Postmoderne - Ausweg oder Irrweg ?

  • Ich erkläre vorweg, dass ich mit dem, was gemeinhin unter "Postmoderne" läuft, eher nichts anfangen kann und daß sie mir kaum sympathischer ist als die sogenannte "Avantgarde" oder diverse experimentelle Zeitströmungen der letzten 50 oder 60 Jahre.
    Das ist aber lediglich mein persönlicher Eindruck - Andere mögen das anders sehen.
    Vielleicht wäre es für diesen Thread hilfreich, wenn an diesem Thema Interessierte, einige (vermeintliche oder wirkliche) prominente Vertreter dieser Richtung vorstellen könnten, idealerweise mit einem oder zwei typischen Werken.
    Über die Einschätzung dieser Modeerscheinung (?) oder Entwicklung kann genauso geschrieben werden, wie über die mutmaßlichen Gründe, die zur ihrer Entstehung geführt haben.
    Oder mit Fontane zu sprechen: Das ist ein ein weites Feld.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Gründe, die zur Entstehung geführt haben, haben die Komponisten ja (wahrscheinlich durchaus karrierefördernd) genannt: Die Avantgarde sei eine Sackgasse gewesen, die eigene Beteiligung daran hätte sie nicht befriedigt. Hinzu kommt sicher in vielen Fällen die Unzufriedenheit mit dem allzukleinen Publikum für Avantgardemusik. Das betrifft insbesondere die Generation der heute 80-Jährigen, die um 1970 nicht länger in den Fußstapfen der etwas älteren Avantgarde-Päpste marschieren wollten und eine größere Wende vollzogen als ihre älteren Kollegen, die ebenfalls von der reinen Lehre ihrer Jugend Abschied nahmen und auseinanderdrifteten, aber nicht unbedingt gleich in eine "Anti-Moderne" oder eben "Postmoderne". Die prominentesten Vertreter dieser 80er stammen aus Osteuropa und Amerika, im deutschsprachigen Raum haben erst die heute 60-Jährigen auf breiter Basis gegen die Neue-Musik-Uniformiertheit rebelliert. Diese haben aber in den 90er-Jahren wieder eingelenkt und die Grenzen zwischen Moderne und Postmoderne weitgehend wieder aufgehoben (oder überwunden).


    Der bei uns populärste Vertreter der Postmoderne ist der estnische Komponist Arvo Pärt (*1935), der 1976 seinen "Tintinnabuli-Stil" begründet hat: Dreiklänge und Tonleitern erklingen in polyphonem Satz, in dem sich recht unterschiedliche Zusammenklänge ergeben, der aber so streng organisiert ist, dass man seinen Stil als minimalistisch bezeichnen könnte. Wichtig ist aber abgesehen von den Anklängen an mittelalterliche Musik vor allem die spirituelle Botschaft seiner Musik, die sich auch damit als Gegenpol zur gedankenlastigen Avantgarde positioniert.


    Preisgünstig kann man hier einige der bekanntesten Vokal- und Instrumentalwerke kennenlernen:

  • Hallo,


    da wäre auch auf "Morten Lauridsen" hinzuweisen, zu dem es einen von mir gestartetenThread im einschlägigen Forum gibt.
    Seine Harmonik ist sehr subtil und sein polyphoner Stil äußert kunstvoll, dabei "durchaus hörbar"!


    Auch Hugo Distler dürfte zu den Postmodernen zu zählen sein. (Da gibt es sogar 2 Threads, einen ganz vorzüglichen von "audiamus" gestarteten "Hugo Dislter - Neuerer der ev. Kirchenmusik" und "Distler, Hugo - Das Mörike-Chorliederbuch".) Jedenfalls ist er neue Wege gegangen, die insbesondere für die Chormusik wegweisend waren.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Auch Hugo Distler dürfte zu den Postmodernen zu zählen sein.


    Keine Ahnung ...
    Hugo Distler (1908 - 1942) ist ein Vertreter des Neoklassizismus, der seit 1920 die vielleicht erfolgreichste Strömung der klassischen Musik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war mit den Hauptvertretern Strawinsky und Hindemith (ferner Ravel, Milhaud und ungezählte andere, ich habe nur die Typischstmöglichen genannt).

  • Die Postmoderne betont gegen die klassische Moderne, die nach einem integralen System sucht, die Heterogenität, die Widerstreite, die es zu aktivieren gilt. Von daher ist sie das Gegenteil vom Neoklassizismus, der nach dem "Trost der schönen Formen" sucht.


    Die Frage ist natürlich, wie das "Post" zu verstehen ist. Mit der Postmoderne im philosophischen Kontext ist gerade kein Epochenbegriff gemeint, sondern eine neue Art, die Moderne zu lesen. Insofern können auch klassische Werke postmoderne Züge haben, die man entdecken kann.


    Beste Grüße
    Holger

  • Hallo,


    unter Hinweis auf meinen Beitrag Nr. 69 im Thread "Chormusik der Moderne" nenne ich nun auch noch John Teverner hier.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler