Ivar Andresen - Norwegischer Baß von Weltruf

  • Andrésen, Ivar; ein norweg. Baß. Geboren 27.7.1896 in Oslo, gestorben 26.11.1940 in Stockholm. Nach seiner Ausbildung an der Königlichen Opernschule in Stockholm folgte seine mehrjährige Verpflichtung an die dortige Königliche Oper und damit begann seine kometenhafte Karriere. Schon 1925 wurde Andrésen an die Dresdener Staatsoper engagiert und hatte ab 1931 eine gleichzeitige Verpflichtung an die Städtische Oper in Berlin. In der verhältnismäßig kurzen Laufbahn dieses bedeutenden Künstlers, der am 26. November 1940 in Stockholm bereits im Alter von 44 Jahren starb, waren diese Jahre sichtbare Zeichen einer glänzenden Sängerkarriere. Besonders Dresden festigte nicht nur seinen Ruf als bedeutender Wagner-Interpret, sondern auch als einen jener Sänger, die maßgeblichen Anteil an der von Dresden ausgehenden Verdi-Renaissance jener Jahre hatten. Unvergesslich blieben bis heute Andrésens Pater Guardian in "Die Macht des Schicksals" und sein Banquo in "Macbeth". Der bedeutende Wagnersänger, der eine der schönsten Baß-Stimmen hatte (auf Platte erhalten), trat von 1927 bis 1936 in Bayreuth und 1935 bis 1936 in Zoppot auf. Er gab Gastspiele u. A. an der MET (1930 bis 1932) und in Glyndebourne (1935).


    Hier kann man seine Stimme u. A. in Wagner-Partien und mit einem Trinklied "Im tiefen Keller sitz´ich hier" genießen:


    W.S.

  • Gottlob Frick erlebte Ivar Andresen bei den Bayreuther Festpielen als ihn nach seinem Debüt 1934 in Coburg König Ferdinand von Bulgarien, ein großer Kunstfreund , der in Coburg eine Besitzung hatte, als jungen Sänger zu den Festpielen einlud und ihn seinem Wagen und durch seinen Chauffeur dort hin transportieren ließ. Auf königlichen Rat sollte sich der hoffnungsvolle Nachwuchsbassist die Größten seines Faches anhören. Es waren damals Alexander Kipnis und Ivar Andresen. Besonders Andresen begeisterte Frick und er sprach immer lobend von einer der üppigsten, schönsten Bassstimmen, die er je gehört hätte. Übrigens hat die gute Tat von König Ferdinand im Nachhinein reiche Früchte getragen, die wir heute noch genießen dürfen.


    Herzlichst Operus

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  • Ich entdeckte vorhin diese Doppel-CD von Preiser. Eine sehr interessante Aufnahme für mich, da ich diese machtvolle Baßstimme sehr schätze:


    W.S.

  • Ich bin gerade über die Rubrik-Überschrift gestolpert und bitte um Aufklärung, falls jemand aufklären kann: War Ivar Andresen wirklich ein norwegischer oder nicht doch ein schwedischer Bassist? Ich habe ihn bislang immer für einen schwedischen Bassisten gehalten.
    Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut und da steht "norwegischer Bassist" - das kann natürlich daran liegen, dass er 1896 in Oslo geboren ist, was aber noch nichts heißen muss, denn Hans Pfitzner ist 1869 in Moskau geboren und wird deshalb noch nicht zu einem russischen Komponisten. Wenn ich mich nicht irre, gehörte Norwegen samt Oslo in dieser Zeit zum Königreich Schweden, es ist also nicht unwahrscheinlich, dass damals um diese Zeit auch schwedische Familien dort lebten (zum Beispiel aus beruflichen Gründen).
    Für Schweden spricht sein Todesort Stockholm und ich wähne mich zu erinnern, dass bei einer Radiosendung gesagt wurde, dass er aus Deutschland in seine schwedische Heimat zurückkehrte.


    Nun meine Frage: Weiß jemand hier sicher, ob Ivar Andresen einer norwegischen oder einer schwedischen Familie entstammte? Vielleicht kann man das durch die wohl seit 1815 bestehene Union mit Schweden auch gar nicht genau auseinanderdividieren, vielleicht aber doch.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber!


    Leider kann ich dies auch nicht beantworten. In meinen Fachbüchern, die ich danach durchforstete, konnte ich nur immer den Hinweis auf seine norwegische Herkunft finden.

    W.S.

  • Obwohl Norwegen und Schweden keine direkten Kriegsparteien waren im Ersten Weltkrieg, setzte zu dessen Beginn eine Belebung des alten skandinavischen Gedankens ein. Beide Seiten rückten wieder enger zusammen, der Austausch auf verschiedensten Gebieten nahm zu. Der Skandinavismus hatte ja auch durch gemeinsame Wurzeln eine sehr starke kulturelle Ausprägung. Eine interessante Idee, über die viel zu wenig geredet wird. Vor dem Hintergrund der europäischen Einigung sollten wir uns stärker damit beschäftigen. Unsere nördlichen Freunde könnten uns gewiss eine entsprechende Lektion erteilen - natürlich unter kulturellen Gesichtspunkten! In Stockholm, wo es offenbar bessere Bedingungen gab - genau weiß ich das jetzt aber auch nicht, sondern lediglich pauschal - weilten viele Norweger zur Ausbildung, darunter Sänger wie der in Oslo geborene Norweger Ivar Andresen. Auch die fast gleichaltrige Kirsten Flagstad, unstrittig Norwegerin, studierte in Stockholm und war danach auch in Göteborg engagiert, um später in ihre Heimat zurückzukehren. Diese Dinge waren also offenkundig ein Stück skandinavische Normalität. Wir denken dabei wohl viel zu nationalstaatlich.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Tatsächlich war die Union von Schweden und Norwegen (1814—1905) eine Personalunion, wie schon die Personalunion Dänemark mit Norwegen (1380—1814, zwischen 1397 und 1523 um Schweden als "Kalmarer Union" erweitert), und anders als etwa die Realunion zwischen England und Schottland von 1707. Es ist kein Wunder, dass die norwegische Eigenkultur bis im 19. Jahrhundert unterentwickelt war, wurde Norwegen doch sowohl von Dänemark und später von Schweden mehr und mehr als Provinz betrachtet, auch wenn es formalrechtlich einzig durch die Person des jeweiligen Monarchen miteinander verbunden war. Das aufwachende norwegische Nationalbewusstsein hat schließlich auch die Abspaltung von 1905 bewirkt, die der schwedische König Oskar II. übrigens nie wirklich verwunden hat und auch kurz darauf starb. Tatsächlich könnte man Norwegen zwischen 1380 und 1905 als höchstens teilsouverän betrachten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Tatsächlich war die Union von Schweden und Norwegen (1814—1905) eine Personalunion, wie schon die Personalunion Dänemark mit Norwegen (1380—1814, zwischen 1397 und 1523 um Schweden als "Kalmarer Union" erweitert), und anders als etwa die Realunion zwischen England und Schottland von 1707.

    Tatsächlich könnte man Norwegen zwischen 1380 und 1905 als höchstens teilsouverän betrachten.

    Ich habe es mal so gelesen: als die dänischen Truppen 1815 aus Norwegen abzogen, waren die schwedischen ganz schnell da...


    In jedem Fall bedanke ich mich bei dir und den beiden anderen Antwortgebern.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Besonders Andresen begeisterte Frick und er sprach immer lobend von einer der üppigsten, schönsten Bassstimmen, die er je gehört hätte.


    Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen! Und da Willi seines 75. Todestages heute im allgemeinen Jubiläums-Thread gedacht hat und auf diese seine eigene Rubrik per Link verwiesen, möchte ich zum Anlass des heutigen Tages dieses Video einstellen:



    Und noch ein zweites Video mit einer Arie, die ich von ihm schon vor mehr als 20 Jahren gehört habe und die mich damals zu dem Schluss kommen ließ, dass dies die schwärzeste Bass-Stimme von allen sein müsse (darüber kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, aber die Aufnahme und nicht zuletzt die tiefen Töne zeigen hier wirklich Abgründe an Schwärze, die meine Meinung vielleicht nachvollziehbar machen):



    Und da bekanntlich aller guten Dinge drei sind, muss das hier auch noch sein:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • HoihoI Ihr Gibichsmannen!


    Lieber Stimmenliebhaber,


    da hast du meine absolute Lieblingsszene aus der Götterdämmerung erwischt - Mein Gott, welch eine Stimme!! Hagen, der Grimme - ein würdiger Vorgänger von Gottlob Frick. Was ist es doch kurios, dass uns immer wieder die Boshaften so faszinieren, und wie überzeugend hat Ivar Andresen da den Hagen gesungen. Ich werde mir gleich den Gottlob Frick aus dieser Aufnahme anhören:



    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Ich habe gerade die die dritte Szene aus dem zweiten Aufzug mit Gottlob Frick unter Solti gehört und könnte jetzt sagen, er ist wahrlich ein würdiger Nachfolger von Ivar Andresen. Ich habe Gottlob Frick in keiner anderen Situation so böse in Erinnerung, und wenn man alleine die Besetzung dieser Götterdämmerung liest: ein Who is Who des Wagnergesangs! Ich glaube, ich muss mir endlich auch diese Götterdämmerung ganz zu Gemüte führen. Aber Andresen ist auch ein ganz Schwarzer.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).