La Cenerentola - Wiener Staatsoper, 29.1.2013 (Neuproduktion)

  • Das bereits sattsam bekannte Leading Team Sven-Eric Bechtolf, Marianne und Rolf Glittenberg hat sich dieser Opera Buffa angenommen und eine Produktion entworfen, die niemanden wirklich weh tut und recht schwungvoll durch dieses dreistündige Werk führt. Wie zur Zeit üblich hat man darauf verzichtet, die Handlung in der Originalzeit spielen zu lassen und daher Zeit und Ort verlegt – was für ein Märchen, wie es das „Aschenputtel“, durchaus zulässig ist. Es mussten wieder einmal die 1950er-Jahre herhalten, was zur Zeit anscheinend bei Regisseuren modern ist. Da Handlung spielt im fiktiven Staat „San Sogno“ („der heilige Traum“), der am „Mare Vongole“ (Muschelmeer) liegt.


    Die Vorrezensenten sind schon auf viele Einzelheiten der Produktion eingegangen, daher möchte ich mir das an dieser Stelle ersparen. Allerdings möchte ich auf das eine oder andere High- und Lowlight eingehen. Zuerst allerdings möchte ich die sängerischen Leistungen beurteilen.


    Valentina Nafornita und Margarita Gritskova, die schon in kleineren Rollen in der „Ariadne“ überaus positiv auffielen, waren für mein Dafürhalten die beiden Protagonistinnen, die am meisten überzeugten. Beiden sind die Rollen der beiden „bösen“ Schwestern auf den Leib geschrieben – und die Personenführung war hier wirklich sehr gut. Beide stellten die Darstellerin der Angelina in den Schatten – sowohl, was die Bühnenpräsenz als auch die Vokalkraft betrifft. Gritskovas Tisbe wurde als erotisches Temperamentsbündel präsentiert, während Nafornitas Clorinda als überkandideltes, zickiges Weibchen brillierte. Im Gegensatz zur Cenerentola hatte die Kostümbildnerin auch Einsehen mit den beiden jungen, aufstrebenden Sängerinnen und entwarf Kostüme, die deren Vorzüge ins beste Licht stellten. Es passt zur aktuellen Sexismusdebatte, wenn man nachfragt, ob es wirklich politisch korrekt ist, wenn Sängerinnen in Lingerie auf der Bühne agieren müssen. Diese war allerdings wirklich geschmackvoll und auch den körperlichen Vorzügen der beiden entsprechend ausgesucht. Kein Wunder, dass Don Magnifico das Erbe der Angelina bereits ausgegeben hat – Produkte von „La Perla“ und Co. sind nun einmal nicht wirklich wohlfeil!


    Valentina Nafornita ist ja schon bereits dabei internationale Karriere zu machen, daher hoffe ich, dass sich auch Margarita Gritskova nach dieser überzeugenden Vorstellung zukünftig größeren Aufgaben widmen kann!


    Auf der Habenseite ist unbedingt auch Ildebrando D’Arcangelo zu erwähnen. Die Rolle des Alidoro wurde hier als Magister Ludi angelegt (gut, kein Glasperlenspieler, aber doch derjenige, der die Fäden in der Hand hält) und erinnerte ein wenig an einen Don Alfonso. Der Publikumsliebling konnte mit einem fundierte und flexiblen Bassbariton punkten und war eine wirkliche Respektsperson. Bei jeden seiner Auftritte dominierte er die Szene dank seiner Persönlichkeit.


    Über Dmitry Korchak hörte ich von meinen Bekannten verschiedene Meinungen. Sein Problem ist, dass die meisten regelmäßigen Opernbesucher die Stimme und das Timbre von JD Flórez im Ohr haben – und es ist naturgemäß für jeden Sänger fast unmöglich, dagegen zu bestehen. Korchak wusste durchaus – mit Einschränkungen – zu gefallen. Das eine oder andere Mal war zu hören, dass er um Spitzentöne kämpfen musste, doch war er immer siegreich. Trotzdem gehört er zu einem der besten Vertreter der jungen Generation der Belcanto-Tenöre. Korchak wurde vom Regieteam dazu verdonnert, den Don Ramiro extrem jung und naiv anzulegen. Irgendwie blieb es die ganze Aufführung lang ein Rätsel, warum sich der Prinz in die Cenerentola verliebt – und vice versa. Ein Temperamentsbündel ist dieser Prinz auch nicht – ich befürchte, da auch Angelina so keine Ausstrahlung besessen hat, dass bei diesem Liebespaar das Herrschergeschlecht von San Sogno mit Don Ramiro aussterben wird…


    Eine gute Leistung erbrachte Vito Priante als Diener Dandini – er sang und spielte ohne Fehl und Tadel. Allerdings war er nicht um so viel besser, als dass man dafür nicht einen der jungen Baritone des Ensembles in dieser Rolle aufbieten hätte können. Aber auch Priante ist auf der Habenseite zu verbuchen.


    Enttäuschend war Alessandro Corbelli als Don Magnifico. Er dürfte seinen stimmlichen Zenit überschritten haben und überspielte stimmliche Defizite mit einigen Gags. Auch da fällt mir ein Sänger des Ensembles ein, der diesem Gastsänger zumindest ebenbürtig ist.


    Kommt der Don Magnifico für Corbelli ein paar Jahre zu spät, kommt die Angelina für Tara Erraught einige Jahre zu früh. Sie hat Flexibilität in der Stimme, allerdings ist sie zu leise und hat eine medikore Mittellage und eine kaum hörbare Tiefe. In den Ensembleszenen war sie kaum hörbar und wurde – wie schon oben erwähnt – von Nafornita und Gritskova an die Wand gesungen. Gar schrecklich war das, was ihr von Regieteam angetan wurde – die Kostüme waren allesamt furchtbar und haben in keinster Weise ihre Figur unterstützt. Sie erinnerte mich in ihrer ganzen Erscheinung an eine Hausmeisterin der Vorstadt – und dieser Eindruck ändert sich auch nicht, wenn sie im Hochzeitskleid erscheint. Sorry, das geht überhaupt nicht! Das weiteren wurde sie als geistig etwas minderbemittelt porträtiert – mich wunderte es nicht wirklich, dass die Familie sie so behandelt, wie sie es nun einfach tat. Diese Angelina nervt einfach! Wenn man an andere Darstellerinnen der Rolle wie Joyce DiDonato oder Elina Garanca denkt, bei denen auch als „Aschenputtel“ immer wieder das adelige Potential hervor scheint muss man Tara Erraught leider attestieren, dass sie in dieser Hinsicht noch viel zu lernen hat. Sollte allerdings ihr Gehabe auf einer Entscheidung des Regisseurs beruht haben, so hat er in dieser Hinsicht schlicht und ergreifend versagt.


    Obwohl einige Regiegags ärgerlich sind und überhaupt nichts zum Fortgang des Stückes beitragen (das Getrampel des Chors beim Finale vor der Pause ist einfach unsinnig und störend; kein halbwegs normaler Mensch würde den von Dandini zubereiteten Cocktail aus Getränkeresten und Benzin trinken; die in Frauenkostüme gesteckten Chorsänger wirken nur peinlich) möchte ich auch zwei Szenen erwähnen, die wirklich gut gelungen sind. Die erste war die des Gewitters, die optisch sehr gut gelöst wurde, die andere, als das Porträt der verstorbenen Mutter von Angelina zu leben erwachte und den Brautstrauß an Alidoro übergab.


    Aus dem Orchestergraben gibt es nichts Ärgerliches, aber auch nichts Äußergewöhnliches zu berichten. Jesús López-Cobos setzte nicht viele Akzente – und es ist einfach der Musik Rossinis zu verdanken, dass der Abend auch musikalisch recht schwungvoll wurde.


    Interessant auch, dass bereits bei der zweiten Aufführung fast 40 Sitze im Parkett leer blieben und noch 10 Minuten vor Beginn einige Besucher erfolglos versuchten, ihre Karten los zu werden. Insgesamt lebte der Abend von den NebendarstellerInnen – schade, dass es der Direktion nicht gelungen ist, für Ramiro, Magnifico und Angelina absolute Topleute zu engagieren – aber vielleicht werden wir bei einer späteren Serie damit überrascht. Schön wäre es.

    Hear Me Roar!

  • Lieber Dreamhunter,


    ich hab mir die Premiere am Samstag aufgenommen und mir sie am Sonntag angehört. Was deine Sängerbeurteilungen angeht, kann ich dir nur zustimmen. Und anfangs hatte ich das Gefühl es wäre überhaupt kein Publikum vorhanden, denn nicht einmal nach der ersten Arie des Don Magnifico gab es Applaus. An der Rheinoper hatten wir die Ponnelle Inszenirung. Lief aber schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich bin dort in fast jede Vorstellung reingegangen. Weisst du warum es kurz vor Cenerentolas Schlussarie noch eine kurze Pause gab ? Habe gestern Abend beim Stöbern in You tube noch eine Cenerentola Gesamtaufnahme gefunden und zwar aus der Scala aus dem Jahr 2005 in der Ponnelle Inszenierung , mit Florez und Sonja Ganassi als Cenerentola.

  • Es handelt sich da um eine Umbaupause, weil die Schlussszene nicht im Haus von Don Magnifico, sondern wieder in der Garage des Prinzen, der in dieser Inszenierung der Besitzer einer Autowerkstatt oder ein Rennfahrer ist...


    Kulissen müssen verschoben und die Autos wieder auf die Bühne gerollt werden.

    Hear Me Roar!