Zensur auf der Opernbühne - Willkür oder ein notwendiges Korrektiv?

  • Auch wenn ich hier eine Fragezeichen über den Titel gesetzt habe, so vertrete ich persönlich den Standpunkt, dass Zensur - wie die Praxis zeigt - offensichtlich durchaus notwendig ist. Zensur ist an sich nichts Schlechtes, jedoch auch hier gilt der Satz des Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.


    Zensur gilt natürlich immer als ablehnenswert, wenn sie einen selber betrifft. Künstler und vor allem solche, die sich dafür halten, oder auch der Welt nur vormachen wollen, sie seien welche, sind in dieser Hinsicht besonders zimperlich. Sie meinen einen Sonderstatus zu geniessen, der es ihnen erlaubt jegliche Geschmacklosigkeit von sich geben zu können, jedes Tabu zu brechen – wobei das Publikum zu schweigen und zu akzeptieren hat. Und auch der Auftraggeber sollte zahlen und schweigen - er ist ohnedies ein Banause - und versteht nichts von Kunst.


    Ich bin in dieser Hinsicht an sich schon skeptisch – und wer so will – auch definitiv ablehnend, aber wie sieht es nun aus, wenn es einen Auftraggeber, Sponsor gibt – oder eine religiöse oder Staatliche Instanz ?


    Prinzipiell ist ja jegliches Gesetz schon Zensur – ein Eingriff in persönliches Verhalten.
    Inwieweit darf der Staat sich in Inszenierungen von Theatern und Opernhäusern einmischen – bzw inwieweit hat er es in Vergangenheit getan – und wie sieht es derzeit aus ?


    Zensur an Opernhäusern muß nicht direkt ausgeübt werden, es gibt auch subtile Wege dies zu tun., beispielsweise über Subventionenvergabe oder Kürzung derselben.
    Und wo es keine Subventionen gibt, der staatliche Finanzpolster also fehlt - da ist das Publikum – das sich verweigert oft der härteste Zensor überhaupt.


    Zensur in Internetforen ist Standard – die Software hat dafür sogar eigenen Zensurfunktionen.
    Und die vom Softwarehersteller vordefinierten (Tamino hat eigene) Mitgliedsbedingungen machen explizit darauf aufmerksam.


    Eigentlich ist ja meist schon vorgegeben was zensiert wird, oft sogar Aussagen, die gar nicht gesetzwidrig sind, die aber von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt werden.


    In Falle der Kunst ist es hingegen so, dass heutige Künstler es als ihr Recht ansehen, von öffentlichen Geldern gefördert zu werden, wobei sie sich jegliche Einmischung von seiten des Geldgebes und des Publikums verbitten. Auf diese Weise entstehen oft kostenaufwendige „Kunstwerke“, die nur einem gefallen – nämlich dem Künstler selbst.


    Und in Sachen Oper ist es besonders arg: Regisseure – oft „Einsteiger“ („Anfänger“ ist heute ein Unwort, da diskriminierend - nicht zensiert – aber geächtet) geben hier manchmal Antworten auf Fragen die ihnen niemand gestellt hat und die das zahlende Opernpublikum oft gar nicht interessieren.


    Hier sollte der alte Grundsatz gelten: „Wer zahlt schafft an“.


    Oder aber poetischer ausgedrückt:


    „Wes Brot ich ess, des Lied singe ich“.


    Auf Grund des heissen Themas wird die Moderation in Streitfällen besonders schnell und scharf reagieren – vor allem im Falle persönlicher Insultationen…


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die heute ständig postulierte "Freiheit der Kunst" ist so alt noch nicht. Noch im frühen 20. Jahrhundert war Kunst, die den Monarchen offen verhöhnt, kaum vorstellbar. Dass daher von den Vertretern der absoluten künstlerischen Freiheit (natürlich) immer das Todschlagargument "Nationalsozialismus" gebraucht wird, greift zu kurz. Zensur gab es lange davor. Die Österreicher werden damit die Namen Metternich und Franz I., die Biedermeierzeit, verbinden, aber ist die Zensur älter. "Was man später Franz, bei dessen mäßiger Beliebtheit in Kreisen österreichischer Historiker, leicht in die Schuhe schieben konnte, war puncto Polizei in Wirklichkeit von seiner Großmutter und seinem Onkel sowie seinem Vater vorgebildet. Die berüchtigte Keuschheitskommission seiner Großmutter war für die Österreicher ebenso eine Ungeheuerlichkeit wie die drakonischen, an mittelalterliche Methoden gemahnenden gewissen Strafsanktionen Josephs. Aber erst Leopold brachte aus Italien die dort längst entwickelten subtilen Methoden des Polizei-, Spitzel- und Denunziantenwesens mit nach Österreich. Derlei hielt noch immer keinen Vergleich mit dem, was sich in Frankreich unter dem Terror der Revolutionäre und den Methoden Kaiser Napoleons I. am Werk zeigte." (Drimmel, Kaiser Franz, S. 94 f.).


    Ich persönlich denke, dass es eine Grenze gibt, die auch die Kunst nicht überschreiten darf. Ein Verweis auf den Düsseldorfer "Tannhäuser" sollte reichen. Dieses Dilemma verdeutlicht, dass im Grunde Unkunst getrieben wird unter dem Deckmantel der Kunst. Insofern schadet die absolute Kunstfreiheit sogar der wahren Kunst und öffnet Dilettanten und Scharlatanen Tür und Tor.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auf Grund des heissen Themas wird die Moderation in Streitfällen besonders schnell und scharf reagieren – vor allem im Falle persönlicher Insultationen…


    Ist das nicht Zensur, hat es doch Methode!


    Und was darf man auf der Bühne zeigen?


    "Erlaubt ist, was gefällt", meint Tasso. "Erlaubt ist, was sich ziemt" entgegnet die Prinzessin und schon taucht eine neue Zensurvariante auf: die Konvention.
    Weil wir uns also hier friedlich gesinnt zeigen sollen, gefällt uns, was sich ziemt.


    Nun ist ja das Eine wie auch das Andere eine Funktion des Zeitgeistes und auf der Opernbühne hat sich seit Caruso viel geändert.
    Persönlich schau´ ich mir lieber den größten Schmarren an in reiner Luft als die beste Inszenierung in einem Dunst von erstickenden Parfümen und zum Erbrechen reizenden Rasierwässerchen. Das heißt soviel: ich kann kaum noch in die Oper gehen.
    Obwohl es mich also nicht unmittelbar selbst betrifft, sympathisiert meine mitleidige Seele mit allen, die ungewarnt für teures Geld in ihr Verderben rennen.
    Nach Zensur möchte ich dennoch nicht rufen, weil sie eine zweischneidige Waffe ist und eher zum Widerstand reizt, als zum Nachdenken anregt.
    Ich glaube eben nicht, dass sich Modeerscheinungen verbieten lassen, die können nur an Altersschwäche sterben.
    Sicher wäre auch der ganze Nazispuk auf den Bühnen schon seit langem verschwunden, wenn nicht gewisse Kreise Interesse daran hätten, ihn künstlich am Leben zu erhalten.

  • Wer glaube ich in einem totalitären System wie z.B. dem Stalinismus aufgewachsen ist und dort hat Kunst machen müssen, der wird über die Toleranz, die hier gegenüber der "Zensur" gezeigt wird, nicht das geringste Verständnis haben. Das Schlimmste ist nämlich die "innere Zensur", daß die Künstler die Zensur internalisieren und an sich selber ausüben. Das ist der Tod jeder freien Kunst. Im öffentlichen Leben gibt es Regeln und Gesetze - das hat mit "Zensur" aber nichts zu tun oder es sollte nicht so sein. (Wenn die DDR einst versuchte, westliche Rock-Musik zensorisch zu erbieten, dann war das zugleich anmaßend und lächerlich.) Wo Freiheit herrscht, kann sie natürlich auch mißbraucht werden. Das ist manchen zuviel - sie wollen lieber Sicherheit statt Freiheit. Einer Väter der modernen Demokratie, Alexis de Tocqueville, hat mal darauf hingewiesen, daß man Freiheit und Sicherheit nicht zugleich haben kann - Freiheit und Sicherheit sind unvereinbar. Das gilt auch für die Freiheit der Kunst. Und populistische Verhältnisse wie bei "Deutschland sucht und wählt den Superstar", zensuristische Publikums-Votings, will ich in der klassischen Musik nicht haben. Denn dann überlebt immer nur das Eingängigste und Dümmste - der deutsche Schlager ist bezeichnend wieder oben auf. (Nichts gegen dieses wirklich nette Mädchen aus der Schweiz - aber diese Apotheose des Kitsches, nein Danke!)


    Beste Grüße
    Holger

  • P.S. Man sollte sich bewußt machen, daß die Gesellschaft ein zusammenhängendes Ganzes ist. Wenn die Gesellschaft in einem Bereich bereit ist, Zensur grundsätzlich zu akzeptieren, dann tut sie es auch in allen anderen. Das gibt einen Dammbruch. Als erste wird dann die katholische Kirche sich melden, für die Wiedereinführung des Gotteslästerungsparagraphen plädieren, die Abschaffung der Homo-Ehe, das stikte Verbieten von Abtreibung. In solch einer Gesellschaft möchte ich nicht leben. Herr Putin hat Frauen, die in einer Kirche protestiert haben, ins Lager gesteckt. Bei uns wäre das als grober Unfug durchgegangen. Wenn eine Gesellschaft meint, ansonsten harmlosen Unfug zensurieren zu müssen (oder das, was sie dafür hält), dann ist die Demokratie so ziemlich am Ende.

  • Ich habe hier natürlich besonders interessiert mitgelesen:
    Und Dr. Kaletha hat hier einen wichtigen Punkt angesprochen, den Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit.
    So wie - was ich verstehen kann - allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt - daß jemand der in einer Diktatur die Macht der Zensur zu spüren bekam - schon bei der Erwähnung des Wortes eine Gänsehaut bekommt, so muß man auch die andere Seite verstehen.


    "Leute aus gutem Haus" - oder - allgemeiner formuliert "Leute mit guter Erziehung" - wobei ich unter "guter" "rigide" verstehe - werden sich niemals ausserhalb ihrer Grenzen bewegen - nie in Versuchung kommen Tabus zu brechen oder etwas zu tun, was gegen die - meist ungeschriebnen Gesetze des Anstands und des guten Benehmens verstößt. Sie werden daher eine existierende Zensur gar nicht als solche wahrnehmen, weil sie niemals an den Grundwerten eines Systems rütteln würden.


    "Erlaubt ist, was sich ziemt" - Ich musste schmunzeln, denn das trifft es auf den Punkt.
    Jeder der in einer Gesellschaft eine gewisse Stellung (sie muß nicht besonders hoch in der Hierarchie sein - lediglich definiert) unterliegt dieser Regel - und er muß sich sozusagen der Selbstzensur unterwerfen. Das gilt unter anderem auch für die Moderatoren und Administratoren eines Internetforums - zu welchem Thema auch immer. Als ich einst einem Mitglied (das nicht mehr im Forum tätig ist) anbot Moderator zu werden, lehnete er mit der Begründung ab, er wolle seine Freiheit behalten und sich das Recht behalten , jemand im Falle des Falles als A...loch bezeichnen zu können, wenn er es für angebracht halte. Diese Freiheit würde er mit Annahme des Amtes aufgeben oder zumindest einschränken, weil hier eine gewisse Selbstdisziplin verlangt sei. Ich konnte hier nicht widersprechen - denn er hat zweifellos recht.
    Ich merke es an mir, auch bei mir ist der Biss verloren gegangen seit ich mich für dieses Forum verantwortlich fühle, was mir den Ruf eines Langweilers eingebracht hat. Formulierungen, wo ich Gegnern in harten Diskussionsgefechten öffentlich unterstellt habe, sie hätten "offensichtlich den Intelligenzquotienten eines Bleistiftspitzers " oder "soviel Gehirnmasse wie meine Nachttischlampe" wird man kaum mehr finden - sie fallen - zu Recht - der Selbstzensur zum Opfer. Selbstzensur ist übrigens die klügste Art der Zensur. Ich verzichte hierbei auf den Konflikt - zumindest weitgehend. Würden die Regisseure sich der Selbstzensur bedienen gäbe es nicht soviel Schund auf Opernbühnen.
    Dr Kalethas Beispiel ist natürlich geschickt gewählt - denn jegliche Strategie hat auch ihre Kehrseite.
    Ich erlaube mir aber auch die Schwäche des gewählten Beispiels aufzuzeigen:
    Bei "Deutschland sucht und wählt den Superstar" ist die "Vorauswahl" des Publikums schon eine andere, als jenes distinguierte Publikum, das bisd vor einiger Zeit das Sagen in den Opernhäusern hatte. ("Fördernder Freundeskreis des Staatstheaters XYZ"- oder so ähnlich - vor denen hat oft sogar die Direktionsetage gezittert - und in den USA tut sie es mehrheitlich immer noch) :P


    Herzliche Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wer glaube ich in einem totalitären System wie z.B. dem Stalinismus aufgewachsen ist und dort hat Kunst machen müssen, der wird über die Toleranz, die hier gegenüber der "Zensur" gezeigt wird, nicht das geringste Verständnis haben. Das Schlimmste ist nämlich die "innere Zensur", daß die Künstler die Zensur internalisieren und an sich selber ausüben. Das ist der Tod jeder freien Kunst. Im öffentlichen Leben gibt es Regeln und Gesetze - das hat mit "Zensur" aber nichts zu tun oder es sollte nicht so sein. (Wenn die DDR einst versuchte, westliche Rock-Musik zensorisch zu erbieten, dann war das zugleich anmaßend und lächerlich.) Wo Freiheit herrscht, kann sie natürlich auch mißbraucht werden. Das ist manchen zuviel - sie wollen lieber Sicherheit statt Freiheit. Einer Väter der modernen Demokratie, Alexis de Tocqueville, hat mal darauf hingewiesen, daß man Freiheit und Sicherheit nicht zugleich haben kann - Freiheit und Sicherheit sind unvereinbar. Das gilt auch für die Freiheit der Kunst.


    Grundsätzlich vollkommen d'accord, aber:


    Und populistische Verhältnisse wie bei "Deutschland sucht und wählt den Superstar", zensuristische Publikums-Votings, will ich in der klassischen Musik nicht haben. Denn dann überlebt immer nur das Eingängigste und Dümmste - der deutsche Schlager ist bezeichnend wieder oben auf. (Nichts gegen dieses wirklich nette Mädchen aus der Schweiz - aber diese Apotheose des Kitsches, nein Danke!)


    Hier sollte nicht übersehen werden, dass auch die Bestrebungen des sog. Bildungsbürgertums, ja selbst der Politik, derartige und andere Sendungen (z.B. auch das Urwald-Camp o.ä), (medienrechtlich) zu verbieten, eine Form von Zensur darstellen ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • "Leute aus gutem Haus" - oder - allgemeiner formuliert "Leute mit guter Erziehung" - wobei ich unter "guter" "rigide" verstehe - werden sich niemals ausserhalb ihrer Grenzen bewegen - nie in Versuchung kommen Tabus zu brechen oder etwas zu tun, was gegen die - meist ungeschriebnen Gesetze des Anstands und des guten Benehmens verstößt. Sie werden daher eine existierende Zensur gar nicht als solche wahrnehmen, weil sie niemals an den Grundwerten eines Systems rütteln würden.

    Lieber Alfred,


    da wird Dir jeder Psychoanalytiker sagen, daß genau das (die Zensur gar nicht als solche wahrnehmen) zur perfekten Strategie der Verdrängung gehört. Und außerdem: Findest Du wirklich eine Gesellschaft wünschenswert, wo keine Tabus gebrochen werden vor lauter Wohlanständigkeit? Ich glaube, die Welt hat sich in den letzten 200 Jahren nur deshalb weiterbewegt, weil es Tabubrüche gab. Dafür gibt es tausende Beispiele.



    Bei "Deutschland sucht und wählt den Superstar" ist die "Vorauswahl" des Publikums schon eine andere, als jenes distinguierte Publikum, das bisd vor einiger Zeit das Sagen in den Opernhäusern hatte. ("Fördernder Freundeskreis des Staatstheaters XYZ"- oder so ähnlich - vor denen hat oft sogar die Direktionsetage gezittert - und in den USA tut sie es mehrheitlich immer noch)

    Das "distinguierte Publikum" ist in vielerlei Hinsicht ja noch viel schlimmer und intoleranter als das "ungebildete"! Wenn die an der Macht sind, dann wird einfach modernes Theater/Oper verhindert. Und dann soll sich die klassische Musik-Szene nicht wundern, daß die engagierten jungen Leute zum Jazz und Pop abwandern, weil sie Klassik für muffig und verstaubt halten. Wenn ich mir die Alterszusammensetzung in Konzerten heute ausschaut, dann dominieren da die "alten Leute". Eigentlich alarmierend!


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zensur und Verbote engen ein, behindern Entfaltung, schaffen Konfliktpotential und reizen zum Widerstand, der irgendwann eskaliert. Damit soll allerdings keine schrankenlose Freiheit gefordert werden. Persönliche Freiheit endet m. E. dort, wo sie mit Gesetzen, Konventionen, Regeln, Anstand, Moral usw. kollidiert und die Rechte, Gefühle, Bedürfnisse anderer Menschen, Gruppen oder Institutionen einschränkt oder verletzt. In der Erziehung war es sicherlich richtig, vom autoritären Erziehungsstil wegzukommen. Die antiautoritäre Erziehung mit vermeintlicher grenzenloser Freiheit hat jedoch ebenfalls nicht funktioniert. Erziehung soll auf das Leben bestmöglich vorbereiten. Da das Leben Grenzen setzt, muss das Kind Grenzen vermittelt bekommen. In Vermitteln steckt ein Überzeugungsprozess. Genau darum geht es: Nicht verbieten, sondern in der Diskussion aufzeigen, wo Übereinstimmungen liegen, wo Kompromisse möglich sind und klar aufzeigen, wo die Grenzen sind. Dafür ein konkretes Beispiel aus dem Musikbetrieb: Seit fast 50 Jahren bin ich maßgebend an der Programmplanung des Heilbronner Sinfonie Orchesters beteiligt. Selbstverständlich muss der Künstlerische Leiter das Recht bekommen, seine musikalischen Vorstelllungen konzeptionell zu verwirklichen und dementsprechend das Programm zu gestalten. Aber dann müssen diese Vorschläge mit den Orchestervorständen, der Intendanz/Geschäftsführung und den verantwortlichen Gremien diskutiert und abgestimmt werden. Das sind häufig sehr engagierte Auseinandersetzungen. Ein Vollblutdirigent wird bei den Werken, den Solisten und der Orchesterbesetzung immer das äußerst Mögliche fordern. Das dient bis zu einem gewissen Grad der Sache und dem Fortschritt. Aber auch der Künstler muss erkennen, wo er Unmögliches fordert, das nicht erfüllt werden kann. In der Praxis setzen dann meist die finanziellen Bedingungen und Zwänge die notwendigen Grenzen. Bei Orchestern, die aus existenziellen Gründen auf hohe Besucherzahlen und Einnahmen angewiesen sind , setzen auch die Publikumswünsche eine Grenze, die bei der Programmgestaltung berücksichtigt und eingehalten werden muss.
    Um auf die grundsätzliche Fragestellung zurück zu kommen: Zensur und Verbote sollten in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vermieden werden. Grenzenlose Freiheit ist kaum möglich und machbar, also müssen Einigungen in Auseinandersetzungs- und Überzeugungsprozessen erreicht werden.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Hier sollte nicht übersehen werden, dass auch die Bestrebungen des sog. Bildungsbürgertums, ja selbst der Politik, derartige und andere Sendungen (z.B. auch das Urwald-Camp o.ä), (medienrechtlich) zu verbieten, eine Form von Zensur darstellen ...


    Natürlich - Es ist eine Gratwanderung


    Und wir kommen wieder zur Ausgangsfrage - in anderer Form und allgemeiner gestellt:


    Wo endet die Freiheit, die künstlerische und die persönliche - Gibt es Grenzen bei deren Überschreitung Zensur "erwünscht" ist ?


    Wir kennen das Problem aus der Moderation. Moderation ist in letzter Konsequenz IMMER Zensur.
    Ich unterscheide persönlich ZWEI Arten des Moderationseingriffes:


    1) der zu spät kommt
    2) der zu früh kommt


    Daraufhin habe ich lange Zeit die Taktik des sich nicht einmischen verfolgt, was dazu geführt hat, daß nach Zensurmaßnahmen seitens der Moderation gerufen wurde. Ich beziehe mich hier nicht auf bestimmte Fälle , es ist ein oft beobachtetes Verhaltensmuster - und ich verstehe es.


    Nicht Moderieren - nicht zensieren - nicht eingreifen, ist so als wenn ein starker Mann auf der Straße einen etwas schwächer aussehenden anstänkert und zu verprügeln beginnt. Der vermeintlich schwächere hat aber ein Messer, das er blitzschnell zieht. Zwei Polizisten die zufällig vorbeikommen bleiben stehen und schauen interessiert dem Kampf zu. "Bin gespannt wer von den beiden gewinnt" - sagt der eine zum andern "Bist Du an einer Wette interessiert ?"


    Fazit: Zuviel Freiheit ist zu unsicher.


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Um auf die grundsätzliche Fragestellung zurück zu kommen: Zensur und Verbote sollten in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vermieden werden. Grenzenlose Freiheit ist kaum möglich und machbar, also müssen Einigungen in Auseinandersetzungs- und Überzeugungsprozessen erreicht werden.


    So denke ich auch! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Im öffentlichen Leben gibt es Regeln und Gesetze...

    ... und Zwänge, ohne die ein normales gesellschaftliches Leben überhaupt nicht funktionieren würde.



    Herr Putin hat Frauen, die in einer Kirche protestiert haben, ins Lager gesteckt. Bei uns wäre das als grober Unfug durchgegangen.

    Das stimmt zwar, dafür wird man aber in unserem so hochgelobten demokratischen "Rechtsstaat" beim Nichtbezahlen eines Strafzettels von 35 € mit immer höheren Geldsummen belegt, bis hin zu Anklage bei Gericht, Haftandrohung und Beugehaft! Sage jetzt bitte keiner, das stimmt nicht!


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Bzgl. "Pussy Riot":


    Mit Verlaub, aber die Damen wurden von der russischen Justiz verurteilt, nicht vom Präsidenten Putin. Das sollte man doch bitte trennen. Inwieweit das Urteil des Gerichts überzogen war, ist eine andere Frage.


    Zudem wäre so eine Veranstaltung, etwa im Kölner Dom, auch nach deutschem Recht strafbar gewesen.


    Liebe Grüße
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Um auf die grundsätzliche Fragestellung zurück zu kommen: Zensur und Verbote sollten in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vermieden werden. Grenzenlose Freiheit ist kaum möglich und machbar, also müssen Einigungen in Auseinandersetzungs- und Überzeugungsprozessen erreicht werden.


    Ich denk´ nicht erst, sondern schließe mich ebenfalls Operus´ Meinung an. Wogegen selbst Götter dann vergebens kämpfen, kann ich eh nicht beeinflussen.

  • Mit Verlaub, aber die Damen wurden von der russischen Justiz verurteilt, nicht vom Präsidenten Putin. Das sollte man doch bitte trennen. Inwieweit das Urteil des Gerichts überzogen war, ist eine andere Frage.


    Lieber Kaiser,


    Du hast offensichtlich den biggrin vergessen!

  • Zitat

    Um auf die grundsätzliche Fragestellung zurück zu kommen: Zensur und Verbote sollten in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vermieden werden


    Ja vielleicht - Wir leben aber in keiner.
    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird, die Glühbirnen verbietet, stets Verordnungen trifft, die der Industriemafia nutzen, die Obstsorten verbieten will damit die Bauern eingehen und die Agrarmafia die Allmacht bekommt, eine Kommission die das Copyright zugunsten der Konzerne verlängert und letzlich darüber nachdenkt, das Pensionsalter hinaufzusetzen, damit wir sterben bevor wir es überhaupt erreichen, die unser Geld in konkurriende Länder schickt, damit sie in der Lage sind uns Konkurrenz zu machen und unseren Lebensstandard dadurch senkt, die nicht mal abwählbar ist, weil gar nicht gewählt. Das nennt ihr "Freiheitlich demokratische Gesellschaft" ???? - Toll.


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat von Joseph II.

    Zudem wäre so eine Veranstaltung, etwa im Kölner Dom, auch nach deutschem Recht strafbar gewesen.

    Hallo, Joseph!


    Da sind wir mal wieder einer Meinung! Da ich "einen guten Draht" zur Ukraine habe, weiß ich auch, daß viele Ukrainer das genauso sehen! Natürlich kann man über das Strafmaß streiten, doch wäre Kirchenschändung hier auch kein Kavaliersdelikt!

    W.S.

  • Zitat Joseph II.:

    Hallo, Joseph!


    Da sind wir mal wieder einer Meinung! Da ich "einen guten Draht" zur Ukraine habe, weiß ich auch, daß viele Ukrainer das genauso sehen! Natürlich kann man über das Strafmaß streiten, doch wäre Kirchenschändung hier auch kein Kavaliersdelikt!


    Geht´s vielleicht auch eine Nummer kleiner als "Kirchenschändung"?


    Grober Unfug ist vermutlich eher angemessen - 5 Tage Sozialarbeit. Die eigentliche Strafe: keine oder nur sehr temporäre Aufmerksamkeit in den Medien.

  • Zitat von Alfred

    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird, die Glühbirnen verbietet, stets Verordnungen trifft die der Industriemafia nutzen, die Obstsorten verbieten will damit die Bauern eingehen und die Agrarmafia die Allmacht bekommt,eine Kommission die das Copyright zugunsten der Konzerne verlängert und letzlich darüber nachdenkt das Pensionsalter hinaufzusetzen, damit wir sterben bevor wir es überhaupt erreichen, die unser Geld in konkurriende Länder schickt, damit sie in der Lage sind uns Konkurrenz zu machen und unseren Lebensstandard dadurch senkt, die nicht mal abwählbar ist, weil gar nicht gewählt . Das nennt ihr "Freiheitlich demokratische Gesellschaft" ????


    Du hast hier sicher in vielen Details Recht, dennoch würde man auch in einer unfreiheitlich undemokratischen Gesellschaft lieber keine Zensur wollen.


    Ich glaube jetzt nicht, daß Bauern eingehen sollen oder wir sterben sollen, bevor wir das Pensionsalter erreicht haben (das Gegenteil ist der Fall, wir berauben die Pensionskassen dadurch, daß wir die Stirn haben, inzwischen 10 Jahre länger leben zu wollen als zu dem Zeitpunkt, als die Pensionsgrenze gesetzt wurde.)


    Aber daß Brüssel zu viel Macht hat, weil es zu viele Beamte hat, die ihr exorbitantes Gehalt dadurch rechtfertigen müssen, daß sie ganz viele Verordnungen (sinnvoll oder nicht) auf den Weg bringen, das glaube ich auch.

  • Wir leben aber in keiner.
    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird...

    Ein wunderbarer Beitrag, lieber Alfred, da bin ich ganz an Deiner Seite. Und Du hast nur ein paar Beispiele gebracht. Das ließe sich noch lange fortführen.



    Die eigentliche Strafe: keine Aufmerksamkeit in den Medien.

    Lieber Michael


    Da hast Du völlig recht. Und ich meine jetzt nicht die 3 russischen Mädchen, sondern das wäre für viele, ob Politiker oder Möchtegern- Künstler und sogenannte Promis, die Höchststrafe.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Zitat m-mueller:

    Zitat

    Geht´s vielleicht auch eine Nummer kleiner als "Kirchenschändung"?


    Grober Unfug ist vermutlich eher angemessen - 5 Tage Sozialarbeit. Die eigentliche Strafe: keine oder nur sehr temporäre Aufmerksamkeit in den Medien.

    Für mich als gläubiger Christ, der (nicht regelmäßig) zur Kirche geht, ist es Kirchenschändung! Übrigens war ich schon mehrfach in orthodoxen Gotteshäusern und kann diese Reaktion verstehen! Über das Strafmaß kann man, wie ich schon schrieb, natürlich streiten. Wie wohl Islamisten auf so ein Spektakel in ihrem Gotteshaus reagieren würden? Die eigentliche Strafe: keine oder nur sehr temporäre Aufmerksamkeit in den Medien??? :love:

    W.S.

  • Zum Glück machen gläubige Christen hier nicht die Strafgesetze, sonst gäbe es womöglich noch die Scheiterhaufen.


    Und daß man sich Islamisten nicht zum Vorbild nehmen sollte, erscheint mir weitgehend selbstverständlich.

  • Ja vielleicht - Wir leben aber in keiner.
    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird, die Glühbirnen verbietet, stets Verordnungen trifft die der Industriemafia nutzen, die Obstsorten verbieten will damit die Bauern eingehen und die Agrarmafia die Allmacht bekommt,eine Kommission die das Copyright zugunsten der Konzerne verlängert und letzlich darüber nachdenkt das Pensionsalter hinaufzusetzen, damit wir sterben bevor wir es überhaupt erreichen, die unser Geld in konkurriende Länder schickt, damit sie in der Lage sind uns Konkurrenz zu machen und unseren Lebensstandard dadurch senkt, die nicht mal abwählbar ist, weil gar nicht gewählt . Das nennt ihr "Freiheitlich demokratische Gesellschaft ???? - Toll.

    :thumbsup: Absolute Zustimmung! Die sogenannte "Freiheit" - die sowieso einer Chimäre gleicht - kann ganz schnell zu einer erschreckenden Meinungsdiktatur werden, wenn die Menschen sich nicht dem beugen, was wirre, abgehobene Politikerhirne, Berufsgutmenschen und sonstige Spinner mit Macht - gegen jede Vernunft -ersinnen und der Bevölkerung aufoktroyieren.



    Wer glaube ich in einem totalitären System wie z.B. dem Stalinismus aufgewachsen ist und dort hat Kunst machen müssen, der wird über die Toleranz, die hier gegenüber der "Zensur" gezeigt wird, nicht das geringste Verständnis haben.

    Nun ja, ich bin jemand, der in einem totalitären Staat aufgewachsen ist, und ich habe sehr viel gegen jede Art von Diktatur. Ganz besonders auch gegen die Diktatur des schlechten Geschmacks, der selbsternannten "Künstler" und des Subventionswahnsinns. Eine staatliche Zensur ist da aber unnötig, sobald man den "Künstlern" mit den Subventionen einen ganz entscheidenden Lebensnerv abschneidet und die Entscheidung über eine gute oder schlechte Aufführung in die Hände des (zahlenden) Publikums legt. Das Problem löst sich dann nämlich von ganz allein. Operus hat es ja schon sehr gut formuliert, nur muss man "Orchester" durch "Opernhäuser" ersetzen:


    Bei Orchestern, die aus existenziellen Gründen auf hohe Besucherzahlen und Einnahmen angewiesen sind , setzen auch die Publikumswünsche eine Grenze, die bei der Programmgestaltung berücksichtigt und eingehalten werden muss.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Ja vielleicht - Wir leben aber in keiner.
    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird, die Glühbirnen verbietet, stets Verordnungen trifft die der Industriemafia nutzen, die Obstsorten verbieten will damit die Bauern eingehen und die Agrarmafia die Allmacht bekommt,eine Kommission die das Copyright zugunsten der Konzerne verlängert und letzlich darüber nachdenkt das Pensionsalter hinaufzusetzen, damit wir sterben bevor wir es überhaupt erreichen, die unser Geld in konkurriende Länder schickt, damit sie in der Lage sind uns Konkurrenz zu machen und unseren Lebensstandard dadurch senkt, die nicht mal abwählbar ist, weil gar nicht gewählt . Das nennt ihr "Freiheitlich demokratische Gesellschaft ???? - Toll.


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred


    Lieber Alfred, wir sind ja oft verschiedener Meinung, aber diesen Text könnte ich 20x unterschreiben, vor allem, wenn man heute die Nachrichten gehört hat (Verschwendung durch Drohnen, wo Angela doch immer "Sparen" sagt, und die Geschichte, dass die NSU-Morde hätten verhindert werden können!). War es nicht Augustin, der die Regierungen als große Räuberbanden bezeichnet hat?


    Zum Thema Zensur: ich meine ja, dass für alle diese Regisseurstheatergeschichten die Oper eine Zugangskontrolle machen müsste (ab 18). Die Freiheit der Kunst gilt nicht für den Jugendschutz. Jugendschutz für die Oper und das Theater - das muss man sich mal vorstellen!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • wenn man heute die Nachrichten gehört hat (Verschwendung durch Drohnen,


    Von "nur" 600 Millionen ist die Rede.
    Was könnte mit solchen Summen an dringend Notwendigem und vor allem Sinnvollen getan werden!!!
    Wollen wir wetten, daß es da keine oder kaum Konsequenzen gibt? Vielleicht ein paar Bauernopfer.
    Im besten Fall muß der Minister seinen Hut nehmen, falls er einen hat. Aber ihr könnt sicher sein, natürlich mit fetter, lebenslanger Pension. Ein neuer wird kommen, der auch wieder Unsummen an Geld kostet. Mein lieber Vater pflegte da immer zu sagen "Ein neuer Hund, das alte Halsband".


    CHRISSY


    PS.: Da bin ich wieder bei meinem obigen Beitrag: Beim Nichtzahlen von 35 € droht der Knast. Beim sinnlosen in den Sand setzen von Millionen, gibt´s Freispruch und Belohnung. Der Beispiele sind leider viele! Aber wir haben ja Demokratie und den Rechtsstaat!

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zum Glück machen gläubige Christen hier nicht die Strafgesetze, sonst gäbe es womöglich noch die Scheiterhaufen.


    Und daß man sich Islamisten nicht zum Vorbild nehmen sollte, erscheint mir weitgehend selbstverständlich.


    Nun ja....
    Ob in Deutschland gläubige bzw. ungläubige Christen oder gar Atheisten die Strafgesetze machen, weiss man nicht. Ich will nichts davon ausschliessen - wahrscheinlich sind alle Gruppen irgendwo beteiligt.


    Als gläubiger Christ möchte ich doch eigentlich nicht in einem Atemzug mit Islamisten genannt werden, die Bombenanschläge machen oder Flugzeuge in Hochhäuser steuern.
    Ich wäre bzw. bin auch sehr gegen den Scheiterhaufen, gegen die Todesstrafe, gegen Folter, ....gegen Gewalt usw. und begründe das auch und vor allem mit dem Glauben. Was früher im Namen der Kirche teilweise geschah (z.B. die Hexenverfolgung), ist eine Schande, die durch nichts zu rechtfertigen ist, schon gar nicht durch die Bibel.
    Dieser Auffassung sind meiner Vermutung nach Millionen von gläubigen Christen, die ganz brav in der Gesellschaft leben, teilweise sehr nette Leute sind und keiner Fliege etwas antun könnten. Wenn man die also im Nebensatz in einem Atemzug mit gewalttätigen Islamisten genannt werden, dann möchte ich doch kurz und freundlich einwerfen, dass ich mich in diesem Zusammenhang bei der schonungslosesten Selbstanalyse nicht wiederfinden kann.
    Ich würde wie gesagt niemals dafür sein, einen Menschen zu verbrennen, weder Rothaarige noch Homosexuelle, noch sonstwen....und rege an, solche Nebensätze mit Rücksicht auf andere Menschen ggf. zu überdenken....;-)


    Zum Thema Zensur:
    Echte grosse Kunst entstand immer da, wo es auch Grenzen gab. In der völligen Grenzenlosigkeit und Uferlosigkeit gibt es keine wirkliche Kunst mehr - und der Geschmack ist dann auch dahin. Wenn sich dann jemand mit dem Hintern aufs Klavier setzt oder dieses in Brand steckt, könnte er das auch als Kunst bezeichnen. Mich würde es nicht überzeugen.


    Ein gut gesetzter Choralsatz wirkt ja gerade deswegen so reich, wohlklingend und ausdrucksstark, weil der Komponist/Arrangeur gezwungen ist, sich innerhalb des vorgegebenen Regelwerks zu bewegen. Er darf keine Quint- und Oktavparallellen bringen, Septimen müssen Stufenweise nach unten aufgelöst werden,....und es giebt noch viel mehr Regeln. Bach hat in seinen Werken oft extrem ausdruckstarke Choralsätze geschaffen und gewagt, was noch keiner vor ihm wagte. Er ist es, der heute im Fach Satzlehre als Richtschnur, als Gesetzgeber gilt. Bei allem Ausdruckswillen hat er jedoch nicht die Stimmführungs- und andere Gesetze verletzt, die erfahrungsgemäss dafür sorgen, dass ein Satz gut klingt.


    Selbst die Vertreter der Atonalen Musik wollten sich mit der Dodekafonie (Zwölftontechnik) ein Regelwerk schaffen, eine Ordnung oder auch Gesetzmässigkeit.


    Das Genre Pop/Rockpiano hat eine Menge Gesetze, die es einzuhalten gilt, in rhythmischer, harmonischer und auch melodischer Sicht und selbst im "normalen" Jazz gibt es Regeln, je nach Stilart.


    Wenn die musikalische Kunst also Gesetze braucht, kann es dann sein, dass sich ein Opern-Regisseur in einem Raum völliger stilistischer Freiheit bewegen darf? Ich denke nicht.
    Ob man deswegen eine Fremdzensur braucht? Irgendwie finde ich den Gedanken auch unbehaglich. Selbstzensur kann ich bejahen, wenn es um Fragen des guten Geschmacks geht (onanierende oder urinierende Opernsänger empfände ich z.B. als zutiefst geschmacklos anzusehen), nicht jedoch wenn es z.B. auf einer Kabarettbühne um aktuelle politische Fragen geht.
    Bei einer Wagneroper haben diese m.E. jedoch keine Relevanz.


    Wenn das Stück es verlangt, dann soll die Regie mit ihren Mitteln dafür sorgen, dass ich von den Inhalten erschüttert werde. Es geht ja nicht darum, sich eine Oper wie eine Volksmusiksendung nur zum flachen Unterhaltungsgaudi anzusehen - womit ich nichts gegen gute Unterhaltung sage.
    Aber gewisse Grenzen sollte sie doch einhalten. Nicht immer kann sie sich auf die Freiheit der Kunst berufen. Liesse man die völlige Freiheit zu, dann schadete das der Kunst, so meine ich.


    LG
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • ja vielleicht - Wir leben aber in keiner.
    Eine Gesellschaft die vom Ausland via "Kommission" regiert wird, die Glühbirnen verbietet, stets Verordnungen trifft die der Industriemafia nutzen, die Obstsorten verbieten will damit die Bauern eingehen und die Agrarmafia die Allmacht bekommt,eine Kommission die das Copyright zugunsten der Konzerne verlängert und letzlich darüber nachdenkt das Pensionsalter hinaufzusetzen, damit wir sterben bevor wir es überhaupt erreichen, die unser Geld in konkurriende Länder schickt, damit sie in der Lage sind uns Konkurrenz zu machen und unseren Lebensstandard dadurch senkt, die nicht mal abwählbar ist, weil gar nicht gewählt . Das nennt ihr "Freiheitlich demokratische Gesellschaft ???? - Toll.


    Dabei hat Alfred in vornehmer Zurückhaltung noch nicht einmal die Banken, die Kartelle und die Medien genannt.
    Die größte Gefahr geht aber von uns selbst aus.


    Bequemlichkeit und das Bedürfnis nach Sicherheit sind ein ausgezeichneter Katalysator für die Metamorphose unserer Demokratien, die sich, wie ich fürchte, über den Umweg der Technokratie von Vielen unbemerkt allmählich zu reinen Diktaturen verwandeln.
    Die totale Erfassung der persönlichen Daten ist schon der erste Schritt.

  • Dieser Auffassung sind meiner Vermutung nach Millionen von gläubigen Christen, die ganz brav in der Gesellschaft leben, teilweise sehr nette Leute sind und keiner Fliege etwas antun könnten.


    Lieber Glockenton,


    selbst eine große, aber passive Majorität hat einer aggressiven Minorität wenig entgegenzusetzen. Ein schlagendes Beispiel dafür ist der Einfluss der amerikanischen christlichen Fundamentalisten, die kein Präsidentenanwärter ignorieren kann.

  • Für mich als gläubiger Christ, der (nicht regelmäßig) zur Kirche geht, ist es Kirchenschändung!


    Lieber Wolfgang,


    der Pussy Riot Protest war nicht explizit gegen die Kirche gerichtet, sondern gegen die unheilige Allianz der Kirche mit einem Diktator.
    Es dürfte doch niemandem verborgen bleiben, dass nicht die Duma Putin kontrolliert, sondern Putin die Duma.


    Dass der Atheist Putin dazu noch wie anno dazumal die deutschen Kaiser, die mächtige Kirche vor seinen Karren spannt, ist natürlich ein kluger Schachzug.


    Die Rolle des Königmachers, des Moskauer Patriarchen Kyrill I. bei der letzten Präsidentwahl war übrigens nicht zu übersehen.
    Wie das funktioniert, kann man bei Shakespeare nachlesen.


    Doch Brutus sagt, daß er voll Herrschsucht war,
    Und Brutus ist ein ehrenwerter Mann.
    Ihr alle saht, wie am Lupercusfest
    Ich dreimal ihm die Königskrone bot,
    Die dreimal er geweigert. War das Herrschsucht?
    Doch Brutus sagt, daß er voll Herrschsucht war,
    Und ist gewiß ein ehrenwerter Mann.
    Ich will, was Brutus sprach, nicht widerlegen;
    Ich spreche hier von dem nur, was ich weiß.

  • Die Frage, wie freiheitlich-demokratisch unsere Gesellschaft ist, sein kann und darf werden wir in unseren Diskussionen kaum klären. Entscheidend scheint mir zu sein, welche Ideale, Visionen und Ziele eine Gesellschaft anstrebt und als Handlungsmaxime postuliert und gesetzlich verankert. Viele Völker denken Gott sei Dank in diesen Kategorien, wollen den Weg einer weiteren Demokratisierung gehen und streben eine freiheitlichere, ja bessere und gerechtere Welt an. Dies ist ein unendlich hoch gegriffenes Ideal, bei dessen Verwirklichung ungeheure Schwierigkeiten und Hürden überwunden werden müssen.
    Auf die Denkrichtung und den Willen zur Erreichung des Ideals kommt es an: "Die längste Reise fängt mit dem ersten Schritt an" - wir sind m. E. längst auf dem Weg in diese Richtung. Laßt uns mitgehen und mitbauen an der Erreichung dieser Vision!


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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