Carl Maria von Weber - Flaggschiff der deutschen Romantik oder Nischenrepertoire?

  • So eigenartig diese Frage klingt - so berechtigt ist sie.
    Carl Maria von Weber ist - sieht man von seinen Opern ab - heute doch ziemlich in Vergessenheit geraten
    Und über seine INSTRUMENTALWERKE soll heute hier Wissen gesammmelt und diskutiert werden. Es gab schon mal einen Thread, der dieses Thema aufzugreifen versuchte, nämlich
    Nichts als "Freischütz"? - Carl Maria von Weber und seine Kompositionen
    aber letztlich war dort auch mehr von seinen Opern die Rede als von seinen Sinfonien, Klavierkonzerte und Klaviersonaten etc.
    Ein weiterer Thread scheiterte daran, daß er gleichzeitig Meyerbeer zu Thema hatte.
    Ein neues Spiel, ein neues Glück: Die Besetzung des Forums ist eine andere, auch der Zeitgeist wandel sich. Und so werde ich versuchen das Interesse ein wenig auf die Werke Webers zu richten - Opern ausgenommen!!! Zumindest 80 Opuszahlen sind bekannt, dann gibt es ein Verzeichnis von Friedrich Wilhelm Jähns aus dem Jahre 1872, um die Verwirrung noch größer zu machen soll es in Zukunft ein neues Werkverzeichnis geben, welches in der Neuen Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe veröffentlicht wird.


    So - bevor wir nun endgültig starten sollten wir uns ernstlich mit der Titelfrage beschäftigen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe bisher in meiner Sammlung drei Gesamtaufnahmen des Freischütz unter Jochum, Keilberth und Kleiber, die Symphonien Nr. 1 und 2 mit der Academy unter Sir Neville Marriner, das Konzertstück f-moll op. 79 und die Klavierkonzerte mit Peter Rösel und der Staatskapelle Dresden unter Herbert Blomstedt, sowie eine CD mit Ouvertüren und ebenfalls der Staatskapelle Dresden unter Gustav Kuhn sowie die Mörike-Lieder mit Dietrich Fischer-Dieskau und Swjatoslaw Richter. Ich habe heute erfahren, dass er auch zwei vorzügliche Messen komponiert hat und diese sogleich bestellt:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo,


    ja Weber ist wirklich Nischenrepertoire, zumindest was die Aufführungen seiner Werk betrifft. Der Freischütz hält sich ja noch und ist ein großer Publikumswunsch, aber was ist mit Werken wie "Oberon", "Euryanthe" und "Abu Hassan", ganz zu schweigen von den "Drei Pintos". Zum Glück sind diese Werke auf Tonträgern gut vertreten, meist jedoch auf alten und sogar sehr alten Aufnahmen, aber dafür von hoher Qualität. Weber hat wesentlich mehr verdient.


    Schöne Grüße
    Werner

  • Ich halte Webes Musik für ungemein sympathisch! Es ist zwar schon wieder einige Jahre her, dass ich vermehrt Weber gehört habe, aber geradezu fasziniert war ich einige Zeit von der dritten Klaviersonate (d-Moll), welche mir völlig unterbewertet scheint. Wundervoll ist natürlich besonders das vollgriffige, effektvolle Rondofinale, aber auch die vorhergehenden Sätze finde ich sehr gut. Eine gewisse (unbeabsichtigte) Schubertnähe meinte ich damals herauszuhören. Sehr gut gefallen haben mir auch die kleinen aber feinen Symphonien, die ordentlich Schwung haben. Zu seinen Konzerten fand ich weniger Zugang, aber vielleicht sollte ich mal wieder reinhören. Das Klarinettenquintett nutzt die Möglichkeiten der Klarinette ganz hervorragend - ein starkes frühromantisches Werk. Das Instrumentalwerk Webers muss man heutzutage wohl als Nischenrepertoire bezeichnen, allerdings gibt es gerade von seinen Klarinettensachen wohl genug Einspielungen. Ich meine, dass man die Klarinettenkonzerte auch hin und wieder mal im Konzert hören kann.

  • Eine ganze Reihe von Instrumentalwerken sind m.E. erheblich präsenter (zumindest auf Tonträgern) als "Euyranthe" und "Oberon" (abgesehen von deren Ouverturen). An erster Stelle natürlich aufgrund des eher begrenzten Repertoires die Klarinettenwerke, von denen beinahe jeder berühmte Solist einige Aufnahmen vorgelegt hat; diese Stücke werden auch regelmäßig im Konzert gespielt. Ich vermute, dass nach dem Mozart-Konzert Webers f-moll das meistgespielte Klarinettenkonzert ist.


    2 Konzerte f-moll und Es-Dur, ein Concertino, ein Quintett, sowie diverse Stücke für Klarinette+Klavier (Variationen, Rondo etc.)
    Nicht ganz so bekannt, aber ebenfalls regelmäßig eingespielt werden das Fagott-Konzert und das Hornconcertino. Es gibt noch eine Reihe weiterer Kleinigkeiten für Bläser. Einiges hat der unermüdliche Klöcker wohl erst in den 80er/90er Jahren ausgegraben..



    Von den Klavierkonzerten gibt es immerhin mindestens zwei relativ prominente Aufnahmen, Oppitz/RCA und Demidenko/hyperion, noch eine bei Naxos und sicher noch mehr. Nicht zu unrecht bekannter als die Konzerte ist das f-moll-Konzertstück. Das war anscheinend früher etwas populärer. M.E. zusammen mit dem f-moll-Klarinettenkonzert das beste Konzertwerk Webers.


    Einzelne der Klaviersonaten hatten prominente Fürsprecher; so hat Richter v.a. die d-moll-Sonate immer wieder im Konzert gespielt und es liegen auch Mitschnitte vor; mit Brendel und Gilels gibt es die in As-Dur.
    Die "Aufforderung zum Tanz" ist anscheinend heute als Klavierstück weitgehend passé, aber die Orchesterfassung Berlioz' dürfte mitunter im Konzert gespielt werden. Obwohl sie zumindest dem elitären Neujahrskonzert-Publikum vor ein paar Jahren (bei einem der beiden Harnoncourt-Konzerte) anscheinend so wenig geläufig war, dass in eine Generalpause in der Coda reingeklatscht wurde...


    Die Sinfonien sind sehr frühe Werke des um die 20jährigen, die mit Beethoven noch nichts zu tun haben. Es sind hübsche und spritzige Werke, bemerkenswert ist schon hier die Orchestrierungsfantasie, zumal Weber hier noch ohne Klarinetten auskommen musste. Auch hier gibt es mehrere Einspielungen, ich habe nur die Naxos, aber Norrington hat sogar eine HIPpe vorgelegt.


    Von einigen Stücken könnte ich mir vorstellen, dass man sie häufiger bringen könnte, das Konzertstück für Klavier z.B. Aber die Klarinettenwerke dominieren eher diese Nische und Weber ist hier, verglichen mit Spohr, Crusell u.a. vielleicht eher überpräsent. Insgesamt fürchte ich jedoch, dass seine Instrumentalmusik ohne den Bonus des berühmten Freischützkomponisten heute größtenteils eher noch weniger bekannt wäre.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe diesen Thread gestartet, weil ich mir nicht sicher war ob ich diesen Komponisten im Thread


    Das deutsche Musikleben in der Romantik - Vol.II - Gibt es wirkliche Meisterwerke aus der Feder von Komponisten der zweiten Reihe?


    zumindest erwähnen sollte - oder aber ob dies eine unqualifizierte Beleidigung sei.
    Dabei erinnerte ich mich, daß ich schon vor etwa zwei Jahren eine Reihe von Aufnahmen Weberscher Instrumentalmusik eingekauft hatte, um mit für einen geplanten Thread "fit" zu machen. Und ich erinnere mich auch, daß ich recht angetan war von dieser Musik - im Gegensatz beispielsweise von jener von Spohr.
    Interessant , daß Webers Opern immer wieder erwähnt werden, auch wenn der Thread EXPLIZIT als INSTRUMENTAL deklariert wird.
    Solche Etikettierungen lassen sich scheinber nur schwer oder gar nicht aus der Welt schaffen.
    Das mag unter anderem auch daran liegen, daß außer den Klarinettenkonzerten und den Opern so gut wie nichts wirklich allgemein bekannt ist. Warum das so ist, erschliesst sich mir nicht völlig, wenngleich ich hier einen Verdacht hege...


    möge dieser Thread hier ein wenig Anreiz schaffen, wieder etwas mehr Weber zu hören - es lohnt sich.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Keinesfalls vergessen sind Carl Maria von Webers Klarinettenkonzerte. Die drei eingängigen, virtuosen Werke mit Orchester sind nach wie vor fest im Repertoire der Klarinettisten und damit in Konzertleben verankert.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Meine Thesen



    01 - Weber hat sich immer vorrangig als Opernkomponist verstanden.


    02 - In die Opernprojekte floss das ganze Herzblut des Komponisten.


    03 - Die meisten Sinfonien, Konzerte usw. sind Gelegenheitswerke.


    04 - Die Gelegenheitswerke entstanden in sehr kurzen Zeiträumen.


    05 - Erstaunlich von welch hoher Qualität diese Werke mitunter sind.


    06 - Weber hatte seinen eigenen Stil.


    07 - Er folgte keiner musikalischen Form: Sonatenhauptsatz usw.


    08 - Da die Lehrmeinung eine andere war und ist, traten seine instrumentalen Werke in den Hintergrund.


    09 - Die Popularität bestimmter Werke sorgte dafür, dass diese Werke noch gespielt werden.


    10 - Webers viel zu unterschätzter Verdienst war die Bereicherung der Orchesterklangfarben, der Beginn der Leitmotivik, die deutsche Orchesteraufstellung



    :hello: LT

  • Auf Tonträgern sind auch Webers Instrumentalwerke recht gut vertreten, aber bei der Live-Präsenz sieht es schon ganz anders aus. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren live z.B. ein Klarinettenkonzert oder einen Weber-Klavierabend erlebt zu haben.


    01 - Weber hat sich immer vorrangig als Opernkomponist verstanden.

    Das finde ich nicht. Weber war selbst zu sehr Virtuose, um sich vorrangig als Opernkomponist zu sehen.



    10 - Webers viel zu unterschätzter Verdienst war die Bereicherung der Orchesterklangfarben, der Beginn der Leitmotivik, die deutsche Orchesteraufstellung

    Allerdings! Gerade was Leitmotivik betrifft, ist Wagner in nicht geringem Maße von Weber inspiriert worden.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Schließe mich hier Strano Sognator an. Weber hat drei Klarinetten- und zwei Klavierkonzerte geschrieben. Dazu noch das f-Moll Konzertstück. Dann vier Klaviersonaten, Kammermusik, etc...Ich denke schon, dass Weber auf ein breiteres Profil Wert legte.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Als ich meine Opernkarriere begann, war "Der Freischütz" das "Stück des Deutschen Waldes", die "Oper der Romantik" schlechthin.


    Jetzt wird selbst diese angeblich deutscheste aller deutschen Opern kaum noch gespielt, geschweige denn die anderen Weber-Opern. Immer wieder muß man lesen, daß es schwierig bis unmöglich ist, den Freischütz unter den heutigen Bedingungen zu inszenieren. Warum denn? Was hat sich am Freischütz verändert? Die Musik ist geblieben, der Text ist deutsch, die Arien und Ensembles sind schön, eingängig, bekannt.


    Der letzte Freischütz im Theaterumkreis von Gera war vor Jahren in Erfurt, den so ein mit Oper völlig überforderter Schauspieler inszeniert hat (Ich glaube, es war Moritz Bleibtreu). Er hat die Musikfolge verändert, Texte neu gefaßt, und er hat das Stück total versaut. Glatter Durchfall. Kein Wunder, daß man dann sagt, den Freischütz will keiner mehr sehen. Stimmt nicht. Ich würde ihn gern wieder einmal sehen wollen.


    Aber auch im Konzertsaal (zumindest in Gera) ist Weber Nischenrepertoire.


    Weber ist zum Nischenrepertoire gemacht worden, verdient hat er es nicht.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich habe den Eindruck, dass die Schwerpunkte teilweise biographischen Stationen entsprechen. Bis auf die 4. Klaviersonate und das f-moll-Konzertstück wurden fast alle relevanten Instrumentalstücke vor dem Freischütz komponiert und zwar deutlich; die Sinfonien sind Jugendwerke des Zwanzigjährigen, die Konzerte stammen aus der Zeit 1810-12, das Klarinettenquintett und die ersten drei Klaviersonaten 1815/16. Als Klaviervirtuose brauchte er Stücke für den eigenen Gebrauch und soweit ich weiß waren die frühen komischen Opern nicht allzu erfolgreich, daher sozusagen Mehrgleisigkeit.

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    (Bob Dylan)

  • Die Antwort dürfte einfach die sein, dass Weber ein begnadeter Praktiker war. Er liebte es mit Menschen zu arbeiten und hatte Talent als Orchesterleiter und Korrepetitor. Dementsprechend war seine Musik oft an der Praxis orientiert. Im Grunde ist er - außerhalb seines Opernschaffens - mit Hinblick auf diesen Praxisbezug eine Art Vorläufer von Mendelssohn, auch stilistisch. Dass seine Musik in den Hintergrund getreten ist, könnte auch daran liegen, dass sie nichts "Tiefgründiges" suggeriert, was dem Geniekult des späten 19. Jhd und der Jahrzehnte danach viele Anhaltspunkte zur "Bewunderung" gegeben hätte. Weber ist ein Komponist, der für die Menschen schreibt und mit ihnen gemeinsam musiziert.
    Ich habe jetzt trotzdem noch einmal nachgesehen, wie stark Weber am Tonträger-Markt vertreten ist. Sooo schlecht ist das ja wahrlich nicht. Nicht nur seine Werke für Klarinette sondern auch seine Klaviermusik wurde mehrfach komplett eingespielt. Als Nischenkomponist kann man ihn daher nicht guten Gewissens bezeichnen. Unlängst erschien übrigens eine Aufnahme seiner Violinsonaten mit Isabelle Faust. Die werde ich mir sicherlich demnächst zulegen....

  • Lieber Felix,


    Weber war bereits zu Lebzeiten Kult: zum einen seine legendären Auftritte als einer der besten Klaviervirtuosen seiner Zeit mit einer unglaublichen Fingerspannweite, als Opernkomponist sowieso, zum anderen wurden vieler seiner Klavierwerke in den angesehensten europäischen Salons gespielt und haben z.B. Chopin stark beeinflusst. Seine Musik hat viele Komponisten suggeriert und inspiriert. Noch der gute Gustav Mahler hat nicht nur Webers Enkelin, sondern auch Werke Webers als Muse benutzt!


    :hello: LT

  • Analog zum entsprechenden Mendelssohnthread möchte ich die Aufführungshäufigkeit Webers Musik in den beiden großen Wiener Konzerthäusern anführen, damit wir hier eine grobe Vorstellung Webers Präsenz im heutigen Musikleben erhalten.


    Gegeben werden im Zeitraum vom heutigen Tage an bis zum 10.7.2014:


    f-Moll Klarinettenkonzert
    Duo concertante f. Klarinette und Klavier J204
    Freischützouvertüre (2x in voneinander unabhängigen Konzerten)
    Klarinettenquintett op. 34
    Euryantheouvertüre (wiederholt in einem Folgekonzert).


    Also gar nicht sooo wenig.

  • Lieber Felix,


    Weber war bereits zu Lebzeiten Kult: zum einen seine legendären Auftritte als einer der besten Klaviervirtuosen seiner Zeit mit einer unglaublichen Fingerspannweite, als Opernkomponist sowieso, zum anderen wurden vieler seiner Klavierwerke in den angesehensten europäischen Salons gespielt und haben z.B. Chopin stark beeinflusst. Seine Musik hat viele Komponisten suggeriert und inspiriert. Noch der gute Gustav Mahler hat nicht nur Webers Enkelin, sondern auch Werke Webers als Muse benutzt!


    :hello: LT


    Völlig richtig! Weber wurde definitiv im ganzen 19. Jahrhundert als zentraler Komponist angesehen - ab Mitte des Jahrhunderts allerdings zunehmend wegen seines Freischützes und seiner Instrumentationskunst. Mahler vervollständigte meines Wissens "Die drei Pintos", wurde aber deswegen von von Bülow und anderen verhöhnt. Er solle sich nicht um so "alten Käse kümmern"....


    Webers Fingerspannweite kann man im Finale zur dritten Klaviersonate erahnen. Arme Schweine, die das spielen müssen :pinch:

  • Es macht eben auch die Genialität Webers aus, dass Weber in Prinzip nur sich selbst bearbeiten konnte. Einer von Webers besten Freunden, Giacomo Meyerbeer, hat das begriffen, denn er sollte, von Webers Witwe beauftragt, die "Pintos" vorher vollenden. Spötter ließen nach Mahlers Bearbeitung verlauten, dass sei alles mehr gemahlt als gewebt... - Na ja, daran ist auch einiges wahr, wenn man bedenkt, dass so wenig Material von Weber vorlag...


    :hello: LT

  • Ich habe mal, Johannes' Hinweis folgend, meine Richter CD's durchgeschaut und tatsächlich eine gefunden, auf der er am 8. 9. 1966 in einem Konzert in Locarno in der St. Franziskus-Kirche die
    Sonate Nr. 3 d-moll op. 49:
    1. Satz: Allegro feroce: 11:25,
    2. Satz: Andante con moto: 7:17,
    3. Satz: Rondo (Presto) 5:36,
    spielt.
    Vor dem Verfassen dieses Beitrages habe ich erst die ganze Sonate gehört, was in mir spontan das Bedauern auslöste, es nicht eher getan zu haben, hatte ich diese CD doch schon geraume Zeit in meinem Bestand. Ich hörte etwas, was ich von der Klavierliteratur Mozarts und Beethovens gar nicht gewohnt war, nicht diesen logischen Aufbau einer klassischen Klaviersonate, zumal mit einer ungewöhnlichen Satzbezeichnung, "Allegro feroce" (wildes Allegro). Dennoch ist es m.E. exzellente Klaviermusik, hier dargeboten von einem Swjatoslaw Richter der 60er Jahre, als er sich sicher noch in Hochform befand.
    Im Andante con moto überrascht Weber dann mit einem Variationensatz, (wenn ich richtig gezählt habe, Thema + 6 Variationen), nicht wirklich. Dieser Satz ist eine wahre Perle.
    Getoppt wird alles dann, zumindest in virtuoser Hinsicht, noch vom finalen Presto. Dieser Satz, wiederum als Variationensatz gestaltet, gehört in der atemberaubenden Ausführung Richters zu den ganz großen Momenten in der Pianistik überhaupt. Ich habe diese Sonate gewiss nicht zum letzten Mal gehört.
    Leider scheint diese CD momentan nicht habhaft zu sein, weshalb ich das Cover (ERMITAGE, ERM 113-2 ADD) leider nicht posten kann.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hier gibt es die Ermitage-CD gebraucht; da es kein offizielles Foto ist, würde ich bei Interesse beim Verkäufer nochmal genau nachfragen (wws-hamburg ist meiner Erfahrung nach zuverlässig)


    ()


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    Ich höre gerade die Klavierkonzerte in der Einspielung mit Oppitz/Davis und die gefallen mir auch ziemlich gut; das beste Stück ist wie gesagt, das f-moll-Konzertstück, aber das erste KK ist auch ziemlich gut, das 2. jedenfalls hörenswert und es ist mir auch schleierhaft, warum die ein beinahe komplettes Schattendasein führen. Klar, man kann die nicht mit Beethoven vergleichen, aber sie haben einen mitreißenden Schwung und jedenfalls einige einprägsame Themen.

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    (Bob Dylan)

  • Die Sonate wird immer wieder gern gespielt - von Richter, Gilels, Brendel...


    Ebenso das Konzertstück f-moll, z.B. von Claudio Arrau vorzüglich vorgetragen:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich bin immer wieder aufs neue überrascht und fasziniert, über welche zukunftsweisende Tonsprache der 25jährige Weber bereits verfügte (und das 10 Jahre vor der "Freischütz"-UA):


    Ouvertüre: Beherrscher der Geister (1811)



    Herbert von Karajan, Berliner Philharmoniker



    :hello: LT

  • Zitat

    Zitat von La Roche: Immer wieder muß man lesen, daß es schwierig bis unmöglich ist, den Freischütz unter den heutigen Bedingungen zu inszenieren. Warum denn? Was hat sich am Freischütz verändert? Die Musik ist geblieben, der Text ist deutsch, die Arien und Ensembles sind schön, eingängig, bekannt.

    Das frage ich mich auch, lieber LaRoche. Ich glaube, es es sind nicht so sehr die Bedingungen (denn die Möglichkeiten sind doch eher besser geworden), sondern an dem Unvermögen der heutigen Regisseure. Die Ausrede, dass die Bedingungen heute anders sind, sind für mich fadenscheinig. Es wäre sicherlich interessant, welche Bedingungen konkret denn heute anders sind. Aber das werden uns diese Herren auch nicht sagen, sondern sich hinter dieser nichtssagenden, allgemeinen Aussage verstecken. Ich habe mehrere Aufführungen des Freischütz gesehen, die alle sehr ansprechend waren. Vor zwei, drei Jahrzehnten konnte man das noch, warum nicht mehr heute.
    Ich erinnere mich auch noch sehr gerne an eine sehr gelungene, märchenhafte Aufführung des "Oberon" auf der Seebühne in Bregenz, die heute sicherlich genauso gut möglich wäre.
    Ich hatte nicht das Glück, die anderen Opern (Euryante, Abu Hassan, die drei Pintos) zu sehen, besitze sie aber auf CD.
    Seit langem habe ich auch die Sinfonien, Klavierkonzerte, Klarinettenkonzerte, Klaviersonaten und weitere Klavierwerke. Für mich also kein Nischenrepertoire.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die Klaviersonate op. 39 spielen (CD 8):



    Brendel:



    Richter spielt die Sonate Nr. 3:


    a) Mitschnit aus Prag (ein irrer Preis - gebraucht 960 Euro bei Amazon!!!):



    b) Es gab auch noch eine Andromeda-CD (Weber/Schumann/Chopin) mit dieser Sonate - ist wohl vergriffen, nicht mehr zu finden!


    Schöne Grüße
    Holger

  • Das Konzertstück in f-moll gibt es auch in dieser reich bestückten Icon-Box.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Für die Klavierwerke verweise ich mal auf die schon bestehenden Spezialthreads:


    Klavierwerk
    Sonaten


    sogar zu den Sinfonien gibt es schon einen alten Thread

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich höre gerade die Klavierkonzerte in der Einspielung mit Oppitz/Davis und die gefallen mir auch ziemlich gut


    Die Gesamteinspielung Davis/Oppitz ist in der Tat eine ausgezeichnete Umsetzung der spritzigen Klaviermusik, die gerade die Klavierkompositionen von Weber auszeichnet. Deshalb auch eine Lieblingsaufnahme von mir. Und warum muss es denn immer die schwere Kost sein, mich bezaubert der heiter-eingängige Charakter nahezu sämtlicher Werke von Carl Maria von Weber immer wieder.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Seit langem habe ich auch die Sinfonien, Klavierkonzerte, Klarinettenkonzerte, Klaviersonaten und weitere Klavierwerke. Für mich also kein Nischenrepertoire.


    Lieber Gerhard, es ist schön, daß Du etliche Werke von Weber besitzt. In meinem Bestand habe ich außer einigen Opernausschnitten und einem Klarinettenkonzert nichts.


    Meine Meinung zum Nischenrepertoire bezieht sich auch nicht auf die Veröffentlichungen, sondern auf die Aufführungen. Felix hat angegeben, was innerhalb kurzer Zeit in Wien (wo es eine riesige Anzahl Konzertsäle und viele Orchester gibt) von Weber zur Aufführung kommt. Bei uns in der Provinz würden die Verantwortlichen dafür mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauchen. Vielleicht ist das in Dresden anders, denn da war Weber ja prägend.


    Aber in Bezug auf öffentliche Aufführungen bleibe ich dabei, bei uns gehört Weber zum Nischenrepertoire. In Wunschkonzerten (die es ab und an bei uns gibt) hat in den letzten 20 Jahren nicht einmal mehr die "Aufforderung zum Tanz" Einzug gefunden. Der letzte Freischütz in Gera ist sicher auch schon so lange her. Unser Intendant hat neulich geäußert, daß die deutsche Spieloper nicht mehr gefragt sei. Er begründet das damit, daß die zur Zeit laufenden "Lustigen Weiber" nicht den erwarteten Zuspruch hätten. Ob es an der Inszenierung liegt?


    "Zar und Zimmermann" lief in Gera in einer farbenprächtigen Inszenierung über mehrere Jahre vor ausverkauften Häusern. Eine "Freischütz" in einer Inszenierung wie von Weber angegeben wäre sicher ein Renner, wie er das vor ca. 40 Jahren in Gera einmal war. Die damalige Sängerin des Ännchen kenne ich persönlich, sie bedauert auch, daß die Oper so vernichtet wird.. Der "Oberon" wäre schon schwieriger, auch von der Besetzung, denn es wird ein sehr guter Sopran (Ozean, Du Ungeheuer u.a.) und ein toller Tenor als Hüon (Seit frühester Jugend in Kampf und Streit - siehe Rosvaenge) benötigt. Und die drei Pintos, Abu Hassan, Euryanthe , Peter Schmoll, Silvana und was an Fragmenten noch überliefert ist, das ist mehr als Nische, leider!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber LaRoche


    Die Ausrede, dass die deutsche Spieloper nicht mehr zieht, ist absurd. Vom Freischütz habe ich mehrere spannende Inszenierungen gesehen, allerdings ist das schon länger her. Ich glaube, viele würden gerne hingehen (auch z.B. zu Die lustigen Weiber, Zar und Zimmermann, Martha usw.). Aber wenn auch diese, wie in den letzten Jahren, regietheatralisch (siehe Bieito in der Berliner Komischen Oper) entstellt werden, geht die Freude daran verloren. Nun weiß ich nicht, wie die "Lustigen Weiber" in Gera inszeniert wurden, aber da heutzutage fast alles in Regietheatralische "umgedeutet" wird, hat man vielleicht auch diese heitere und sehr lebendige Oper auf die psychologische Couch versetzt. Man traut sich ja heutzutage auch schon nicht mehr in solche Opern.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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