Hallo,
hinter meiner Überschrift verbirgt sich die Frage an alle, ob Euch auch bereits aufgefallen ist, daß bei Aufführungen und Aufnahmen der Opern Richard Wagners, Stimmen gerade deshalb nicht miteinander harmonieren, weil sie sich nicht voneinander absetzen:
1.) Beispiel: Tannhäuser-Wolfram: Hier funktioniert ein sehr lyrischer Wolfram nur, wenn der Tannhäuser kein baritonaler Heldentenor ist. Problematisch bei den Paarungen Lauritz Melchior/Herbert Janssen; Ramon Vinay,Hans Hopf/Dietrich Fischer-Dieskau. Gut gelöst bei: Ramon Vinay/George London; Karl Liebl, Hans Beirer/Eberhard Wächter; Wolfgang Windgassen/Dietrich Fischer-Dieskau oder Klaus König/Bernd Weikl. Ganz allgemein ist der Einsatz von Fischer-Dieskau bei Wagner kritisch zu betrachten, so als Kurwenal neben Suthaus, als Amfortas neben Vinay und Sachs neben dem Beckmesser von Roland Herrmann. Um das Problem in die Gegenwart zu ziehen: Meiner Meinung nach sollte Christian Gerhaher nur für eine Tannhäuser-Aufführung engagiert werden, wenn er Peter Seiffert oder Johan Botha als Bühnenpartner hat und nicht etwa Stephen Gold.
2.) Beispiel: Eine ähnliche Problematik tut sich auch beim Fliegenden Holländer auf, durch die oft nicht klare Unterscheidbarkeit von Holländer/Dalland einerseits und Erik/Steuermann andererseits. Meiner Meinung nach in beiden Paarungen ganz besonders deutlich in der Aufnahme von 1944 unter Krauss mit Hotter/Hann und Ostertag/Klarwein. Eine zu große Nähe zwischen Holländer/Daland gibt es außerdem bei allen Aufnahmen mit Karl Ridderbusch als Daland, in der Aufnahme unter Dorati mit London/Tozzi und Crass/Greindl unter Sawallisch. Sehr gut oder gut gelöst wurde das Problem der Stimmverhältnismäßigkeit zwischen Holländer/Daland und Erik/Steuermann meines Erachtens bei den Aufnahmen unter Ferenc Fricsay, Franz Konwitschny, Otto Klemperer, Herbert von Karajan und Christoph von Dohnany. Mit Metternich/Greindl/Windgassen/Haefliger; Fischer-Dieskau/Frick/Schock/Wunderlich; Adam/Talvela/Kozub/Unger; Van Dam/Moll/Hofmann/Moser und Hale/Rydl/Protschka/Heilmann. Vor diesem Hintergrund würde es mich sehr interessieren, wie lyrisch der Steuermann in einer Holländer-Aufführung/Aufnahme sein müßte, mit Klaus-Florian Vogt als Erik ? Müßte er nicht ein Countertenor sein ?
Warum kommt es zu solchen Entwicklungen ? Ist es nicht so, weil die Stimmlagen, die der Musik Wagners ihr Alleinstellungsmerkmal verleihen, Hochdrammatische Soprane, Heldentenöre und Heldenbaritone, in den letzten Jahrzehnten durch umtrainierte Mezzosoprane, lyrische Baritone und Bässe gesungen werden müssen, um sie überhaupt noch besetzen zu können ?
Ich freue mich auf Meinungen !
Frohe Ostern,
Antalwin