Mozart: Die Zauberflöte (New York 2006)

  • REZENSION OPER DVD


    Mozart: Die Zauberflöte


    Libretto von Emanuel Schikaneder


    Aufzeichnung aus der Metropolitan Opera New York 2006


    Inszenierung: Kein Verfremdungstheater, jedoch mit zahlreichen Eigenmächtigkeiten und Abweichungen versehen
    Vermutlich auch gekürzt - siehe Spieldauer



    Generelle Beurteilung : genügend



    Dauer 112 Minuten


    Tamino: Matthew Polenzani
    Pamina: Ying Huang
    Papageno: Nathan Gunn
    Sarastro: René Pape
    Königin der Nacht: Erika Miklosa
    Sprecher: Davit Pittsinger
    Erste Dame: Wendy Bryn Harmer
    Zweite Dame: Kate Lindsey
    Dritte Dame: Tamara Mumford
    Papagena: Jennifer Aylmer
    Monostatos: Geg Fedderly
    Erster Geharnischter: Michael Myers
    Zweiter Geharnischter: Robert Lloyd


    Die drei Knaben: Bennett Kosma
    Jesse Burnside Murray
    Jacob A. Wade


    Chor Orchester und Ballet der Metropolitan Opera New York
    Dirigent: James Levine
    Regie
    Bühnenbild und Kostüme: Julie Taymor



    Ich hatte schon Angst, meine vierte Rezension einer konservativen (?) Inszenierung der Zauberflöte würde allzu positiv ausfallen – aber in dieser Hinsicht kann ich den geneigten Leser beruhigen: das wird hier nicht der Fall sein.


    Kein Regietheater im üblichen Sinne, weicht diese Zauberflöte doch in vielen Punkten vom Althergebrachten ab – leider nicht zum Vorteil des Stückes. Die gesanglichen Leistungen sind, sagen wir es vornehm – eher durchwachsen.


    Obwohl – wenn man die Inszenierung analysiert – nicht allzu viel von der eigentlichen Substanz verändert wurde – so hat man dennoch nicht das Gefühl einer Aufführung der Zauberflöte beigewohnt zu haben – eher einer von „Das Land des Lächelns“.


    Daß Monostatos – einmal mehr - nicht als Mohr dargestellt wird ist offensichtlich ein Tribut an die heutzutage erzwungenen „Political Correctness. Eine Unsitte unserer Zeit - Man biegt sich die Stücke so zurecht wie man glaubt dass die Welt zu sein hat.


    Beim Auftritt von Tamino musste ich unwillkürlich an die Regieanweisung im Libretto denken, wo er mit einem „Javonischen“ Jagdkostüm bekleidet sein soll. Generationen von Ausstattern rätselten über den Sinn des Wortes,


    Unser Tamino ist offenbar Asiate – ein Regieeifall der harmlos erscheint und sich erst in all seiner Gedankenlosigkeit offenbart, wenn „OH Isis und Osiris“ gesungen wird, währen Sarastro ein chinesisches anmutendes Kostüm trägt, während sich zu senen Pristern im Chor Nonnen mit als Parodie anmutenden Hauben hinzugesellen.


    Einem Trend der Zeit folgend ist auch diese Zauberflöte eher eine pessimistisch –düster. Die Londoner Inszenierung war in dieser Hinsicht wenigstens überzeugender – und zudem noch besser gesungen


    Die Oper eröffnet mit der Szene der Schlange, die, wie schon in London von zahlreichen Bühnenarbeitern (oder vom Ballett) animiert wird. Im Hintergrund – recht hübsch – aber vom Motiv her (für mich ?) nicht durchschauber ein überdimensionaler Seidenschirm mit chinesischen bunten Schattenspielen.


    Die drei Damen der Königin der Nacht sind – nicht unlogisch – aber undekorativ völlig in schwarz gekleidet und haben ebenso gefärbte Gesichter. Damit man sie wahrnimmt sind oberhalb ihrer Köpfe weiss hässliche Masken montiert, die sie bei Gelegenheit in die Hand nehmen und schwenken.


    Wenn Tamino vor Schreck wie tot am Boden liegt – und das in einer eher unvorteilhaften Position, nämlich am Rücken, wodurch seine Korpulenz überbetont wird und die drei Damen vom schönsten Jünglich singen, den sie je gesehen hätten, dann ist dies einer der heiteren Höhepunkte dieser Aufführung.


    Ich werde in Folge wenig gutes über die einzelnen Darsteller zu sagen haben.
    Nathan Gunn ist indes hier die große Ausnahme. Ohne dass seine Stimme mir als exorbitant aufgefallen wäre /das ist beim Papageno auch nicht wirklich erforderlich) ist der Gesamteindruck hervorragend,und er ist der schlagende Beweis dafür, dass ein hervorragender Darsteller dieser Rolle weder das Wienerische, noch das Deutsche beherrschen muß. Er spielt mit Humor, mit Seele und gekonnter Akrobatik. Die Figur kommt ohne Einschränkung in all ihrer Mehrdimensionalität herüber. Das Kostüm ist unüblich – aber überzeugend.


    Taminos sind in der Regel selten wirkliche Traumprinzen und Matthew Polenzani macht hier keine Ausnahme. Im Gegensatz zu den meisten seiner Konkurrenten konnte mich seine Stimme nicht betören – vielleicht liegt dies aber doch an der englischen Sprache ?


    Michaele Miklosa wird im allgemeine gelobt – micht konne sie nicht überzeugen – wenngleich die zweiter Arie entscheidend besser war als die erste. Es war – auch das soll gesagt werden – kein wirklicher Mangel feststellbar – die Höhen sassen perfekt . Aber einer Damrau oder Gruberova kann sie meiner Meinung nach nicht das Wasser reichen.


    Die chinesische Sopranistin Ying Huang war unsere Pamina. Sie trat im asiatischen Umstandskleid auf und man fragt sich was einem Prinzen an ihr gefallen soll.
    Trotz der grellne Farben ihres Kleides (und der gesamten Instenierung ) wirkte sie farblos


    Sarastro – in chinesischem knallgelben Outfit und drohend düsterer Gebärde wird hereingetragen allen voran zwei riesige Löwen aus halbtransparentem Kunststoff – eine Menge Priester und Nonnen (!) An nicht was schlechten Geschmack verkörpert wurde wirklich gespart – Disneyland feierte hier wahre Triumphe.
    Es ist aber nicht auszuschliessen, dass hier eine parodistische Einlage mit im Spiel war.


    Stimmlich hat mich Rene Pape eher enttäusche, er klang eher nach Bassbariton, als nach Bass.


    Die drei Knaben bedienen sich verschiedener Transportmethoden. Eines davon ist eine Art fliegender Dinosaurier, ein halbes Gerippe mit ein paar Federn. Technisch perfekt gemacht – aber bedrückend.
    Und weil wir gerade bei den drei Knaben sind – kommen wir zu ihren Darstellern:
    Hier offenbart sich offenbar ein Schwachpunkt des von mir präferierten Systems des privaten Sponsorings (an Stelle staatlicher Subventionen):
    Es muss sich bei den Darstellern der drei Knaben offensichtlich um Enkel oder Urenkel von Sponsoren handeln, anders kann ich mir nicht vorstellen, wie diese mehr falsch als richtig singenden Knaben den Weg auf die Bühne der Met geschafft haben.


    Unattraktive Papagenas dürfen in Mode sein – das lag jedoch an der Maske, wovon ich mich auf der Homepage der Sängerin persönlich überzeugt habe. Gespielt wurde tadellos


    Papagenos Stelle, wo er sich an einem (viel zu dürren) Baum aufhängen will, wird von Nathan Gunn mit viel Mimik und tänzerischen Schritten gestaltet. Den gekünstelten Humor eines wirklich Verzweifelten haben wohl wenig Darsteller dieser Rolle so überzeugend gestaltet wie er (eventuell noch Detlef Roth)


    Die Feuer- und Wasserprobe – wird hier – mit Licht und Plastikfolie dargestellt – Nicht schlecht – allerdings sind Tamino und Pamino die ganze Zeit zu sehen – was ein Kunstfehler ist – denn man sieht wie sie ihren Text heruntersingen, von schrecklichen Erlebnissen oder Gefahren ist hier nichts zu spüren. Eher als würden sie unter einer Dusche stehen und den Duschvorgang über sich ergehen lassen.


    Die Qualität der Bühnenbilder und der Ausstattung ist unterschiedlich – es gibt zum Teil gute Detaillösungen (so z.B das Ballet von Bären, die vermutlich aus Papier oder Stoffplanen bestehen – aber wirkungsvoll animiert werden) – aber ein überzeugender Gesamteindruck wollte sich bei mir nicht einstellen


    Gesamteindruck
    Diese Zauberflöte ist unterdurchschnittlich
    Weder die gesanglichen Leistungen, noch der
    optische Gesamteindruck konnten ein positives Bild
    bei mir erzeugen. Das Dirigat von Levine wies einige
    Eigenwilligkeiten auf.
    Postiv erwähnen möchte ich den Darsteller des Papageno,
    Nathan Gunn, sowie einige optische Ausstattungsdetails, die sich
    jedoch nicht nahtlos in das Konzept einfügen liessen
    und diese Inszenierung auch nicht retten können



    Dennoch bereue ich den Kauf der DVD nicht,
    es war ein interessantes Erlebnis



    Alfred SCHMIDT
    © 2012 Tamino Klassikforum Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo, Alfred!


    Mit dieser DVD scheint es ja nicht schlecht bestellt zu sein. Die Inszenierung ist zwar etwas übertrieben kitschig, aber das Sängerische würde ich schon als akzeptabel bezeichnen. Eine Frage stellt sich mir aber: Warum singt René Pape den Sarastro und nicht Robert Lloyd? René Pape wäre wohl ein guter Geharnischter und Lloyd mit Sicherheit ein seriöser Sarastro. Für mich käme allerdings diese Aufnahme nicht in Frage, denn englischer Operngesang ist mir ein Greuel.




    Gruß Wolfgang

    W.S.