Er war es, der in den 60er Jahren wütend aufsprang und mitten im Konzert hineinrief: "alles falsch".
Ein Video-Mitschnitt davon existiert. Er war es, der in seinem ersten Konzert mit dem von ihm gegründeten "Orchester des 18. Jahrhunderts" 1983 Rameau, Mozart und Beethoven dirigierte.
Mit Mitte 50 ein "Junger Wilder".
Heute wirken seine Aufnahmen wie die eines weise Gewordenen.
Aber immer kompromisslos dem Werk verpflichtet, dem, was "zwischen den Noten steht".
Sein Lieblingskomponist Rameau, dem er stets die Eigentümlichkeit lässt.
Brüggens Haydn ist für mich das Wunder des Unsagbaren, sein Beethoven oft gar nicht so heroisch, eher der eines Suchenden.
Mozart bei ihm diese Wunderwelt an Schönheit, die auch mit der Tür ins Haus fallen kann.
Seine Mendelssohn-Aufnahmen haben Mitropoulos' Größe, dieses Sprengen der Tradition.
Und wenn er, wie beim Abschiedskonzert der Radio Kamer Filharmonie, Strauß' "Die Libelle" dirigiert, dann schmerzt Schönheit mehr als alles andere.
Dabei ist er selbst ein so scheuer Mensch. Wichtiger und schöner für ihn, dass seine Orchestermitglieder ihre Familien mitbringen auf ihren Reisen und so gleicht das Hinterzimmer oft eher einem Kindergarten denn einem Arbeitszimmer.
Und wer bekommt die Blumen nach dem Konzert?
Ja, unter Umständen der Gast, der so gern Anteil nahm an diesem Konzert.
Ich höre gerade seine allererste Aufnahme mit dem damals noch ungenannten Orchester, eine Quasi-Probe, ob man denn dem Standard genügen würde, Platten machen zu können. Gerade Mozarts KV 364, die Concertante, die ich nie wieder inniger gehört habe.
Weil nie mehr so auf der Suche nach der Seele der Musik wie hier.
Ohne Frans Brüggen wäre meine Musikwelt armselig.
Schlimmer: lieblos.
Ich danke ihm, seinem Orchester, Sieuvert Verster, dem Manager, einfach von ganzen Herzen!
Gibt es jemanden, der das mit mir teilen kann?
Herzliche Grüße,
Mike