• Heute vor 100 Jahren erschien der erste Band von Marcel Prousts "À la recherche du temps perdu". Übrigens auf eigene Kosten publiziert.


    Bei der Gelegenheit: Gibt es (andere) Proust-Leser und -Liebhaber hier im Forum?


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Lieber Christian
    den Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" zu lesen, ist noch eines meiner wenigen Lebensziele, aber derzeit hapert es einfach an gefundener Zeit. Ich habe den ersten Band vor vielen Jahren bereits einmal gelesen (und neulich ein zweites Mal begonnen), bin damals dann aber am Beginn von "Im Schatten junger Mädchenblüte" hängengeblieben. Ich werde aber diesen Thread hier sehr aufmerksam verfolgen und irgendwann hoffentlich die Zeit finden. Vielleicht muss ich mir mal ein Bein brechen. :S
    Gruß
    Lutgra

  • Proust kann man übrigens nicht nur lesen, sondern auch wunderbar hören. Auf einer Buchmesse habe ich mal diesen Trumm hier mitgenommen (gekauft, möchte ich betonen - "mitnehmen" auf Buchmessen hat etwas Anrüchiges, Buchhändler wissen, wovon ich rede...):


    Marcel Prousts "Suche nach der verlornen Zeit", gelesen von Peter Matic (Filmfreunde kennen ihn als deutsche Stimme von Ben Kingsley).



    Über 9.000 Minuten reines Hörvergnügen auf 17 MP3-CDs.


    Hier spricht er über dieses Projekt, das acht Jahre gedauert hat:



    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Die Lektüre der Verlorenen Zeit ist eine gewinnbringende Erfahrung, die gleichermaßen genuß- und qualvoll ist. Ich habe das Buch (bzw. seine sieben Bände) gelesen, als ich mich im ersten Studiensemester befand, in der Überzeugung, dass es sich nicht um einen Pageturner handeln würde, der mich vom Lernen abhielt. Jeden Tag auf der halbstündigen Bahnfahrt zur Uni und zurück trug ich einen der kleinen Bände der zehnbändigen Suhrkamp-Ausgabe in meiner Tasche. Gelegentlich fragte ich mich, was ich mir da antat, denn es gab Passagen scheinbar unendlicher Langeweile. Und dann wieder Stellen, die zu lesen zum ungeheuren Genuss wurden, etwa der gesamte zweite Teile Ein Liebe von Swann oder der letzte Band Die wiedergefundene Zeit. Unvergessen ist mir der Tag, als ich das Ende las. Es ist schwierig, die Wirkung der letzten Seiten in Worte zu fassen. Ich empfand eine Art literarische Apotheose. Nach etwa einem halben Jahr der Lektüre trat ein, was ich nie für möglich gehalten hatte: Bedauern über das Erreichen des Ziels.


    Hier der wohl wahrste Satz des Werkes:

    Zitat

    Im Leben der meisten Frauen wird alles, selbst der größte Schmerz, schließlich zur Kleiderfrage.

    :pfeif:

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • So hat jeder wohl "seinen" wahrsten Satz in der Recherche.


    Meiner lautet:


    Zitat

    "Man träumt viel vom Paradies, oder vielmehr von verschiedenen, wechselnden Paradiesen, die doch alle verloren sind, bevor man stirbt, und in denen man sich selbst verloren fühlen würde."


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Hallo,


    man sollte in diesem Zusammenhang auch an Reynaldo Hahn erinnern,einen engen Freund von Proust,dessen Werke z.Zt. wieder etwas mehr ins Bewußtsein kommen.
    Es lohnt sich übrigens,auch wenn man Prousts Recherche schon einmal gelesen hat,auf die neueste revidierte Übersetzung zurückzugreifen.Glücklich derjenige,der das französische Original lesen kann!


    Viele Grüße


    Joachim Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • man sollte in diesem Zusammenhang auch an Reynaldo Hahn erinnern,einen engen Freund von Proust,dessen Werke z.Zt. wieder etwas mehr ins Bewußtsein kommen.

    Von Reynaldo Hahn besitze ich nur eine CD mit den Streichquartetten und dem Klavierquintett, die gefällt mir sehr gut. Leider z.Zt. vergriffen bzw sehr teuer,



  • Hallo,


    ich muß zu meiner Schande gestehen,daß ich überhaupt keine Aufnahme von Reynaldo Hahn besitze.Vor einiger Zeit hörte ich ein Stück von ihm im WDR-3-Radio.
    Daß dieser Komponist -abgesehen von seine Bekanntheit bei Proust-Freunden- in Deutschland kaum bekannt ist verwundert sehr,da er im französischen Musikleben eine bedeutende Rolle gespielt hat,wie man im MGG-Lexikon nachlesen kann.


    Viele Grüße
    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • Bei der Gelegenheit: Gibt es (andere) Proust-Leser und -Liebhaber hier im Forum?


    Oh ja - ich liebe Proust und habe die Recherche inzwischen zweimal komplett gelesen. Auch im Hinblick auf Überlegungen zur Musikästhetik bietet sie viel.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Hallo,


    Oh ja - ich liebe Proust und habe die Recherche inzwischen zweimal komplett gelesen. Auch im Hinblick auf Überlegungen zur Musikästhetik bietet sie viel.


    ... auch schon in der neuen, revidierten Übersetzung? Diese wird demnächst mein "drittes Mal".


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • ... auch schon in der neuen, revidierten Übersetzung? Diese wird demnächst mein "drittes Mal".


    Ich habe beim zweiten Mal die von Luzius Keller revidierte Übersetzung von Eva Rechel-Mertens gelesen - meinst Du die oder die Neuübersetzung von Bernd-Jürgen Fischer? Letzterer stehe ich eher skeptisch gegenüber.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich habe Anfang 20 die Übersetzung von Rechel-Mertens gelesen. Ich bin eingetaucht und habe das Werk geliebt. Lediglich in manchen Abschnitten sind mir die eifersüchtigen Grübeleien und Ängste auf die Nerven gegangen. Am Ende angelangt, hatte ich das Gefühl, wieder mit dem ersten Buch anfangen zu müssen - was ich auch tat. Mittlerweile las ich das Werk ein drittes Mal, diesmal die Ausgabe vom Herausgeber Luzius Keller, die ich noch mal um eine Stufe besser finde.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.