Carmen an der neuen Oper Kopenhagen am 20.03.2013

  • Ich bin neu im Forum und dies ist mein erster Beitrag.



    Ich war gerade in Kopenhagen und habe dort ein sehr vielfältiges Kulturprogramm gehabt. Als Abendveranstaltungen gab es eine klassische Opernaufführung der Carmen, ein aus meiner Sicht gelungenes Regietheater (Il trittico) und ein Ballett (Romeo et Juliette in einer Neumeier-Inszenierung). Über den Trittico werde ich in Kürze berichten, jetzt erst einmal zu Carmen.



    Die Inszenierung ist typisch für David McVicar. Ein Fest für die Augen der Liebhaber der konventionellen Oper. Ein aufwändiges Bühnenbild mit sehr guter Lichttechnik und schönen Kostümen. Alles ist Ort und Zeit der Handlung angepasst.


    Leider konnte das Orchester unter dem jungen Alexander Prior den guten Eindruck der Inszenierung nicht optimal in Szene setzen. Der erst zwanzigjährige Dirigent wird als zukünftiger Star der Dirigentenszene angesehen und soll schon als 14jähriger in St. Petersburg eine selbst geschriebene Symphonie dirigiert haben.


    Mit diesem Background hat er die Carmen etwas eigenwillig interpretiert.
    Aus meiner Sicht teilweise zu langsam und zu wenig akzentuiert –beinahe etwas langweilig. Dann wiederum forcierte er das Tempo, als ob er die verlorene Zeit wieder einholen wollte.


    Darunter hatten auch die Solisten zu leiden. Insbesondere fiel das bei den populären Arien auf, die überwiegend nicht so dargeboten wurden, wie sie nach meinem Gefühl sein sollten.


    Elisabeth Jansson hat einen schönen Mezzo und konnte als Carmen nicht nur stimmlich überzeugen. Allerdings wurde sie später etwas schwächer und hatte Probleme gegen die Musik anzusingen. Ich mag es, wenn die Rolle wie in diesem Fall mehr mit unterschwelliger Erotik interpretiert wird und nicht so sehr mit offenem Sex.


    Während Elisabeth Jansson auch optisch meinen Vorstellungen von einer Carmen entsprach, war das bei den anderen Hauptrollen nicht der Fall. Am Besten passte Alexander Vinogradov als Escamillo noch zu seiner Rolle. Der junge Bariton verfügt über eine schöne Stimme, die aber in den Grenzbereichen doch etwas Schwierigkeiten hatte.


    Paul Charles Clark war nicht der einfache junge Mann vom Lande, als den ich den Don Jose sehe. Erst seine Verzweiflung im 4. Akt wirkte authentisch. Er hat eine schöne Tenorstimme, die allerdings etwas schwach erschien.


    Micaela sollte das liebe Mädchen vom Lande sein, dies konnte Inger Dam-Jensen nicht darstellen. Ihre schöne ausdrucksvolle Stimme wirkte auf mich zu erwachsen für die Rolle. Insbesondere in ihrer ersten Arie war die Stimme nicht immer klar und rein.


    Facit: Etwas für Liebhaber klassischer Inszenierungen. Der Gesang war insgesamt von gehobener Qualität. Am Beifall für den Dirigenten konnte man erkennen, dass ein Großteil der Zuschauer im ausverkauften neuen Opernhaus sein Dirigat anders beurteilte als ich.


    Der liegende Toaster, wie ihn die Kopenhagener nennen, ist ein modernes Opernhaus, das mir von außen nicht so gut (im Vergleich zu Oslo oder Valencia) gefallen hat. Das Innere ist sehr modern, ansprechend, klar und hell mit sehr schönen Ausblicken auf Kopenhagen.