Mein musikalisches Jahr in Schweden 2013/2014

  • Liebe Taminos,


    seit nun gut einem Monat bin ich als Aupair in Göteborg/Schweden. Ich habe mich nach dem Abi dazu entschieden, dass ich eine interessante Erfahrung in meinem liebsten Musikbereich - der Musik Skandinaviens - machen möchte und habe glücklicherweise eine tolle Familie hier gefunden.
    Wie schon gesagt, soll das Jahr sehr musikalisch bestimmt sein. Dazu gehören alle Konzerte mit den Göteborger Sinfoniker, Konzerte in den Kirchen, Besuche der Gräber schwedischer Komponisten, Besuche bei wichtigen Wirkungshäusern, Besuch der Arnljot-Festspiele auf Frosön sowie eine Reise auf Spuren Ludolf Nielsens in Dänemark.


    Heute saß ich wieder im Konserthus und lauschte einer recht schlechten Darbietung von Schumanns 2. Sinfonie. Da ich nicht die Muße hatte auf Details zu hören ( da auch keine zu hören waren! ) kreisten meine Gedanken im Forum und mir kam die Idee, meine bisherigen und zukünftigen Erfahrungen mit Euch zu teilen. Denn sowohl in der Musik als auch in der Konzertordnung gibt es hier einige Unterschiede zur gewohnten Deutschen Arbeitsweise. Vielleicht kann ich dadurch auch das Interesse an nordischer Musik bei einigen wecken.


    Soviel zur Vorgeschichte. In loser Reihenfolge werde ich Euch also mit Konzertkritiken, Infos über neu gehörte Komponisten und Bildmaterial versorgen. Kommentare sind gerne gesehen :)


    Und morgen kommt dann hoffentlich der erste Beitrag zu deinem Thema von mir! Viel Spaß beim Lesen!

  • Heute saß ich wieder im Konserthus und lauschte einer recht schlechten Darbietung von Schumanns 2. Sinfonie. Da ich nicht die Muße hatte auf Details zu hören ( da auch keine zu hören waren! ) kreisten meine Gedanken im Forum und mir kam die Idee, meine bisherigen und zukünftigen Erfahrungen mit Euch zu teilen.


    Hallo Christian,


    interessantes Vorhaben, das du da ankündigst. Also, ich wäre schon an dem interessiert, was du so über Konzerte etc. aus Schweden berichtest.
    Gleich drei Fragen: Wer dirigierte denn die schlechte Zweite von Schumann? Und was wurde noch gegeben in dem Konzert? Waren die übrigen Werke besser gelungen?


    Grüße
    Garaguly

  • Hallo Garaguly,


    ja, es war anfürsich ein sehr interessantes Programm, das wie folgt aussah:


    Andrea Tarrodi (*1981) - Camelopardalis


    Peter Lieberson (*1946 +2011 ) - Nerudasånger


    Robert Schumann (*1810 + 1856 ) - Sinfonie Nr. 2


    Göteborger Sinfoniker
    Cristian Macelaru ( noch nie gehört... )


    Wie immer fand das Konzert im Göteborger Konserthus statt, welches wirklich ein schier unglaubliche Akustik hat.
    Hier hört man wirklich den kleinsten Huster mehrere Sekunden nach. Das Orchester klingt hier wirklich sehr gut.


    Es fing mit dem Werk Camelopardalis, der Lateinische Name für das Sternbild Giraffe, der jungen schwedischen
    Komponistin Andrea Tarrodi an. Laut Programmbuch ( welches nur einmal im Quartal herausgegeben wird, Einzelprogramme für jedes Konzert wie in Deutschland gibt es nicht ) entstand das Werk aus einem Traum. Sie träumte, dass sie eine Giraffe hat und mit dieser durch Wald und über Berge ging...
    Das Stück selber wurde im Stil der skandinavischen Musik eines Alfvens geschrieben. Teils impressionistisch anmutende Klänge, der Meer immer im Ohr. Es kreischten Möwen, Wellen gingen empor. Alles mehr ein Klanggemälde als ein fortschreitendes Werk, gefiel mir jedoch sehr gut und würde es auch gerne nochmal hören-


    Es folgten die Nerudasånger, die von der Mezzosopranistin Kelly o'Connor dargeboten worden. Sehr gewöhnungsbedürftige Musik. Eindeutig eine Komposition des 20. Jahrhunderts hörte man dennoch den Klang Amerikas immer durch. Leider kann ich nicht sagen, worum es ging, denn der Textzettel ist auf Schwedisch und dieses ist noch nicht so stark bei mir ausgeprägt. Offengestanden habe ich die Musik noch nicht verstanden. Dafür müsste ich dies öfter anhören. Dennoch berührte mich insbesondere das letzte der fünf Lieder "Amor mio, si muero y tú no mueres" mit seiner Endzeitstimmung sehr und erinnertein der entstandenen Atmosphäre sehr an Strauß' "Vier letzte Lieder".


    Nun zum Schumann. Ich hatte schon immer ein Problem mit nicht von Wagner beeinflusster deutscher Musik - sprich Brahms und Schumann. Jedoch hatte ich hier in einem vorherigen Konzert mein Brahms-Erlebnis mit einem deutsch-türkischen Dirigenten.
    Ich denke, dass Brahms und Schumann sehr schwer zu spielen sind. Mein Aha-Erlebnis entstand in einer wirklich sehr differenzierten, ja analytischen Aufführung der 2. Brahms, wo wirklich jedes Thema klar zu hören war und ich wirklich den "Durchblick" hatte. Beim Schumann muss es denke ich genauso sein. Allein bei seinen Klavierwerken versteckt er soviele kleine Details, die ungemein schwer herauszuarbeiten sind.
    Jedenfalls kam mir der heutige Schumann überhaupt nicht Deutsch vor. Er war auf Effekt ausgelegt, klanglich unausgewogen und
    undeutlich. Es fehlte die weiche Linie, die wirklich romantische Ader. Dies war aber anscheinend Geschmackssache, denn das schwedische Publikum gab wie immer Standing Ovation und applaudierte sehr stark. Ich bin jedoch sitzengeblieben....


    Dies war aber auch der bisher einzige Wermutstropfen der wirklich interessanten Saison. Es kommen Dirigenten wie Kent Nagano, Neeme Järvi :jubel: , Gustavo Dudamel und Herbert Blomstedt. Und es wird viel Stenhammer, etwas Atterberg und Carl Nielsen gespielt. Ich bin sehr gespannt!
    Liebe Grüße
    Chrissi

  • Ich hatte schon immer ein Problem mit nicht von Wagner beeinflusster deutscher Musik - sprich Brahms und Schumann. Jedoch hatte ich hier in einem vorherigen Konzert mein Brahms-Erlebnis mit einem deutsch-türkischen Dirigenten.
    Ich denke, dass Brahms und Schumann sehr schwer zu spielen sind. Mein Aha-Erlebnis entstand in einer wirklich sehr differenzierten, ja analytischen Aufführung der 2. Brahms, wo wirklich jedes Thema klar zu hören war und ich wirklich den "Durchblick" hatte.

    Diese Aufführung ist übrigens unter dem gso/play anzuhören. Wer will kann ja mal schauen, was die Göteborger aus dem Brahms gemacht haben.
    Ich finde es sehr gut! http://vimeo.com/74716250


    LG
    Chrissi

  • Hallo Taminos,


    obwohl ich in der zwischenzeit schon einige andere Konzerte besucht habe, kommt heute erstmal meine Beurteilung
    des Billy Budd in der Göteborger Operan.


    Alle Details vorweg: Besuchte Vorstellung 6. Oktober 2013 18:00 Uhr


    Dirigent: Jan Latham-Koenig
    Regie: Richard Jones
    Szene und Kostüm: Antony McDonald


    Edward Fairfax Vere: Matthias Zachariassen
    Billy Budd: Peter Mattei
    John Claggart: Clive Bayley
    Mr Redburn: Mats Persson
    Mr Flint: Anders Lorentzson
    Leutnant Ratcliffe: Marco Stella
    Donald: Joa Helgesson
    Dansker: Sven Törnell
    u.v.m.


    GöteborgsOperans Herrkör
    GöteborgsOperans Orkester
    Gosskör und Startisten


    Anmerkung: Es handelt sich um die Inszenierung des Jahres 2007 in Frankfurt


    Die Handlung in aller kürze:


    Prolog: Vere ist ein alter Mann und erinnert sich an die Zeit,
    als er Kapitän auf der Indomitable war.


    Akt 1: Neue Matrosen heuern auf dem Schiff an. Von drei anheuernden Matrosen,
    wird nur Billy Budd vom Schiff Rights-of-man von John Claggart angenommen.
    Allerdings denken die Matrosen, dass er ein Anhänger der Menschenrechtlern ist.
    Die Offiziere beschließen ein Auge auf Billy Budd zu werfen; Claggart fordert einen
    Matrosen auf ihn zu bespitzeln. Er erfährt, dass Claggert wegen seines Temperaments
    unbeliebt ist, der Kapitän jedoch quasi vergöttert wird. Budd schwört dem Kapitän seine
    Treue. Im nächsten Bild wird Vere von Redburn und Flint besucht, die Sorge haben, dass
    der Einfluss der französischen Revolution aufs Schiff kommt. Sie bezichtigen Billy Budd,
    doch Vere verteidigt ihn! Ein frohes Schiff, ist die beste Verteidigung gegen eine Rebellion.
    Claggart gibt einem Matrosen Geld, um Budd zu einer Rebellion anzustiften. Er ist
    geschockt und fängt zu stottern an, wie immer wenn er aufgebracht ist. Dansker wart
    ihn vor Claggert, Budd will davon nichts wissen.


    2. Akt
    Claggart warnt Vere vor Billy Budd, doch Vere ist immernoch sicher, dass er unschuldig
    ist, lässt ihn aber trotzdem zu sich beordern. Als er kommt, trägt Claggart seine
    Anschuldigung u.a. Vaterlandsverrat vor. Budd kann sich nicht verteidigen, da er stottert
    und tötet Claggart durch einen gezielten Schlag. Nun ist er doch des Mordes schuldig.
    Vere verteidigt ihn nicht.
    Als sich Budd gedanklich auf seine Todesstraße vorbereitet, wird er von Dansker aufgesucht,
    den er auffordert, der Mannschaft das eingreifen zu verbieten, und weiter dem Käpitän zu
    gehorchen. Billy Budd wird durch den Strang getötet, ruft vorher noch aus "Starry Vere, God
    bless you". Die Mannschaft wird rebellisch. Vere macht nicht.


    Epilog: Vere bekommt die alte Geschichte nicht aus seinem Kopf, er hätte ihn retten können,
    hat es aber nicht. Er muss bis zum Lebensende mit diesem Gedanken leben.



    Die Aufführung:


    Musikalisch: Es war das erste Mal, dass ich Musik Brittens gehört habe und war sehr positiv beeindruckt.
    Es ist eine außergewöhnliche Tonsprache, die mir jedoch sehr zugesagt hat. Highlights waren die
    teils stürmischen Interludes zwischen den Bildern. Das Orchester wurde sehr sauber, dynamisch ausge-
    wogen und mit logischen Tempi dirigiert. Die Sänger wurden nie überdeckt.
    Die Sänger, die alle eine solide Leistung erbrachten waren auch schauspielerisch wirklich gut, sodass ich
    trotz manchen Undeutlichkeitn in der Aussprache, gut der Handlung folgen konnte. Das Highlight
    unter den Sängern war eindeutig Clive Bayley, der mit voluminösen, klangvollen Bass die Bosheit
    und Strenge des Claggart wirklich eindrucksvoll zur Schau stellte. Die Stimme wurde nie dünn!
    Auch Matthias Zachariassen als Vere war in den Höhen sicher und sang die recht schwierige Partie
    mit Bravour. Allerdings wäre ein Sänger mit einer baritonalen (?) Färbung m.M. noch besser für
    die Rolle gewesen. Peter Mattei als Billy Budd, ebenfalls voluminös, jedoch in den Höhen etwas
    blass, war mit Claggart der Publikumsliebling.
    Der recht kleine Opernchor, schaffte es bei vollen Orchester gut zu übertönen, jedoch nicht
    sehr textverständlich, die Matrosenchöre zu präsentieren.


    Die Inszenierung:





    ... fand ich sehr gelungen! Hauptspielort war eine Sporthalle der 1890 (?) Jahre. Auf metaphorischer Basis wurde
    von der Regie viel gearbeitet. Während Kletterseile zur "Segelraffdarstellung", Kletterstangen für Wanten genutzt
    wurden, sangen die authentischen Matrosen ihre Lieder. Fenster und die Galerie dienten als Ausguck - mit anderen
    Worten, alles wurde wirklich logisch umfunktioniert und nicht zu modern gegeben. Die Kajüte des Kapitäns bestand
    aus älteren Bücherregalen - es war wirklich alles sehr stimmig. Die Sänger und Statisten mussten Kanonen zusammen-
    bauen, Segel hissen, im Schlafsaal tanzen, es entstand Schiffsatmossphäre, die das ganze Publikum überzeugte.


    Und zum Schluss: Ich kann mich nur bei der Geschäftsleitung bedanken. Alle Zuhörer, die wegen des abgestützten
    Buchungssystems keine Karte am Abend kaufen konnten, wurden persönlich und kostenlos in den Zuschauerraum
    zu unbelegten Plätzen geführt und nicht nach Hause geschickt! Toller Service !

  • Liebe Taminos,


    gestern war also mein großer Tag, es ging nach Kopenhagen und ich begab mich auf die Spuren meines Lieblingskomponisten Ludolf Nielsen. Ich traf mich mit seinen Nachkommen auf der Farm in Nørre Tvede, die bereits seit rund 250 Jahren in Familienbesitz ist, heute aber nicht mehr bewirtschaftet wird. Dabei erhielt ich tolle Bilder und viele unbekannte Informationen, die ich Euch nun in Form eines Lebenslaufs präsentieren möchte.


    Ludolf Nielsen wurde am 29. Januar 1879 als Sohn eines Bauern im kleinen Dorf Nørre Tvede bei Naevsted etwa eine Autostunde von Kopenhagen entfernt geboren. Er, seine drei Brüder und zwei Schwestern verlebten eine unbeschwerte Kindheit im Farmhaus. Seine Eltern selbst spielten kein Musikinstrument hatten aber einige im Haus und so fing Klein-Ludolf bald an auf der Geige und dem Akkordeon zu spielen und entwickelte so ein Talent, dass er bald Unterricht vom Dorfgeiger, dann im etwa 10 km entfernten Naevsted bekam. Noch heute gibt es im Geburtshaus einen "Tanzsaal" mit prächtiger Stuckrosette. Ich konnte mir gut vorstellen, wie Nielsen in der Ecke mit seiner Fidel steht und dänische Volkstänze zum Besten gibt.



    Die Nielsenfamilie mit mir vor Ludolf Nielsens Geburtshaus


    Die schöne Toreinfahrt


    Die direkte Umgebung des Geburtshauses.


    Auch heute ist die Umgebung des kleinen Dorfes bis auf eine Teerstraße erhalten wie vor hundert Jahren. Hierher nam Nielsen
    seine große Inspiration. Er liebte die Natur und seine Heimat sehr; so sehr, dass er trotz einer angesehenen Stellung und Ver-
    pflichtungen beim Dänischen Rundfunk trotzdem jedes Jahr heimkehrte um bei der Haferernte zu helfen.


    1892 zog er nach Kopenhagen, wo er drei Jahre später Violine, Klavier und Harmonielehre ( bei Otto Malling ) am Konservatorium studierte.
    Nielsens Eltern waren sehr stolz. Drei der vier Brüder gingen nach Kopenhagen und studierten. Und dies bei einer Farmerfamilie
    fernab der Metropole. Man befand sich in guter Gesellschaft. 1897 wurde er Bratscher im Tivoli Orchester und wurde ein Jahr später
    Bratschist im Havnsøe-Kvartett. 1899 wurde sein erstes Orchesterwerk I Ørkenen ( In der Wüste ) beim Tivoli Orchester unter seiner
    Leitung aufgeführt. 1902 wurde ein sehr wichtiges Jahr für Nielsen. Zum einen wurde er Mitglied im Bjørvig-Kvartett, mit welchem
    er seine eigenen Streichquartette mit Erfolg aufführt. Zum anderen leitete er seine symfonische Dichtung Regnar Lobrog welche
    großen Erfolg hatte und ihn zu einem der vielversprechensten Komponisten machte. Bereits in dem Stück lassen sich viele von
    Nielsens typischen Klängen finden.


    1903-1904 verweilte Nielsen in Leipzig und veröffentlichte bei Breitkopf & Härtel sein erstes Streichquartett für sagenhafte 0 Kronen.
    Auch 1907-1908 war Nielsen in Deutschland und knüpfte weiter Kontakte. So ließ er auch alle seine Opern ins deutsche Übersetzen, in
    der Hoffnung wie August Enna, der seinerzeit großen Erfolg in Deutschland hatte, mit seinen Opern hier Fuß zu fassen, was allerdings
    nicht gelang. U.a. erhielten Max von Schillings und Siegmund Hausegger Partituren von ihm. Die Kontakte waren also nicht gerade schlecht.


    1908 zog Nielsen ans Meer, in den Stadtteil Hellerup, der heute der teuerste Ort in Kopenhagen ist. Hier bezog er mit seiner zukünftigen
    Frau Ellen Anna Paul-Petersen eine großzügige Meerblickvilla, in welcher er der einzige Mann mit den ebenfalls dort wohnenden Geschwistern
    seiner Frau war. Sie hatten keine Kinder waren aber sehr glücklich verheiratet.


    Ludolf Nielsen 1916 (c) Jens Cornelius
    Seine Villa in Hellerup. Nielsen lebte im ersten Stock


    1910 erlebte Nielsens zweite Sinfonie ihre Uraufführung und war ein guter Erfolg, obgleich Sie wegen ihrer zyklischen Form nicht
    von allen verstanden wurde. Er baut hier mit einem Thema eine ganze ( wie ich finde sehr gute ) Sinfonie auf. Sie ist die einzige
    gedruckte Sinfonie und erschien bei Wilhelm Hansen als Partitur und Version zu vier Händen.


    1914 wurde seine dritte Sinfonie aufgeführt, die vom Publikum nicht verstanden wurde, ebenfalls das 1915 aufgeführte
    Oratorium "Der Turm von Babel", die seine ergeizigsten Werke waren. 1914 markiert einen weiterenn tiefen Einschnitt in
    Nielsens Leben - der 1. Weltkrieg begann und er war tief erschüttert, dass er nichts mehr komponieren konnte. 1915 hatte
    seine Oper Isbella Premiere am prächtigen königlichen Theater und war ein Erfolg, obgleich sie nur hier gegeben wurde. Es
    ist die einzige der drei Opern die je aufgeführt wurden.



    Das königliche Theater by wikipedia Ich war zwar auch da, allerdings stört die gigantische Baustelle vorm Haus doch sehr!


    Nielsen schrieb noch zwei weitere Opern: Uhret und Lola. Lola (1920) wie auch das Ballett Rejsekameraten (1928) stellt ein großes Rätsel in
    Nielsens Leben dar. Es sind zwei wirklich große Partituren in voller Ausführung mit Szenengestaltung und deutscher Übersetzung. Und
    dies in einer Zeit wo Nielsen keine Zukunft für eine Aufführung hatte und selber auch schon im Bewusstsein lebte, dass niemand seine
    Musik mehr hören möchte...


    Nach dem Weltkrieg fand er wieder zu sich und komponierte seinen größten Erfolg - das Ballett Lackschmi, welches im exotischen
    Indien spielte und über 20 Aufführungen an dem königlichen Theater feierte.



    (c) Jens Cornelius


    Nach dem Erfolg ging es jedoch mit der Karriere steil bergab. Aufführungsmöglichkeiten wurden weniger, die Kontakte
    in Deutschland wurden weniger und seine Musik unmodern. Er komponierte jedoch weiter und lehnte eine Professur
    am Konservatorium ab, obgleich seine Musik kaum mehr aufgeführt wurde. 1926 hatte er das Glück, dass er musikalischer
    Berater beim dänischen Radio werden konnte und komponierte dabei die erste Hörspielmusik in Dänemark. 1932 wurde
    Nielsen auf dem Werk zur Arbeit in einen Taxiunfall verwickelt, der ihn zwar nicht äußerlich verletzte aber wohl doch
    tiefe psychische Schäden hinterließ, sodass er wohl nicht mehr arbeiten konnte und promt vom dänischen Radio
    entlassen wurde. Seit dieser Zeit komponierte er bis auf ein Werk gar nicht mehr. Ihm wurde klar, dass keiner seine Musik
    mehr hören möchte und seine Zeit vorbei war. Er wurde Lehrer. Sein Schüler Launy Grøndahl wurde selbst Komponist und
    Dirigent und führte auch nach Nielsens tot seine Werke noch auf. Eine seiner letzten Komposition "Kildemarket", eine südseeländische
    Rhapsodie hatte wahrscheinlich eine hohe persönliche Bedeutung für ihn, da es sich um einen Markt, ein Fest in Naevsted,
    seinem ersten richtigen Unterrichtsort handelte. 1936 stirbt Ludolf Nielsen, der Zeit seines Lebens starker Raucher war an
    einer Schilddrüsenkrankheit. Er wurde auf dem Helleruper Friedhof begraben. Die Bronze wurde wahrscheinlich von seinen
    Freimaurerkollegen ( eventuell zum 60. Geburtstag ) geschenkt. Warum seine Frau nicht namentlich auf dem Grab erwähnt
    ist weiß niemand.




    Nach Nielsens Tod wurden die Manuscripte und Noten der königlichen Bibliothek geschenkt, wo sie sich auch
    noch heute befinden und von mir gestern in Augenschein genommen worden. Sein wohl erfolgreichstes Werk
    , zumindest finanziell, ist das gerade mal acht Takte lange Weihnachtslied O, du dejlige grøne træ, welches
    in vielen Kinderliederbüchern veröffentlicht wurde. Vielleicht kommt die Zeit, wenn Ludolf Nielsen wieder in die
    Konzerthäuser findet. Ich werde mich bemühen!


  • Lieber Christian
    vielen Dank für Deinen interessanten Bericht über Deine "Forschungsreise" zum Thema Ludolf Nielsen. Ich habe ihn mit Gewinn gelesen. Ich muss zugeben, dass ich mich mit diesem Komponisten bisher kaum beschäftigt habe. Eine Gang zur CD-Sammlung bestätigte aber, dass ich die cpo CD Einspielung des 2. und 3. Streichquartetts besitze und eigentlich glaube ich auch die der 2. Symphonie. Die konnte ich aber gerade nicht finden. Angeregt durch Deinen Bericht werde ich die Streichquartetten in den nächsten Tage mal wieder auflegen.
    Liebe Grüße nach Schweden (wohin ich auch immer gerne fahre, beruflich meist nach Upsala, letztes Jahr aber auch mal nach Malmö)
    lutgra

  • Lieber Christian, auch ich habe Deinen Bericht über Ludolf Nielsen mit großem Interesse gelesen. Ich wusste nicht sehr viel über Nielsen. Du hast mich neugierig gemacht, dass ich mehr über ihn in Erfahrungen bringen will. Einiges hast Du bereits mitgeteilt, worauf man aufbauen kann. Erst neulich war ich in Kopenhagen, an Nielsen habe ich bei dieser Gelegenheit gar nicht gedacht, was ich jetzt als schade empfinde. Seine 3. Sinfonie liebe ich schon wegen des betörenden Anfangs sehr. Ich habe sie mir gleich herausgesucht, um sie wieder zu hören. Leider sehe ich in Deutschland die Pflege der Musik aus unseren Nachbarländern ziemlich vernachlässigt. Ich kann mich nicht erinnern, dass es bei uns in Berlin mal einen Nielsen im Konzert gegeben hat. Dabei hat Berlin mindesten fünf große Orchester, die neben den Aufgaben in den Opernhäusern auch alle Konzerte geben.


    Dank und Gruß!
    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mir hat Christians Beitrag auch sehr gut gefallen! Die Idee zu den Nachfahren des eigenen Lieblingskomponisten zu fahren ist faszinierend. Ich werde mal in Ludolf Nielsen reinhören und mir die 2.te Symphonie bestellen. Von der gibt es bei cpo eine Rezension von einem gewissen "Scandinavius" (der nicht rein zufällig auch Mitglied dieses Forums ist ;) ). Die Marco Polo Aufnahmen der 1. und 3. Symphonie sind leider nur für ein Schweinegeld erhältlich. Von Chandos und BIS gibt es von L. Nielsen nichts - sehr erstaunlich....


  • Ich habe gestern abend noch das 2. SQ mit dem Aros-Quartett (4 reizende junge Damen aus Dänemark) gehört und war ziemlich beeindruckt. Ein sehr klangschönes spätromantisches Werk im Stile von Brahms und Dvorak, aber sehr eigenständig und mit einer Reihe von unerwarteten Wendungen, die schon in Richtung früher Bartok und Schönberg weisen. Leider bei cpo nicht mehr lieferbar, aber am Marktplatz am Fluss gibt es noch einige preiswerte Angebote. Da sollte man jetzt allerdings schnell zugreifen.

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  • Liebe Taminos,


    ich freue mich sehr, dass mein Beitrag über Ludolf Nielsen so gut angekommen ist und Euch angeregt hat, sogar Aufnahmen zu bestellen.
    Ich möchte ja selber Dirigent werden, allerdings fast nur noch, damit auch unbekanntere Komponisten, die vom Konzertbetrieb quasi ausgeschlossen sind, auch mal der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei soll mein Nielsen natürlich besondere Beachtung finden, weshalb ich momentan seine Manuscripte abschreibe, damit Partitur und Orchesterstimmen für eventuellen Bedarf bereitstehen. So wie ich gehört habe, wäre das Label Dacapo durchaus an weiteren Aufnahmen, wenn Orchestermaterial da wäre... das soll natürlich nicht das Problem sein, so sehr wie ich seine Musik liebe!



    Zitat

    Von der gibt es bei cpo eine Rezension von einem gewissen "Scandinavius" (der nicht rein zufällig auch Mitglied dieses Forums ist ;) )

    Erwischt ;) Allerdings dürfte die Rezension schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben!



    Zitat

    Die Marco Polo Aufnahmen der 1. und 3. Symphonie sind leider nur für ein Schweinegeld erhältlich.

    Hast Du schon nach den Dacapo-Aufnahmen gesucht? Es sind genau dieselben und durchaus erhältlich. Die dritte ist wahrlich s**teuer, die erste und zweite allerdings erschwinglich. Leider muss ich gestehen, dass ich selber weder die 3. Sinfonie noch sein fantastisches Chorwerk " Der Turm von Babel" besitze. Wie man nun mal ist, will man andere ebenfalls bekehr... auf die Musik aufmerksam machen und verschenk gern mal das ein oder andere. Aber man sei beruhigt, es ist eine neue Auflage der CD's als Box geplant. Ist wohl doch recht gefragt der Gute.




    Nun, da mir heute die Muße zum Schlafe fehlt, möchte ich Euch mein letztes Konzerterlebnis präsentieren, welches das erste ist, das vom Publikum nicht mit der hier anscheinend obligatorischen Standing Ovation gefeiert wurde. Ausnahmsweise sehr zu meiner Verwunderung, war ich doch sehr angetan.


    Arvo Pärt Cantus in memoriam Benjamin Britten
    Benjamin Britten Serenade für Tenor, Horn und Streicher

    Anders Hultquist Stone after stone
    Jean Sibelius Sinfonie Nr. 7


    Göteborgs Symfoniker
    Dirigentin: Anna-Maria Helsing
    Tenor :Mark Padmore
    Horn: Radovan Vlatkovic


    Das Konzert, welches im fantastischen Göteborger Konserthuset stattfand fing mit Arvo Pärts Cantus in Erinnerung an Benjamin Britten an.
    Dieser feiert bekanntlich dieses Jahr seinen 100. Geburtstag und wird - wie ich finde erstaunlich - in ganz Schweden groß gefeiert. Das etwa 6 minütige Werk ist für Streicher und eine Glocke. Sehr meditativ und andächtig im Charakter, mit Pärts typisch langen, konzentrierten Phrasen und wohlklingenden Dissonanzen war es eine gelungene Einleitung zur Serenade, die ohne Pause mit dem ersten Hornsolo anfing. Laut Programmheft wurde das Werk bisher sieben Mal in Göteborg gespielt, einmal sogar mit Brittens Lebesgefährten Peter Pears.
    In dem Werk von 1943, welches mit einem Hornsolo beginnt und abschließt, werden sieben englische Gedichte vom 15. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert
    vertont - auf recht romantische Weise. Da ich gesungene englische Sprache schon sehr ästhetisch finde, berührte mich das Werk mit seinen größtenteils langsamen Tempi und der ausdrucksvollen Gesangpartie sehr. Mark Padmore mit seiner glasklaren Ausprache, Höhensicherheit und großen Ausdruckskraft tat sein übriges zu einer wirklich gelungenen Vorstellung. Herr Vlatkovic präsentierte viele Klangfarben fehlerfrei mit seinem Horn und zeigte, wie spannend es auch als Soloinstrument sein kann. Frau Helsing leitete die Göteborger Musiker sicher mit logischen Tempi und gut ausgearbeiteter Dynamik durch das Werk, welches sehr wohlwollend vom Publikum angenommen wurde.


    Nach der Pause wurde Anders Hultquists "Werk" Stone after Stone gespielt, welches ich am liebsten mit den Worten "Grober Unfug" abtuen möchte.
    Nach etwa 4 Minuten Computerkrach setzte das Orchester mit ordentlich Krach ein, Gongs wurden geschmettert. Als es dann mal ruhiger wurde, durfte wie **** auf dem Klavier rumgehauen werden. Man möge mich als Benause bezeichnen, aber ich bin mich sicher, dass dieses Werk nicht von der Nachwelt bewundert werden wird! Stattdessen hätte man lieber eine sinfonische Dichtung von Alfvén oder etwas anderes vernachlässigtes spielen können.
    Zumindest reagierte das Publikum entsprechend überfordert und wollte nach etwa 20 Sek den Applaus abbrechen. Da der "Komponist" anwesend war und auf die Bühne kaum, wurde er jedoch um 15 Sek verlängert... naja...


    Dann kam Sibelius, der komischerweise auch sehr verhalten angenommen wurde. Ich persönlich war begeistert. Die Finnische Dirigentin wusste genau, mit dem Werk umzugehen. Klar und differenziert wurde die Partitur umgesetzt, der tiefe düstere Klang zwar etwas aufgehellt, was ich aber als sehr interessante Erfahrung ansah. Die in einem Satz geschaffene Sinfonie ist durchaus dichter, spröder als die vorherigen und bestimmt nicht einfach zu meistern. Insbesondere die Hörner leisteten gute Arbeit. Der schwierige Horneinsatz etwa mittig war wirklich auf den Punkt und ich bezweifle, ihn jemals wieder so zu hören.
    Aber deswegen bin ich ja nach Schweden gegangen, hier werden die skandinavischen Komponisten viel und wohl am authentischsten gespielt. Ich freue mich auf mehr!


    Beste Grüße

  • Die L.Nielsen-CDs (2.Sinfonie, 3.Sinfonie, Turm zu Babel) sind im Dacapo-Katalog nicht gestrichen und somit zum Normalpreis bestellbar.
    Ob sie auch geliefert werden, weiß ich nicht.
    Lediglich die 1.Sinfonie ist dort nur noch als Download erhältlich.
    Bei amazon.de (marketplace) werden die 1.Sinfonie (neu) und 2.Sinfonie (neu) preiswert angeboten.


    http://www.dacapo-records.dk/e…g-the-tower-of-babel.aspx
    http://www.dacapo-records.dk/e…sen---symphony-no--3.aspx
    http://www.dacapo-records.dk/e…g-the-tower-of-babel.aspx

    mfG
    Michael

  • Ich habe jetzt mal die cpo-Aufnahme der 2. bestellt, denn die von dacapo vertriebene ist erst in "3-4- Wochen lieferbar" (womit ich eher schelchte Erfahrungen gemacht habe, denn es handelt sich nicht immer um Erdenwochen...). Gute Nachricht: Der "Turm von Babel" wird wieder aufgelegt - allerdings ist eine Wartezeit bis Nov. 2015 angesagt 8|

  • Hallo Taminos,


    zuerst hoffe ich, dass diejenigen, die sich tatsächlich den "guten Nielsen" gekauft haben sollten, nicht enttäuscht sind. Ich halte seine Werke neben einigen anderen für das Beste, was Skandinaviens Komponisten herausgebracht haben. Nun möchte ich allerdings die Musikeindrücke schildern, die ich soeben bei einem höchst erfreulichen Konzert erleben durfte. Das Programm sah wie folgt aus:


    Ludwig van Beethoven - Klavierkonzert Nr. 1 op. 15


    Pause


    Wilhelm Stenhammar - Sinfonie Nr. 2 op. 34


    Es spielten die Göteborger Sinfoniker unter Herbert Blomstedt mit dem Pianisten Peter Serkin im Göteborger Konserthuset.

    (c) wikipedia.org ; (c) cmartists.com


    Ja, den Anfang des Konzertabends bildete Beethovens erstes Klavierkonzert. Wie fast alle Werke Beethovens, war mir auch dieses noch unbekannt, gefiel aber bis auf den Schlusssatz doch sehr gut. Herbert Blomstedt verstand es Leichtigkeit ins Orchester bringen und zeichnete sich als guter Begleiter aus, jedoch wohlwissend, dass auch die Begleitung wichtige Musik ist! So schaffte er ein kontrastreiches Bild zwischen mozartlich angehauchten Stellen und den Momenten, wo Beethoven schon seine Kraft und Selbstständigkeit zeigt. Highlights waren zweifellos die Holzbläser, die eine wahrlich gute Leistung unter seiner Stabführung erbrachten. Im Kontrast dazu war ein wenig Peter Serkin, der - so schien es mir - einie Töne verschluckte, teils zu starke Akzente setzte und besonders gern das Pedel bediente. Dadurch wirkte der Klang doch etwas stärker, schwülstiger und passte nicht ganz zu der Interpretation Blomstedts. Im zweiten Satz besserte sich dies und Orchester sowie Pianist fanden sich zu einer Einheit. Der letzte Satz, den ich offengestanden recht arm an Ideen befand war soweit ich es beurteilen kann gut musiziert. Das Publikum dankte mit warmen Applaus, war aber nicht übermäßig angetan.



    (c) wikipedia.org ; (c) artsfuse.org


    Nach der Pause ein lang ersehntes Highlight während meiner Schwedenzeit. Obgleich ich von Stenhammar bisher nicht wirklich angetan war, erhoffte ich mir, dass dieses Konzert dies ändern würde. Und so war es auch. Stenhammar, selbst der zweite Dirigent nach der Gründung der Göteborger Sinfoniker, leitete das Orchester von 1907 bis 1922, wo er es an den unbeliebten Ture Rangström abgab. Die zweite Sinfonie widmete er dem Orchester, welches einige seiner Werke uraufführte und spielte ... bis heute! Nach einer Ansage, das dieses Konzert live auf CD eingespielt wird, gings also los.
    Der erste Satz, ein Allegro energico beginnt typisch nordisch mit Anklängen an einen Tanz und ist zu Anfang sehr rhythmisch gestaltet und mit einer fast impressionistischen Flötenlinie versehen. Diese kommt im Laufe das Satzes noch einige Male vor und bleibt von der kontrapunktischen Verarbeitung größtenteils unberührt. Ein strahlender Bläserchoral beendet den ersten Teil.
    Der zweite Satz ein Andante ist merklich von Sibelius beeinflusst und düster in der Farbe. Wie auch im ersten Satz ist es kein wirklich durchkomponiertes Stück. Vielmehr werden einzelne Stimmungen in Episoden dargestellt die über Pausen oder einer Kontrabasslinie verbunden werden. Sehr ungewöhnlich ist der Schluss des Satzes, wo Stenhammar nach einem empfundenen Ende in der Tonika in eine scheinbar andere Tonart umschwenk und den Satz in wenigen Takten beendet.
    Das Highlight der Sinfonie ist das Scherzo, welches neben nordischen Wendungen auch einen Slawischen Touch hat. Rhythmisch raffiniert und mitnehmend, werden die tiefen, breiten Geigenstriche schnell zu einem fast grotesk anmutenden Tanz der von einer kleiner cantabilen Episode unterbrochen wird, bevor es wieder nordisch düster weitergeht bis ein Streicherpizzekatto den Satz beendet.
    Der schwächste Satz dürfte der vierte, das Finale sein. Hier kommen die Episoden am lockersten daher, sprich sie scheinen keine feste Verankerung im Gesamtgefüge zu haben. Hier merkt man, dass Stenhammar mehr ein Klavierkomponist war. Dennoch sind hübsche Ideen dabei, die ebenfalls sehr kontrapunktisch zu einem raffinierten Schluss führen.


    Blomstedt weiß auch mit diesem Werk sehr gut umzugehen und füllt, selbst Schwedisch, die düsteren Klangwelten mit einzelnen Volkstanzabschnitten gekonnt aus. Trotz seiner 85 Jahre dirigierte er das ganze Konzert im stehen und führte die Sinfoniker sicher, durch die doch nicht ganz einfache Partitur und kostete es sichtbar aus, die zahlreichen Farben mit dem Orchester entstehen zu lassen. Die Tempi waren sehr schlüssig und die orchestrale Ausgewogenheit auch gegeben. Die Holzbläser - wieder fantastisch - scheint er besonders inspiriert zu haben.
    Das Publikum dankte dem bescheidenen Maestro mit frenetischen Applaus. Was mich besonders erfreute war sein Auftreten hinterher. In die Reihen des Orchesters gesellt, stellte er sich sichtbar mit den Musikern auf eine Stufe. Anschließend, nach dem dritten Herausrufen ging er doch zum Podium nahm die Partitur und hielt sie dem Publikum entgehen, welches mit lauten Bravorufen den Komponisten würdigte! Warum wird diese Musik nicht in Deutschland gespielt? Ich bezweifel, dass der Erfolg nur wegen des Lokalpatriotismuses entstand. Es ist schlichtweg gute Musik und ich freute mich über diesen posthumen Triumph sehr!


    Soviel dazu. In den nächsten Tage werde ich noch über die fantastische Inszenierung des Liebestranks an der Oper berichten! Bis dahin!
    Christian




  • zuerst hoffe ich, dass diejenigen, die sich tatsächlich den "guten Nielsen" gekauft haben sollten, nicht enttäuscht sind. Ich halte seine Werke neben einigen anderen für das Beste, was Skandinaviens Komponisten herausgebracht haben. Nun möchte ich allerdings die Musikeindrücke schildern, die ich soeben bei einem höchst erfreulichen Konzert erleben durfte. Das Programm sah wie folgt aus:


    Hallo Christian,


    nein, ich war keineswegs enttäuscht. Nielsens Zweite ist tatsächlich eine sehr schöne spätromantische Symphonie und daher eine lohnende Erweiterung meiner Sammlung!

  • Liebe Taminos,


    gestern und heute erlebte ich mal wieder ein Konzert der Extraklasse, welches ich noch lange in Erinnerung behalten werde.


    Joseph Haydn - Sinfonie Nr.77

    Wolfgang Amadeus Mozart - Sinfonia Concertante KV 364
    Kurt Atterberg - Sinfonie Nr.5 "SINFONIA FUNEBRE"


    GÖTEBORGS SYMFONIKER

    DIRIGENT NEEME JÄRVI


    SARA TROBÄCK HESSELINK violin
    ELLEN NISBETH viola


    Bis auf Atterbergs Sinfonie, waren mir die übrigen Werke des Abends unbekannt. Umso größer war jedoch die Überraschung und ich entdeckte mal wieder, wie sehr mir doch die Wiener Klassik gefällt.
    Den Anfang des Abends bildete Haydn 77. Sinfonie. Der erste Satz ist ein frisches Vivace, welches vom Orchester leicht und kontrastvoll vorgetragen wurde. Järvi kostet die Pausen richtig aus, ohne jedoch den Fluss zu unterbrechen. Es folgt ein wunderschönes Andante sostenuto in dem die Holzbläser brillieren konnten. Das Menuetto nimmt Järvi recht wuchtig, jedoch nicht zu stark. Das Orchester spielt mit zahlreichen Akzenten ohne jedoch dem Effekt zu verfallen. Das Werk wird von einem Allegro spiritoso abgeschlossen in welchem besonders die kontrapunktische Arbeit bemerkenswert war. Insgesamt war ich von dem Werk und der Interpretation sehr beeindruckt. Die Musik hatte sehr viel frische und man fand keine romantischen Ausarter seitens des Orchesters - es war durch und durch im klassischen Geist gespielt.


    Es folgte die Sinfonia Concertante KV 364, welche mit der Konzertmeisterin Sara Trobäck Hesselin und der in Schweden bekannten Bratscherin Ellen Nisbeth aufgeführt wurde. Obgleich ich nicht viel von Mozart kenne, genügten doch die wenigen Kenntnisse um zu sagen, dass es sich um ein recht modern anmutendes Werk Mozarts handelt. Im ersten Satz kommen Anklänge ( oder eher Vorklänge? ) an Rossini; der zweite Satz erinnert zuweilen sogar an Mendelssohn, zumal auch die Hörner herrlich untermalend eingesetzt werden. Da ich nicht viel zur Interpretation sagen kann, kann ich bloß erneut auf den leicht, sanften Klang hinweisen. Highlight war für mich der zweite Satz - unglaublich wie toll Mozart in Moll komponieren konnte. Die Solistinnen spielten sehr sauber, virtuos und fanden sich klanglich perfekt ins Orchester ein.


    Nach der Pause wurde eine Musikerin im Orchester mit einem Stipendium geehrt - dazu gab es den ersten Orchestertusch, den ich erlebt habe! Bisher habe ich davon nur in Biografien gelesen! Schonmal ein Erlebnis.
    Nun folgte endlich die 5. Sinfonie Kurt Atterbergs, die den Beinahmen Funebre trägt. Durchaus düster in der Stimmung, allerdings nicht so funebre wie man erwarten würde, wird das Werk von einem dramatischen Hauptgedanken getragen, welcher sich quasi durch alle Instrumente zieht und später in einem fast grotesk anmutenden Orchesterwalzer endet. Raffiniert instrumentiert, kommen hier in erster Linie die Blechbläser mit fanfarenartigen Einschüben voll zur Geltung. Doch wie kann man die Musik definieren? Es ist ein beeindruckender Mix aus schwedischen Nationalromantik ( einige Wendungen sind klar Hugo Alfvens Werken entlehnt ), Impressionismus und früher Filmmusik. Es begegnen dem Zuhörer expressive Ausbrüche, intensive Streichercantilenen als auch die bereits erwähnten fast grotesken 3/4 Momente bevor das Werk düster mit Streicherpizzikatti schließt.
    Neeme Järvi führt souverän und gekonnt durch die rhythmisch anspruchsvolle Partitur und fühlt sich sichtlich wohl in der spätromantischen Klangwelt Atterbergs. Obgleich ich am Vortag den etwas zu laschen Anfang kritisiert habe, wurde dieser heute mit großer Intensität gespielt und führte den Zuhörer gleich ins dramatische Geschehen ein. Das Publikum dankte dem Dirigenten mit stürmischen Applaus. Dieser hatte noch eine Zugabe im Gepäck. Es war die Mellanmusik av Sången - die Zwischenmusik aus Sången von Wilhelm Stenhammer. Das kurze Stück ist ein schwelgerisches Stück für die Streicher, die mit satten Orchesterklang aufspielten. Ein Bläserchoral, der in voller Pracht vorgetragen wurde unterbricht die Geigen, bevor diese das Werk abschließen.


    Abschließen kann ich nur sagen, dass trotz Järvis unkonventioneller Art zu Dirigieren das Ergebnis sehr beeindruckend war, weshalb ich es mir nicht nehmen lies ihm am Bühneneingang aufzulauern und um Autogramme zu bitten ( ja ich bin ein Autogrammjäger :) ). Er war sehr bescheiden und sichtlich erschöpft nach dem Konzert. Dennoch gab er seinem jungen Fan gerne die Autogramme! Seine herzliche Frau unterhielt sich noch mit mir und gab einige Tipps für die musikalische Zukunft! Nette Leute! Die Atterberg-Sinfonie wurde übrigens aufgenommen und wird sich bald als Vol.III der gesamten Sinfonien unter Neeme Järvi wiederfinden!



    Beste Grüße
    Christian

  • Liebe Taminos,


    obgleich ich zahlreiche Konzerte hier in Schweden besuche, schreibe ich nicht über jedes, sondern nur über m.E. besonders gelungene. Am Donnerstag war es dann nun endlich mal wieder soweit, dass ich überglücklich aus dem Konzertsaal kam. Folgendes Programm wurde gegeben:

    Felix Mendelssohn-Bartholdy - Hebriden Ouvertüre
    Richard Strauß - Vier letzte Lieder


    Hans Rott - Sinfonie in E-Dur


    Göteborgs Symfoniker
    Dirigent: Marc Minkowski
    Sopran: Nina Stemme
    Camilla Tilling


    Der Abend begann mit einem der wohl herrlichsten Musikstücken, das je geschrieben worden ist, Mendelssohn Hebriden-Ouvertüre. Minkowski formt von Anfang an sehr große Bögen und schafft die Stimmung herrlich einzufangen, hält das düstere, raue jedoch etwas zu sehr zurück, formt eher Flachland. Dafür sind die idyllischen, cantilenen Phrasen in den Holzbläsern ein Genuss, bevor er das Orchester doch ganz auffahren lässt und die Urwüchsigkeit der Hebriden zeigt bevor das Stück verklingt. Ein guter Auftakt für den Abend war gemacht.


    Es folgte Richard Strauß' wohl bekannteste Liedschöpfung, die eigentlich von Nina Stemme gesungen werden sollte, aber aus Krankheitsgründen von Camilla Tilling ersetzt wurde. Diese konnte mit ihrer herrlichen Stimme glänzen, die in den Höhen wahrlich strahlte und ihre tolle Stimmfarbe zeigen konnte. In den tieferen Lagen war sie kaum zu hören, da das Orchester doch zu sehr überdeckte, aber das schiebe ich jetzt auf den spontanen Solistenwechsel. Leider was der Text bis auf die Anfänge meist unverständlich. Das Orchester begleitete bis auf die Lautstärke sehr souverän. Marc Minkowski übertrug die Stimmung der Gedichte hervorragend auf die Musiker, sodass es insgesamt ein gutes Musizieren war.


    Nach der Pause folgte dann das Highlight - Hans Rotts Sinfonie, ein Werk welches ich schon 3x live im Konzertsaal erleben durfte (wer bietet mehr? :P) und hier in Göteborg wohl seine prächtigste Aufführung erlebte und mir bestätigte, dass das Interesse am Komponisten nicht nur vorübergehend war und sein Werk wohl nicht mehr im Nischenrepertoire ist.
    Leider missfiel mir der erste Satz in der Art wie Minkowski ihn spielte sehr. Er kostete überhaupt nicht das herrliche Hauptthema des Satzes aus und nahm ein m.E. viel zu schnelles Tempo, welches er auch nicht mehr zu korrigieren vermochte. Zahlreiche Details verschwanden, was allerdings das beeindruckte Publikum nicht an einem kleinen Zwischenapplaus hinderte. Der zweite Satz sehr langsam spielte das Orchester ganz hervorragend, ausgeglichen, ruhig bis die Klanggewalten die einen zweiten Mahler erahnen lassen hineinbrechen. Das Highlight war das Scherzo, welches ich noch nie so derb/komisch gehört habe. Ganz Wienerisch hingegen wieder die Ländler-Anklänge, alles weitere sehr rhythmisch genau und kontrastvoll interessant. Die Bläser waren tadellos und voll im Ton. Auch der letzte Satz gelang völlig, das Orchester blühte einfach in den zahllosen Ohrwürmern welche die Sinfonie zu bieten hat. Es gab großen Applaus ( als erstes durfte der Herr an der Triangel , der sich jedoch - Gott sei Dank - sehr zurückgehalten hat, aufstehen ) für den französischen Dirigent und das Orchester. Auch die Partitur ließ der Dirigent beklatschen, was wieder einem großen Bravo begrüßte wurde. Ich kann wirklich kaum meckern und bin - wie gesagt - voller Euphorie nach Hause gegangen!


    Beste Grüße
    Christian

  • Lieber Christian,


    schön, dass wir durch Deinen Schwedenaufenthalt zahlreiche Berichte von Dir bekommen und Deine musikalischen Erlebnisse - die durch informativ geschriebene Berichte sehr lebendig geschildert werden - mit Dir teilen können. Ich wünsche Dir noch eine gute, lehrreiche Zeit im Norden. Wenn Du wieder zurück bist könnten wir diskutieren, ob es nicht möglich wäre, einmal eine von Dir erlebte und empfohlene Sinfonie in das Programm des Heilbronner Sinfonie Orchesters aufzunehmen. Unser künstlerischer Leiter ist neuen, unbekannten Werken gegenüber immer aufgeschlossen und ich wirke bei der Programmgestaltung maßgeblich mit . Es sollte dann jedoch ein Werk sein, dass sich dem Publikum spontan erschließt und zündet. Auch die Noten müßten problemlos zu beschaffen und spielbar sein. Wir wollten vor Jahren eine Sinfonie von Atterberg ins Programm nehmen. Das gelieferte Notenmaterial war jedoch leider nicht verwendbar. Wenn Du zurück bist besuchst Du am besten ein Konzert bei uns. Am Rande des Konzerts könnten wir dann mit dem Dirigenten Professor Braschkat die angedeutete Idee diskutieren.


    Liebe Grüße und nochmalige Wünschen für eine gute Zeit in Schweden. :hello:
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • @ Schneewitchen:
    Ja, das stimmt. Das GSO hat es den Stockholmer nachgemacht und stellen nun auch deren Konzerte ins Internet ein. Wer sich also mal ein Bild über die Qualität dieses Schwedischen Nationalorchesters machen könnte hat es eine gute Auswahl auf dieser Seite.


    Nun aber weiter: Heute war ich bei einem Highlight während meines musikalischen Jahres. In Kopenhagen wurde die 9. Sinfonie des Dänisch-Deutschen Komponisten Paul von Klenau (siehe Thread) uraufgeführt.


    Folgende waren am Konzert dabei beteildigt:

    DR Symfoni Orkestret

    DR KoncertKoret

    Dirigent: Michael Schønwandt

    Solisten: Cornelia Ptassek – Sopran, Susanne Resmark – Mezzosopran, Michael Weinius – Tenor, Stefen Bruun – Bass


    Klenaus 9. Sinfonie ist ein rund 90 minütiges Werk in acht Teilen, wobei vier davon als Requiem dienen, während die anderen rein orchestral sind. Die Sinfonie stammt aus dem Jahr 1945, wurde also nur ein Jahr vor dem Tod des Komponisten vollendet und stellt in gewisser Weise seinen kompositorischen Abschied dar.
    Die Sinfonie ist in den ersten vier Sätzen typisch „klenauisch“. Seine tonartbezogenen Zwölftonskalen mischen sich immer wieder in die doch „altersmild“ gewordene Musik ein. Das arnachische, kraftvolle der Musik ist fast gänzlich verschwunden. Der Chor hat einen anspruchsvollen, jedoch auch sehr dankbaren Part, der sich trotz der ungewöhnlichen Harmonik in Klenaus Musik wirklich fantastisch macht.
    Der 5. Satz, ein Allegro di marchia vivace bricht komplett mit Klenaus bisheriger Kompositionsweise. Romantisch wird die Musik, ähnelt sehr Langgaard und wird – da ich sein bisherigen Schaffen kenne – dadurch auch etwas unglaubwürdig. Dennoch zeigt sich in diesen Stellen wie gut Klenau für die Stimme schreiben kann. Das Adagio ist wunderschön und nähert sich in seiner Schlichtheit schon fast an Mahler an. Auch das Finale, ein prachtvolles Gloria erinnert unfreiwillig an Mahler (Sinfonie 8 – wenn auch nicht mit solchem Können und Bombast) und bringt das Werk positiv zuende.
    Es war für mich ein großes Privileg bei dieser Erstaufführung (und wahrscheinlich auch einzigen Aufführung für die nächsten... sagen wir 100 Jahre) dabei zu sein. Die Solisten waren bis auf das Mezzosopran, die einen schlechten Tag zu haben scheinte, voll zufriedenstellend. Insbesondere Cornelia Ptassek hatte einen kräftigen Sopran der in der Höhe nichts von seiner Strahlkraft einbüßte. Auch Michael Schønwandt als Dirigent formte die Partitur (von deren Existenz man bis vor wenigen Jahren gar nicht wusste) und leitete mit sinnvollen Tempi das Orchester sicher und punktgenau durch das Werk. Das Orchester selber schien etwas indisponiert zu sein, was insbesondere an den zwar sauberen, jedoch lustlosen Bläsern und den arg schwächelnden Violinen lag. Mir wurde versichert, dass das Orchester seit Jahren nicht mehr so schlecht gespielt habe. Dennoch war das gut gefüllte Kopenhagener Konserthuset (wovon 50% etwa Freikarten waren) begeistert und zeigte mit Bravos und Standing Ovation die Zuneigung zum Werk. Ich freue mich schon auf die Veröffentlichung über das Label DaCapo, frage mich aber immernoch warum er von seinem gerade so einmaligen Stil in der Hälfte des Wegs abgekommen ist.


    Beste Grüße

    Christian

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  • Lieber Christian,


    ich habe die Ludolf Nielsen Sinfonie Nr. 2 über Amazon mit dem Forum Button gekauft und umgehend bekommen. Seitdem mehrmals gehört. Meine Frau und ich sind von diesem grandiosen "nordischen Märchen" begeistert. Ich habe bereits einen Konzertabend beim Heilbronner Sinfonie Orchester im Kopf, der folgender Maßen aussehen könnte:


    Titel: "Nordische Glücksmomente"
    Mendelssohn: Ouvertüre "Die Hebriden"
    Sbelius: Violinkonzert d-moll
    L. Nielsen Sinfonie Nr. 2


    Nun muss ich von diesem Plan zunächst den Dirigenten überzeugen, dann ist die Besetzung und Spielfähigkeit für unser Orchester zu prüfen, das Notenmaterial, die Kosten, die Dauer der Kompositionen, die Gesamtkonzeption der Konzertreihe und die Eignung dieser Sinfonie im geplanten musikalischen Umfeld. Danach muss auch noch der Programmausschuss zustimmen, das ist in der Regel Formsache, denn der Künstlerische Leiter hat die letzte Veranwortung. So schwer ist es, einen Konzertabend zu planen und bestimmte Stücke durchzubringen, selbst wenn man über die Autoritätt des Ehrenvorsitzenden verfügt. Ach - und jetzt sind wir bereits in der Konzertsaison 16/17. Dennoch den Kopf nicht hängen lassen, wir werden es gemeinsam versuchen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • @ Operus: Das klingt ja wirklich fantastisch! Es wird Zeit das Nielsen wieder in die Konzertsäle - und zwar nicht nur die von mir bespielten in der Provinz - kommt. Dänische Musik ist so unterbewertet - am meisten wohl in Dänemark selber.


    Liebe Taminos,.


    Gestern habe ich endlich meine schon länger ausstehende Einladung eines Freundes angenommen und mit ihm einen Blick hinter die Kulissen des Dänischen Radios geworfen. Dies passte sich mit der Aufführung der Klenau-Sinfonie sehr gut. Dabei konnte ich einen Blick in den leeren Konzertsaal des direkt angebauten DR Koncerthus werfen, der mit einer guten Akustik und einer fantatischen Architektur beeindrucken konnte. Auch hatte ich die Chance die mir letzten unbekannten Notenmanuskripte Ludolf Nielsens anzusehen. Jetzt habe ich alles ( A-L-L-E-S ) was Nielsen komponiert hat und nicht als verschollen gilt auf meinen Rechner und wird Zeit für Zeit von mir abgeschrieben. Unter anderen war eine ungarische Fantasie dabei für die er eine Ehrennominierung für eine Medallie aus Ungarn bekam. Seine Reichweite war doch weitläufiger als angenommen. Auch einen Einblick ins Aufnahmenarchiv habe ich bekommen und alle momentan doppelt vorhandenen Aufnahmen als Geschenk mitbekommen ( siehe die lange CD-Liste am Ende! ). Bei meinem Besuch konnte ich ebenfalls einige der führenden Musikwissenschaftler Dänemarks sowie den Chef des Labels DaCapo kennenlernen. Wer weiß wozu es nochmal gut sein kann :D


    Nun möchte ich Euch nur noch den Link zum Video der Uraufführung mitgeben. Unter diesem könnt ihr die ganze Sinfonie anhören. Die Partitur dazu soll ebenfalls bald kostenlos im Netz veröffentlicht werden.


    Hier alle als Geschenk erhaltenen Aufnahmen. Ihr könnt ich schon auf weitere Threads zu Dänischen Komponisten freuen!



    Dazu kommen noch weitere sieben - nicht bei JPC erhältliche - Aufnahmen von C. Nielsen Schall und H.O.C. Finck, romantischen Dänischen Trompeten- und Posaunenkonzerte, Nordische Lieder mit Gitta-Maria Sjöberg, Kammermusikwerke von Louis Glass und Vagn Holmboe sowie Orgelwerke von Raasted. Der Besuch hat sich also mehr als gelohnt!


    Beste Grüße
    Christian

  • Zitat von Christian Biskup

    Es wird Zeit das Nielsen wieder in die Konzertsäle - und zwar nicht nur die von mir bespielten in der Provinz - kommt. Dänische Musik ist so unterbewertet -


    Lieber Christian Biskup,


    es wird Zeit, daß ich Dir endlich für die vielen schönen Berichte danke. Ich kann so wenig dazu sagen, weil ich sehr wenig nordisches Repertoire in meiner Sammlung habe (am besten vertreten außer Sibelius ist Stenhammar).


    Ich kann immerhin vermelden, daß im Leipziger Gewandhaus durchaus auch dänische Musik gespielt wird, allerdings Carl Nielsen.
    Herbert Blomstedt wird nämlich zwei Konzerte zum 150. Geburtstag dirigieren. Von Nielsen selbst wird es die 3. und 4. Sinfonie geben.


    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Liebe Taminos,


    JLang: Danke für Deine netten Worte. Ich bin ja froh, dass ich hier im Forum die Möglichkeit habe, meine tollen Erfahrungen zu teilen. Meine Freunde in Deutschland verdrehen schon die Augen, wenn ich nur ansatzweise etwas sage, dass wie "Nielsen" klingt... aber so ist das eben wenn Herzblut dran ist, man möchte ja doch auch ein wenig "bekehren" ;)


    Heute war bester Sonnenschein in Göteborg, also habe ich mich mal wieder auf eine - wenn auch kleinere - Tour begeben. Vor wenigen Tagen habe ich in einem Antiquariat Bücher über Rangström, Peterson-Berger und Kurt Atterberg entdeckt, die ich - trotzdessen dass sie auf schwedisch sind - gekauft habe. Sogleich habe ich mit der Atterberg Biographie angefangen und erfahren, dass er am 12. Dezember 1887 in Göteborg geboren ist. Netterweise stand auch die Adresse dabei: Haga Kyrkogatan 8



    In diesem Haus lebte die Familie Atterberg im 3. Stock, in dem auch der kleine Kurt geboren wurde. Doch die Familie blieb nur einem Jahr in diesem Haus und zog Bald in die Haga Kyrkogatan 4



    In diesem Haus lebte die Familie länger und hatte nun auch Platz für ein Klavier, welches den Jungen aber nicht sonderlich interessierte. Sein Vater war Techniker und hatte zudem auch einige Chemikalien zum experimentieren im Haus. Kein Wunder, dass sich auch der spätere Komponist an diesen versuchte und somit einmal fast das Haus abbrennen ließ. Durch ein Konzert des Brüssel Streichquartetts war er so beeindruckt, dass er bald selber das Cello erlernte. Doch sein erstes Cello war nicht mehr als ein ein aus Kästen zusammengebautes Kuriosum, welches aber dennoch zum Musikmachen ausreichte. Angeblich soll es im Göteborger Stadtmuseum ausgestellt sein. Ich werde es prüfen! Weitere Konzertbesuche im Göteborger Konserthuset folgten, wobei ihn insbesondere die Werke Hugo Alfvéns imponierten, in denen er seine schwedische Seele wiederfand. Er entschloss sich Komponist zu werden, aber dazu mehr in einem noch fehlenden Atterberg-Thread!


    Beste Grüße
    Christian

  • Liebe Taminos,


    es ist zwar schon etwas länger her, aber da es ein interessantes Konzert war, möchte ich nun doch noch darüber berichten. Erneut kam Neeme Järvi nach Göteborg, brachte allerdings auch sein neues Orchester - das Orchestre de la Suisse Romande - mit. Folgendes Programm wurde gegeben:


    Felix Mendelssohn-Bartholdy - Sinfonie Nr. 1
    Pause
    Johannes Brahms - Doppenkonzert
    Carl Nielsen - Fünf Stücke aus Aladdin


    Orchestre de la Suisse Romande
    Violine - Vadim Repin ; Cello - Truls Mørk

    Dirigent - Neeme Järvi


    Zum Beginn wurde die mir noch unbekannte 1. Sinfonie Mendelssohns gespielt, ein Werk welches mir sehr gut gefiel. Deutlich noch in der klassischen Tradition geschrieben, ist das Werk doch sehr romantisch und hat einen recht stürmischen Charakter. Sehr beeindruckend ist die große Fuge im Schlusssatz, dessen kontrapunktische Arbeit sehr mitreißt. Meines Erachtens spielte das Orchester das Werk hervorragend - der etwas dunklere Ton des Klangkörpers kam der Sinfonie sehr zu gute.

    Als zweites wurde das Doppelkonzert von Brahms gespielt - wahrscheinlich sogar gut, aber Brahms haut mich einfach nicht vom Hocker. Sobald er eine schöne Idee hat lässt er sie nicht weiterfließen sondern komponiert irgendetwas neues hinein... daher kann ich zu der Musik auch nicht viel schreiben.


    Als eigentlich letztes Stück standen fünf Stücke aus Carl Nielsens Aladdin auf dem Programm. Zuerst wurde der orientalische Festmarsch gegeben, der mit deutlichen Schwankungen in den Tempi, sonst aber sehr musikalisch gespielt wurde. Es folge Aladdins Tanz/Tanz der Morgenröte, der in Dynamik und Phrasierung durchaus interessant gestaltet war und sich sehr von Järvis CD-Aufnahme unterschied. Auch der Hindu-Tanz sowie der Chinesische Tanz waren gelungen und mit viel Spielfreude dargebracht worden. Bei diesen beiden Stücken kam auch der verzügliche Klang der Holzbläser voll zur Geltung. Das Highlight der Suite ist zweifellos der Tanz der Schwarzen, der bis auf den letzten Takt hervorrangend in Rhythmus und Klang war und natürlich zu Bravos und viel Applaus im Publikum führte, der sich fast ins Extatische steigerte. Es gab zwei Zugaben - ein Stück aus Carl Nielsens Maskerade sowie ein unbekanntes für Streichorchester, die ebenfalls zu großen Jubel animierten. Mein persönliches Highlight war die Mendelsson-Sinfonie, die mal wieder zeigte, wie sehr ich den Deutschen Meister doch unterschätze.


  • Liebe Taminos,


    obwohl noch sieben Konzerte auf dem Programm stehen, habe ich heute mein vorerst ( im Januar sind zwei Atterberg-Abende hintereinander - sehr verlockend! ) letztes Konzert mit den Göteborger Sinfonikern gehabt. Leider werde ich am 3. Mai Schweden schon vorzeitig verlassen, sodass sechs Konzerte für mich ausfallen - leider auch zwei Stenhammarabende. Das Dudamelkonzert nächste Woche besuche ich auch nicht, da ich für eine Woche auf der Insel Frösön hause und einen exklusiven Einblick in das Leben Wilhelm Peterson-Bergers bekommen werde.


    Bevor ich jedoch vom heutigen Konzert berichte, möchte ich Euch das Göteborger Konserthuset vorstellen, welches nun für neun Monate mein ständiger Konzertsaal war.



    Das heutige Göteborger Konserthuset entstand 1935 und ersetzte einen 1901 bis 1928 bestehenden Vorgängerbau, der aufgrund eines Heizungsdefekts bis auf die Grundmauern abbrannte. Mit dem Kunstmuseum und dem Stadttheater bildet das Konzerthaus das kulturelle Zentrum Göteborgs. Der Bau ist im neoklassizistischen Stil errichtet und beinhaltet den großen Saal mit 1247 Plätzen sowie den Stenhammarsaal mit 390 Plätzen, der für Kammermusik - und Klavierabende genutzt wird. Der große Saal hat eine fantastische Akustik und ist auf dem 5. Platz der am besten klingenden Konzertsäle (laut wikipedia). Im Foyer des Hauses befindet sich zahlreiche Büsten und Reliefs prägender Persönlichkeiten von denen die m.E. bedeutendsten hier abgelichtet sind:



    von l. nach r. - Gösta Nystroem, Jean Sibelius, Franz Berwald, Tor Mann, Edvard Grieg, Wilhelm Stenhammar, Neeme Järvi, Igor Strawinsky




    Relief für Wilhelm Stenhammar und Tor Aulin, die das Göteborger Orchester regelmäßig leiteten. Die beiden oberen Reliefs sind zu Ehren Peter Lambergs und Herman Mannheimer angebracht, die das Orchester im Jahr 1928 - des Jahr des großen Feuers - leiteten.


    Der große Saal ist der ständige Spielort der Göteborger Sinfoniker, die 1905 gegründet heute 109 angestellte Musiker haben. Der erste Dirigent des Orchesters war Heinrich Hammer, der es vom Jahr der Gründung leitete, aber abgab als er 1907 in die USA auswanderte. Es folge Wilhelm Stenhammar, der bis heute hochverehrte und legendäre Leiter, der mit 3 Büsten und einem Relief im Konzerthaus gewürdigt wird. Er gab dem Orchester ein nordisches Profil und lud Komponisten wie Sibelius und Carl Nielsen zum Dirigieren eigener Werke nach Göteborg ein. 1922 verließ er die Sinfoniker, hinterließ ihnen aber seine 2. Sinfonie, die noch heute regelmäßig von seinem Orchester gespielt wird. In seinem Abschiedsbrief ans Orchester verkündet er, dass er aufhöre zu dirigieren weil er müde ist. Nicht vom Orchester sondern wegen sich selbst. Er wiederhole sich ständig und ist stumpf geworden, er brauche Zeit bevor er vielleicht wiederkommt.

    Stenhammar kam nicht wieder - er starb bereits 1927. Sein Nachfolger sollte Ture Rangström werden, der von 1922 bis 1925 in Göteborg war, jedoch so schlechte Kritiken erhielt (grottiger Orchesterklang), dass er nach drei Jahren ging. Tor Mann war der nächste Dirigent (1925-1939). Mit 807 Konzerten ist er auch der Rekordhalter unter allen Orchesterleitern Göteborgs und nahm auch die erste Schallplatte mit dem GSO auf. Bevor Issay Dobrowen das Orchester 1941 übernahm, sorgte Sixten Eckerberg für die Musiker und dirigierte sie bis 1970 regelmäßig in Konzerten. Nach Dobrowen wurde der Amerikaner Dean Dixon neuer Chefdirigent und brachte die neuen schwedischen Komponisten wie Larsson, Rosenberg und de Frumerie in den Konzertsaal. Weitere Dirigenten folgten: Sten Frykberg (1960-1967), Sergiu Comissiona (1967-1972), Sixten Ehrling (1974-1975), Charles Dutoit (1976-1979). Mit Neeme Järvi war der wichtigste Dirigent der Göteborger seit Stenhammar. Er brachte den Klangkörper zu internationaler Berühmtheit und machte zahlreiche Einspielungen mit den Göteborgern. Nach 22 Jahren als Chefdirigent verlässt er das Orchester und übergibt es an Mario Venzago. Gustavo Dudamel folgt 2007. Seit 2013 ist Kent Nagano Chefdirigent des schwedischen Nationalorchesters. Dieser ist - wenn auch unscharf - auf dem folgenden Bild zu sehen.



    Beste Grüße

    Christian


  • Liebe Taminos,


    der heutige Tag war eines der Highlights während meiner Schwedenzeit, denn heute war ich in Sommarhagen, dem Wohnhaus des hier im Forum gar nicht mal so unbekannten schwedischen Komponisten Wilhelm Peterson-Berger. Das Haus liegt auf der Insel Frösön vor der Stadt Östersund und ist heute ein Museum, welches im Sommer für Interessierte geöffnet ist. Ich habe jedoch das Glück gehabt das Haus an einem Extratermin ganz für mich allein zu haben.



    Wilhelm Peterson-Berger ist der wohl beliebteste schwedische Komponist, keiner verstand es m.E. besser die schwedische Lebensweise und Natur in die Musik zu setzen. Noch heute ist P.-B. eine Art Held auf der großen Insel und wird in verschiedenster Weise gewürdigt, sei es durch Konzerte, durch nach ihm oder nach einem seiner Werke benannte Wege.
    Bereits bei seinem ersten Besuch in der schwedischen Region Jämtland verliebte sich P.-B. in die herrliche Landschaft und ließ im Jahr 1914 sein Haus "Sommarhagen" auf einer Anhöhe errichten. Zur Fertigstellung komponierte er seinen dritten Band der "Frösöblomster", welches auch das Stück "Einzug in Sommarhagen" enthält, welches zum Klassiker schwedischer Sommermusik geworden ist. Während er das Haus zuerst nur im Sommer bewohnte, diente es ab 1930 dem Komponisten als ständiger Wohnsitz. Nach seinem Tod 1942 wurde die Einrichtung und seine Bibliothek nicht entwendet, weshalb sich das Haus noch heute genau wie zu P.-B.'s Zeiten präsentiert. Das Haus selber im typisch nordischen Stil erbaut, der auch in der herrlichen Innenausstattung, die mit einigen Wikingersymbolen versehen ist, vorkommt. Zu besichtigen waren das Schlafzimmer, das Gästezimmer, der Sommeresssaal mit seiner Bibliothek ( die auch zahlreiche deutsche Bücher über Instrumentationskunst und Wagner enthielt ), das Gästezimmer, die seinerzeit hochmoderne Küche, sein Arbeitszimmer, sowie die kleine Musikhalle.



    In dieser finden heute noch regelmäßig Konzerte statt, bei denen auch der historische Flügel wieder bespielt wird. Ein sehr interessanter Raum war das Arbeitszimmer P.-B. in dem man vieles über das private Leben erfuhr. So war P.-B. leidenschaftlicher Tennisspieler und hatte einen eigenen Tennisplatz hinter dem Haus. Auch befindet sich hier einige Bilder mit seiner geliebten Katze "Kurre". Schon seit der Kindheit hatte der Komponist eine Schwäche für Katzen und hatte immer genau eine Katze ( die immer "Kurre" hieß ) um sich. Alle Katzen sind in einem Hügel neben dem Haus begraben. Vom Arbeitszimmer hat man einen fantastischen Blick auf das Fjäll, das schneebedeckte Gebirge, welches sich hinter dem See Storsjön erstreckt und jedes Mal P.-B. Inspiration schenkte. Auch hatten seine Fenster nie Fenstersprossen - er sah die Landschaft hinter dem Glas als Gemälde und wollte diese nicht durch Sprossen zerteilen. Die Natur war sowieso ein wichtiger Aspekt in seinem Leben. Er unternahm regelmäßig Wanderungen durch die Berge und auch vor seinem Haus ließ er keinen künstlichen Gärten anlegen, sondern die herrlichen Frösöblomster (Frösöblumen) und wilde Orchideen vor seinem Haus sprießen. Besonders genoss er es auf seinem Balkon zu sitzen und auf die Bergeswelt zu schauen. Es gab jedoch ein verstecktes Türchen, durch das er, sobald unbeliebter Besuch nahte, flüchten konnte und einen Spaziergang im Wald unternahm. Dies geschah gewiss öfter, schließlich war er der gefürchtetste und vielleicht aus ungerechteste Kritiker Schwedens. Er hatte wenige Ideale - an seinen Wänden hängen noch heute Portraits von Wagner, Beethoven, Mozart und Smetana(!) - die bei Aufführungen gute Kritiken bekamen. Der Rest bekam schlichtweg eine vernichtende Kritik, die von den Lesern der Zeitung "Dagens Nyheter" begierig gelesen. Man sagt sogar, dass sobald P.-B. eine Kritik veröffentlichte, die Auflage erhöht werden musste.



    Im Keller des Hauses befindet sich P.-B. Badewanne, die - wie für den moderne Erfindungen liebenden Komponisten - sogar schon über einen Warmwasseranschluss verfügte. Im Sommer ist hier zudem ein Café eingerichtet und der Museumsshop in dem CD's, Noten und andere kleine Souvenirs verkauft werden. Zum Abschluss war es mir vergönnt auf dem Flügel des Komponisten zwei Stücke aus den Frösöblomstern - Sommarsång und Vid Frösö Kyrka - zu spielen. Es war eine fantastische Erfahrung und selten hatte ich ein solch erhabenes Gefühl bei Klavierspielen :)


    Nach dem Besuch des Hauses ging ich zur Frösö Kyrka, an dessen Westwand P.-B. begraben ist und auch hier eine fantastische Aussicht auf die Natur rund im Frösön genießt. Direkt neben dem Grab informiert eine Tafel über den Komponisten. Auch sein treuer Diener und Koch Wenngren ist hier begraben. Beide verband eine tiefe Freundschaft. Als dieser während einer Probephase ein Bündel Geld vom Komponisten mit dem Ausspruch "Geh davon schön essen" erhielt, entschied er sich groß einzukaufen und für eine ein Festmahl zu kochen. Als Dankeschön bekam er eine Festanstellung, die bis zu P.-B. Tod andauern sollte. Er und die Katze Kurre waren die Einzigen die mit dem Komponisten im Haus wohnten. Peterson-Berger war nie verheiratet, seiner Ansicht nach könne man kein künstlerisches Leben in einer Familie führen.





    Auch heute ist das Erbe Peterson-Bergers auf Frösön noch lebendig. Neben den besagten Konzerten in Sommarhagen findet jedes Jahr eine Freilichtaufführung der Oper "Arnljot" in einer vom Komponisten stammenden Adaption für Schauspiel und ein wenig Szenenmusik unterhalb der Frösön Kyrka statt. Während diese in den ersten Jahren noch von Peterson-Berger selbst einstudiert wurde, wechseln heute jedes Jahr die Regisseure, die für die traditionellen Laienaufführungen vor der malerischen Gebirgssilhuette bisher noch nicht dem Regietheater verfallen sind. Die sogenannten Arnljotlägden gilt als schönste Freilichtbühne Schwedens - eine Zusammenfassung der Wikingeroper gibt es hier - klick





    Die Arnljot-Freilichtbühne sowie meine Wenigkeit an P.-B.'s Flügel :D


    Liebe Grüße
    Christian


  • Liebe Taminos,


    dies ist der vorletzte Beitrag zu meinem musikalischen Jahr in Schweden. Diesmal begab ich mich auf Spuren Bedrich Smetanas. Doch - Smetana in Schweden? Ja! 1856 verließ Smetana aus politischen Gründen seine böhmische Heimat und wanderte nach Schweden - genauer nach Göteborg aus. Ganze sechs Jahre blieb er in der damals noch recht beschaulichen Hafenstadt und wirkte als begehrter Klavierlehrer und auch als Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft - ein Vorläufer der heutigen Göteborger Sinfoniker - und prägte das Musikleben der Stadt nachhaltig. Doch auch er wurde nachhaltig geprägt. Wer hätte schon gedacht, dass sein berühmtes Thema aus der Moldau direkt dem schwedischen Volkslied "Ack Värmeland du sköna" entnommen wurde und nur im Rhythmus abgeändert wurde? Auch heute noch ist Smetana in Göteborg verewigt. Während heimische Komponisten wie Stenhammar oder Atterberg weder ein Denkmal noch eine relief am Geburtshaus/Wohnhaus haben, hat dies Smetana, der 1857 bis 1858 direkt am Hafenkanal wohnte.



    Weiterhin beherbergt das Göteborger Stadtmuseum das berühmte Potrait Smetanas, welches ihn während in noch fast jugendlich anmutenden Alter während seiner Zeit in Göteborg zeigt.



    LG
    Christian