Ein "Kunstwerk" als Schnäppchen

  • In der vergangenen Woche kam das "Kunstwerk" Triptychon "Three Studies of Lucian Freud" des irischen Malers Francis Bacon unter den Hammer.
    Noch nie zuvor wurde für ein Gemälde so viel Geld bezahlt.
    Bei einer Auktion bei Christie´s wurde das Triptychon für den Rekordpreis von 142 Millionen Dollar (rund 106 Millionen Euro) ersteigert.
    Damit ist das 1969 geschaffene Gemälde das teuerste Kunstwerk, das je versteigert wurde. Es sei nach "sechs Minuten heftigen Bietens im Raum und am Telefon" verkauft worden, teilte Christie's mit. Im Rekordpreis enthalten ist auch die Provision. Als das bislang teuerste je versteigerte Gemälde galt Edvard Munchs "Der Schrei". Es war im vergangenen Jahr bei Sotheby´s für rund 120 Millionen Dollar unter den Hammer gekommen.


    Interessenten können sich das "Kunstwerk" bei Google ansehen. Viel Freude beim Betrachten...
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Damit man sich einen Eindruck verschaffen kann, hier die drei Gemälde:




    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Mit Verlaub: Auch wenn es einem nicht gefällt und man es für hoffnungslos überteuert hält, verstehe ich nicht, warum "Kunstwerk" hier in Anführungsstriche gesetzt wird. Ein solches ist es per definitionem. Und wenn man sich dazu herablassend äußern möchte, wären ein paar Argumente angezeigt. In der Hoffnung, das es nicht nur "Argumente" sind.


    Ich finde übrigens die 58 Mio., die für Jeff Koons "Ballon Dog" gezahlt wurden, viel erstaunlicher.



    Bei Bacon mag man einen bewusst verzerrenden Blick auf die Welt und die Dinge konstatieren, der alles andere als schön ist (und dies auch gar nicht sein will), immerhin ist es ein Blick, der eigen und unverwechselbar ist. Gehypt kann man ihn trotzdem finden. Bei Koons sieht man nur Banalität, und die Zeiten, wo man mit Banalität einer vermeintlich banalen Welt den Spiegel vorhalten und ein Publikum verstören und ärgern konnte, sind eigentlich längst vorbei. Insofern kann ich mir den Kauf des "Balloon Dog" wirklich nur als ganz unironischen Oligarcheneinkauf zu Weihnachten vorstellen - ein "kleines" Spielzeug für die lieben Kleinen daheim.




    Freundliche Grüße



    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Die absurden Preise auf dem Kunstmarkt sind ein Kapitel für sich. Das hat mit Qualität - in welchem Sinne auch immer - herzlich wenig zu tun.


    Ich finde das Tryptichon in vieler Hinsicht interessant - und keineswegs nur in ideologisch-ideologiekritischer Hinsicht, wenn man diesbezüglich wohlwollend ist - wie das Beispiel von Hasiewicz oder - was weiß ich - irgendwelche Schweißflecken ( :P ) von Joseph B.


    Das Gemälde präsentiert sich handwerklich pfiffig, semantisch doppelbödig und hat gewiss auch einen rein geschmacksästhetischen Reiz, wenn es in die (jeweilige) Umgebung passt. Beispiele könnt Ihr Euch ausdenken.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat WolfgangZ

    Zitat

    Die absurden Preise auf dem Kunstmarkt sind ein Kapitel für sich. Das hat mit Qualität - in welchem Sinne auch immer - herzlich wenig zu tun.


    Absolut richtig, das ist ungefähr so wie mit Aktien und realen Werten von Unternehmen :hahahaha:
    Ein bleibender Kunstwert wird sich erst mit der Zeit herausstellen. Preise sind etwas davon nahezu vollkommen unabhängiges. Einen schönen –natürlich überzogenen Einblick– gibt das der neue Roman von Tom Wolfe ("Back to Blood"), den ich jedem nur sehr ans Herz legen kann. Dafür, daß es so teuer verkauft wurde, kann das Werk allerdings nichts, es ist m. E. daher nicht per se weniger kunstvoll als anderes.


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Kunst per "Definition" - das kann somit jedes Gekritzel sein - und wertet den Begriff "Kunstwerk" generell ab.


    Aber man darf die positiven Aspekte nicht übersehen. Auf diese Weise kann jeder zu Geld kommen - und es verbleibt nicht immer in den selben Händen. Oft kommt das Geld dann wieder für sinnvolle Dinge in Umlauf, für eine Kaugummifabrik, eine Raumfahrtstation oder einen neu gegründeten Verlag, der Schillers Werke in Suaheli übersetzt, eventuell auch eine neue Partei: ÖALP (Österreichisch Ahnhngslosen-Partei) ich sehe hier ein enormes Potential. Zudem wandert das Kunstwerk vermutlich in eine Privatsammlung - beleidigt also niemandes Auge und ist kein Störfaktor in der Gesellschaft. Der Käufe Kann mit seinem Geld letztlich machen was er will. Hätte er sich aber beispielsweise Überraschungseier gekauft, so wäre das ein wesentlich raumverschlingender Kauf gewesen....


    Ich wünsche dem Käufer das Allerbeste und hoffe, daß er diesen Schatz in einem
    gegen alle Imponderabilien abgesicherten Bunker lagert -
    geschützt vor den Händen von Spekulanten
    und einer kunstbesessenen Öffentlichkeit.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    wirst du etwa vom grantligen Wiener noch zum mentalen Kölner? "Man moss och jönne könne" (Kölsches Gesetz) ;)


    Herzlich


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • verstehe ich nicht, warum "Kunstwerk" hier in Anführungsstriche gesetzt wird.


    Doch, Du hast es schon verstanden und vermutest ja vorher bereits ganz richtig...

    wenn es einem nicht gefällt und man es für hoffnungslos überteuert hält

    Beides sind die Gründe. So einfach ist das für mich. Ich verstehe unter "Kunst" etwas anderes. Dies ist meine (!!!) Meinung und Ansicht und die muß niemand mit mir teilen. Lassen wir mal diese für mich in keinster Weise nachvollziehbar gezahlte Summe beiseite. Nicht geschenkt möchte ich weder dieses Triptychon, geschweige diesen Balloon Dog haben.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Offen gestanden verstehe ich die Idee dieses Threads nicht? - Es ist ja ganz offensichtlich, dass auf einem anscheinend vollkommen überhitzen Markt Preise bezahlt werden, die in keiner Relation mehr stehen zu dem Objekt, um welches es geht. Das hat jedoch nichts mit "Moderner Kunst" zu tun, denn sicher würde die Mona Lisa, stünde sie denn zum Verkauf, einen weitaus höheren Preis erzielen - und mit Verlaub: Wert wäre sie es ebenfalls nicht! Aber tatsächlich ist es mir lieber, diese offenbar Verrückten "Investoren" geben ihr Geld für Kunstwerke aus, statt es etwa gewinnbringend an der Lebensmittel-Börse zu verbrennen ... Andererseits kann man dem Kunstwerk selber (oder auch dem Künstler) wohl kaum vorwerfen, dass Personen bereit sind, derartige Mond-Preise zu bezahlen. Insgesamt jedoch haben wir mit diesen Erkenntnissen den von Binsenweisheiten gesäumten Fluß wahrlich nicht überschritten.


    Was nun die Bilder bzw. das Tryptychon aus drei Bildern selbst angeht, so fände auch ich im Falle des Miss- oder auch Gefallens wenigstens die Spur einer Begründung, mit welcher man sich auseinandersetzen könnte, hilfreich. Andernfalls bleibt es bei der reinen Meinungsäußerung, die etwa so belangvoll ist, wie der allfällige SocialNetwork-Speak auf dem Niveau von "Bin heute in einen Haufen Hundescheisse getreten - war blöd!".


    p.s. Mir (als ziemlichem Kunstbanausen, was die Malerei angeht) gefallen die Bilder übrigens: Durch die Dreiteilung zusammen mit dem "perspektivischen Kasten" entsteht eine interessante räumliche Tiefe. An den Verzerrungen des Gesichts könnte ich mich in einer Galerie sicherlich eine Weile "festsehen". Zudem finde ich es durchaus bemerkenswert, dass sich hier ein Maler (Lucian Freud) hat durch einen anderen Maler (Francis Bacon) malen lassen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Traurig finde ich, und ich hoffe, da sind wir uns alle einig, dass es keinem Oligarchen einfällt, "nur" 30 Mio. Euro für eine Ring-Inszenierung zu investieren, wie es sie noch nicht gab...Inkl. Liveübertragung weltweit.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Offen gestanden verstehe ich die Idee dieses Threads nicht?


    Da steckt keine Idee dahinter. Wir sind hier im Thread "Malerei und Bildende Kunst". Ich hatte diese Nachricht in den Medien vernommen und hielt es für angebracht und evtl. interessant, diese mal zur Kenntnis zu geben, falls es nicht jeder mitgekriegt hat. Nach dem Motto - mache sich dann jeder selbst seine Gedanken darüber. Dies war meine Absicht, nicht mehr und nicht weniger.

    so fände auch ich im Falle des Miss- oder auch Gefallens wenigstens die Spur einer Begründung, mit welcher man sich auseinandersetzen könnte, hilfreich.


    Ich habe es doch für mich gesagt, ich kann dem nichts abgewinnen. Und eine nähere, ausführliche Begründung ist es mir nicht wert. Es spricht mich in keinster Weise an, gefällt mir nicht und ich habe von Kunst eine andere Vorstellung, auch wenn ich bei einigen jetzt als "Kunstbanause" identifiziert werde. Sei´s drum...
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Teilt man die 142000000 Dollar durch 3 so kostet jedes dieser Gemälde knapp 50 Millionen.
    Schon 2008 hat man für ein Gemälde von Bacon über 86 Millionen Dollar bezahlt.
    Die Nachfrage scheint groß zu sein.
    Berücksichtigt man die Reichen in Russland und die kommenden Reichen in China,so dürfte sich die Nachfrage nach moderner Kunst in nächster Zeit beschleunigen.Die Anzahl der Milliardäre der Welt wird größer (die Anzahl der Armen auch).
    Ohne von Besitzneid besessen zu sein - ich hätte die Kunstwerke von Bacon nicht gekauft.Auch nicht für nen Appel und nen Ei.
    Sie gefallen mir nicht.

    mfG
    Michael

  • Ohne von Besitzneid besessen zu sein - ich hätte die Kunstwerke von Bacon nicht gekauft. Auch nicht für nen Appel und nen Ei. Sie gefallen mir nicht.

    Ich auch nicht, volle Zustimmung. Und meine Meinung werde ich doch hoffentlich noch kundtun dürfen - hier eben in Anführungszeichen von mir. Ansonsten bin ich hier eben fehl am Platze.

    Die Anzahl der Milliardäre der Welt wird größer (die Anzahl der Armen auch).

    Ich will hier keine neue Diskussion in dieser Richtung lostreten. Aber angesichts einer solch gigantisch gezahlten Summe, in meiner Betrachtungsweise idiotisch, da in keiner Weise für so etwas für mich nachvollziehbar, bekommen Gedanken an das unvorstellbare Leid und die Not vieler Menschen auf dieser Welt (z.B. jetzt Taifun- Opfer), eine ganz andere Dimension.
    Und der berühmte Satz kommt mir ein - "es ist genügend Geld vorhanden, es ist nur falsch verteilt".
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich weiß nicht, ob Kunst "überteuert" ist. Warum soll die Mona Lisa billiger sein als ein Abfangjäger oder ein Atomkraftwerk?
    Dass nun ein Triptychon von Francis Bacon das aktuell teuerste Kunstwerk am Markt ist, freut mich, weil ich seine reifen Werke sehr schätze und sie in Museen moderner Kunst in der Regel zu den Höhepunkten gehören auf meinen Besuchen.

  • Ohne von Besitzneid besessen zu sein - ich hätte die Kunstwerke von Bacon nicht gekauft.Auch nicht für nen Appel und nen Ei.



    Wenn man vorher gewußt hätte, daß so was so viel Geld bringt - hätte ich das gemalt. So schwer scheint Kunst ja heute nicht mehr zu sein.


    Geschenkt würde ich es nehmen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Wenn man vorher gewußt hätte, daß so was so viel Geld bringt - hätte ich das gemalt. So schwer scheint Kunst ja heute nicht mehr zu sein.


    Geschenkt würde ich es nehmen.


    Als jemand, der die große Bacon-Ausstellung in Düsseldorf besucht hat, kann ich da nur sagen: Das wirst Du auch nicht schaffen, wenn Du nicht eins, sondern drei Leben zum Üben hättest. Allein maltechnisch gesehen ist Bacon nämlich schon ein großer Meister!


    Schöne Grüße
    Holger