Parsifal an der DOB

  • Als Wagner-Regisseur hat ja Philipp Stölzl an der Deutschen Oper Berlin mit dem "Rienzi", den er auf den Obersalzberg versetzte, schon sein Unwesen getrieben. Nun hat er den "Parsifal" in Szene gesetzt, ein Riesenwerk, das Wagner nicht als Oper, sondern als Bühnenweihfestspiel titulierte. "Parsifal" war ja für das Festspielhaus in Bayreuth komponiert worden und es hat gedauert, bis das Stück seinen Weg auf andere Opernbühnen fand. Nach wie vor ist es dort eine Rarität und deshalb gab es für mich kein langes Überlegen, als ich mich für den Besuch dieser Aufführung noch lange vor der Premiere entschied, zumal mit der Titelrolle Klaus Florian Vogt schon die entsprechende Qualität verspricht. Es war die zweite Vorstellung und wieder ratzekahl ausverkauft, also rund 1900 Besucher.


    Nach dem verunglückten "Rienzi" war ich schon etwas beruhigt, als ich las, was Stölzl in einem Pressevorgespräch äußerte: "Das Werk ist so offen und abstrakt, dass man da ziemlich weit gehen kann, das ist wie eine weiße Leinwand. Ich selber hatte aber keine Lust, den vielen 'Parsifal'-Inszenierungen eine weitere Regiedeutung hinzuzufügen. Ich finde es spannender, sich klug und ein bisschen demütig an das heranzuarbeiten, was Wagner da hineingeschrieben hat..."


    Und so war auch ich gespannt und erwartungsvoll. Es geht los und mit den ersten Takten des Vorspiels öffnet sich auch der Vorhang. Es wird eine Bergwelt gezeigt, in der sich die Vorgeschichte des Werkes abspielt, die Kreuzigung Jesu, der Speer, der ihn trifft und ein Kelch, mit dem das Blut aufgenommen wird. Das alles ziemlich naturalistisch, doch kann ich das akzeptieren. Besser als wenn der Filmregisseur dafür einen Videoclip gezeigt hätte, was ich eher erwartet hatte. Im ersten Akt wird das Bühnenbild ohne Kreuz weitgehend übernommen, im Hintergrund eine Trutzburg, die sich erhebt, fehl am Platz nur die seitlich angebrachten grellen Neonröhren, die zwar für entsprechende Bühnenbeleuchtung sorgen, das hätte man aber auch passender arrangieren können. Nun zieht sich das Ganze werkgemäß sehr in die Länge, mit viel Erzählung, in der lange nichts weiter passiert, außer dass man sich an der sonoren Basstimme von Matti Salminen als Gurnemanz erbauen kann (nicht immer textsicher), und seine Freude am gut disponierten Orchester der Deutschen Oper hat, das die sehr facettenreiche Instrumentation des Werkes gut wiedergibt. Evelyn Herlitzius verfügt über Erfahrung mit dieser Figur, sie singt die Kundry sehr ausdrucksstark, für mich mit zu starkem Vibrato, aber das ist sicher Ansichtssache. Klaus Florian Vogt ist für mich die Idealbesetzung, so hat er die passende Knabenstimme für den ersten Teil seiner Rolle und ist immer textverständlich mit einem strahlend leuchtenden Tenor. Kostümlich unterscheidet er sich von allen anderen, in dem er einen blauen Anzug mit locker sitzender Krawatte trägt, als Zeichen, ich komme aus einer anderen Welt. Na gut. Im zweiten Akt ein schöner Zaubergarten mit attraktiv bunten Blumenmädchen (Gauguin lässt grüßen) und einer Kundry, die überzeugend alles daran setzt, Parsifal zu verführen. Nach dem Kuss aber erschrickt er vor sich selbst und wendet sich energisch ab. Der Klingsor von Thomas Jesatko mit etwas piratenhaftem Outfit und einem angenehm klarem deutlichem Timbre. Alejandro Narco-Buhrmester als Amfortas spielt ausgezeichnet seine Leidensrolle, dazu stimmlich ebenfalls überzeugend. Albert Pesendorfer als Titurel ist eigentlich zu jung für diese Rolle, im 3. Akt in einem gläsernen Sarg liegend. Dieser dritte Akt stellt dann eine andere Welt dar. Keine mittelalterlichen Kostüme mehr, alles in biederem Anzuglook, die Bergwelt ist geblieben und die Gralsritter peitschen sich und Amfortas auf den Hügel, dass er den Gral enthüllen möge. Kundry in schwarzem Kleid will nur noch dienen, in dieser Rolle ist sie zu bedauern, da sie 75 Minuten präsent sein muss, aber kein Wort mehr singen darf. Parsifal tritt humpelnd auf und ist gefühlt um hundert Jahre älter mit einer riesigen unförmigen Lanze, die als Speer dienen soll. Dieser Speer bringt Amfortas dann die Erlösung, worauf er in Frieden stirbt und es gibt einen neuen Gralskönig.


    Ob nun Wagner mit dieser Inszenierung zufrieden wäre, bleibt dahingestellt. Es bleibt ein großes Theater. Große Anerkennung noch einmal dem Orchester, auch mit den fabelhaften Bühnenglocken, das ist alles schon megaaufwändig und dazu der wieder der vorzügliche Opernchor, der auch Spielerisches leisten musste. Wenn ich sehe, was für ein Riesenunsinn mit dem "Parsifal" in Bayreuth ablief, dann war ich war mit dieser Inszenierung im Großen und Ganzen nicht unzufrieden. Wenn man Purist ist, sollte man heutzutage den Opernbesuch sowieso weitgehend meiden.


    Mit freundlichen Grüßen aus Berlin


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Parsifal, eine Rarität wo?
    Auf CD sind über hundert Einspielungen ( Live und Studio ), im Internet als Download ca. 40 verschiedene Mitschnitte und auf der Opernbühne in Hamburg wurde dieses Werk in den letzten Jahren ca. 4 mal pro Spielzeit gegeben und war auch ansonsten selten über mehrere Jahre hinweg ganz gestrichen.
    Es kann jetzt natürlich sein, das kleinere Häuser oder Städte die kategorisch im Minus sind seltener Wagneropern aufführen.

  • Klaus Florian Vogt ist für mich die Idealbesetzung, so hat er die passende Knabenstimme für den ersten Teil seiner Rolle und ist immer textverständlich mit einem strahlend leuchtenden Tenor.

    Jetzt bin ich aber doch angenehm überrascht und freue mich richtig, dass der gerade hier im forum so oft Gescholtene für timmiju sogar die Idealbesetzung des Parsifal darstellt. Ist diese Rolle den leichter zu singen als Lohengrin oder Meistersinger? Ich freue mich.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Wenn man Purist ist, sollte man heutzutage den Opernbesuch sowieso weitgehend meiden.

    So ist es. Ich würde mich in diesem Parsifal ärgern, weswegen ich einen Besuch gar nicht erst einplanen würde. Schön, daß wenigstens der 1. Akt offensichtlich keinen Zeitbezug hat. Mich würde es schon leicht irretieren, wenn im 2. Akt Parsifal durch seine Kleidung auffällt, die offensichtlich nicht im gleichen Stil ist, wie die Bekleidung der anderen. Und wenn die im 3. Akt alle heutige Sachen tragen, wäre ich gegangen oder hätte mir eine schwarze Brille aufgesetzt. Ist eben Geschmackssache. Mich stört eben schon ein Plastestuhl, wenn er da nicht hingehört! Wenigstens ist diesmal offensichtlich niemand nackt oder muß aufs Klo oder hat sexuelle Gelüste. So gesehen ein Fortschritt weg vom Regietheater. Hoffentlich gehts weiter.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Parsifal, eine Rarität wo?
    Auf CD sind über hundert Einspielungen ( Live und Studio ), im Internet als Download ca. 40 verschiedene Mitschnitte und auf der Opernbühne in Hamburg wurde dieses Werk in den letzten Jahren ca. 4 mal pro Spielzeit gegeben und war auch ansonsten selten über mehrere Jahre hinweg ganz gestrichen.
    Es kann jetzt natürlich sein, das kleinere Häuser oder Städte die kategorisch im Minus sind seltener Wagneropern aufführen.


    Relativ gesehen schon. Sie ist von den 10 "sanktionierten" Wagner-Opern die am wenigsten gespielte, kleine Häuser können sie - wenn überhaupt - praktisch nur mit Gästen auf die Bühne bringen und die Zahl der Studioeinspielungen ist für so ein bekanntes Werk ausgesprochen gering - wahrscheinlich sogar rekordverdächtig gering. Kein Wunder, dass im Gegenzug überproportional viele Inszenierungen auch über das Radio ausgestrahlt wurden, so dass es relativ viele Mitschnitte gibt. "Rarität" ist absolut gesehen übertrieben, im Vergleich zu den anderen Wagner-Opern kann man es aber gelten lassen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Zitat von La Roche: Mich würde es schon leicht irretieren, wenn im 2. Akt Parsifal durch seine Kleidung auffällt

    Lieber La Roche,


    soweit ich gelesen habe, fällt er schon im ersten Aufzug auf, mit blauem Anzug und Krawatte, was nun absolut nicht zu dem naiven Naturburschen und "reinen Toren" passt, als den Wagner ihn angelegt hat. Die Kostümierung ist also meines Erachtens völlig konträr zum Inhalt des Werkes.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • La Roche, ich bin überrascht, im Parsifal gibt es keinerlei sexuelle Gelüste gibt.
    Upps, welche Aufnahmen habe ich da in den letzten 20 Jahren gehört, etwa die vom Playboy.
    Gibt es tatsächlich noch eine Urfassung in welcher weder die Blumenmädchen noch Kundry Parsifal flachlegen wollen.
    Gibt es tatsächlich einen Parsifal, wo es im zweiten Akt um etwas anderes geht, nachdem Kundry die Blumenmädchen erfolgreich ausgestochen hat.
    Sorry bitte nimm es nicht persönlich ... aber ..... nein ....... Parsifal.... keinerlei sexuellen Gelüste .....es ist einfach zu herrlich ....

  • Lieber Sven,


    ich hatte bei meiner freudigen Erkenntnis, daß im Berliner Parsifal keiner aufs Klo muß (vom Publikum weiß ich das nicht) und auch Kundry keine sexuellen Gelüste erkennen läßt generell die verqueren Einfälle der Herren Regisseure im Kopf. Nicht bezogen auf Parsifal. Aber vielleicht kommt das noch und Gurnemanz erfreut sich mit einem Blumenmädchen? Natürlich der Umwelt zuliebe!


    La Roche

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    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Morgen, 16:00 h, ist es für mich so weit. Bin schon sehr gespannt. Ist zufällig ein Berliner Tamino oder ein Urlauber mit von der Partie? - Tät mich freuen!


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

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  • soweit ich gelesen habe, fällt er (meine Einfügung: Parsifal) schon im ersten Aufzug auf, mit blauem Anzug und Krawatte, was nun absolut nicht zu dem naiven Naturburschen und "reinen Toren" passt, als den Wagner ihn angelegt hat.


    Auweia, das tut aber weh (nur mir?)!


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ohne hier auf das Regiekonzept einzugehen, vorab mal, im Sinne meiner Vorredner, viel und großes Lob für die Mitwirkenden. Mein Gurnemanz war nicht Salminen, sondern Albert Pesendorfer, der sich erkältungshalber indisponiert anmelden ließ und so gut war, daß man sich fragte, wie er denn ohne Erkältung klinge. - Thomas Johannes Mayer war ein goßartiger Amfortas, der keine Wünsche offen ließ. Evelyn Herlitzius, wie alle anderen am Schluß vom ausverkauften Haus bejubelt, gab der Partie alles, was ihr an Menschlichkeit gebricht, zurück. - Klaus Florian Vogt war live ein Erlebnis. In Timbre und Statur ein idealer Parsifal, verfügte er über alle Stimmgewalt und strahlende Höhe, über Töne der Verzweiflung und v.a. jener kindlichen Reinheit, die für die Figur unersetzlich sind. Zudem vermochte er viele Passagen durch ein wundervoll vielfarbiges Pianissimo zu beleben, was der Figur ihre stille Leuchtkraft gab. - Zumal im zweiten Akt gewann die Auseinandersetzung mit Kundry ihre kaum je erreichte letzte Durchdringung, indem die tiefere Tragik der Frauenrolle mit dem Erkenntniskonflikt des Helden kollidierte.


    Der Chor war opulent und dramatisch sehr agil, die Herren steigerten die unterschwellige Bedrohlichkeit der Gralsaufzüge bis zuletzt, ungemein packend. Die Blumenmädchen entfalteten allen erwünschten bestrickenden Wohlklang. Zumal der Schluß des dritten Aktes gelang an diesem Abend in einer ätherischen Mystik, die ihresgleichen suchte, zum Niederknien schön. - Das Dirigat (Donald Runnicles) atmete große Ruhe und dramatische Kraft; die lange Oper erschien mir kurzweilig.


    :hello:

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  • Ohne hier auf das Regiekonzept einzugehen, vorab mal, im Sinne meiner Vorredner, viel und großes Lob für die Mitwirkenden.


    Das Dirigat (Donald Runnicles) atmete große Ruhe und dramatische Kraft; die lange Oper erschien mir kurzweilig.


    Lieber farinelli, dein Eindruck bestätigt in etwa auch meine Einschätzung. Gut, dass du auch das Dirigat des Opernchefs erwähnt hast, er ist sicher ein Gewinn für dieses Haus, im übrigen hat er seinen Vertrag kürzlich bis 2018 verlängert. Hoffentlich gibt es dann die Deutsche Oper in Berlin noch, da 2015 eine Tarifanpassung für das nichtkünstlerische Personal erfolgen muss, hat der neue Intendant, Herr Schwarz, große Bedenken, wie das dann mit der viel zu geringen finanziellen Ausstattung zu machen ist. Seiner Meinung nach ist das Haus damit pleite.


    Schade, dass du nichts zu der Regie sagen willst, ich finde sie ja insgesamt noch akzeptabel.


    Beste Grüße


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Ich wollte, lieber timmiju, nur nicht die Diskussion der Regie mit der Leistung der Interpreten vermischen.


    Auch wollte ich, da ich ohnehin zur Zeit in Berlin weile und meine Musicalia vermisse, wenigstens das ausgezeichnete Programmheft zur Berliner Aufführung studieren, ehe ich zu einem Urteil über die szenische Ausgestaltung gelange.


    Man kann gewiß sagen, daß die Oper relativ nahe am Libretto gegeben wird. Die Figurenregie trägt alle sinnfälligen Handlungszüge, die Figuren stimmen mit ihren dramatischen und emotionalen Situationen überein; Landschaft und Kostüm vermitteln eine zeitlose Archaik mit Mittelalter-Elementen (Malteserritter). Zumal die liturgischen Ensembleszenen, vom Niederknieen der Knappen bis zur Verzückung der Gralsspende, werden genau beachtet.


    Was die Inszenierung zum einen auszeichnet, ist der Verzicht auf die großen szenischen Verwandlungen innerhalb der Akte. Die Architektur der Felswüste zu Beginn bietet in ihrer Zerklüftung zugleich den Innenraum der Gralsfeier. - Auch Klingsors exotische Zauberburg weicht keinem Garten, sondern erglüht bloß in schwülem, violetten Licht, begleitet von orangenem Feuerschein im Innern. - Der atmosphärische Umschwung ist durch die Dramaturgie der Chorensembles hinreichend deutlich. - Auch die liebliche Aue bleibt nur der musikalische Trost in der Wüste.


    Ein anderes Merkmal wurde von Timmiju bereits angesprochen. Man kann es - das Stichwort konnte man in den Pausen allenthalben im Publikum aufschnappen - als "Oberammergau"-Effekt beschreiben. Denn nicht nur die Vorgeschichte der Kreuzigung mit ihrer Weihe des Gralskelchs sowie der unseligen Zeugenschaft Kundrys wird pantomimisch dargestellt. - Auf den Felsanhöhen im linken und rechten Bühnenhintergrund werden in szenischer Stilisierung auch die Ereignisse aus Gurnemanz´ epischen Berichten veranschaulichend illustriert - man denkt an mittelalterliche Synchronie, mit verkleinerten Assistenzfiguren. So sieht man Amfortas´ Abenteuer mit Kundry und den fatalen Lanzenstoß; später die Übertragung der Gralswürde durch Titurel auf Amfortas, und - in spannungsvoller Gleichzeitigkeit - zur Linken Amfortas mit den Insignien von Kelch und Longinuslanze; zur Rechten den verwundeten Amfortas zu Füßen des triumphierend die Lanze schwingenen Klingsor.


    Zu diesem Konzept gehört zudem das Spiel mit Tableaux vivants. Schon beim Vorspiel zeigt die offene Bühne zunächst Golgatha mit dem Gekreuzigten und den klagenden Marien, dem römischen Hauptmann usw. als unbewegtes Bild, in altmeisterlicher Tradition. Erst allmählich, wie in Zeitlupe, geraten die Figuren in Bewegung, wird das Bild zum Geschehen.


    Diese Spannung von Bild und Drama kennzeichnet nicht nur die Inszenierung, sondern die Oper selbst und sogar Wagners Konzept einer musikdramatischen Essenz der christlichen Symbolik. Zweifellos trägt die Inszenierung, ganz vordergründig, zu einer besseren Verständlichkeit der Handlung bei, indem er die ausgesparten Handlungsmotive veranschaulicht und mitvergegenwärtigt - ein wenig vielleicht auf Kosten der dramatischen Wirkung der Gurnemanz-Erzählungen.


    Die Inszenierung enthält sich aller Wertung, was ihr hoch anzurechnen ist. Zwar erleben wir Kundry am Ende, trotz Taufe, in unbelehrtem Lachkrampf am Rande des Geschehens, aber man mag fragen, ob ihre Bekehrung überhaupt glaublich sein kann. - Ein vielleicht nördlichem Protestantismus befremdliches Detail ist die verlangende Zeugenschaft der Gläubigen nach Berührung der Heiltümer und Heilsbringer. Mit ausgestreckt zitternden Händen recken sie sich dem Wunder entgegen, in einer die ganze Oper durchziehenden Ritualisierung, die die Archaik des Blutmysteriums gut ins Bild bringt.


    Daß Parsifal die religiöse Weihe auf einer höheren, immaterielleren Stufe verkörpert als derjenigen der gralshörigen Ritter, macht Vogt in seiner physischen und vokalen Lichtgestalt evident. - Daß Wagners Spätwerk voller Widersprüche steckt, an einer unheilbaren Dramaturgie leidet und seine Figuren, zumal Kundry, überfrachtet, steht auf einem anderen Blatt. - In Berlin wird Wagner in seinem Wollen sehr ernst genommen.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!