Jean Henri d'Anglebert - Cembalomeister des Königs

  • Jean Henri d'Anglèbert wurde 1629 in Bar-de-Luc (Departement Meuse) geboren.
    Sein Vater war Schuhmacher, wie er nach Paris kam und über seine erste musikalische Ausbildung ist nichts bekannt.
    Doch so wie Louis Couperin, der Onkel des berühmten Francois, wurde er Schüler bei Jacques Champion de Chambonnières, dem begründer der frz. Cembaloschule und erster Cembalomeister am Hofe Louis XIV.
    Er heiratete die Schwägerin von Francois Roberday, einem der berühmtesten Organisten der Zeit, der auch übrigens einer der Lehrer von Lully war.
    Er erhielt die Bürgerrechte und ein Organistenamt bei den Jakobinern.



    Jean Henri d'Anglèbert


    1660 wurde er Cembalomeister des Herzogs von Orlèans, dem Bruder des Sonnenkönigs und folgte Henri Dumont im Amt nach.
    Diese Position sollte er bis 1668 inne haben.


    Nach dem Ausscheiden von Chambonnières der sich mit Lully überworfen hatte, da er sich weigerte in seinem Orchester mitzuspielen wurde d'Anglèbert zum Cembalomeister des Königs ernannt.


    Im Gegensatz zu Chambonnières war d'Anglèbert von Lullys Orchesterwerken begeistert, er bearbeitete ettliche seiner Simphonien zu Cembalotranskriptionen um.


    Erst 1689 veröffentliche er seine Sammlung mit Cembalowerken, sie enthält vier Suiten und die Bearbeitungen von Lullys Orchesterwerken.
    Daneben veröffentlichte er eine "Kyrie" und fünf kurze Fugen für Orgel.



    Obwohl das von ihm erhaltene Werk sehr klein ist, so ist es doch umso beeindruckender. Seine Cembalowerke machen ihn zum wichtigsten Cembalokomponisten vor Couperin, besondere Beachtung verdient die umfangreiche Tabelle der Verzierungen der Zeit, welche besonders für heutige Musiker einen unschätzbaren Wert darstellen.
    Wilhelm Friedemann Bach nahm schon diese Tabelle um seine eigene daraus zu erstellen.
    Sein Vater Johann Sebastian Bach brachte d'Anglèbert höchste Bewunderung entgegen.


    Die große Kunst der Verzierung ist es auch was die Werke d'Anglèberts so einzigartig machen.




    Eine kleine Auswahl an den wirklich nicht wenigen Einspielungen:



    Céline Frisch
    Café Zimmermann


    die erste CD enthält die Suiten in G-Dur und g-moll und einige Transkriptionen von Lullys Musik.
    die zweite CD wurde von dem Ensemble Café Zimmermann aufgenommen, hier sind die Werke Lullys im orchestralen Original zu hören.



    Christophe Rousset


    Die gesamten Cembalowerke (mit den Transkriptionen) auf 2CD's
    aber anscheinend zur Zeit nicht lieferbar X(

  • Ich kenne ein paar seiner Suiten aus der 1689-er Sammlung, die ich vor einigen Jahren sehr oft hörte. Eine Musik mit gewissermaßen zwei Ebenen, die melodiösen Suiten sind mit einer delikaten Kruste von komplizierten Verzierungen überzogen, eine reizvolle Hör-Aufgabe.


    Eine Suite endet mit einer Huldigung an Chambonnières, einer Chaconne oder einem Gemisch aus Chaconne und Rondo, wie es typisch für die Chambonnières-Schule war. Dieser Satz hebt sich recht deutlich von den anderen Suiten-Sätzen ab - was mich fragen läßt, ob denn Chambonnières und Louis Couperin auch Suiten geschrieben haben, oder ob d'Anglebert in den "normalen" Suitensätzen nur Vorbilder aus anderen Besetzungen (allen voran wohl von Lully) hatte?


    :hello:

  • Zitat

    Seine Cembalowerke machen ihn zum wichtigsten Cembalokomponisten vor Couperin,


    Also der wichtigste Cembalokomponist VOR Couperin ist- Couperin, nämlich Louis, der auch in bedeutender Orgelmeister war. In seinem Werk finden ich Suiten sowie solitäre Kompositionen. Dasselbe trifft auch auf Chambonnières zu. Allerdings ist bei BEIDEN Komponisten unklar, wie sie selber ihre Sätze zusammengestellt hätten, denn die Anordnungen sind erst posthum entstanden.


    Sehr vielversprechend ist die 1. CD mit Couperins Werken, die Bob van Asperen seit 2005 umsetzt:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Danke für den schönen Eröffnungsbeitrag - die erste CD ist auf meinem Wunschzettel gelandet. Café Zimmermann kann ja nicht so verkehrt sein.


    Zitat

    Original von der Lullist



    Christophe Rousset


    Die gesamten Cembalowerke (mit den Transkriptionen) auf 2CD's
    aber anscheinend zur Zeit nicht lieferbar X(


    Stimmt, die CD ist offiziell seit 2004 vom Markt genommen. Amazon Marketplace hat derzeit aber noch zwei im Angebot. Ich gehe nicht davon aus, daß die CDs demnächst wieder offiziell aufgelegt werden, also wäre das ja eine Überlegung wert.


    :hello:Jürgen


    EDIT: Ich stelle gerade fest, daß der erste Beitrag ja doch schon älter ist - trotzdem danke!

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

  • ich denke man d'Anglebert durch aus als größten Meister vor Francois Couperin sehen.


    Dies war aber wahrscheinlich mißverständlich formuliert, ich sehe ihn als wichtigsten Cembalo Meister zwischen seinen Vorgängern Chambonnieres und Louis Couperin und eben seinem Nachfolger Francois Couperin.


    Ich schätze alle 4 Meister gleichermaßen, und halte sie auch für die größten Komponisten ihres Fachs, das mag manch anderer ganz anders sehen - aber die Werke dieser 4 Meister stellen für mich den Gipfel der Cembalokunst dar.

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  • Ende 2014 hat Brilliant dann diese Gesamtaufnahme aller Cembalowerke von D' Anglebert in einer 3 CD Box herausgebracht, afgenommen vom 29.-31.Mau 2013 im Palazzo Cagnano. Laureana Cilento. Italien. Francesco Cera spielt auf einem Nachbau eines Cembaloss von Vincent Tibaut aus dem Jahre 1691 (Paris, Museé de la Musique) angefertig von Roberto Livi. Pesaro (2006)
    Die Werke spiegeln den höfischen Geschmack am Hofe Ludwigs XIV wider, welcher mit unserem heutigen nicht unbedingt kompatibel sein muß. Ich weiß nicht, ob ich mir Feinde mache, wenn ich sie als "Unterhaltungsmusik" bezeichne, die Musik ist gefällig, mit zahlreichen Verzierungen versehen, hat aber (zumindest für mich) keinen "Wiedererkenungswert" Das werden die Höflinge des 18. Jahrhunderts vermutlich anders empfunden haben....
    Immerhin: Um rund 14 Euro kann man seine Sammlung um knapp drei Stunden aufbessern, mit Musik, die einst dem "Sonnenkönig" vorbehalten war....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !