Polnische Musik - geschätzt, unterschätzt?

  • Hallo,


    wer hier noch keine Erwähnung gefunden hat, ist Karol Lipinski (1790-1861)


    Als "polnischer Paganini" gefeiert, bereiste er mit großem Erfolg als Violin-Virtuose Europa, was u.a. von Robert Schumann so aufgenommen wurde:


    "....Lipinski ist da. Diese drei Worte reichen für den Musikfreund vollkommen hin, um alle seine Pulse in Bewegung zu setzen; fügen wir aber noch hinzu: Lipinski wird ein Konzert geben, so jubelt sein Herz vor Freude...."


    Angeblich soll er sechs Konzerte für sein Instrument geschrieben haben, zweifelsfrei erhalten und zugewiesen sind aber vier. Wer die Virtuosen-Konzerte Paganinis mag, sollte sich durchaus mal mit dem Mann beschäftigen.



    Gruß
    B.

  • Werte Taminos,


    auf einer Reise durch Polen habe ich mich mit Aufnahmen polnischer Musik eingedeckt: Szymanowski, Lutoslawski, Bacewicz, und natürlich Chopin. Derzeit höre ich mich Schritt für Schritt durch. Mit einigem tue ich mich schwer (Szymanowskis 1. Violinkonzert), anderes regt zum erneuten Nachhören an.


    Ich werde mal den einen oder anderen Höreindruck hier teilen.


    Was sind eure Lieblingswerke polnischer klassischer Musik? Gibt es Aufnahmen, die ihr empfehlen könnt?


    Freundliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Was sind eure Lieblingswerke polnischer klassischer Musik? Gibt es Aufnahmen, die ihr empfehlen könnt?


    Ich stelle gerade fest, daß Chopin - mit einer Ausnahme - tatsächlich der einzige Komponist ist, von dem sich etwas in meinem Plattenschrank findet. Aber für eine Empfehlung reicht es doch: es handelt sich nicht gerade um einen Geheimtip, aber die Gesamteinspielung seiner Nocturnes von meinem erklärten Lieblingspianisten Maurizio Pollini halte ich für absolut herausragend:



    Mein einziger Maßstab ist der gern zum Vergleich herangezogene große Klassiker Rubinstein - und den schlägt Pollini für meine Begriffe um Längen. Wenn das auch deutlich eine Frage des Geschmacks ist und nicht der Qualität - Ihr Stil ist für meine Begriffe einfach ein vollkommen unterschiedlicher. Aber dazu wollte ich bei Gelegenheit womöglich noch ein paar Worte an anderer Stelle verlieren.


    Besagte Ausnahme ist übrigens eine CD mit der 3. Sinfonie Henryk Góreckis - aber die habe ich noch nicht lang genug, als daß sie es schon in meine Anlage geschafft hätte. Sollte ich aber angemessen begeistert sein, werde ich gern hier berichten. :)

  • Nun - es gibt DOCH einige polnische Komponisten, die noch einigermaßen bekannt sind, Wie beispielsweise Ignacy Jan Paderewski (1860-1941) welcher ein gefeierter Pianist war, desgleichen ein Komponist und letztlich ein Politiker, der es bis zum Außenminister und Ministerpräsidenten brachte....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Sieht man sich die polnische höhere Kunstmusik an, dann bleibt doch eines festzustellen: Der Schwerpunkt an bedeutenden, weltweit gehörten polnischen Komponisten liegt im 20. Jahrhundert. Da sind zu verzeichnen Namen wie: Karlowicz, Szymanowski, Lutoslawski, Penderecki, Panufnik, Gorecki. Ignaz Paderewski würde ich nur bedingt in diese Reihe zählen: zum einen war er nicht in erster Linie Komponist und zum anderen ist sein Kompositionsstil sehr der Romantik des 19. Jahrhunderts verhaftet, aber auch seine wichtigsten Werke sind Werke des (frühen) 20. Jahrhunderts.
    Im 19. Jahrhundert steht natürlich Chopin als einsamer Leuchtturm an der Spitze. Schon ein Moniuszko (mit seiner auch in Deutschland leidlich bekannten Oper „Halka“) oder ein Noskowski stehen da doch weit abgeschlagen. Und überhaupt – inwieweit ist Chopin überhaupt polnisch? Gebürtiger Pole, ja natürlich. Aber man identifiziert ihn doch viel eher mit Pariser Salons, mit dem Westen Europas, mit der dort beheimateten Exil-polnischen ‚Community’. In der Wahrnehmung des internationalen Klassik-Publikums wird doch sicher Chopin nicht als so polnisch wahrgenommen wie Tschaikowsky selbstverständlich mit Russland, Brahms mit dem deutsch-österreichischen Musikraum oder Debussy mit Frankreich assoziiert wird (Oder ist das nur mein persönliches Empfinden???) Chopin ist eher ein musikalisches Welt-Phänomen mit polnischen Wurzeln.
    Dass Polen im 19. Jahrhundert in der Hervorbringung von genialen Kompositionstalenten so ‚schwächelte’, hat vielleicht mit der Geschichte, mit der Nicht-Existenz eines polnischen Staates seit der letzten polnischen Teilung von 1796 (das nur wenige Jahre existierende Großherzogtum Warschau von Napoleons Gnaden zählen wir jetzt mal nicht mit) zu tun. Überall in Europa bildeten sich im 19. Jahrhundert nationale musikalische Schulen, die auch rasch Talente und Genies hervorbrachten, die weit über die nationalen Grenzen hinaus Anerkennung fanden, nur in Polen ist keine ernsthaft vergleichbare Entwicklung zu verzeichnen. Sogar die Tschechen, die bis 1918 auch keinen eigenen Staat besaßen, brachten mit Smetana, Dvorak, Fibich, Suk, Janacek und schließlich noch Martinu eine glänzende Reihe von Komponisten hervor, die alle ihr Komponistenleben oder mindestens noch ihre ‚Lehrjahre’ in einem österreichisch beherrschten Böhmen verbrachten (Janacek, Martinu). Wobei Janacek schon in vorgerücktem Alter war, als die Tschechoslowakei entstand.
    Vielleicht liegt es daran, dass die Polen auf drei Großreiche (Russland, die Habsburgermonarchie und Preußen/Deutschland) aufgeteilt waren. Die Tschechen dagegen lebten gemeinsam als Ganzes unter österreichischer Herrschaft und konnten so vielleicht ihre kulturelle Mitte bewahren. Den Polen mag sie möglicherweise ein wenig abhanden gekommen sein. Die Aufteilung auch des Volkes auf verschiedene Staaten ließ keine (hoch-) kulturellen Fixpunkte entstehen, wie es zum Beispiel Prag zweifelsohne für die Tschechen immer war. Sie zwang den Polen vielleicht eine veränderte Blickrichtung nach Wien, St. Petersburg oder Berlin auf.
    Vielleicht stimmt etwas davon, vielleicht auch nicht … ich spekuliere so vor mich hin.


    Jedenfalls möchte ich auf folgende neue Lutoslawski-Reihe des Labels CHANDOS hinweisen, die unter Edward Gardners Leitung seit Kurzem vorliegt. Das ist grandios gelungen und ist dazu geeignet gewesen, mir Lutoslawski ernstlich näher zu bringen, obwohl ich auch andere aufnahmen seiner werke bereits länger besitze und gelegentlich hörte. Gardner hat mir so etwas wie den Schlüssel geliefert.



    Grüße,
    Garaguly

  • Im 19. Jahrhundert steht natürlich Chopin als einsamer Leuchtturm an der Spitze.
    Dass Polen im 19. Jahrhundert in der Hervorbringung von genialen Kompositionstalenten so ‚schwächelte’, hat vielleicht mit der Geschichte, mit der Nicht-Existenz eines polnischen Staates seit der letzten polnischen Teilung von 1796 (das nur wenige Jahre existierende Großherzogtum Warschau von Napoleons Gnaden zählen wir jetzt mal nicht mit) zu tun. Überall in Europa bildeten sich im 19. Jahrhundert nationale musikalische Schulen, die auch rasch Talente und Genies hervorbrachten, die weit über die nationalen Grenzen hinaus Anerkennung fanden, nur in Polen ist keine ernsthaft vergleichbare Entwicklung zu verzeichnen.
    Vielleicht liegt es daran, dass die Polen auf drei Großreiche (Russland, die Habsburgermonarchie und Preußen/Deutschland) aufgeteilt waren. Petersburg oder Berlin auf.


    So etwa sehe ich es auch. Dennoch deshalb gibt es polnische Komponisten und ihre Werke, die zu Unrecht in der Versenkung gelandet sind.
    Ich habe zufällig bei Dussmann die Klavierkonzerte von Zygmunt Stojowski (1870-1946) entdeckt:


    Das ist kein Schreibfehler, Stojowski und nicht Stokowski! Die Klavierkonzerte sind hochromantische Musik. Wer Tschaikowsky und Rachmaninow, vielleicht auch Reger mag, wird an ihnen Gefallen finden. Dass Booklet dazu ist sehr aussagekräftig. Als junger Mann galt Stojowski als einer der ersten polnischen Sinfoniker von großem europäischem Kaliber. Der Niedergang von Stojowskis Popularität war auf sein hartnäckiges Festhalten an der Romantik zurückzuführen.
    Üppige Themen, Virtuosität, Dramatik und Originalität kennzeichnen beide Konzerte. Die Uraufführung des 1. Konzertes fand im Jahre 1891 in Paris unter Benjamin Godard, des 2. Konzertes am 23. Juni 1913 mit dem London Symphony Orchestra unter Arthur Nikisch ebenfalls mit dem Komponisten am Klavier statt. Interessant im 2. Konzert ist der letzte Satz, in dem das wunderschöne Thema in zehn Variationen verarbeitet wird.

    Ein weiterer polnischer Komponist, den keiner kennt, ist Zygmunt Noskowski (1846-1909) . Auch er ist unterschätzt, wenn man die Musik aus dieser CD hört:


    Noskowskis Musik verschmilzt wie Antonin Dvorak, nur elegischer und vornehmer als dieser. Er studierte in Berlin und wirkte dann in Konstanz, ab 1880 wurde er zu einer dominierenden Gestalt im Warschauer Musikleben. Er prägte eine ganze Generation polnischer Komponisten, wenn er auch später von seinem Schüler Szymanowski verleugnet wurde.


    Sicher gibt es an polnischer Musik noch mehr zu entdecken, Chopin ist sicher ein Leuchtturm, aber er hat sich hauptsächlich nur auf das Klavier beschränkt. Orchestral ist ihm nichts eingefallen.


    Mit besten Grüßen aus Berlin


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Nun es gibt auch polnische Komponisten - und Komponistinnen ausserhalb des 20. Jahrhunderts
    und einige sind sogar - selten aber doch - auf Tonträger vertreten.
    Sie sind vermutlich in der Tat zu unbekannt um ihnen jeweils einen eigenen Thread zu widmen, indes
    scgadtet es nicht, wenn sie hier erwähnt werden.


    Ignacy Feliks Dobrzynski (1807–1867)


    Franciszek Lessel


    Karol Lipiński


    Maria Szymanowska-Wolowska (1789–1831)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Von Feliks Dobrzynski erschien vor wenigen Tagen diese CHANDOS-Doppel-CD (habe sie schon geordert), auf der junge polnische Dirigent Lukasz Borowicz, der mir in letzter Zeit sehr positiv aufgefallen ist, und der auch für diverse Labels Aufnahmen tätigt. Auch die oben von timmiju gezeigte Noskowski-CD wird von ihm geleitet. Borowicz hat sich aber für das Label ORFEO auch schon als sehr schön gestaltender Sänger-Begleiter auf diversen Recital-Alben hervorgetan (ich meine z.B. die Piotr-Beczala-CD's) ... lauter hervorragende polnische Interpreten übrigens, die hier gerade ins Spiel kamen. Die muss man im Auge (und im Ohr natürlich :D ) behalten.

    Grüße,
    Garaguly

  • Wer polnische Komponisten verschiedenster Zeitalter und Stilrichtungen sucht wird beim Label "Acte Préalable" fündig



    Dies nur als Vorinformation innerhalb dieses Threads - Eine ausführliche Labelvorstellung folgt in den nächsten Tagen im entsprechenden Forenbereich.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Durch meine "Leistung" beim Weihnachtsrätsel kam ich in den Genuß einiger Werk von Julius Zarebski.
    Dafür bin ich Alfred sehr dankbar :). Ich hätte ansonsten wahrscheinlich noch eine ganze gebraucht, um mich mit ihm zu beschäftigen.


    Zarębski studierte 1870 bis 1872 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bei Josef Dachs (Klavier) und Franz Krenn (Komposition). 1874 wurde er Schüler von Franz Liszt zunächst in Rom, und folgte ihm dann nach Weimar. Er war einer Schüler, die mit Liszt zusammen vierhändig spielen durften. 1879 heiratete er die deutsche Pianistin Johanna Wenzel (Janina Zarębska), die ebenfalls eine Schülerin von Liszt war. Mit ihr trat er auch zusammen auf. 1880 erhielt Zarebski eine Professur am Konservatorium Brüssel. Er verstarb allerdings bereits recht jung im Jahre 1885 (an Tuberkulose). Sein Œuvre ist nicht sehr groß, war er doch vor seinem frühen Tod überwiegend als Virtuose tätig. Insbesondere für das Klavier schuf er jedoch eine Reihe interessanter Werke. Sein bekanntestes ist wohl die Franz Liszt gewidmete Grande Polonaise. Darin wird der Einfluß Liszts sehr deutlich. In anderen Werken verarbeitete er polnische Folklore.



    Grande Polonaise / Les Roses Et Les Epines / Etrennes (Excerpts) / Berceuse / Tarantelle


    Ich habe die CD erst zweimal gehört, aber sie hat bereits jetzt einen festen Platz in meinem häufiger gehörten (und noch zu hörenden) Repertoire erhalten.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Mit einigem tue ich mich schwer (Szymanowskis 1. Violinkonzert)

    Was sind eure Lieblingswerke polnischer klassischer Musik? Gibt es Aufnahmen, die ihr empfehlen könnt?

    Dann empfehle ich dir das Violinkonzert von Karlowicz, zum Beispiel in dieser Aufnahme:



    oder diese Aufnahme mit einer jungen Solistin, die ich mit diesem Werk live erlebt habe:




    oder auch hier bei Youtube anzuhören:


    1. Satz:



    2. Satz:



    3. Satz:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hier wurden einige Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts genannt. Leider hat sich einst - völlig unbemerkt - ein Parallthread eintwickelt:

    Ich werde versuchen die Beiträge - soweit möglich in die Entsprechenden Threads zu verschieben - was natürlich nie ganz nahtlos funktioniert.

    Um die Nähte weniger sichtbar zu machen, werde ein einem oder anderen Posting sätze streichen oder umstellen müssen. Ich bitte um Verständnis

    Mod 001 Alfred


    PS: Dieser Moderationsbeitrag wird innerhalb der nächsten Tage gelöscht...

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Stanislaw MONIUSZKO: Streichquartett Nr 1:


    Hier geht es weiter mit Stanislaw Moniuszko (1819-1872), der von sich sagte, wer ihn - nach Chopins Tod - als Ersatz sehe, der sei selber schuld. Er wurde auch vorzugsweise durch seine Opern und Lieder mit nationaler Betonung berühmt und wird sogar als Schöpfer der polnischen Nationaloper verehrt. Hier ist er weitgehend unbekannt, bei seinem Begräbnis, das 8 Stunden dauerte waren indes - so ist es überliefert und im Booklet beschrieben - 100.000 Besucher anwesend. Die beiden hier vorgestellten Streichquartette - ich habe soben die Nr 1 gehört - sind Jugendwerke und stammen aus den Jahren 1839 und etwa 1840 (?)

    Die Nr 1 (das andere habe ich noch nicht gehört, beginnt eher belanglos, wechselt aber schon nach kurzem ins Liebliche. Das Werk erschein mir sehr ausgewogen ohne allzu dramatische Sprünge und Klüfte - gediegen wäre vielleicht ein passender Ausdruck - aber der ist heute ja eigentlich negativ belegt. Man erwartet "Originalität" auch wenn sie hässlich ist - und die hat dieses Quartet aus meiner Sicht nicht zu bieten - und ich vermisse sie auch nicht... Den 2. Satz liebe ich und würde ihn als "Meoisterwerk" bezeichnen

    Die beiden Quartette blieben die einzigen in Moniuszkos Schaffen, daher wurde die CD durch das Klavierquartett von Juliusz Zarebsky (1854-1885) aufgefüllt . Das wird von mir oder jemandem anderen zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt.


    Ich versuche - alternativ zu den Interpreten der CD (hier das Plawner Quintett) - wenn ich einen Clip verlinke, stete seine Alternativbresetzung zu bieten - im konkreten fall das Camerato Quartett.

    Daraus mag es sich ergeben, daß der Gesamteindruck anders als der von mir geschilderte ist.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hierher gehört wohl auch Joseph Elsner, den Wikipedia so treffend "deutschen Komponisten polnischer Musik" nennt. Zumindest schrieb er Kantaten, Oratorien, Opern und andere Bühnenwerke - mit polnischsprachigen Texten. Außerdem nahm er im Musikleben seiner Zeit eine herausragende Stellung ein, erst in Lemberg, später in Warschau. In Chopin-Biografien taucht er als dessen Lehrer auf.

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  • Wird mich in den nächsten Tagen erreichen, bin schon sehr gespannt:

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Im 19. Jahrhundert steht natürlich Chopin als einsamer Leuchtturm an der Spitze. Schon ein Moniuszko (mit seiner auch in Deutschland leidlich bekannten Oper „Halka“) oder ein Noskowski stehen da doch weit abgeschlagen. Und überhaupt – inwieweit ist Chopin überhaupt polnisch? Gebürtiger Pole, ja natürlich. Aber man identifiziert ihn doch viel eher mit Pariser Salons, mit dem Westen Europas, mit der dort beheimateten Exil-polnischen ‚Community’. In der Wahrnehmung des internationalen Klassik-Publikums wird doch sicher Chopin nicht als so polnisch wahrgenommen wie Tschaikowsky selbstverständlich mit Russland, Brahms mit dem deutsch-österreichischen Musikraum oder Debussy mit Frankreich assoziiert wird (Oder ist das nur mein persönliches Empfinden???) Chopin ist eher ein musikalisches Welt-Phänomen mit polnischen Wurzeln.

    Du sprichst mir aus der Seele. Ich muss gestehen, dass ich lange gar nicht wusste, dass Chopin kein "echter" französischer Komponist ist. Er selbst scheint natürlich auch von Paris aus Anteil genommen zu haben an der bedrohlichen Entwicklung in seiner Heimat, gerade seit dem Aufstand von 1830/31 und der danach immer radikaler werdenden Russifizierung. Der Chopin-Kult im heutigen Polen treibt freilich sonderbare Blüten, denkt man an den verzweifelten Versuch des Regimes, die nun offenbar mehr oder weniger bewiesene Homosexualität des Nationalkomponisten wenn nicht zu leugnen, so doch zumindest zu relativieren.


    Vielleicht liegt es daran, dass die Polen auf drei Großreiche (Russland, die Habsburgermonarchie und Preußen/Deutschland) aufgeteilt waren. Die Tschechen dagegen lebten gemeinsam als Ganzes unter österreichischer Herrschaft und konnten so vielleicht ihre kulturelle Mitte bewahren. Den Polen mag sie möglicherweise ein wenig abhanden gekommen sein. Die Aufteilung auch des Volkes auf verschiedene Staaten ließ keine (hoch-) kulturellen Fixpunkte entstehen, wie es zum Beispiel Prag zweifelsohne für die Tschechen immer war. Sie zwang den Polen vielleicht eine veränderte Blickrichtung nach Wien, St. Petersburg oder Berlin auf.

    Diese Deutung erscheint mir sehr zutreffend und nachvollziehbar. Das polnische Trauma der Dreiteilung wirkt bis heute nach und erklärt wohl auch die sehr starke Hinwendung zur Religion als Ausflucht, die in Polen bekanntlich bis heute viel stärker präsent ist als in Tschechien, der Slowakei oder Ungarn. Daran konnte auch die kommunistische Ära nichts ändern.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • erklärt wohl auch die sehr starke Hinwendung zur Religion als Ausflucht, die in Polen bekanntlich bis heute viel stärker präsent ist als in Tschechien, der Slowakei oder Ungarn. Daran konnte auch die kommunistische Ära nichts ändern.

    Die katholische Kirche Polens war, so ist oft zu lesen, in der Zeit der Teilung Polens die wahre Trägerin und Bewahrerin der polnischen Nationalkultur und ihrer Traditionen. Und das wirkte auch massiv ins 20. Jahrhundert weiter. Meines Wissens ließen die Deutschen tausende polnische Priester während der Besatzungszeit ab 1939 erschießen. Im ebenfalls katholischen, und ab 1940 ebenfalls besetzten Frankreich ist von regelmäßigen Hinrichtungen katholischer Priester in größerer Zahl zumindest mir nichts bekannt. Der katholische Klerus Polens war einer der Kerne der polnischen Nationalidentität - und wer Polen dauerhaft vernichten wollte, der musste diese Identitätsträger vernichten. Das war den Nationalsozialisten wohl klar. - Während es ja nicht zu Hitlers Plan gehörte, das französische Volk zu vernichten. Frankreich sollte nur als Großmacht ausgeschaltet werden, ihm war eine subalterne Zukunft in einem vom Dritten Reich dominierten Europa zugedacht. Für Polen allerdings sollte es gar keine Zukunft geben.


    Und auch die nächste totalitäre Ideologie, der Kommunismus, biss sich in Polen die Zähne an der katholischen Kirche aus. Die Wahl von Karol Woijtila zum Papst 1978 darf in ihrer Fernwirkung für den Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa nicht unterschätzt werden. Als der Papst 1979 seine Heimat besuchte pilgerten Millionen zu seinen unter freiem Himmel abgehaltenen Messen. Das Beben, das von dieser Abstimmung mit den Füßen ausging, wurde sogar im Moskauer Politbüro registriert und heftig verflucht. Und kurz darauf gründet sich die Solidarnosc-Gewerkschaft und Lech Walesa unterzeicnet eine Vereinbarung mit dem Warschauer Regime mit einem überdimensionalen Papst-Kugelschreiber:pfeif:


    Grüße

    Garaguly


  • Die cpo-Reihe mit der symphonischen Musik Panufniks hat mir dessen Musik überhaupt erst nahegebracht. Für mich klingen diese Einspielungen mustergültig. Da hat man Panufnik einen echten Dienst erwiesen!



    Grüße

    Garaguly