Ein Zugpferd der Decca im Abseits? - Sir Georg Solti

  • Liebe Taminoianer,


    Kaum zehn Jahre ist es her, da lachte er uns noch von jedem Schallplattenkatalog der DECCA entgegen, die Klassikzeitschriften rissen sich um ihn , und die Klassikkäufer um seine Platten (CDs).


    Die Rede ist von Sir Georg Solti dem damaligen Aushängeschild seines Plattenlabels, ein Dirigent, von dem gelegentlich behauptet wurde, seine Popularität übertrefe jene Karajans (etwas das ich nie geglaubt habe). Als er 1997 starb, wurde es sehr schnell sehr still um ihn,
    kaum jemand nahm seinen Tod wahr, war doch erst einige Tage zuvor ein Mitglied des englischen Königshauses unter mysteriösen Umständen
    gestorben....


    Ich konnte mich mit vielem nicht anfreunden, was er dirigierte, vor allem sein Haydn und sein Schubert ließ mich kalt.
    Andererseits muß man die Einspielung von Bartoks "Konzert für Orchester als geradezu maßstäblich bezeichnen.


    Ungeachtet dessen wanderten etliche seiner einst so gepriesenen Aufnahmen un den Mid-Price und Budgetbereich.


    Meine Frage: Wie beurteilt Ihr, aus heutiger Sicht, Soltis Lebenswerk auf Schallplatte (CD) ? Wie ist sein Rang, verglichen mit anderen "Giganten" heute einzustufen ?


    Viele Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    den Wert eines Interpreten bemesse ich niemals am Kaufpreis seiner Aufnahmen (ansonsten dürfte ich keine Naxos-Produkte mein Eigen nennen).


    Von ihm stehen in meinem Schrank einige Aufnahmen, die ich gerne als maßstabsetzend bezeichnen würde. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dies ganz sicher die von Dir erwähnte Bartok-Einspielung, der hier schon oft erwähnte "Ring des Nibelungen", eine Reihe seiner Mahler-Sinfonien, einige seiner Strauss-Opern ("Salome", "Elektra", "Rosenkavalier"), sein Tannhäuser sowie die 9. Dvorak-Sinfonie. Weniger gut hingegen gefällt mir z. B. seine Aufnahme des "Sacre du Printemps", wo meiner Ansicht nach ein wenig der Zusammenhang und die musikalische Substanz fehlt.


    Sein bevorzugter Orchesterklang war oft von großer Farbigkeit geprägt, er liebte die klanglichen Extreme, wusste diese aber meist "in Zaum" zu halten. Er hatte bei seinen Vokalaufnahmen oft das Glück mit hervorragenden Sängern mit Charisma zusammenarbeiten zu dürfen, allen voran die unerreichte Birgit Nilsson, die in ihrer Darstellung der Salome vermutlich nie übertroffen werden wird.


    Liebe Grüße,


    Spatz.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich konnte mich mit vielem nicht anfreunden, was er dirigierte, vor allem sein Haydn und sein Schubert ließ mich kalt.


    Hallo Alfred!


    Was stört dich an seinem Schubert? Ich halte seine Unvollendete für sehr gut, ausgeglichen, sehr gut ausgearbeitet.


    Gruß

  • peet schrieb:


    Zitat

    Was stört dich an seinem Schubert? Ich halte seine Unvollendete für sehr gut, ausgeglichen, sehr gut ausgearbeitet.


    Hallo Peet,


    es wäre zuviel gesagt, daß mich was "störte", ich hatte einfach keinen Zugang. Auch "belanglos" ein Wort das mir auf der Zunge (Tastatur) lag trifft es nicht eigentlich. Ich würd es so formulieren: Eigentlich gab es nichts auszusetzen, aber seine Aufnahmen (ich spreche jetzt ausschließlich von "Wiener Klassik") haben bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, alles was er da dirigierte hatte ein Anderer vor ihm schon besser gemacht (Böhm, Jochum, Klemperer,B.Walter, Szell oder Krips, fast hötte ich Beecham vergessen)


    Es müssen wohl viele so empfunden haben, weil wer redet haute noch von Soltis Beethoven-Zyklus ?


    Das schmälert aber keineswegs seine Verdienste um Bruckner. Mahler , Wagner und Bartok, um nur einige zu nennen.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Solti zählt, wie Karl Böhm, zu den Dirigenten, die ich am liebsten höre.


    Er hatte immer dann seine stärksten Momente, wenn er sein Temperament und sein unerbittliches Gefühl für Rhythmus ausspielen konnte.


    Niemand dirigierte Mahlers 6. "brutaler" als er, niemand peitschte das Scherzo aus Tschaikowskys "Pathétique" (ebenfalls die 6.) so unerbilltich nach vorne.


    Maßstabsetzend sind für mich einige seiner Opernaufnahmen. Sein "Ring" ist zurecht hochgelobt, sein "Tannhäuser" mit dem damals unvergleichlichen René Kollo ist unerreicht, ebenso sein "Rigoletto" (mit Alfredo Kraus, Robert Merrill und Anna Moffo) und sein "Maskenball" (mit Carlo Bergonzi, Cornell Mac Neil und Birgit Nilsson).


    Leider hat er sich in späten Jahren, warum auch immer, dazu hinreißen lassen, zwei absolute Opern-Flops aufzunehmen. Weder sind Jessye Norman und Placido Domingo ideale Besetzungen im "Lohengrin", noch sind es Pavarotti und Leo Nucci im "Otello".


    Daß Solti selbst in hohem Alter noch bereit war, seine Sichtweise von bekannten Werken zu ändern, zeigt seine Einspielung Beethovens 5. (mit Mendelsohns 4.) mit den Wiener Philharmonikern vom Mai 1990, als er sich den Metronomangaben Beethovens stark annäherte und eine sehr spannende Aufführung produzierte.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Die Solti-Fans mögen mir verzeihen. Ich habe mit Solti eigentlich wenig anfangen können.
    Ein Rezensent charakterisierte ihn einmal, daß sein Feuer lodert, ohne zu wärmen.
    Ausnahmen sind seine Strauss-/Bartok- und natürlich Wagner-Interpretationen.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Hallo,


    "Ein Feuer das nicht wärmt" ist IMO eine treffende Beschreibung.


    Dennoch gibt es etliche wunderbare Solti-Aufnahmen, so z.B den Ring, die Vergleichsaufnahmen von Karajan, Böhm und Janowski nicht kenne.


    Auch seine alte "Carmen" war IMO gut.


    Hingegen enttäuschte mich sein "Figaro, der jenem von Böhm nicht das Wasser reichen kann, aber auch gegenüber Jacobs das Nachsehen hat.
    Es gibt nichts gröberes auszusetzen, aber eine gewisse Kühle ist unüberhörbar.


    Soltis Stärke liegt offenbar in den eher grobschlächtigen "brutalen" :D Werken, was in diesem Zusammenhang nicht abwertend gemeint ist.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • À propos Georg Solti. Um seinen Nachruhm ist mir nicht bange. Dafür hat er zu viele Referenzaufnahmen vorgestellt, als daß sich heutige und künftige Dirigenten nicht an seinen Leistungen messen lassen müßten. Daß manches - auf hohem Niveau - auch mal schief ging: welch ein Glück. Denn ein Licht, das keinen Schatten wirft, wäre unmenschlich. Der Schatten, den Solti für Wieland Wagner einst warf, muß gewaltig gewesen sein. Als ein Reporter einmal Wieland Wagner fragte, warum er den grandiosen Ring-Dirigenten nicht für Bayreuth engagiere, gab er zur Antwort, er fände Soltis "Orgasmen" am Pult unerträglich (eine etwas seltsame Begründung angesichts des verdeckten Orchesters).
    Auf mich hatte die erste Begegnung mit Solti eine völlig andere Wirkung, weil ich plötzlich begriff, was einen Dirigenten ausmacht. Es war 1959, ich lebte 16jährig in der tiefsten hessischen Provinz, als mein Vater mir eine Fahrt nach Frankfurt spendierte und eine Karte für eine Aufführung der "Walküre" beilegte. Das Werk war mir - bis auf den 2. Akt - durch Platten bekannt. Anfang der 50er Jahre hatte mein Vater den 3. Akt in der Karajan-Aufnahme von Bayreuth 1951 angeschafft - zwei Columbia-Platten für 64 DM, damals ein im Familienbudget kaum zu verantwortender Luxus. Später schenkte man mir einen Querschnitt der Furtwängler-Aufnahme (Gesamtaufnahmen waren zu teuer). Als ich anno 59 die "Walküre" erstmals live erlebte, wußte ich zwar, daß Solti der Chef der Frankfurter Oper war, doch als Künstler war er mir völlig unbekannt. Die schon etwas betagte Christel Goltz sang die Brünnhilde, Wotan war ein Leonardo Wolovsky, begabt mit einer machtvollen, aber ungepflegten Stimme und den Siegmund gab sehr beeindruckend Ernst Kozub (in Soltis Ring-Aufnahme sollte er ursprünglich den Siegfried singen, wurde aber wegen Lernschwierigkeiten durch Windgassen ersetzt). Am Pult also der mir völlig unbekannte Solti, der ein Orchester dirigierte, deren Musiker an der Sitzkante saßen. Die Inszenierung war ein bedauernswerter Versuch, Wieland Wagner zu imitieren. Musikalisch war diese Aufführung für die Zuschauer ein schweißtreibendes Geschäft. LP-Karajan hin, LP-Furtwängler her - eine solch emotionale Begegnung mit Musik hatte ich vor diesem Solti-Dirigat noch nie erlebt. Als 14 Tage später die "Walküre" erneut aufgeführt wurde, setzte ich alle Hebel in Bewegung, um mich diesem Erlebnis erneut auszusetzen. Es gelang. Also voller Erwartung ab nach Frankfurt. Dieselbe Inszenierung, dieselben Sänger, aber nicht derselbe Dirigent. Herr Alexander Paulmüller schwang den Taktstock, und was ich zu hören bekam, war weltenweit entfernt von der ersten Aufführung. Langweilige Routine. So groß die Enttäuschung auch war, durch den Vergleich begriff ich erstmals die Bedeutung eines Dirigenten. Solti wurde für mich zu einer Art Erweckungserlebnis. Und auch bei späteren Begegnungen hat er mich nie enttäuscht. Unvergeßlich z.B. das Verdi-Requiem des alten Solti in München.

  • Hallo zusammen,


    warum bei Boulez über Solti diskutieren, wenn er doch einen eigenen Thread schon hat? Ich erlaube mir, meine Kommentare zur Diskussion im Thread "Pierre Boulez als Dirigent" also hier abzugeben.....


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Aaaaber sein Ring war es, der mich überhaupt erst dazu gebracht das Werk zu hören, das Gleiche lässt sich auch von etlichen Werken der klassischen Moderne sagen. Er zielt, wie schon ganz richtig gesagt auf vordergründigen Effekt,


    In der Tat, so meine Beobachtungen, macht das seine Wagner- oder Mahler-Interpretationen (jedenfalls die, die ich kenne) auf den ersten Zugriff sehr interessant und spannend. Das ist auch sicher sein Verdienst. Meine Beobachtung ist, dass mir, wenn ich tiefer in ein Stück einsteige, dann oft bei Solti "etwas" fehlt bzw. mir der Effekt irgendwann auf die Nerven geht. Will sagen: Soltis Interpretationen nutzen sich (oft) für mein Hören sehr schnell ab.


    Zitat

    Original von MStauch
    Die Solti-Aufnahmen der Mahler-Sinfonien sind für die Sinfonien No. 1, No. 6 und No. 8 und mindestens für die Rondo-Burleske in No. 9 in jedem Fall IMO bedeutende Beiträge zur Interpretationsgeschichte. Wie Alfred richtig sagte, sie sind so exponiert und überdeutlich in den Linien, dass Solti für viele Hörer überhaupt erst den Zugang zu Mahler eröffnet hat. Das ist auch ein großer Vorteil, den man den Solti-Aufnahmen nicht absprechen sollte.


    Nein, das sollte man in der Tat nicht. Meine Bedenken habe ich im wesentlich oben formuliert, und Du gehst ja im folgenden durchaus in dieselbe Richtung. Generell abwertend sollten meine Bemerkungen über Solti nicht sein, ich erkenne durchaus seine Meriten, aber mich stört letztlich dieser Abnutzungseffekt (ich erinnere mich noch gut, wie "geil" ich seine Interpretation von Mahlers VI. fand, als ich sie zum ersten Mal hörte - heute hat sie für mich kaum noch Faszination, ähnliches gilt für den "Ring").


    Bei der achten Sinfonie Mahlers ziehe ich persönlich eigentlich dann doch inzwischen die DG-Aufnahme unter Kubelik vor.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Sagitt meint:


    Gegenüber dem im Forum viel geliebten Böhm hat Herr Solti es schwer. Mir ging es eher anders herum. Böhm fand ich gegen Karajan interessant, dann nicht mehr. Mit Solti stecke ich ein wenig in der Klemme, weil er eine Musiktradition vertritt, die mir eigentlich ferner steht, aber zugleich ich immer wieder sein Feuer gesehen und gehört habe,selbst populäre Stücke schärft er sehr zu. Über den Begriff" Feuer, das nicht wärmt" habe ich lange nachgedacht. In der Tat bin ich selten von Soltis Interpretationen begeistert so wie bei anderen Dirigenten. Vielleicht ist das die Erklärung.
    Bei Figaros Hochzeit habe ich dann doch wieder eine andere Auffassung. Erst einmal hat Solti wunderbare Sänger. Te Kanawa hat ja mehrfach, auch mit Böhm, die Gräfin gesungen, aber nie so erfüllt,perfekt wie bei Solti- man höre die Wiederholung bei dove sono....einfach ein unglaublich melancholisches Pianissimo, und dann Perdono...zum Niedersinken.Ich bin davon immer wieder tief berührt. Auch die anderen Solisten sind durchgängig hochkarätig. Solti peischt die Wiener durch die Ouvertüre, dass es eine Freude ist- ich weiss, Wiener Schönklangfreunden könnte dies auf die Nerven gehen,obwohl er im Gegensatz zu Jacobs keine rauhen Töne hineinbringt. Mehrfach habe ich mit der Solti-Aufnahme des Figaros Menschen für Klassik quasi gewonnen....ich denke an einen Freund, Arzt, der diese Aufnahme hörte- es ist sicher zwanzig Jahre her- und sich sogleich einen CD-Player und diese Aufnahme kaufte.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Taminoaner und Soltianer,


    kaum ein Dirigent hat eine so große Anzahl von spannendenden und energiegeladene Interpretationen hinterlassen wie Solti.
    :) Ein "Feuer, das mich wärmt" kann ich da nur zu dem erwähnten Zitat sagen !!!


    Dieses Ziatat von florian finde ich von allem was bisher zu Solti geschrieben wurde am angemessensten:

    Zitat

    À propos Georg Solti. Um seinen Nachruhm ist mir nicht bange. Dafür hat er zu viele Referenzaufnahmen vorgestellt, als daß sich heutige und künftige Dirigenten nicht an seinen Leistungen messen lassen müßten. Daß manches - auf hohem Niveau - auch mal schief ging: welch ein Glück. Denn ein Licht, das keinen Schatten wirft, wäre unmenschlich.


    Mich hat Solti fast nie enttäuscht - und wenn man mit einem Dirigenten so ein positives Erlebnis hat, kauft man auch immer wieder CD´s mit Solti, da man ja weiß was einen positives erwartet, da wird es nie langweilig.
    Das es wie florian richtig schreibt auch mal schief gehen kann ist mir bei den Mendelssohn-Sinfonien aufgefallen. Diese Aufnahmen haben nicht das Temprament, das man sonst von Solti gewohnt ist. Schon die ungewöhnlich langen Spielzeiten der Sätze verwundern (im Vergleich zu Dohnani und Karajan).


    Zitat Alfred:

    Zitat

    Es müssen wohl viele so empfunden haben, weil wer redet haute noch von Soltis Beethoven-Zyklus ?


    Wieso, wir reden hier im Forum davon, auch in einem anderen Thread.
    Zu Solti´s Tod hat die Decca mehrere Aufnahmen wieder vorgestellt und hatte auch 1997 einen Solti-Sonderprospekt.
    Die Beethoven - Sinfonien mit Solti finde ich gut gelungen, die Nr.1,Nr. 2 und Nr.8 schätze ich mehr als mit jedem anderen.
    Bei Nr.5 fehlt mir das, was Solti sonst normalerweise ausmacht und was er in die Werke einzubringen vermag --- die ist mir zu harmlos gelungen (da greife ich zu Karajan DG1977).


    Zitat Alfred:

    Zitat

    Ungeachtet dessen wanderten etliche seiner einst so gepriesenen Aufnahmen un den Mid-Price und Budgetbereich.


    Solti hat bei Decca eine Unmenge von aufnahmetechnischer Schätze hinterlassen. Wenn Aufnahmen ein gewisses Alter haben, wandern diese ganz normal, 10-15 Jahren nach Aufnahmedatum, in die Midpreis-Serien, weil viele diese Aufnahmen ja schon in der Hochpreisversion besitzen. So kann man diese Aufnahmen nun doch noch vermarkten - dabei ist es völlig egal welcher Dirigent die Aufnahmen macht. Das hat gar nichts mit Solti zu tun.
    :)Für mich sind gerade diese Serien eine Goldgrube, denn damals habe ich mir viele der Hochpreis-CD´s nicht gegönnt und komme nun in den Genuß dieser Solti-Schätze.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Die Beethoven - Sinfonien mit Solti finde ich gut gelungen, die Nr.1,Nr. 2 und Nr.8 schätze ich mehr als mit jedem anderen.
    Bei Nr.5 fehlt mir das, was Solti sonst normalerweise ausmacht und was er in die Werke einzubringen vermag --- die ist mir zu harmlos gelungen (da greife ich zu Karajan DG1977).


    Falls die Aufnahme wieder erhältlich sein sollte, würde ich Dir dann unbedingt Soltis Aufnahme vom Mai 1990 mit den Wiener Philharmonikern (Liveaufnahme) ans Herz legen wollen.


    Nicht nur, daß Solti sich mit Spielzeiten von 7'28, 9'43, 5'00 und 11'17 erheblich mehr den Metronomangaben Beethovens nähert als früher, sondern es gelingt ihm auch, bei allem Temperament die Spannungsbögen aufrecht zu erhalten. Für mich sein bester Beethoven, neben der Eroica.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    danke für den TIPP auf Solti´s Beethoven Sinf.Nr.5 von 1990. Vielleicht kann ich die CD mal an Land ziehen; seine Mendelssohn-Sinfonie Nr.4 (mit auf der CD) erforderte ja auch eine neue Sichtweise, gegenüber der Alten.


    Zitat

    Er hatte immer dann seine stärksten Momente, wenn er sein Temperament und sein unerbittliches Gefühl für Rhythmus ausspielen konnte.
    Niemand dirigierte Mahlers 6. "brutaler" als er, niemand peitschte das Scherzo aus Tschaikowskys "Pathétique" (ebenfalls die 6.) so unerbilltich nach vorne.


    Der Aussage kann ich mich nur anschließen und hinzufügen das ich keine bessere Mahler-Aufnahme kenne und auch keine andere brauche.
    Die Solti-Tschaikowsky-Pathetique-CD habe ich erst vor kurzem über EBAY gesteigert - sehr gute Aufnahme. Diese wollte ich unbedingt haben, weil mich schon viele Jahre zuvor die Decca-Aufnahme mit der Tschaikowsky-Sinf.Nr.5 mit Solti/Chicago SO absolut überzeugt hatte.


    Zitat

    Wie ist sein Rang, verglichen mit anderen "Giganten" heute einzustufen ?


    Sein Rang ist nach wie vor ungebrochen hoch einzustufen. Das es irgendwann um ihn still geworden sein soll, kann ich zum Glück überhaupt nicht feststellen. An ihm müssen und sollten sich viele messen.


    :) Das Konzert für Orchester von Bartok wurde als Maßstäblich bezeichnet - richtig. Aber auch die anderen Bartok-Orchesterwerke, die Solti auf Decca aufgenommen hat, wird man selten irgenwo besser hören können:
    Konzert für Orchester; Tanzsuite; Ungarische Skizzen; Rumänische
    Volkstänze; Musik für Saiteninstrumente,Schlagzeug & Celesta; Der wunderbare Mandarin-Suite; Divertimento für Streicher



    Wenn man von einer Gesamtaufnahme eines Sinfonien-Zyklus sagen kann: "Die Aufnahme reicht, da braucht man keine andere mehr von" - dann muß da schon ein absoluter Spitzendirigent am Werk sein, der ein Vermächtnis hinterlassen hat.
    ;) Das trifft auf Solti´s Mahler-Sinfonien zu.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Wenn man von einer Gesamtaufnahme eines Sinfonien-Zyklus sagen kann: "Die Aufnahme reicht, da braucht man keine andere mehr von" - dann muß da schon ein absoluter Spitzendirigent am Werk sein, der ein Vermächtnis hinterlassen hat.
    ;) Das trifft auf Solti´s Mahler-Sinfonien zu.


    Bei allem Respekt für Solti und seine Mahler-Aufnahmen (nicht alle tragen die Palme der Referenz) würde ich dieses Grundprinzip ablehnen. Die Magie der Musik ist ihre Wandelbarkeit, ihre Fähigkeit, anders zu sein und anders zu wirken. Wem eine Aufnahme genügt, hat etwas Wesentliches (noch) nicht verstanden.


    Frei nach einem bekannten Witz:
    "Was schenken wir? Ein Buch" - "Nee, ein Buch hat er ja schon."

  • Alle Solti-Fans bitte ich vorab um Verzeihung:


    Ich finde, er hat die Musik zu sehr 'gearbeitet'; meinte immer, seine schweißnassen Achselhöhlen zu riechen, wenn er mal wieder aufhitzte.

  • Hallo,


    was Solti betrifft kann ich nur sagen: Finger weg!


    Ich bin kein Solti-Spezialist. Aber: Seine Götterdämmerung und seine Elektra möchte ich nie wieder hören...Diese Technikverliebtheit..Ich kann mich nur wiederholen...


    Finger weg von Solti!


    Gruß,
    Oliver


  • DEINE Finger kannst Du gerne von Solti weglassen, aber bitte auch von der Tastatur, wenn dabei nur derart Unqualifiziertes rauskommt.

    Gruß,
    Gerrit

  • Also ich muß doch schon sehr bitten !


    Solche Äusserungen wie "Hände weg vonSolti" sind IMO durchaus noch im legitimen Bereich, deswegen braucht man doch keine Mitglioeder zu vergraulen !!!


    Man kann aber natürlich sachlich dagegen argumentieren wenn man Lust hat.
    Von mir aus auch weniger sachlich, wenn man verärgert ist, persönlich jedoch sollte man NIE werden (zumindest sollte man es versuchen !!!) ;)



    Freundliche Grüße vonEurer Moderation
    die Augen und Ohren überall hat


    Alfred, Moderator

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    man kann auch versuchen, die Kritik an Solti sachlich zu formulieren. Dass ich kein Fan von Solti bin, sollte mittlerweile bekannt sein. Es gibt Aufnahmen von ihm, die ich nicht schätze - ich kann es aber akzeptieren, wenn jemand sie mag, ohne daraus den Absolutheitsanspruch abzuleiten (hatten wir auch schon). Es gibt Aufnahmen von ihm, die ich sehr schätze (hätte er doch den Ring noch einmal aufgenommen und es wäre etwas derart Wundervolles wie seine 2. Zauberflöte oder die 2. Meistersinger herausgekommen) - würde deshalb aber niemandem das Recht absprechen, Solti nicht zu mögen. Oliver greift mit seiner verallgemeindernden Aussage (die von geringer Kenntnis von Soltis Schaffen zeugt) Solti und die, die seine Aufnahmen mögen, an. Ein Einfaches: Mir gefällt es nicht wäre ausreichend. Finger weg von Solti (oder Böhm, oder Karajan, oder Furtwängler etc.) geht zu weit. Ich wünschte mir, es gäbe noch mehr derart eigenständige Künstler.

    Gruß,
    Gerrit

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Alles OK, Oliver, ich sehe es auf meinem Überwachungsmonitor, schreibt auch soeben eine Antwort. Ich hoffe die ist auch eher versöhnlich. Das Internet ist anfällig in bezug auf Missverständnisse. Zudem will sich in solch einem Forum jeder "behaupten", dies führt gelegentlich zu Zusammenstößen, die sem Anlalss nich angemessen sind, und die versuche ich nach Möglichkeit zu vermeiden.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Thorsten,


    was regst Du Dich denn so auf?


    Zu meiner Meinung steh' ich. Ohne wenn und aber! Ich habe mir das Zeug angehört! Vielleicht hätte ich auch sagen sollen, das die Solti-Aufnahme von Hänsel und Gretel geil ist. Die höre ich mir gerne an. Aber nicht das Wagner und Strauß-Zeugs!!!


    Gruß,
    Oliver


  • Diese Meinung liest sich doch schon ganz anders. Zumindest teilweise. Es ist jetzt kein "Finger weg von Solti" (allgemein). Stellt sich nur noch die Frage, ob Du nur Soltis Wagner und StrauSS nicht magst, oder die Komponisten überhaupt nicht schätzt. Dein Zusatz "Zeugs" lässt mich auf Letzteres schließen und ich finde es auch keine passende Forumlierung.

    Gruß,
    Gerrit

  • Salut,


    Beethoven’s 5. Sinfonie mit Sir Georg Solti war in den 80ern die Einspielung, (auch) für mich. Das war Kraft, Heroik, Beethoven eben… die Aufnahme hatte ich auf Kassette und ist nun leider abgenudelt, ich habe aber auch seit 15 Jahren nicht mehr reingehört. Bei den neueren Einspielungen, die derzeit im Radio laufen, schalte ich ganz schnell den Sender um, da ist ja gar nichts mehr zusammen…!


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli und Rest der Welt,


    Also ich kann mich an keine Zeit erinnern, wo Soltis Beethoven die Einspielung war (ausser natürlich in den Katalogen der Decca).
    Wenn wir bei etwa 1960 beginnen dann war es die Karajan-Einspielung, die Jahrzehentelang alles überstrahlte, selbst die beiden erstklassigen Zyklen von Ferencz Fricsay und Karl Böhm. Da konnen im öffentlichen Bewußtsein allenfalls noch Klemperer und Bernstein (NYP) mithalten, die Betonung liegt auf allenfalls.
    Beethoven mit Kraft und Heroik, das war nun mal Klemperer.
    1978 machte Karajan einen 2. Anlauf, in den frühen Achzigern kam dann die Digitalversion, die waren für viele enttäuschend, weil sie nichts Neues brachten, allenfals einen Hauch von Resignation und Routine. Daher war Gardiners Lesart für kurze Zeit plötzlich in aller Munde, abgelöst von Zinmans IMO) "ordinärer" Deutung.Heute ringen aus meiner Sicht Simon Rattle und Roger Norrington um die Siegespalme, sie sind die Beethoven Spezialisten. Solti war es, zumindest meiner Meinung nach NIE.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred.




    PS:


    Ich habe mir vergangenes Jahr aus der Serie Eloquence 2 Veröffentlichungen des Beethoven Zyklus mir Solti gekauft,
    weil ich bis Dato nichts aus dieser Serie hatt. Ich muß sagen, das
    ist recht gut gemacht,sicher heute seinGeld wert, keine
    Beanstandungen, - aber ein "Jahrhunderteinspielung" ist
    es mit Sicherheit nicht.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich habe mir vergangenes Jahr aus der Serie Eloquence 2 Veröffentlichungen des Beethoven Zyklus mir Solti gekauft,
    weil ich bis Dato nichts aus dieser Serie hatte. Ich muß sagen, das
    ist recht gut gemacht,sicher heute seinGeld wert, keine
    Beanstandungen, - aber ein "Jahrhunderteinspielung" ist
    es mit Sicherheit nicht.


    Die Decca Classics-Veröffentlichung mit 3/5/7 aus Wien ist nur die Hälfte des Geldes Wert. Die 3. halte ich für misslungen, die 5. ist famos, die 7. eine für Solti komische Einspielungen. Im ersten Satz zügelt er das Tempo - er spielt nicht langsam im eigentlichen Sinne. Wie mit angezogener Handbremse. Klingt sehr spannend. Man wartet dann auf das Lospreschen - das passiert aber auch nicht. Kommt vielleicht im Finalsatz.

    Gruß,
    Gerrit

  • @Gerrit: Ich meine Richard Strauss.


    Meine Ablehnung von Solti beruht auf zwei Hörerlebnissen: Götterdämmerung und Elektra. Meine Meinung ist, das Solti kein Gefühl hat. Das er durch Überbetonung das Ganze lächerlich machen will.


    So, jetzt hab' ich das geschrieben, lese mir das durch und...bin bei Solti! Bin ich ein Trottel oder habe ich grade Solti verstanden?


    Gruß,
    Oliver

  • gehört ja eigentlich in die DVD-Abteilung, ich bring es trotzdem hier unter:



    Ich habe die CD der Götterdämmerung nicht, aber diese DVD ist ein BBC-Bericht des Aufnahmeprozesses.
    Ist ein bisschen Schmonses auch dabei, der nicht nach meinem Geschmack ist (was soll das blöde Pferd!?), aber ansonsten ein schöner Dokumentarfilm. (kritiklose Hofberichterstattung aber es gibt auch intime Einblicke in das Entstehen einer Aufnahme.)
    Solti bei der arbeit zuzusehen ist ein großes Vergnügen (ähm, doch nicht ganz, man muß seine Unterhose leider auch mit ansehen, die sichtbar wird, wenn beim dirigieren der zu kurze der Pullover auf Bauchnabelhöhe rutscht...)
    gute nacht

  • Bei mir heute definitiv nicht im Abseits: Seine letzte Aufnahme, entstanden in seiner ungarischen Heimat:



    Decca 458929-2


    Das Programm: Bartoks Cantata profana, Weiners Serenade für kleines Orchester, Kodalys Psalmus hungaricus. Sehr persönlich die Zusammenstellung, denn alle drei waren Soltis Lehrer in dessen Jugendzeit.


    Es spielt das Budapest Festival Orchestra sowie der Chor des Ungarischen Rundfunks. Ein wenig weicher als die meisten seiner Chicago-Aufnahmen, aber wirklich nur ein wenig. Soltis Stil (unsentimental, vorwärtsdrängend, schnörkellos) bleibt erhalten.

    Gruß,
    Gerrit

  • Eine weitere *besondere* Aufnahme:


    Mozarts Requiem dirigiert anlässlich des 200. Todestages von WAM. Solti dirigiert die Wiener Philharmoniker:



    Kraftvoll, stürmisch, energisch.

    Gruß,
    Gerrit

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