Zu später Stunde bin ich im Thread Wo liegt für Euch der Sinn von Tonaufnahmen klassischer Musik? über eine Aussage von Wolfgang gestoßen, die mich irgendwie ins Grübeln bringt und die es vielleicht Wert ist, eigens diskutiert zu werden:
[...] Nur, wo sind heute Interpreten (mein Freund Operus überlese dies bitte), die einer Renata Tebaldi, einer Giulietta Simionato, einem Richard Tucker, Jussi Björling, Fritz Wunderlich, Leonard Warren, Ezio Pinza und Gottlob Frick das Wasser reichen können? Natürlich gibt es heute sehr gut geschulte Talente und auch international tätige junge Sänger und Sängerinnen. Aber die Art zu singen und des Dirigierens war früher eine andere. Und auf meine unwiederbringlichen, vorgenannten Interpreten und Dirigenten wie Furtwängler, Böhm, Knappertsbusch, v. Karajan u. A. möchte ich einfach nicht verzichten.
Worum geht es? - Auf der einen Seite haben wir es heute (so scheint es jedenfalls vielen) mit einer Art "SängerInnen-Krise" zu tun: Der Glanz der guten, alten Zeit will sich trotz so illustrer Namen, wie Netrebko, Botha, Kaufmann, Garanca, Gheorghiu etc. einfach nicht einstellen. Besonders das Fehlen adäquater Leistungsträger im Wagner-Fach wird allenthalben beklagt. Ob dies wirklich den Tatsachen entspricht oder die guten SängerInnen einfach nur weniger auf CD, sondern mehr in den Häusern singen, wäre zu klären. Auch eventuelle Gründe, wie z.B. mangelnde Ausbildung, zu frühes "verbrennen" der Stimme und fehlende Ensemble-Arbeit wurden hier im Forum ja schon häufiger genannt.
Aber was ist mit der anderen Seite, also den Dirigenten? - Hier vermag ich nach kurzen Überlegen beim besten Willen keinen Mangel festzustellen: Nelsons, P.Järvi, Young, Dudamel, Thielemann, Metzmacher, Salonen, Hengelbrock, Alsop, Petrenko, Welser-Möst, Weigle, Metzmacher usw. usf. Alle zwischen 40 und 60 Jahre alt, also mit Blick auf die "Großen Alten" wohl noch 30 bis 40 Jahre im Geschäft und - jetzt lehne ich mich aus dem Fenster - nicht wirklich schlechter, als diese! Auch ist nicht davon auszugehen, dass hier in den kommenden Jahrzehnten der Nachwuchs wegbricht; z.B. habe ich am vergangenen Donnerstag den jungen polnischen Dirigenten Krzysztof Urbański (Wikipedia, zuletzt aufgerufen am 16.09.2013) als "Einspringer" für Thomas Hengelbrock mit dem NDR-Sinfonieorchester erleben dürfen: Der "Junge" ist 31 Jahre alt, extrem erfolgreich, extrem gut und könnte also noch eine ziemliche Karriere vor sich haben.
Also: Was geht bei den SängerInnen schief? (oder gucken bzw. hören wir nur schief ... ?)