Rigoletto oder Verdis Hinrichtung, München, 15.12.12

  • Im Jahr 2005, ging eine Rigoletto Inszenierung von Doris Dörrie als legendärer Flop in die Geschichte der Staatsoper in München ein. Die Regisseurin hatte die Geschichte auf den Planeten der Affen verlegt. Die Sänger sprangen kurz vor und nach der Premiere reihenweise ab, das Publikum buhte wie verrückt und die Produktion hielt sich lediglich zwei weitere Spielzeiten.
    Nun siebeneinhalb Jahre später, hatte die Intendanz wieder eine Rigoletto Premiere angesetzt und zwar in der Regie von Arpad Schilling und der Ausstattung von Marton Agh.
    Schlimmer als 2005 konnte es eigentlich nicht mehr werden. Wer das glaubte, wurde heute Abend eines Besseren belehrt. Denn was heute Abend in der Münchner Staatsoper über die Bühne ging war so entsetzlich und grottenschlecht, dass man sich fast nach Dörries Affen zurücksehnte.
    Nach einem von Marco Armiliato uninspiriert dirigierten Preludio (dankenswerterweise bei geschlossenem Vorhang) sah man eine Holztribüne. Auf ihr saßen der Chor und die Statisterie sowie Rigoletto, der Herzog und einige der Höflinge. Regungslos wurde ohne irgendeine Emotion zu zeigen ins Publikum gesungen. Aus der Versenkung trompetete Bühnenmusik Musik ins Publikum. Zu seiner ersten Arie stieg der Herzog auf den Souffleurkasten und sang Bewegungslos von dort, während hinter ihm ein paar Mädels in Alltagsklamotten vorbeimarschierten. Der Duca, Rigoletto und alle anderen trugen entweder weiße Anzüge oder Mönchskutten.
    Zu Monterones Fluch, fuhr die Tribüne auseinander, bevor dann der Vorhang fiel und Rigoletto die folgende Szene bei eingeschaltetem Licht im Zuschauerraum begann. Als der Vorhang wieder aufging hatten die Tribünen sich auf beiden Seiten der Bühne platziert, während Rigoletto seine Begegnung mit Sparafucile in der Mitte zwischen den beiden Tribünen hatte, auf denen immer noch die im Einheitslook kostümierte Stastisterie saß und voyeuristisch glotzte. Sparafucile saß in einem Rollstuhl mit Riesenrädern, in den Rigoletto dann auch noch einsteigen durfte.
    Gilda trug Strickpulli und Jeans, der Duca Trainingshose. Vor einem weißen Vorhang, standen die Sänger stocksteif an der Rampe oder wurden auf dem Souffleurkasten postiert, bevor zum Aktende die auf der Tribüne schlafende Gilda entführt wurde. Im zweiten Akt war wieder der weiße Vorhang da, dahinter ein Reiterstandbild aus Holz. Dieses wurde zu Rigolettos Rachephantasien nach vorne geschoben und der Vorhang verhakte sich am Maul des Holzpferds.
    Wenigstens konnte man einmal lachen an diesem Abend. Der Duca hatte seinen Pulli davor noch gegen einen geblümten Bademantel ausgetauscht, der nach vollzogenem Beischlaf zu Gilda wechselte, und die vor ihrer Opferung ein ärmelloses Brautkleid anzog. Im Rollstuhl wurde Gilda die Kehle durchgeschnitten, Maddalena fing das schwarze Blut im Eimer auf. Das war der zweite Lacher des Abends. Davor hatten alle vier Sänger das Quartett abermals regungslos auf dem Souffleurkasten vor den Tribünen gesungengesungen. Gilda starb auf dem Souffleurkasten und ging dann nach hinten ab. Mehr will ich zu dieser Regietheaterparodie auch gar nicht sagen....ICH KANN NICHT MEHR UND MUSS MICH ERSTMAL BERUHIGEN, BEVOR ICH ÜBER DIE SÄNGER SCHREIBE…… ;( ;( ;( ;( ;(

  • Lieber Figarooo!


    Vor einiger Zeit wurde hier mal in einem anderen Thread von einem "Kunstprojekt" gesprochen, für das der "Künstler" einen "Kultur"preis von 5000 Euro erhalten hatte. Was waren die "Kunstobjekte"? Er hatte lediglich Obst in Konservengläsern verfaulen lassen und dies ausgestellt, um so den Verfall der Gesellschaft metaphorisch darzustellen. Die Frage, ob eine solche Aktion 5000 Euro wert sei, mag sich erübrigen, wenn man die Objekte als solche auch nur ansatzweise als "Kunst" ernstnehmen soll. Die Frage, ob unsere (Kultur)gesellschaft damit angemessen geschildert wurde, hast du heute mit deiner ausführlichen Beschreibung hinreichend beantwortet. Eine Gesellschaft, die so etwas unter "künstlerischer Freiheit" verbucht, dies gegen den Willen des Publikums mit dessen Steuergeldern finanziert und die sich von einer pervertierten Minderheit allen Ernstes weismachen lässst, dass VERDI's Rigoletto so "gelesen" werden darf, ist mit der Metapher des verfaulten Obstes absolut präzise beschrieben worden.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • vielen Dank für deinen Bericht lieber Figarooo,
    ich hatte das Gefühl das während der Aufführung das Publikum in einer Art "Schockstarre" war, bei dem wenigen Applaus, den es während der Vorstellung gegeben hat.

  • http://www.br.de/nachrichten/o…enchen-rigoletto-100.html


    Die armen Menschen in München. Mein tiefes Mitgefühl, lieber Figarooo! Ich frage mich nur, warum gehst Du da eigentlich hin? Und gibst dafür noch Geld aus? Nur, wenn die Plätze leer bleiben, wird sich (vielleicht) etwas ändern, sonst nie. :no: Ich selbst hätte es noch vor ein paar Jahren nie für möglich gehalten, dass derlei billiger Klamauk in der Hauptstadt meines geliebten Bayern solche Urständ würde feiern können. Wenns wenigstens noch witzig oder intelligent wäre? Aber das ist es ja auch nicht. Diese ewige Arme-Leute-Optik (Herzog in Strickjacke über einem Unterhemd!) geht mir nur noch auf die Nerven. Auch, weil sie im Kern menschenverachtend ist. Sparafucile im Rollstuhl, die Arie auf dem Souffleurkasten... Das ist nicht einmal neu. Das war alles schon mal da. Auch dieser Regisseur bediente sich lediglich aus der altbekannten Mottenkiste.


    Es grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mehr will ich zu dieser Regietheaterparodie auch gar nicht sagen....ICH KANN NICHT MEHR

    Die armen Menschen in München. Mein tiefes Mitgefühl, lieber Figarooo!

    Lieber Figarooo, lieber Rheingold


    Ich danke Euch für Eure Berichte, insbesondere auch für das kurze Video. Dankbar bin ich Euch wirklich, vor allem deshalb, weil die hochqualitativen "Rigoletto´s", die ich glücklicherweise erleben durfte, dadurch nochmal eine Veredelung in der Erinnerung erhalten.
    Und Mitgefühl bedingt ja, aber auch Unverständnis und Verachtung für alle Beteiligten, die so etwas mitmachen. Allen voran dieser Calleja, der mich zwar stimmlich garantiert nicht vom Sitz reißt. Aber der hat es doch bestimmt nicht nötig, sich solch einen sinnlosen Quatsch anzutun. Wie tief muß man da in seinen eigenen persönlichen künstlerischen Ansprüchen gesunken sein.
    Recht hat unser geschätztes Forums- Mitglied Gerhard, der wohl die Bezeichnung "Verunstaltungstheater" prägte. Und das ist für solch einen bekloppten Schrott noch sehr höflich ausgedrückt. Eigentlich fehlen einem die Worte, man ist fassungslos!!! Da kann man sich doch nur noch fremdschämen.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Chrissy,


    ich wäre fast von der Couch gefallen als ich das Kurzinterview mit Herrn Calleja gehört habe. Die Moderatorin fragte natürlich ob er alles mitmacht, was ein Regisseur von ihm verlangt. Darauf antwortete er, das sei ihm egal, es ginge ihm hauptsächlich darum beim Singen das beste zu geben und er würde auch auf der Bühne etwas machen, was gegen seine Überzeugung ging. Sein Beruf sei es schließlich zu singen und nicht sich mit dem Regisseur anzulegen. :( Das Einzige was er nicht machen würde wäre die Alfredo Arie in La Traviata rückwärts singen, weil er das nicht kann, alles andere wäre ihm egal.

  • Das Einzige was er nicht machen würde wäre die Alfredo Arie in La Traviata rückwärts singen, weil er das nicht kann alles andere wäre ihm egal.

    Lieber Rodolfo


    Na das sagt doch viel aus über seine Aufassung und Definition von "Berufsehre und Künstler"! Für ihn wohl Fremdworte.



    es ginge ihm hauptsächlich darum beim Singen das beste zu geben

    Na ja, es ist alles eine persönliche Empfindungs- und Geschmackssache. Und das "beste" geben? Für mich kann ich jedenfalls sagen, wegen dem wäre ich seinerzeit garantiert nicht 70 Mal in die Berliner Staatsoper gefahren!



    Gibt es nach der Premiere ernsthaft noch Leute, die für diese Aufführung Geld ausgeben??? ?(

    Wer dort drin war, müßte eigentlich noch Geld rauskriegen, nämlich "Schmerzensgeld"!


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Unfassbar. Mir fehlen die Worte. Man müsste wirklich darüber nachdenken, ob man den überstrapazierten Begriff der "Kunstfreiheit" aufweichen sollte, damit uns so ein Blödsinn künftig erspart bleibt. Denn wer das Kunst nennt, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.


    Über Schilling (von heute an "gleichberechtigt" neben Bieito) und Agh sollte man unter diesen Umständen eigentlich ein bundesweites Auftrittsverbot an allen Opernhäusern verhängen. Und dieser offensichtlich völlig inkompetente Intendant Bachler gehört sich im hohen Bogen rausgeschmissen. Wer ist für solche eklatanten Personalfehlbesetzungen eigentlich verantwortlich? Fakt ist doch — und da wird jeder Münchner, der noch halbwegs bei Verstand ist, zustimmen —, dass nach Sawallischs Abgang vor fast zwanzig Jahren nichts Gescheites mehr nachkam, im Gegenteil: vielmehr wird es immer schlimmer.


    Ein geplanter Besuch der Bayerischen Staatsoper ist mit diesem Tag jedenfalls in weite Ferne gerückt. Ich müsste mich vor meiner Begleitung ja regelrecht blamieren, wenn ich sie in so ein Affenhaus lotse! :no:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wie versprochen noch ein paar Worte zu den Sängern: Joseph Calleja singt wirklich herrlich: weiches Timbre, strahlenden Höhen etc etc. ein Duca ist er aber nicht, dafür bleibt er all das draufgängerische, und die Abenteuerlust dieser Figur schuldig. Patricia Petibon war als Gilda völlig fehlbesetzt, Caro Nome war eine Schande, sie steigerte sich aber nach der Pause. Franco Vassallo ebenfalls zwiespältig, schöne Stimme, aber störendes Vibrato und enge Höhen. Außerdem viel zu kühl, aber das lag wohl an der Regie....Sehr schön mit üppigem Mezzo Nadia Krasteva als Maddalena und Giovanna, leider war sie durch ihr Kostüm völlig bloßgestellt, während Dimitri Ivaschenko als Monterone und Sparafucile all das Tiefe und dämonische schuldig blieb, dass diese Partien ausmacht. Marco Armiliato dirigierte zwar ohne größere Patzer, aber weitgehend unbeteiligt und emotionslos und ohne Spannung.... Schade!

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  • Liebe Taminos,


    ich hätte nicht gedacht, dass es zu "Verunstaltungstheater" noch eine Steigerung gäbe. Aber hier scheint es richtiger, "Schrottplatztheater" zu sagen. Herrn Bachler hätte ich ja, nachdem ich das hier schon geschilderte Interview mit ihm gehört hatte (in dem er sinngemäß sagte, der Zuschauer habe gefälligst das hinzunehmen, was man ihm biete, besser gesagt "vor die Füße werfe"), schon nichts Gutes zugetraut, denn unter seiner Intendanz würde es mich keineswegs in die Bayrische Staatsoper ziehen. Aber soviel Schrott auf einem Haufen lässt sich wohl kaum noch steigern, oder in München vielleicht doch? Vielleicht sollte man einmal die Müllabfuhr in die Bayrische Staatsoper (und noch einige andere Häuser, wie z.B. die Berliner Komische Oper) bestellen, die auch gleich die Intendanten. die Verunstalterregisseure und alle, die diesen Unsinn mitmachen, mit entsorgen. Mal sehen, welche Lobeshymne unser Bilsing im "OPERNFEIND" veröffentlichen wird. Hat den jemand von euch? Ich kaufe ihn mir jedenfalls nicht mehr.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ja, so wird die Oper endgültig in den Tod hinein inszeniert. Vielleicht muss diese "Götterdämmerung" sein, damit neues Leben aus den Ruinen blühen kann.


    Es geht auch anders. Meine Frau und ich erlebten in Budapest mit "Rigoletto" und "La Traviata" zwei höchst achtbare diskussionsfähige Aufführungen in gelungenen, konventionellen Inszenierungen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vielleicht sollte man einmal die Müllabfuhr in die Bayrische Staatsoper (und noch einige andere Häuser, wie z.B. die Berliner Komische Oper) bestellen, die auch gleich die Intendanten. die Verunstalterregisseure und alle, die diesen Unsinn mitmachen, mit entsorgen


    Das wird schwierig, lieber Gerhard, denn unter dem umwelttechnischen Gesichtspunkt ist eine solche Entsorgung recht teuer, da es sich um Sondermüll handelt. ;)

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Zitat

    Die französische Starsopranistin Patricia Petibon hat an der Bayerischen Staatsoper ein frenetisch bejubeltes Rollendebut als Gilda in Giuseppe Verdis «Rigoletto» gefeiert. Viel Applaus spendete das Premierenpublikum am Samstagabend im ausverkauften Münchner Nationaltheater auch dem weltweit erfolgreichen maltesischen Tenor Joseph Calleja als Herzog von Mantua und dem italienischen Bariton Franco Vasallo in der Titelrolle des Hofnarren Rigoletto. Es war der Auftakt zu einer Serie von Neuinszenierungen dreier Verdi-Opern zum 200. Geburtstag des italienischen Komponisten im kommenden Jahr.

    (Quelle: München/dpa/lby)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • All jene, die den Schwachsinn zumindest akustisch nachverfolgen wollen, werden hier bedient.


    Vielleicht wurden ja die Buhs am Ende nicht geschnitten? Ich habe wenig Lust, es zu überprüfen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vielleicht wurden ja die Buhs am Ende nicht geschnitten? Ich habe wenig Lust, es zu überprüfen.


    Frag mal unseren Figaro nach den Buhs. :D:D:D Ich sehe dieses Herausschneiden, das wohl neuerdings Schule macht (siehe Arte) allerdings als gutes Zeichen. Es zeugt von Angst, von Unsicherheit. Man muss die Wahrheit vorenthalten, damit man sich rechtfertigen und auf seiner Position festigen kann.
    Gottseidank ist eine solche Meinungsdiktatur im Internetzeitalter von vornherein zum Scheitern verurteilt. :jubel:

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Es ist schön, daß wir uns hier immer so toll aufregen. Aber was erreichen wir damit? Wer liest das von denen, die unser Geld so verschleudern? Was können wir tun? Ob es etwas hilft, wenn wir uns bei denjenigen beschweren, die die Steuermittel freigeben? Ich glaube nicht, denn ich habe das schon mehrfach gemacht und sogar manchmal Antwort erhalten. Inhalt fast immer: der Staat kann sich nicht in die künstlerische Freiheit einmischen. Wir geben das Geld, das Theater inszeniert.


    Es ist zum Verzweifeln. Beim Intendanten des Geraer Theaters habe ich mich nach einer Carmen (wir mußten in der Pause gehen ob der künstlerischen Qualität) beschwert, zum widerholten Male. Antwort - ich solle mir alte DVD zulegen, wenn die meinem Geschmack besser entsprächen. Diese Leute müssen von ihrem hohen Roß runter, und die wachen doch noch nicht einmal auf, wenn die Zuschauer weniger werden. Vor Kurzem war bei uns Premiere von Werther, es waren keine 400 Zuschauer in der Premiere, und die nächsten Vorstellungen werden keine 300 mehr sehen. Die Presse schreibt von einem Erfolg. Ist es ein Erfolg, wenn in noch vor 10 Jahren ständig ausverkaufte Premieren jetzt nur noch die Hälfte Zuschauer reingeht? In der Presse schreiben sie seit Jahren von steigenden Zuschauerzahlen - da kann ich nur lachen!! Denen ist das alles egal, wenn sie ihre Zuschauer vergraulen. In Gera trifft das sogar schon die Konzerte, die nur noch selten zu 3/4 gefüllt sind. Unter solchen Bedingungen wäre ich sogar für die Schließung von Theatern und Einrichtung von Tourneebühnen. Es wäre kein Verlust für mich, ich bin am Aufgeben!!!


    Selbst Mitschneiden von Fernsehsendungen bringt ja kaum noch etwas, siehe der letzte Lohengrin u.a.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Es wäre kein Verlust für mich, ich bin am Aufgeben!!!

    Warum so desparat, La Roche? Du beschreibst doch gerade sehr schön die Entwicklung, deren Ende sich jeder ausrechnen kann:



    Zitat

    Die Presse schreibt von einem Erfolg. Ist es ein Erfolg, wenn in noch vor 10 Jahren ständig ausverkaufte Premieren jetzt nur noch die Hälfte Zuschauer reingeht? In der Presse schreiben sie seit Jahren von steigenden Zuschauerzahlen - da kann ich nur lachen!! Denen ist das alles egal, wenn sie ihre Zuschauer vergraulen.

    Das ist denen aber nicht mehr lange egal! Die Affaire Hintze, die hier vor einiger Zeit für Aufregung sorgte, sollte uns doch zu denken geben.



    Zitat

    Ob es etwas hilft, wenn wir uns bei denjenigen beschweren, die die Steuermittel freigeben? Ich glaube nicht, denn ich habe das schon mehrfach gemacht und sogar manchmal Antwort erhalten. Inhalt fast immer: der Staat kann sich nicht in die künstlerische Freiheit einmischen. Wir geben das Geld, das Theater inszeniert.

    Das war mal. Über kurz oder lang wird diese verhängnisvolle Situation ein Ende finden. Allerdings kann man nicht erwarten, dass das von heute auf morgen passiert. Die Kulturmafia, die sich über 30 oder 40 Jahre fest ins Kulturleben eingegraben hat, wird nicht kampflos aufgeben, was ja auch zu erwarten war. Wenn dabei aber irgend etwas langfristig eine Änderung herbeiführen kann, dann ist es das Internet, und nur das! Das RT wäre nicht die erste Diktatur, die so entwurzelt wurde.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Wenn ein Sänger sich wehrt, in den heutigen "Inszenierungen" aufzutreten, muß er sich nach einem anderen Job umsehen.
    Die Einzigen, die solche Inszenierungen am Leben erhalten sind die Opernhausbesucher. Wenn die ausblieben, wäre der Spuk zu Ende. Ich habe allerdings das Gefühl, daß auch einige Forumsmitglieder die "Opernaufführungen" besuchen, um sich nachher über die Aufführung zu zu ärgern und im Forum über die Scheußlichkeiten zu berichten.
    (Ich habe seit vielen Jahren kein Opernhaus mehr von innen gesehen und lebe noch, und liebe die Oper immer noch.)


    Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert Henn,


    nicht allzu verbittert sein, es gibt auch noch schöne Momente in der Welt der Oper, wenn sie auch weniger werden, aber es gibt auch noch Opernaufführungen für die es sich lohnt die Luft des Theaters zu atmen.
    Den Rigoletto hier in München hab ich mir in Vorahnung(?) geschenkt!


    Adventsgrüße aus München
    Axel
    :hello:

    mucaxel

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  • Lieber Herbert, liebe Freunde,


    obwohl großer Opernliebhaber, meide ich auch schon seit Jahren weitgehend die Oper. Die letzte Aufführung im Theater habe ich vor etwa 2 Jahren gesehen. Sie wurde hier von einem osteuropäischen Ensemble (ich weiß nicht mehr, welches) gegeben und ich war von vornherein sicher, dass es eine prächtige Aufführung werde. In eine Premiere würde ich sowieso nicht gehen, weil man heutzutage in der Regel Verunstaltungen erlebt. Da warte ich lieber ab und lese Kritiken und schaue mir Bilder und Ausschnitte an, ehe ich mich noch ins Opernhaus wage. Was habe ich allein von schönen Stimmen, wenn das Auge von dem Schrott drumherum beleidigt wird? Zwar ist es ganz gut, wenn auch mal kritische Leute sich opfern, in die Oper gehen und ihren Eindruck hier schildern, was uns mehr Sicherheit gibt, aber auch aus den modischen Lobhudeleien (die Opernmafia scheint - noch, hoffentlich bald nicht mehr - eine starke Hand zu haben) kann man ja zwischen den Zeilen genug herauslesen.
    Es wird immer wieder von der Freiheit der Kunst geredet. Wenn ich in der Öffentlichkeit einen ......haufen hinlege, würde das sicherlich bestraft, oder darf ich das auch als "Freiheit der Kunst" betrachten? Und das, was im Opernhaus geschieht, ist ja auch eine öffentliche Veranstaltung, oder liege ich da falsch?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Gerade die Kritik in der Münchner Abendzeitung gelesen online.
    Der Kritiker fand es auch nicht so gut!
    Von Volker Boser "Große Stimmen an der Rampe".
    Es muß starke BUUH CHÖRE am Schluß der Vorstellung gegeben haben für den Regisseur (sofern man ihn so bezeichnen kann), denn in der Krtitik wird der "Regie" vorgeworfen, Rampentheater gemacht zu haben und man den Eindruck gehabt hätte einer konzertanten Aufführung beiwohnen zu müssen.


    Einzig eine Lobeshymme für den Herzog von Joseph Calleja
    :hello:

    mucaxel

  • Wenn ein Sänger sich wehrt, in den heutigen "Inszenierungen" aufzutreten, muß er sich nach einem anderen Job umsehen.

    Mein lieber Herbert


    Selbstverständlich kenne auch ich mich in der Szene intern nicht aus, gebe Dir aber nur bedingt recht. Natürlich haben die "normalen Sänger" leider keine Möglichkeit sich dem Schwachsinn in der Regel zu verweigern. Ich denke aber mal, die sogenannten "Stars", so sie sich denn international einen Namen und Ansehen erworben haben, könnten da schon mit ihrem Ablehnen ein Zeichen setzen. Wenn man dann allerdings solche Statements liest...
    Zitat Calleja: es sei ihm egal, es ginge ihm hauptsächlich darum, beim Singen das beste zu geben und er würde auch auf der Bühne etwas machen, was gegen seine Überzeugung ging... , dann merkt man schon, daß hier andere Interessen und Prioritäten vorrangig sind. Denke mal an die Generation Sängerpersönlichkeiten, die Du seinerzeit live erlebt und begleitet hast. Für mich auch ins Nachhinein unvorstellbar, daß sich eine Rothenberger, eine Moser, eine Köth, ein Wunderlich, ein Schock, ein Frick für solch einen Schwachsinn hergegeben hätten. Die hatten wohl alle eine andere Ehrfurcht und Demut von ihrem Beruf. Gerechtigkeitshalber muß man aber wohl auch sagen, daß diese Berufsehre auch auf die früheren Regisseure zutraf. Viele der heute wirkenden und auf die Menschheit losgelassenen verwechseln die Opernbühne mit der Irrenanstalt, der sie gerade mit Erfolg entsprungen sind.



    Ich habe allerdings das Gefühl, daß auch einige Forumsmitglieder die "Opernaufführungen" besuchen, um sich nachher über die Aufführung zu zu ärgern und im Forum über die Scheußlichkeiten zu berichten.

    Das stimmt, und ich fühle mich da auch ein ganz klein wenig berechtigt mit angesprochen. Aber als Opernliebhaber will man eben auch mal ab und zu live mit dabei sein, den guten Zwirn anziehen, die Theaterluft schnuppern, kurz, die Athmosphäre spüren. Dafür sind die Theaterbesuche jetzt deutlich weniger geworden. Wenn ich mir überlege, wie oft ich früher in der Oper war. Es kam vor, Mittwoch im Rigoletto und Sonnabend schon wieder in der Boheme. Und das immerhin von meinem Wohnort nach Berlin und nach der Vorstellung zurück. Allerdings für solch einen Rigoletto, wie er hier beschrieben wurde, würde ich mir nicht mal die Hausschuhe anziehen, geschweige denn mich überhaupt "in Schale" schmeißen. Und für einen Calleja würde ich auch nicht nach Berlin fahren. Mir fiel vorhin ein, daß vor etwa 1/4 Jahr im TV eine Übertragung eines Openair- Konzertes aus München war. Ich hatte erst sehr spät zugeschaltet, kam aber gerade noch zurecht um die Arie "E lucevan le stelle" von ihm zu hören. Ich sage mal lieber nicht, an was ich bei seinem meckernden Vibrato dachte.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der ungarische Regisseur Schilling sagte bei der Einführungsmatinee zu RIGOLETTO sehr viel Kluges, zu den Personen, ihren Beziehungen untereinander, ihren Entwicklungen während des Stückes, zur Bedeutung dieser Oper für die Gegenwart etc. etc. Ja, und das Regie-Ergebnis war dann wieder einmal kläglich. Aber so verlaufen halt so gut wie alle Opernpremieren unter Klaus (pardon Nikolaus) Bachler.


    Generell ist festzustellen, dass es im heutigen Opernbetrieb dicke, Dramaturgen-geschwätzige Programmhefte und '"vielversprechende" Einführungsmatineen gibt, die tatsächliche Regieleistung aber oft mehr als dürftig ist. Entscheidend ist doch - wie sich der deutsche Altbundeskanzler H. Kohl ausdrückte "was hinten raus kommt"!

  • Hier eine ausführliche Kritik von Klaus Kalchschmid für Klassikinfo.de:


    Nachdem ich diese Kritik und somit die Idee der "Inszenierung" (???) gelesen habe, kommt mir Heinrich Heine in abgewandelter Form ein:
    "Denk ich an Oper in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.
    Ich kann nicht mehr die Augen schließen und meine heißen Tränen fließen..."
    Die Frage bleibt, verdienen solche kranken Typen mehr unser Bedauern, oder unsere Verachtung?!


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • IGITT!


    Was bin ich froh, dass ich stattdessen gestern im Kino die MET-Liveübertragung von Aida sehen durfte. Trotz der raschelnden, flüsternden Trinen, die hinter mir saßen, war das ein Genuss.


    Allerdings: An der MET gibt es auch einen neuen Rigoletto! Fotos deuten darauf hin, dass er auf der Reeperbahn spielt...

  • So sehr ich Eure Berichte, Kommentare, Meinungsäußerungen, Schlussfolgerungen und zum großen Teil auch berührende Bekenntnisse schätze, für mich persönlich ist die Verweigerungshaltung - sprich Boykott durch Nichtbesuch provozierender Inszenierungen - keine Haltung und Problemlösung. Wenn ich mitdiskutiere, ablehne und für Alternativen und Veränderungen kämpfe, dann muss ICH die Aufführung gesehen, mit erlebt und durchlitten haben. Sonst kann ich nicht mit Kompetenz, Leidenschaft und heißem Herzen gegen eine Inszenierung sein, die ich selbst nicht gesehen habe. Auf der anderen Seite wird nur der Leidensdruck, also das Wegbleiben des Publikums und damit wirtschaftliche Verluste, zu Änderungen zwingen. Kaum wo sind mehr glühende Opernenthusiasten vereinigt, als hier in unserem Tamino-Klassik-Forum. Die Begeisterung für die Kunstform Oper ist in fast jedem Eurer Beiträge und Plädoyers für werkgetreue Regiearbeiten zu spüren. Wenn also schon wir, die Opernverrückten die Opernhäuser meiden , dann ist dies ein Zeichen, wie stark der Kessel der emotionalen Enttäuschung unter Dampf steht, wie groß die Wut ist. Wer soll denn mit fundierten Kenntnissen dagegen sein, wenn wir es nicht sind?
    Hoffnung macht, dass es doch noch Aufführungen gibt, die so sind wie wir und die breite Mehrheit der Opernbesucher dies erhoffen, wünschen und erleben wollen. Ich habe an der Wiener Volksoper eine faszinierende, märchenhafte "Rusalka" genießen können, in Moskau eine hinreißende, temperamentvolle "Die Liebe zu den drei Orangen" und jetzt ganz aktuell in Budapest mustergültige Aufführungen von "Rigoletto" und "La Traviata". Ich war so elektrisiert und unter Strom gestanden, dass ich im "Neuen Merker"-Wien spontan unter dem Titel "So muss Oper sein" von der Moskauer Aufführung berichtete.
    Ich meine , wir sollten neben aller Kritik und dem Herausarbeiten und Aufzeigen der Missstände auch die positiven Beispiele suchen, wahrnehmen und als mustergültig herausstellen. Nur Ablehnung und Kritik zwingt die Verantwortlichen und Ausführenden in die Verteidigungshaltung, schweißt die arroganten Besserwisser zusammen und führt zu Trotzreaktionen.
    Anerkennung und Bestätigung dagegen führt dazu, dass Tendenzen in der von uns gewünschten Richtung verstärkt werden.
    In jedem Fall aber nicht aufgeben, sondern weitermachen. Wahrscheinlich müssen wir eine Zweifrontenstragie fahren: Auf der einen Seite schonungslose Kritik, schärfste Ablehung immer und immer wieder geäußert, zum anderen aber auch Anerkennung und Verstärkung aller Tendenzen, die in die Richtung des Besseren weisen, um diese Entwicklungen zu fördern. Also "Auf in den Kampf" !


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich habe das Ganze nur akustisch verfolgen können, werde es demnächst aber auch live sehen. Daher kann ich zur Inszenierung nichts sagen, aber musikalisch war es doch sehr gut.
    Franco Vassallo besitzt einen schönen Bariton, doch den Rigoletto singt er schon mit zu schöner Stimme und eher indifferent. Da fehlt es an Ausdruck und Charakterisierung. Vielleicht ist das aber auch der Regie und Premierennervosität geschuldet.
    Joseph Calleja in einer seiner Paraderollen, technisch sehr gut und etwas viriler als noch vor ein paar Jahren. Er demonstrierte mehrere male seine herrlichen Diminunendoqualitäten.
    Der Schwachpunkt der Aufführung war Patricia Petibon als Gilda. Sie hatte Probleme mit der Tessitura der Partie. Die Spitzentöne sehr unsauber und auch mit Caro Nome schien sie sich sehr abzumühen.
    Luxuriös besetzt und sehr gut gesungen hingegen die Maddalena von Nadia Krasteva, die die Rolle mit ihrem satten Mezzo souverän meisterte. Der Sparafucile von Dimitry Ivashchenko hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Marco Armiliato's Dirigat war manchmal etwas plump aber sonst zumindest solilde.


    Ein musikalischer Erfolg aber das Regieteam dürfte massive Mißfallensbekundungen eingefahren haben. Bald werde ich es ja auch sehen können.


    Hier übrigens ein Photo das kurz nach Ende der Vorstellung gemacht wurde. Das waren also die Kostüme der Hauptprotagonisten? ?(



    Vassallo, Armiliato, Petibon, Calleja, Krasteva (von links)


    Was Sängermeinungen zu Inszenierungen betrifft: Es wird doch niemand ernsthaft annehmen, dass Sänger sich öffentlich negativ über Produktionen äußern in denen sie zum aktuellen Zeitpunkt auf der Bühne stehen. :rolleyes:


    Gregor

  • Was Sängermeinungen zu Inszenierungen betrifft: Es wird doch niemand ernsthaft annehmen, dass Sänger sich öffentlich negativ über Produktionen äußern in denen sie zum aktuellen Zeitpunkt auf der Bühne stehen. :rolleyes:


    Na ja, Karl Ridderbusch machte das seinerzeit in Bayreuth durchaus. Aber ich verstehe schon, was Du meinst. Es ist immer schwierig. Auch für Ridderbusch bedeutete es damals trotz seiner Popularität den Rauswurf.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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