Hallo,
ich beziehe mich auf die Beiträge zur Vertonung "Der Gärtner".
Es ist mir schon klar, dass ein Kunstlied nicht unbedingt mit einem Chorsatz (3. Fassung) von Hugo Distler verglichen werden kann. Was ich jedoch vergleichen kann ist, welche Vertonung für mich näher am Text liegt (Die nachfolgende Reihenfolge ist keine qualitative Wertung, mehr was sofort auffällt):
1. Nicht nur durch die linke Hand der Klavierstimme wird durchgängig das gerittene "Rösslein" dargestellt und quasi als beherrschendes Moment zu Gehör gebracht.
2. Distler deutet reiten durch die punkt. Achtel-, die Sechzehntel- und Achtelnote auf "Röss".. in Tenor 1 und 2 an, nicht im Bass, wodurch die Reitbewegung auch gehört werden kann, aber eben nur "auch".
3. Mörikes Gedicht(e, wie viele?) zeichnet sich dadurch aus, dass die Textzeilen (oder Teile daraus) der Strophen inhaltlich/vom Gefühl/vom Ausdruck Gleiches oder zumindest sehr Ähnliches darstellen. (Ich verweise hierzu auf meinen Beitrag Nr. 34 "Schön Rohtraud" im Thread "Hugo Distler - Neuerer…"); dies spricht für eine strophenartige Vertonung.
4. Distler wiederholt in jeder Strophe, erst den 1. und dann den 2. Teil der 2. Textzeile - auf die 1. Strophe bezogen bedeutet dies - "die schönste Prinzessin" und "reit't durch die Allee" sind für ihn das Ausschlaggebende der Aussage und damit auch für die Vertonung.
5. Distler wiederholt "die schönste Prinzessin" mit der gleichen Melodiephrase, aber um einen Ganzton höher, dadurch neben textlich auch noch musikalisch die Wichtigkeit besonders betont, während er "reit/ja durch die Allee" auf dem letzten Ton der Wiederholung von "die schönste Prinzessin" vertont und den Ton vier Mal wiederholt - die Wiederholung ebenso - und damit dem Alleehaften Ausdruck gibt.
6. Von Alle dem ist bei Wolf nichts zu hören, im Gegenteil: "wie der Schnee" ist in der Tonlage höher als "die schönste Prinzessin" (?) und "reit't durch die Allee" ist musikalisch eher ein Berg- und Talwanderweg als ein Alleeweg. Wolfs Wiederholung der 2. Textzeile insgesamt der letzten Strophe bringt nicht die Wirkung der Betonung, wie sie Distler durch die Wiederholung von Satzteilen (in jeder Strophe) erzeugt.
Ich habe mir nun die meisten Interpretationen der Wolfvertonung auf youtube angehört - reiterhaft ist der Klavierpart und betont dies sehr, die Melodie hört sich für mich etwas einfach, um nicht zu sagen simpel an und die Harmonik als schlicht zu bezeichnen, wäre für mich unpassend, sie ist für mich langweilig, ohne Reiz.
Viele Grüße
zweiterbass
Nachsatz: Besonders gespannt bin ich nun auf die Antwort/Entgegnung von Helmut Hofmann.