts z.B. der aktuellen Subventionspolitik im Bereich erneuerbarer Energien (speziell Solartechnik) trotzdem nur verzweifelt den Kopf schütteln.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Aufführungs-Besprechung des Herr Kühn, die Harald wiedergegeben hat, sagt rein gar nichts. Das finde ich schon bemerkenswert. Sie sagt allenfalls, dass der Kritiker nach der Oper genau so ratlos zurück geblieben ist wie - und dafür lege ich meine Hand ins Feuer - das Dresdener Publikum. Für mich verharrt diese Oper total in der Antikriegsbewegung der siebziger Jahre. Sie kommt aus der Überzeugung, dass Kunst dazu beitragen kann, die Welt und die Menschen besser zu machen. Das ist leider nicht so. Insofern ist die Oper mit ihrem Anliegen doch sehr in die Jahre gekommen. Und ich frage mich, bei allem Respekt vor Henze, ob sie heute wirklich noch so brennend interessiert, dass sich der gewaltige Aufwand lohnt.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Etwa 2 Jahre nach der Londoner Uraufführung wurde besagtes Werk auch an der Stuttgarter Oper aufgeführt.


    Hier ein Auszug aus der damaligen Rezension:


    In Stuttgart führte der Komponist selber Regie, und er hält sich am bisher konsequentesten an seine eigene Vorschrift in der Partitur: „Es wird auf größtmögliche Einfachheit Wert gelegt." Henze ließ sich von Axel Manthey den Bühnenraum völlig in hartes Schwarz auskleiden, drei in der Höhe verstellbare und zu neigende Podien bauen, darauf mit ganz wenigen Versatzstücken eine fast abstrahierende, zumindest sehr distanzierende Eindeutigkeit schaffen, die nicht vor lauster Theater die Mitteilungen erschlägt, sondern zu hellwacher Aufmerksamkeit zwingt. Gerade in ihrer Reduktion auf das Wesentliche, in der Konzentration und Dichte, auch in der nur sehr sparsamen Lichtführung oder den an Puppentheater erinnernden leicht medianischen Gesten zwingt die Aufführung zu intensiver Anteilnahme, riskiert sie keine Schmälerung ihrer Aussage und steigert sich so zu einem unopernhaften Parabel-Theater mit drohendem Real-Hintergrund.


    Die Aufführung erhält eine besondere Bedeutung durch den Dirigenten, den Amerikaner Dennis Russell Davies. Er erscheint auf den ersten Blick als Präzisions-Maschinist: unglaublich exakte und ungewöhnlich zahlreiche Zeichen, mit denen er die drei Orchester und die vielen Bühnenakteure steuert. Aber dann zeigt sich doch bald etwas weitaus Wichtigeres: Alle diese Zeichen stecken voller Nuancen, und so bringt Davies außer der Ruhe und der Sicherheit auch jene Vielfalt von Stimmungen, von Farben, von Atmosphären ein, die Henzes Musik auszeichnet. Gewiß wird auch hier die Militärkapelle mit allem Pomp und Schwung vorgeführt, eine marching band von schmetternder Brillanz (Heeresmusikcorps 9), aber die gespenstische Distanz, das Fassadenhafte dieser Selbstgefälligkeits-Demonstration kommt hier um so deutlicher heraus, weil es so hart kontrastiert zum beinahe asketisch Reservierten jener Klänge, wie sie Davies mit den drei solistisch besetzten Ensembles anstrebt.


    Nach den Jahren des Beinah-Boykotts ist Hans Werner Henze in der Bundesrepublik wieder gefragt, und nicht nur mit seinen frühen Stücken. Nicht ganz unbeteiligt am Erfolg gerade auch der politischen Werke sind eine Reihe hervorragender Interpreten, unter die nun auch unbedingt Dennis Russell Davies zu zählen ist. Am Ende des „Flusses“ singt der Chor der von der Kriegsmaschinerie Getöteten: „Unser Schritt ist so sicher jetzt, wir können nicht mehr untergehen.“ Dies gilt nun auch wieder für Hans Werner Henze und seine Interpreten.


    Interessant die heutige Dresdener Deutung des Werkes, nach weiteren 35 Jahren weltweitem Kriegsgemetzel. Unabhängig davon, ob einem die Oper gefällt oder nicht: An Aktualität hat sie nichts verloren.

    Freundliche Grüße Siegfried