Über den Umgang mit Künstlern an Opernhäusern

  • Dieser Beitrag wurde auf Wunsch des Erstellers aus einem anderen Thema hierher verschoben.


    So ein Thread würde mich auch interessieren, da ich auch festgestellt habe das der Umgang mit Künstlern von Opernhaus zu Opernhaus unterschiedlich ist. Dadurch das ich einen Bekannten habe der Regisseur ist hatte ich die Gelegenheit zumindestens in NRW an Proben teilzuhaben. Selbst als Regisseur hatte er an bestimmten Opernhäusern Magenschmerzen, wenn er zu den Probearbeiten musste, da er mit den jeweiligen Intendanten bzw. Dirigenten, die diese Produktionen betreuten immer aneinander geraten ist, da sie, so wie er es ausdrückt, seine "Autorität als Regisseur" untergraben wollten. Und er sprach auch das Thema Mobbing an.

  • Liebe Forianer
    Eins solcher Thread wurde angeregt - bitte hier ist er.....


    Dazu muss natürlich gesagt werden, daß die vermutlich von Haus zu Haus verschieden sein wird - aber einige "Standardregeln" werden sich mit Sicherheit durchgesetzt haben.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Markus


    Ich freue mich über diesen neuen Thread und hoffe auf rege Beteiligung.
    Du bist ja noch relativ neu in unserem Forum und wirst Dich schrittweise durch andere Threads durcharbeiten. Darf ich Dich da mal auf ein Thema aufmerksam machen, was Dich vielleicht speziell als Sänger interessieren könnte. Du findest das unter Die großen Sänger der DDR. Dieser Thread wurde im Dezember wieder ins Leben gerufen ab Btr. 134.
    Sehr interessant dürften für Dich auch besonders die Btr. ab 201 sein.


    Evtl. viel Freude und herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hier der link zur website der Sängerin Elisabeth Kulman, die sich vehement für eine bessere Behandlung der Sänger einsetzt.
    Es handelt sich um einen Gastbeitrag des Künstler-Agenten Germinal Hilbert zu Thema, der lesenswert ist. Auch für Freunde des Regietheaters.


    http://www.elisabethkulman.com…tleragenten/#.UXOfPUqU6dw


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Der Artikel spricht Bände. Es zeigt sich, wofür die Opernhäuser heute das Geld hinauswerfen. Wenn für eine besch...... Inszenierung heute die doppelte Probezeit benötigt wird als früher für eine vernünftige Inszenierung und eventuell für eine aufwendige Maschinerie an nichtssagenden Kulissen und sonstigem Klapperatismus mehr aufgewendet wird als für ein weniger aufwendiges, dafür aber ein Bild, das den Ort der Originalhandlung erkennen lässt, dann bleibt natürlich für denjenigen, der die eigentliche Handlung trägt, nur noch Kleidung aus der Altkleidersammlung und ein geringes Gehalt übrig. Wenn dann der eigentliche Künstler auch noch gezwungen wird, ihm widerstrebende Handlungen vorzunehmen, dann kann man das schon mit Mobbing vergleichen.
    Das wirft auch ein besonderes Licht auf die "Kunst" der dieser Intendanten und Regisseure. Das Werk interessiert diese Leute, die in ihre verrückten Ideen versessen sind, absolut nicht. Aber der arme Sänger (der wirkliche Künstler) muss dann den Unmut des Publikums über sich ergehen lassen.
    Abgesehen davon verschlingt ein Werk, eventuell noch von einem berüchtigten und daher hochbezahlten Regisseur, das schon nach kurzer Zeit abgesetzt werden muss, weil keiner es mehr sehen will, eine Unmenge an Geld, das durch den Wert des Machwerks nicht aufgewogen wird.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die Misere ist, dass es neben dem am meisten besprochenen und beklagten Auswüchsen des Regietheaters kaum mehr umfangreiche, funktionierende Ensembles an den Opernhäusern gibt. Dadurch werden unter den Stichworten Internationalisierung und Globalisierung die Besetzungen ständig ausgetauscht. Sängerinnen und Sänger, die am freien Markt agieren, müssen also dafür sorgen, dass sie im Geschäft bleiben und möglichst oft verpflichtet und besetzt werden. Diese Situation spielt nun den für die Besetzungen Verantwortlichen - meist Operndirektoren und Regisseure - sehr in die Hände. Sänger müssen außer, dass sie leistungsmäßig das Geforderte bringen, ins Konzept passen - also das tun, was die Führungsriege will - und pflegeleicht sein. Ein solcher Führungsstil wurde bereits von Machiavelli unter dem Strichwort "teile und herrsche" empfohlen und ist als Machiavellimus in die Geschichte eingegangen. Der Umgang in diesem Stil wird als bedenkenlose, menschenverachtende Machtpolitik kritisiert. In diesem System agieren Künstler in der Musiktheaterszene - siie arrangieren sich, machen mit, oder sie sind weg vom Femster.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Dr. Germinal Hilbert ist der führende deutsche Sängeragent. Seine Ausführungen sind von enormer Erfahrung, Offenenheit und Mut getragen. Sie beschreiben die Situation ungeschminkt, stimmen völlig und untermauern meinen vorstehenden Beitrag.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich habe jüngst in einer anrührend und sehr versiert geschriebenen Biographie eines der größten deutschen Bassisten aller Zeiten folgende sehr treffende Einlassungen des Sängers über dieses Thema gelesen:
    "Er beklagte ständig, daß das Ensemble-Theater kaum mehr existierte, weil er darin die Grundlage befiredigender Opern-Gesamtleistungen sah. Es bedrückte ihn, wenn junge hioffnungsvolle Talente mit hervorragendem Stimmmaterial so schnell, wie sie hochgepuscht wurden, auch wieder verschwanden. ...Richtig in Rage geriet der Sänger über manche modernen Inszenierungen".
    Vielleicht darf dieser Sänger, der nun schon bald 20 jahre tot ist, dennoch froh sein, dass er die schlimmsten Auswüchse des Regietheaters nicht mehr miterleben musste.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • EIN Zitat aus dem Gastkommentar von Dr. Germinal Gilbert


    Zitat

    Verschiedene Opern mussten wegen der Regie nach kurzer Zeit aus dem Spielplan genommen werden, weil sich die Vorstellungen nicht mehr verkaufen konnten.


    Den genauen Zusammenhang findet man auf der Website von Elisabeth Kulman - Link befindet sich in Beitrag Nr 5


    Ich finde mich aber in meiner Meinung bestätigt, daß unverkäufliche Vorstellungen meist durch die inädiquate Regie verursacht werden, und rege an -solche Produktionen gar nicht erst zuzulassen. Erste Schritte - wenn auch leise - lassen sich hier bereits beobachten.....


    Um beim Thema zu bleiben - Angemessene Gagen und gute Arbeitsbedingungen sind dann leistbar und durchsetzbar, wenn die Auslastung der Häuser gewährleistet ist. Das wird sich jedoch nur durch publikumsfreundliche Politik erreichen lassen - welche ZAHLENDES Opernpublikum anlockt. Regietheater ist hier nicht auf meiner Wunschliste. Für Experimente ist an den ersten Opernhäusern kein Platz !!!
    Der Regisseur hat Diener des Publikums zu sein - er muß ebenso gefallen - wie die Sänger. Gleiches gilt auch für die Ausstatter.
    Letztlich haben es aber die Intendanten in der Hand ob sie eine gute oder weniger gute Auslastung ihrer Häuser erzielen können - Und sie werden - dessen bin ich mir sicher - in Zukunft mehr Rechenschaft darüber ablegen müssen als bisher.
    Indem man aber den Sängern (bildlich gesprochen) einfach den Hals zudreht - werden keine wirklichen Einsparungen erzielt - sondern das Problem nur verschärft.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Der Regisseur hat Diener des Publikums zu sein - er muß ebenso gefallen - wie die Sänger. Gleiches gilt auch für die Ausstatter.

    und - wesentlich - zu ergänzen "und des Werks"

    Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Indem man aber den Sängern (bildlich gesprochen) einfach den Hals zudreht - werden keine wirklichen Einsparungen erzielt - sondern das Problem nur verschärft.

    und das ist - wie ich oben schon sagte - eine Folge der Verschwendung für nichtsnutzige Regisseure, die viel mehr Zeit und Geld für ihre absurden Ideen brauchen, als vernünftige Regisseure (z.B. wie in dem Artikel genannt, die doppelte Zeit für Proben), und die dadurch auch dafür sorgen, dass dieser Mist schon - ohne dass seine Kosten sich auch nur zum geringstem Teil bezahlt gemacht hätten - in kürzester Zeit von der Bühne verschwindet. Und das Publikum, das nach all dem Desastern auf den Opernbühnen, misstrauisch geworden ist, welche Mogelpackung ihm wieder untergejubelt werden soll, wieder zurückzuholen, dürfte reichlich schwer fallen. Und die Sänger haben nicht nur den Unmut des Publikums zu ertragen, sondern müssen das auch finanziell ausbaden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Was ich schon immer sagte: Die Sänger werden zu willenlosen Marionetten und Sklaven einer Regiediktatur erniedrigt, so dass ihre Persönlichkeit und künstlerische Gestaltungskraft auf Null gedreht werden, denn sie müsssen ja vor allem austauschbar sein. Die Folge: Interpretation und Rollengestaltung gehen auf Kosten der stringenten Regiekonzepte den Bach hinunter. Da darf man sich nicht wundern, dass heutzutage die Künstler-Marionetten Persönlichkeit und Charisma nicht mehr einbringen können. Gottseidank haben wir noch Zeiten erlebt, wo die Sänger noch nicht von solch mediokren Regiezwängen vergewaltigt wurden und ihre Rollengestaltung mit Emotionen und Kreativität zur Freude und Begeisterung des Publikums einbringen konnten. - Damals lebte die Oper noch, heute allerdings ist sie nur noch ein schales Abziehbild.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Nun ja, Herr Hilbert teilt uns nicht mit, wie hoch oder niedrig die Gagen sind und wir erfahren auch nicht, dass eine Künstleragentur mehr verdient, wenn die Gagen hoch sind, weniger, wenn sie niedriger sind. Eine rasch abgesetzte Inszenierung ist immer auch eine finanzielle Einbuße für die Agenten. Insofern sind die Klagen nicht ganz ohne Eigennutz.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die Misere ist, dass es neben dem am meisten besprochenen und beklagten Auswüchsen des Regietheaters kaum mehr umfangreiche, funktionierende Ensembles an den Opernhäusern gibt. Dadurch werden unter den Stichworten Internationalisierung und Globalisierung die Besetzungen ständig ausgetauscht. Sängerinnen und Sänger, die am freien Markt agieren, müssen also dafür sorgen, dass sie im Geschäft bleiben und möglichst oft verpflichtet und besetzt werden. [...]


    Tatsächlich finde ich diesen Aspekt wesentlich präkerer, als die ständige Fokussierung auf das leidige Thema Regietheater. Zeigt es doch, dass der immer weniger wertschätzende Umgang mit den eigentlichen Arbeitskräften - Stichworte: Zeitarbeit, Scheinselbständigkeit, Consulting, Outsourcing etc. - auch vor dem hehren Kulturbetrieb keinesfalls halt macht :(

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Der Regisseur hat Diener des Publikums zu sein. Gleiches gilt auch für die Ausstatter.

    Völlig richtige Meinung. Ich habe schon oft gesagt, in der Hierarchie stehen diese Leute unter dem Publikum. Denn erst das Publikum ermöglicht ihnen ihre berufliche und somit wirtschaftliche Existenz!



    Gottseidank haben wir noch Zeiten erlebt, wo die Sänger noch nicht von solch mediokren Regiezwängen vergewaltigt wurden und ihre Rollengestaltung mit Emotionen und Kreativität zur Freude und Begeisterung des Publikums einbringen konnten. - Damals lebte die Oper noch

    Ja damals und wirklich "Gottseidank" und welch ein Glück und Dankbarkeit, daß wir, jeder für sich, herrliche unvergeßliche Opernabende erleben durften. Aus dem Paradies unserer Erinnerungen kann uns niemand vertreiben oder uns dieses nehmen. Um so verständlicher, daß wir gegen jede Art der "Verunstaltung" sind und dafür nicht das mindeste Verständnis aufbringen. Wir werden in unserer Kritik und unserem Kampf nicht nachlassen und unser Forum ist eine gute und wichtige Ausgangsbasis.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Völlig richtige Meinung. Ich habe schon oft gesagt, in der Hierarchie stehen diese Leute unter dem Publikum. Denn erst das Publikum ermöglicht ihnen ihre berufliche und somit wirtschaftliche Existenz!


    So, wie die Krankenschwester in der Hirarchie unter dem Patienten steht und die Verkäuferin hirarchisch unter dem Kunden? - Lieber chrissy, ich weiss zwar im Prinzip, was Du meinst (und bin da vollständig anderer Meinung), aber solche Sätze klingen in ihrer Allgemeinheit schon ziemlich "komisch" - und das nicht im Sinne von "lustig" ... :no: Überhaupt: Um was für einen merkwürdigen Hirarchie-Begriff geht es hier eigentlich?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hallo MSchenk,


    Dein feiner Humor in Deinem Beitrag (dem ich voll zustimme) hat eine Lachsalve bei mir ausgelöst und er bringt die Kritik an eingestellten Meinungen sowas von belustigend rüber - "das ist Spitze", ein Lob der "Hiraerchie".


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber Michael


    Im Gegensatz zu einem anderen, der sich hier ungefragt mit seinen, wie schon seit langem, kuriosen und nicht ernst zu nehmenden fragmentarischen Einwürfen einmischt, will ich Dir gerne antworten.

    Überhaupt: Um was für einen merkwürdigen Hirarchie-Begriff geht es hier eigentlich?

    Also bitte, Michael..., nun stell´Dich doch nicht so. Du bist in meinen Augen ein intelligenter Mensch, dem man bestimmt nicht erklären muß, was man unter Hierarchie versteht.



    ich weiss zwar im Prinzip, was Du meinst

    Ja, eben, sage ich doch. Du bist intelligent und weißt ganz genau, wie ich das meine und ich muß da keine lange Erklärung geben. Ich mache es deshalb ganz kurz und beschränke mich auf ein zwar fiktives, aber gewünschtes Beispiel:
    Ein gewisser "Regisseur", nennen wir ihn Herr B., inszeniert und egal wo, das Publikum bleibt weg, der Zuschauerraum bleibt überall leer. Auch wenn das ein gewünschter Zustand ist, der zwar vorerst noch nicht eintritt, das meine ich hier mit Hierarchie, man kann es auch Abhängigkeit des Künstlers vom Publikum nennen. Noch eins. Ein Kunstmaler kann nur seine Bilder verkaufen, wenn er für Interessenten und die Käufer malt. Malt er gegen die Interessen der Zahlenden, wird er nichts verkaufen, egal wie genial er ist. Er hat sich also in einem gewissen Maße anzupassen und unterzuordnen, ob er will oder nicht.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zum Thema Probenumfang und -Aufwand.


    Leider fehlt mir das Insiderwissen, um dazu ein Urteil abzugeben. Allerdings habe ich in einem Interview mit einem weiblichen Opernstar (ich glaube es war die Garanca, bin mir aber nicht sicher) gelesen, dass diese sich über unzureichende Proben beschwerte. Da hieß es, dass oft nur eine Orchester- und eine Regieprobe angesetzt wird. Dadurch, dass Letztere nicht in den Originalkulissen, sondern auf einer Probebühne erfolgt, kommt es immer wieder zu Unfallgefahren.


    Schlimmer find ich allerdings, dass anscheinend normale Sängerinnen und Sänger Rollen nicht ablehnen dürfen, selbst wenn es eine Gefahr für die Stimme gibt. Stars wie die Garanca (Les Troyens in Berlin) oder Netrebko (Figaro in Baden-Baden) können Rollen ablehnen, weil sie sich (noch) nicht in der Lage sehen eine Rolle zu singen. Bei der Netrebko hat man gleich eine andere Oper ins Programm genommen. In beiden Fällen bin ich einer von den Leidtragenden. Stars können auch schlechte Inszenierunge ablehnen. Bei Leo Nucci hat es in Hamburg einmal dazu geführt, dass eine alte Inszenierung "ausgegraben" wurde und anstelle der Neuinszenierung gebracht wurde.


    Liebe Grüße


    Serse

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  • Zum Thema: Regisseure des Regietheaters.


    Ich glaube, dass man immer über die Falschen schreibt. Die Regiesseure sind eigentlich nicht Schuld bzw. nicht die alleinigen Schuldigen.


    Wenn ich Regisseur wäre, würde ich mir auch überlegen, ob ich eine schöne Oper inszeniere, die in der Öffentlichkeit nur kurz wahrgenommen wird. Oder lieber eine spektakuläre provozierende Inszenierung, die über einen längeren Zeitraum in aller Munde ist, mache.


    Sebastian Baumgartens Bekanntheit hat durch seine Wagner-Biogasanlage einen gewaltigen Schub bekommen. Und Dörries Affen sind auch noch heute ein Thema. Im Rahmen der Neuinszenierung des Rigoletto an der MET gab es ein Telefoninterview mit der Dörrie, dass eine renommierte Zeitung vor kurzem abgedruckt hat. Mit dem Regisseur des Wiener Rigolettos hat keiner gesprochen.


    Nein! Man muss bei den Intendanten oder sogsr bei der Politik anfangen.
    Die Vorgabe der Politik für den neuen Intendanten (Michael Börgerding) des Bremer Theaters ist es künstlerisch zu provozieren. Der Intendant macht es. Und wenn dann die Zuschauer (Die Banditen/ Regie Herbert Fritsch) ausbleiben, findet er schnell die Schuldigen: Das Bremer Publikum! Dieses ist ja wesentlich konservativer als das Berliner Publikum. Sein Regisseur (vom Schauspiel) hat ja viel Preise gewonnen und in Berlin Erfolg gehabt. Naja bei einem etwa zehn mal so großem Potential an Theatergängern kann auch ein umstrittener Regisseur ein Theater (von vielen) über einen gewissenn Zeitraum füllen.
    Die Komische Oper mit Barrie Kosky kann auch nur in Berlin existieren. In Bremen oder Düsseldorf wäre die Auslastung bestimmt bei 20%.


    Also wir sollten mehr über die Intendanten meckern als über die Regisseure. Die Intendanten suchen die Regisseure aus und wissen auch was und in welcher Form diese inszenieren werden.


    Guten Morgen


    Serse

  • Lieber Serse,


    wenn ein Regisseur seine Interpretation in erster Linie danach ausrichten würde, was den meisten Aufmerksamkeitsgrad und Ankommenseffekt hat, dann ist das m. E. keine Kunst mehr, sondern reiner Populismus. Regie muss von einem schlüssigen Konzept getragen werden, dass Inhalt und Handlung erzählend und deutend vermittelt. Wenn dabei dann noch Neues, Einprägsames, Spektakuläres gelingt, dann erhält ein solches "Regiekunstwerk" zu Recht hohe Beachtung und Anerkennung. Leider wird bei der heutigen Sensationsgier jeder billige Klamauk beachtet und publiziert, deshalb haben auch Affen, Ratten und eine im Tannhäuser völlig werkfremde, unsinnige Biogas-Anlage Chancen beachtet zu werden. Leider!


    Bei denjenigen, die Regiesauswüchse zulassen, gehören Intendanten, Regisseure, Dramaturgen, Medienvertreter usw. alle in einen Sack. Es ist das ganze System, das hier zusammenwirkt und solche Inzenierungen zuläßt. Das Publikum - die Mehrheit der Opernfreunde - müssen nach und nach dieses System aufsprengen und eine neue Realistik und Ästhetik des Opernschaffens verlangen, erstreiten und durchsetzen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Also bitte, Michael..., nun stell´Dich doch nicht so. Du bist in meinen Augen ein intelligenter Mensch, dem man bestimmt nicht erklären muß, was man unter Hierarchie versteht.


    Und eben genau deshalb finde ich diesen Begriff ziemlich unglücklich gewählt ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Das beste Beispiel ist der Regisseur Dietrich Hilsdorf. In den 80 Jahren waren seine Verdi Inszenierungen am Essener Aalto Theater immer ein Garant für eine Provokation und grade deswegen hatte er seine Fan Gemeinde. In der heutigen Zeit wird er "Altersweisheit"? immer konventioneller was seine Inszenierungen angeht und was schreiben die Kritiker: Ihm würde nichts mehr einfallen. Als er die Traviata in Köln inszeniert hat, war in der Pause die Meinung meiner Mitbegleiter, das Herr Hilsdorf doch in Rente gehen sollte, da er ja nur noch die Geschichte nacherzählen würde und das wäre ja langweilig und auch nicht die Aufgabe eines Regisseurs.

  • . Als er die Traviata in Köln inszeniert hat, war in der Pause die Meinung meiner Mitbegleiter, das Herr Hilsdorf doch in Rente gehen sollte, da er ja nur noch die Geschichte nacherzählen würde und das wäre ja langweilig und auch nicht die Aufgabe eines Regisseurs.

    Und was soll dann bitteschön die Aufgabe eines Regisseurs ist? Falls es sog. werkfremde Provokationen sein sollten, welcher Art auch immer, dann wäre ich dafür einen Regisseur wegzulassen, ein historisches Bühnenbild mit der eingesparten Gage zu rekonstruieren und die Sänger im übrigen durch Improvisation spielen zu lassen....

  • Zitat

    Zitat von Rodolfo: das Herr Hilsdorf doch in Rente gehen sollte, da er ja nur noch die Geschichte nacherzählen würde und das wäre ja langweilig und auch nicht die Aufgabe eines Regisseurs.

    Das ist eine sehr seltsame und abwegige Auffassung von der Aufgabe eines Regisseurs. Die Aufgabe des Regisseurs ist ganz eindeutig, Bild und Handlung nach den Vorgaben des Komponisten und Librettisten zu gestalten, nicht, das Werk zu verändern. Und das ist doch in erster Linie das Nacherzählen, nicht das Verhunzen. Gegen eine Provokation ist nicht einzuwenden, wenn der Regisseur das Werk selbst verfasst hätte. Aber das Werk eines anderen zu missbrauchen ist ein unverzeihliches Vergehen. Allerdings gehört dies in ein anderes Thema.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard, lieber Figarooo,


    ich habe diese Auffassung von der Aufgabe eines Regisseurs auch nicht verstanden. Als ich Ihnen dann meine Sichtweise erzählte, die sich mit der Eueren deckt, wurde ich nur belächelt und es wurde gemeint, ich hätte ja keine Ahnung und hätte überhaupt nicht verstanden, wie das Opernbusiness funktioniert. Seitdem verzichte ich gerne auf deren Begleitung.

  • Auch wenn Hugo Portisch in untenstehendem Zitat die gesellschaftspolitische Entwicklung Österreichs meint, so ist es doch mehr als bedenkenswert:


    Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart beurteilen.


    Dies ins Stammbüchel aller Ignoranten, die auf Grund ihrer Unkenntnis (entweder zu jung oder erst spät zur Oper gestoßen) der Umtriebigkeit ausscherender Regiegurus in die Falle gegangen sind.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart beurteilen.
    Dies ins Stammbüchel aller Ignoranten, die auf Grund ihrer Unkenntnis (entweder zu jung oder erst spät zur Oper gestoßen) der Umtriebigkeit ausscherender Regiegurus in die Falle gegangen sind.

    Danke, mein lieber Bruder im Geiste. Chapeau! Meine vollste Zustimmung. Du triffst es punktgenau.


    Herzliche Grüße ins schöne Wien
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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