Ich habe schon bemerkt, dass Beiträge über Veranstaltungen, die Vielen gefallen würden, nicht bewertet werden. Hier deshalb etwas über Regietheater, welches aus meiner Sicht gelungen ist.
Der Trittico wurde von Puccini ja immer als Einheit gesehen. Zumindest wird das übermittelt. Ob es stimmt kann ich nicht beurteilen, da ich es nicht geschafft habe ihn persönlich zu befragen und mir deshalb darüber keine Meinung bilden kann. Vielleicht hätte ihm diese Inszenierung auch gefallen.
Als Einheit werden die drei Opern recht selten gespielt. Ich habe den Trittico das zweite mal komplett gesehen. Das erste mal war eine Inszenierung von Sebastian Baumgarten in Hannover, die mir abgesehen von Suor Angelica nicht gefallen hat. Insbesondere Il Tabarro war für mich eine Regieleistung zum Abgewöhnen.
Ganz anders die Inszenierung in Kopenhagen.
Der italienische Regisseur Damiano Michieletto hat einen gelungenen Versuch gemacht die 3 Opern thematisch zu verknüpfen. Dies gelang ihm durch kleinere Requisiten und einige inhaltliche Änderungen, die aber nicht im Widerspruch zum Libretto und dem Wesen der Opern standen.
Auch das Bühnenbild baute aufeinander auf, obwohl mir das so richtig erst beim überraschenden (bezogen auf das Bühnenbild) Ende bewusst wurde.
Bühnenbilder/ Kostüme:
Il Tabarro (Der Mantel): Die Bühne war gefüllt mit mehreren Containern in Originalgröße; vor, zwischen und auf denen gespielt wurde. Die Bekleidung war sehr einfach und schäbig. Dies entspricht zwar dem Wesen der Oper, allerdings passt es nicht in einen modernen Containerhafen. Der düstere Inhalt der Oper wurde durch die hervorragende Lichttechnik unterstrichen.
Suor Angelica (Schwester Angelica): Das Bühnenbild bestand weiterhin aus den Containern, die allerdings jetzt teilweise geöffnet waren und einen Blick in die Zelle von Angelica sowie einem Waschhaus zuließ.
Während das Leitungspersonal in strenge moderne Uniformen gekleidet war, trugen die Schwestern/ Novizinnen einfache Kittel. Die Fürstin erschien in einem mondänen Kleid.
Gianni Schicchi: Die Oper spielt ja nur in der Wohnung von dem toten Familienoberhaupt. Warum diese Wohnung verschachtelt mit verschieden Ebenen dargestellt wurde, konnte man erst am Ende feststellen. Die Wohnung war möbliert wie man es sich bei einem konservativen älteren Herren vorstellt. Allerdings hatte er sich einen modernen Flachbildfernseher gekauft. Die Kostüme entsprachen der Mode von vor einigen Jahren.
Die Inszenierung/ Inhalte:
Il Tabarro: Die Handlung ist im Wesentlichen schnell erzählt.
Michele, ein älterer Schiffer (hier ein Boss von Hafenarbeitern) liebt seine jüngere Frau Giorgetta. Diese hat sich nach dem Tod des gemeinsamen Kindes von ihm abgewandt und eine Beziehung mit einem Hafenarbeiter begonnen. Michele versucht einen Neuanfang, was seine Frau ablehnt. Seine Trauer über das verlorene Kind wird verdeutlicht dadurch, dass Michele ein Spielzeug und Kinderschuhe immer mit sich herumträgt und mal mit einem Kinderwagen über die Bühne fährt.
Als Michele bemerkt, dass er einen Nebenbuhler hat, tötet er diesen und versteckt ihn unter seinem Mantel. Nachdem er einen letzten Versuch
gemacht hat seine Frau zu überzeugen, findet diese den toten Liebhaber.
Nach ihrem Aufschrei fällt der Vorhang, .................... allerdings hinter Giorgetta.
Der Übergang zur nächsten Oper (ohne Pause) erfolgte dadurch, dass Giorgetta von einer Aufseherin aus der Oper Suor Angelica die Haare geschnitten wurden und man ihr einen Kittel anzog. Dies sollte wohl sagen, dass sie jetzt in das Kloster gehen wird. Mit dem öffnen des Vorhanges warf sie die Kinderschuhe in die Zelle von Suor Angelica.
Suor Angelica: Angelica ist eine junge Frau aus adligem Hause, die nach der Geburt eines unehelichen Sohnes ins Kloster gehen musste. Als ihre Tante, die Fürstin, sie nach Jahren wegen einer Erbschaftsangelegenheit besucht, erzählt diese ihr, dass ihr Kind verstorben ist. Daraufhin tötet Angelica sich selbst.
Das Kloster ist in dieser Inszenierung eher eine Zuchtanstalt (Straflager) mit strengen Aufseherinnen anstelle von Nonnen. Vielleicht sollte das eine Anspielung auf die neueren Skandale in kirchlichen Einrichtungen sein.
Die Trauer über die Trennung von ihrem Kind wird durch die Kinderschuhe deutlich gemacht, mit denen Angelica spielt.
Eine inhaltliche Änderung, die aber keinen Einfluss auf das Zusammenwirken von Libretto und Handlung hat, ist es, dass Angelicas Sohn nicht nur am Leben ist, sondern sogar mit zum Kloster genommen wurde. Allerdings ging die Fürstin zuerst alleine zu Angelica. Aus Ärger darüber, dass Angelica einige
Papiere nicht unterschreiben wollte, hat die Fürstin ihr den Tod des Kindes mitgeteilt.
Wegen dieser Lüge hat sich Angelica das Leben genommen. Die Oper endet damit, dass der Sohn seine tote Mutter findet und erhält durch dieses kurze Bild eine neue Dramatik.
Gianni Schicchi: Dies ist eine turbulente Komödie, die ein happy end hat.
Ein reicher Herr ist gestorben und seine Verwandschaft freut sich auf das Erbe und verteilt dieses bzw. streitet sich darum. Dann bekommen sie (per Telefon) die Information, dass es ein Testament geben soll. Nach einer chaotischen Suche (auch unter der Leiche, die im Bett liegt) wird dieses gefunden und man stellt zur allgemeinen Trauer fest, dass das ganze Vermögen einem Kloster vermacht wurde.
Rinuccio bedauert das deswegen besonders, weil er befürchtet, dass dann seine Tante Zita nicht die Zustimmung zur Heirat mit Lauretta gibt. Diese ist die Tochter von Gianni Schicchi, der von der snobistischen Familie abgelehnt wird.
Trotzdem gelingt es Rinuccio seine Familie davon zu überzeugen den Rat von Schicchi einzuholen. Dieser lehnt es zuerst ab der Familie zu helfen. Erst als Lauretta ihren Vater mit der Arie „O mio babbino caro“ umgarnt stimmt er zu. In dieser Inszenierung zeigt Lauretta ihrem Vater dabei ein Ultraschallbild. Durch ihre Schwangerschaft wird eine Gemeinsamkeit zu den anderen beiden Opern hergestellt.
Die Idee von Schicchi ist es, dass Arzt und dem Notar getäuscht werden, indem er ein noch lebendes Familienoberhaupt spielt. Dabei wird er ein neues Testament verfassen. Die einzelnen Familienmitglieder versuchen Schicchi zu bestechen (Geld, Sex) um ihn zu überreden ihnen die wertvollsten Besitztümer zu vermachen.
Als dann der „Sterbende“ das neue Testament vorträgt, werden zuerst alle bedacht. Danach werden die wertvollsten Besitztümer (incl. dem Hasus) allerdings dem „alten Freund“ Gianni Schicchi vermacht.
Die Familie kann nichts dagegen tun, da sie sonst ganz leer ausgehen und sogar bestraft werden würde.
Die Oper endet damit, dass Schicchi alle aus dem Haus jagt, das ja jetzt ihm gehört und das Rinuccio seine Lauretta bekommt.
Um einen Bogen über die drei Opern zu spannen, hat der Regisseur ein eindrucksvolles Schlussbild eingefügt:
Die Wohnung faltete sich in kurzer Zeit automatisch zusammen und das ursprüngliche Bühnenbild von Il tabarro tauchte wieder auf. Zusätzlich hat sich Schicchi den Mantel von Michele aus der ersten Oper angezogen.
Musik und Gesang
Vorbemerkung: Ich bin – obwohl Klassikfan - alles nur kein Musikfachmann. Deshalb will und kann ich die Beurteilung von Musik und Gesang nicht so dezidiert wie Musikkritiker durchführen. Zumal diese auch oft die Leistungen völlig unterschiedlich beurteilen.
Aus meiner Sicht ist es dem Dirigenten Carlo Rizzi mit dem Orchester gelungen, Puccinis Musik hervorragend zu intonieren. Das unterschiedliche Grundkonzept der Opern wurde von ihm sehr gut heraus gearbeitet. Das mir einige Passagen etwas zu laut erschienen kann auch daran liegen, dass ich zu weit vorne gesessen habe.
Die Gesangsleistungen waren durchweg von gehobener Qualität. Hervorheben möchte ich Johan Reuter sowohl als Michele und Schicchi sowie Maria José Siri als Suor Angelica.
Maria José Siri hat einen großen strahlenden Sopran mit dem sie die Gefühle der Sour Angelica hervorragend darstellen konnte.
Johan Reuter gefiel mir durch den kräftigen dunklen Klang seiner Stimme, mit dem er die beiden unterschiedlichen Charaktere hervorragend sang.
Auch die schauspielerische Leistung der Beiden, aber auch des übrigen Ensembles, trug dazu bei, dass es für mich ein gelungener Abend war.
Etwas heraus heben möchte ich noch Gitta-Maria Sjöberg als Giorgetta sowie Hanne Fischer als Frugola in Tabarro, Randi Stene als Fürstin in Angelica bzw. Zita in Schicchi und Sine Bundgaard als Lauretta in Schicchi. Letztere hat den „hit“ „O mio babbino caro“ zwar gut gesungen ohne mich allerdings besonders zu berühren.
Fazit: Damiano Michieletto ist es gelungen rote Fäden durch die drei Opern zu ziehen, ohne das Wesen der einzelnen Opern zu verändern. Bühnenbild und Kostüme haben mir gefallen, da sie die Handlungen unterstützten. Musik und Gesang waren von guter bis sehr guter Qualität, geführt von einem hervorragenden Carlo Rizzi.
Aus meiner Sicht ein positives Beispiel für Regietheater.