Nachstehend unkommentiert einige Auszüge aus Opernkritiken, veröffentlicht in der o.g. Zeitschrift.
Aus dem Fliegenden Holländer von den Bayreuther Festspielen, Regie Jan Phillipp Gloger, Kritik von R.Tiedemann (immerhin Chefredakteur)
- Holländer wie Senta sind Sinnsuchende inmitten einer heutigen, stereotyp durchorganisierten, extrem beschleunigten und weigehend emotionsarmen Welt, die auf Profit, Konsum und Prestige ausgerichtet ist: Er, des ewigen Strebens nach Geld, Macht und Ansehen überdrüssig, verloren im endlosen Strom unkotrollierbar gewordener Datennetze und bedrohlich rasender Datenkolonnen (Umsatzzahlen, Aktienkurse, Schuldenberge, Verbannungsewigkeit) ein Außenseiter wie Senta, die in der mittelständischen Fabrik ihres Vaters die Arbeit verweigert und sich stattdessen aus den Umverpackungen der hier produzierten Tischventilatoren /summ, summ) eine Traumwelt bastelt.
Aus der Salzburger Boheme, Regie Damaino Michilietto, Kritik von M.Wilks
- Die Jungs in ihrer kaum aufgeräumten WG sind betont lässig. Bei Mimi weiß man nicht, welche physischen und psychischen Probleme sie schon hat, als sie zu Beginn aus einem Zimmer kommt, vermutlich von einem (zahlenden) Liebhaber............ Insbesondere im dritten Bild, das in einer Imbißbude an einer trostlosen Pariser Außenbezirksautobahn spielt, wird der tragische Ausgang der Geschichte überdeutlich.
Aus Brüssel der Trovatore, Regie Dmitri Tcherniakow, Kritik von G. Rademachers
- Nach und nach treten sie ein, gehen unsicher ein paar Schritte hin und her und sehen sich um in einer dunklen, labyrinthartig verschachtelte Großbürgertums-Wohnung aus dem 19, Jahrhundert. Die 5 Figuren scheinen sich zu kennen, nicken sich kurz zu, gehen sich bewußt aus dem Weg oder begrüßen sich mit Wangenkuß....... Die Tür ist zu, keiner kommt mehr raus.... An hand der von Gesprächsleiterin Azucena verteilten Texte versucht man sich zunächst im Rollenspiel, das, wie in einer Übertitelunh zu erfahren ist, an ein Jahre zurückliegendes geschehen erinnert. Bis plötzlich die Situation außer Kontrolle gerät und aus dem Spiel Ernst wird. Graf Luna, im schicken Manager-Outfit, nimmt die anderen mit vorgehaltenem Revolver als seine Gefangenen. Am Ende sind alle bis auf Azucena tot: Leonore begeht Selbstmord, Amokläufer Luna erschießt erst Ferrando, dann seinen Bruder Manrico und erleidet dabei selbst einen tödlichen Herzinfarkt.......Brüssels La Monnaise hat mit dieser Aufführung nachdrücklich den Ruf bestätigt, zu den führenden Opernhäusern in Europa zu gehören.
Aus der Kammeroper Schloß Rheinsberg, die Oper heißt Kronprinz Rudolf, ist von Siegfried Matthus, Regie Kay Kuntze (der ist Generalintendant meines Heimattheaters in Gera), Kritik von J.Gahre
- Immer wieder gelingen Kuntze Bilder von schockierender Eindringlichkeit: Wenn der König mit seinen Saufkumpanan zecht und der Kronprinz dadurch gedemüdigt wird, daß die "langen Kerls" höhnisch grölen "Der Arschfick ist ein Hochgenuß", dann zeigen sie ihm den blanken Hintern.
Das muß man nicht kommentieren, das ist auch nicht von mir. Aber es tut mir weh, sowas lesen zu müssen.
In dieser Ausgabe aber auch interessante Interviews mit Edda Moser u.a. , dabei auch mit der Regisseurin der im Tamino besprochenen Regisseurin Elisabeth Stöppler - in Dresden "Wir erreichen den Fluß". Sie sagt darin auch: Die Regiearbeit muß kontrovers ausfallen, wenn es das Stück verlangt. ... Die Menschen zu bewegen, heißt nicht, ihnen das zu lassen, was sie am liebsten mögen.
La Roche