Radu LUPU: Ein schüchterner Klangpoet

  • Irgendwie brachte mich das Schubert hören drauf. Nach Suche in der thread-Übersicht und Benutzten der Suchfunktion konnte ich einfach keinen thread zu Radu LUPU finden. Ich denke aber, den hat er mehr als verdient und daher hole ich es nach (wenn ich etwas übersehen habe, bitte verschieben oder löschen).


    Radu Lupu wurde 1945 im rumänischen in Galați geboren. Mit sechs Jahren erhielt er seinen ersten Klavierunterricht bei, als 12-jähriger hatte er sein sein öffentliches Debüt. Das Bemerkenswerte ist, daß das Programm aus seinen eigenen Kompositionen bestand. 1961 erhielt er ein Stipendium für das Tschaikowski Konservatorium in Moskau (seine Lehre dort waren Galina Eghyazarova, Heinrich Neuhaus, Stanislav Neuhaus). In den 1960er Jahren gewann Lupu gewann erste Preise bei drei bedeutenden Klavierwettbewerben (1966 Van Cliburn-, 1967 Enescu- und 1969 Leeds-Wettbewerb). 1978 debutierte er unter Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen. Auch in den USA ist ihm seit seinen ersten Konzerten mit dem Chicago Symphony Orchestra (unter Carlo Maria Giulini) und dem Cleveland Orchestra (unter Daniel Barenboim) großer Erfolg beschieden. Seine Einspielungen (Decca) umfassen z. B. Beethoven Klavierkonzerte, die Klavierkonzerte von Grieg und Schumann, sämtliche Mozart-Sonaten für Violine und Klavier (mit Szymon Goldberg), Sonaten für Violine und Klavier von Debussy und Franck (mit Kyung Wha Chung) sowie Solowerke von Beethoven, Brahms, Schumann und Schubert. Bei Teldec erschien eine CD mit Werken zu vier Händen von Schubert im Duo mit Daniel Barenboim. Ausgezeichnet wurden seine Aufnahmen der Schubert-Sonaten A-Dur D 664 und B-Dur D 960 (Grammy) und Schumanns Kinderszenen, der Kreisleriana und der Humoreske op. 20 (Edison Award). Lupe ist sicherlich einer der stillen, fast menschenscheuen Pianisten jenseits eines größeren Rummels, der das macht, was er unbegreiflich gut vermag: Klavier zu spielen. Offizielle Studioaufnahmen neuen Datums (nach 1995) existieren m. W. nicht. Regelmäßig kann man seinen feinen Klavierton aber noch im Konzert hören. Er ist ein sehr feinsinniger Pianist, der die unglaublichsten Klangfarben entwickeln kann, in Tönen von bisweilen ergreifender Natürlichkeit.


    Nun kann man her preisgekrönte CD’s streiten, aber ich finde insgesamt, daß Luxus Schubert seinesgleichen sucht. Ich habe von ihm die Schubert Box, mit der ich sehr zufrieden bin. Keine Gesamtauflage, aber eine Ansammlung herausragender Interpretationen, auch die Kinderszenen liebe ich sehr. Und schließlich habe ich noch die Improntus (sind nicht in der Schubert Box)



    Mit besten Grüßen
    JLang


    APUT

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ich darf vielleiht noch folgende Boxen beisteuern:


    - Beethoven KK 1 - 5,
    - Sonaten 8, 14 21,
    - 2 Rondos op. 51,
    - Quintett op. 16


    - Beethoven solo (s.o.) + KK3 (Lawrence),
    - Brahms solo,
    - Schubert solo,
    - Schumann solo,


    - Beethoven KK (s.o.),
    - Brahms KK 1,
    - Grieg KK,
    - Mozart KK 12, 21, Qintett KV 452,
    - Schumann KK,


    Radu Lupu gehört unter den aktiven Pianisten zu meinen absoluten Lieblingspianisten, zusammen mit Elisabeth Leonskaja, Marai Joao Pires, Mitsuko Uchida, Bruno Leonardo Gelber, Andras Schiff, Rudolf Buchbinder und Michael Korstick. Alle konnte ich schon mehrfach live im Konzert erleben. Von ihnen werde ich Mitsuko Uchida am 29. 1. 2014 in der Kölner Philharmonie das nächste Mal erleben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat William B. A.

    Zitat

    Radu Lupu gehört unter den aktiven Pianisten zu meinen absoluten Lieblingspianisten,


    Das habe ich im thread zu den Lieblinspianisten gelesen und gehofft, daß Du noch Aufnahmen beisteuern kannst :) Danke dafür.
    Ich kann Deine Begeisterung nach dem Genuß der Lupu CD’s nur teilen, auch wenn er ja viel lieber live spielt. Ich werde ihn 2014 hier im Gewandhaus erleben (mit Mozart).


    Herzliche Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Die Aufnahmen der Beethoven Klavierkonzerte mit Radu Lupu, und dem Israel Philharmonic Orchhestra unter Zubin Mehta entstanden um 1980 - also an der Schwelle zweischen Analog- und Digitaltechnik. Einige sind noch in der alten Technik aufgenommen, andere, wie zum Beispiel das hier abgebildet Klavierkonzert Nr 5 sind schon Digital aufgenommen worden - sie zählen zu den ersten Digitalaufnahmen überhaupt und wurden bereits VOR Markteinführung der CD eingespielt. Die hier als Einzelveröffentlichung vorgestellte CD des Klavierkonzerts Nr 5 wurde übrigens mit dem einst bedeutenden "Grand Prix du Disque" ausgezeichnet. In meiner Vinylsammlung war Lupu mit einigen Platten vertreten. Ich werde daher diesen Thread zum Anlass nehmen meine Radu Lupu- Collection im Jänner 2014 zu erweitern......
    Warum Lupu obwohl im Konzert aktiv, keine weiteren Aufnahmen macht, das wird wohl ein Geheimnis bleiben

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Folgende nach den Hörschnipseln sehr empfehlenswerte Werke habe ich heute auf meinen Einkaufszettel gesetzt:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Neben der Beethoven- und der Schubert-Box gibt es aus der 'Radu Lupu posiert mäßig begeistert vor einem weiß unterlegten Flügel'-Reihe übrigens auch noch eine Brahms-Box:




    Daneben fand ich folgende CD mit 4-händigem von Schubert und mit Barenboim noch so interessant, daß ich sie mir auf den Einkaufszettel schrieb:


  • Das dürfte eine interessante Kombination sein: Im nächsten Jahr tritt Radu Lupu zusammen mit der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Christian Thielemann auf. Unter anderem in der Alten Oper in Frankfurt, siehe hier. Zusammen geben sie Beethovens 4. Klavierkonzert, da ergibt die Zusammenstellung mit Liszts "Orpheus" einen sinnvollen Kontext.


    Ich bin gespannt darauf, wie Lupu und Thielemann harmonieren.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Es ist ein Jammer, dass dieser große Pianist keine Aufnahmen mehr macht. Ich habe ihn vor ein paar Jahren in München mit einem reinem Schumann-Programm gehört: Waldszenen, Humoreske, Sonate #1 fis-Moll. Die Sonate spielte er mit einem faszinierenden Überblick, er hielt dieses monströse Werk völlig problemlos zusammen, das hatte eine große innere Stimmigkeit und wirkte ganz selbstverständlich. Und die Aufschwünge im letzten Satz hatten die nötige Energie und Durchschlagskraft. Dabei spielte Lupu völlig in sich ruhend und ganz entspannt, alles strömte in die Musik. Wirklich, es ist ein Jammer, dass er nichts mehr aufnimmt. Weiß eigentlich jemand, warum das so ist?


    Viele Grüße,
    Christian


  • Radu Lupu feiert heute seinen 69. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat Christian B.

    Zitat

    Wirklich, es ist ein Jammer, dass er nichts mehr aufnimmt. Weiß eigentlich jemand, warum das so ist?


    Mit ganz viel Verspätung will ich noch einmal auf Lupu zurückkommen, weil ich gestern seine grandiose Einspielung der Sonate A-moll D845 gehört habe und er mich mit diesem Werk immer wieder zutiefst erschüttert.
    Um auf die Frage zurückzukommen, habe ich die booklets der mir verfügbaren Einspielungen konsultiert und einige Berichte gelesen (Interviews verweigert er ja konsequent). Lupu waren Einspielungen von CD’s anscheinend immer ein Graus, selbst die Tatsache, dass man Takte noch einmal einspielen konnte, hemmte ihn in seinem Spiel eher, als es ihn beflügelte. Er ist nie ganz zufrieden mit den Aufnahmen gewesen, auch seine frühen Decca-Platten waren ihm keine reine Freude. Auf der anderen Seite muss man doch einfach dankbar sein für das, was er eingespielt hat: ich schätze seinen Schubert über alle Maßen, Lupu ist ein Meister ausdrucksstarker Klangschattierungen und sein Spiel weist eine enorme Kantabilität auf. Kein Wunder, das eine weitere großer Interpretin der Werke Schuberts, Mitsuko Uchida, ihn zu den Personen zählt, die sie am meisten beeindruckt haben.


    Durch seine Konzerttätigkeit besteht aber immerhin noch die Möglichkeit, sich von diesem Pianisten selbst ein Bild zu machen. Ich kann von zwei eigenen Erfahrungen sagen, es sind unvergessliche Abende.
    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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  • Ich fürchte, dass dieser thread mittlerweile umbenannt werden müsste, da Radu Lupu seit 2019 nicht mehr zudem aktiven Pianisten gehört. Scheinbar macht seine Gesundheit es nicht mehr mit. So bleiben uns die Tondokumente, unter anderem mit hervorragenden Aufnahmen von Schubert und Schumann.

    Beste Grüße JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Lupus D960 ist für mich weiterhin meine Referenz dieses Stücks.


    Ich kann diese Box nur sehr empfehlen, solange es sie noch gibt.


    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Aktive Pianisten unserer Tage – Radu LUPU: Ein schüchterner Klangpoet“ zu „Radu LUPU: Ein schüchterner Klangpoet“ geändert.
  • Die meisten in den letzten Jahren sind aus den Katalogen gestrichen. Aber im Gegenzug dazu hat DECCA eine Box mit sämtlichen SOLO Ladu-Lupu Aufnahmen , die der Pianist für dieses Label eingespielt hat. in einer 10 Cds umfassenden Box zusammengefasst und veröffentlicht.

    Der Preis ist mit 39.99 für 10 CDs ausgesprochen sammlerfreundlich. Eine Ausnahme macht hier das Beethoven Klavierkonzert Nr 3, die erste Aufnahme, die Lupu für die Decca (1970) gemacht hat. Sie ist inzwischen via jpc zu haben - allerdings mit mindestens 4 Wochen Wartezeit...


    Die 2015 ebenfalls von DECCA veröffentlichte 28 CD- Box anlässlich seines 70. Geburttag mit ALLEN Aufnahmen ist leider gestrichen und nicht mehr verfügbar...



    mfg aus Wien

    Alfred


    Thread restauriert am 19.4. 2022 MOD 001 Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Aber im Gegenzug dazu hat DECCA eine Box mit sämtlichen SOLO Ladu-Lupu Aufnahmen , die der Pianist für dieses Label eingespielt hat. in einer 10 Cds umfassenden Box zusammengefasst und veröffentlicht.

    Der Preis ist mit 39.99 für 10 CDs ausgesprochen sammlerfreundlich.

    Lieber Alfred,


    auch hier im Thread soll diese Würdigung anlässlich seines Todes zu lesen sein:


    https://www.br-klassik.de/aktu…estorben-nachruf-100.html


    Die von Dir erwähnte Box habe ich - ein wahrlich würdiges Vermächtnis, was doch ausfühlicherer Besprechungen bedürfte!


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Oh,


    das wusste ich nicht, ich habe viel von ihm. Und gerade sein Schubert ist wunderbar. Möge er in Frieden ruhen.


    Kalli

  • Und gerade sein Schubert ist wunderbar.

    Hallo,


    .... nicht nur sein Schubert, lieber kalli, sondern auch seine - leider wenig zahlreichen - Aufnahmen von Mozart (z.T. mit Murray Perahia), Beethoven, Schumann und Brahms.


    Umso erstaunter, um nicht zu sagen, enttäuschter bin ich, daß sein Tod im Alter von 76 Jahren hier so wenig Resonanz gefunden hat. Auch in den Medien wurde kaum darüber berichtet, und Wikipedia hat erst gestern seine Seite auf den neuesten Stand gebracht, obwohl der Künstler bereits am Ostersonntag, 17. April, verstorben ist.


    Lupu war nicht nur einer der bedeutendsten Pianisten der letzten Jahrzehnte, sondern einer der sensibelsten, feinsinnigsten Künstler, die unsere Musikwelt bereichert haben. Seine Aufnahme der acht Impromptus von Franz Schubert aus dem Jahr 1982:

    Schubert: Impromptus by Lupu, Radu (2010-06-01j oder: Impromptus (Gesamtaufnahme)

    stellt für mich bis heute das absolute "Non-plus-ultra" dar, trotz so großartiger "Konkurrenz" wie Alfred Brendel (Philips, 1972/74), Wilhelm Kempff, Krystian Zimerman (beide DGG) oder Artur Schnabel (EMI).


    Radu Lupu stammt aus Rumänien, und dieses Land hat im 20. Jahrhundert herausragende Klavierspieler hervorgebracht. Ich nenne nur die Namen Clara Haskil und Dinu Lipatti. An letzteren habe ich oft denken müssen, wenn ich den feinfühligen, zarten Anschlag von Radu Lupu hörte. Natürlich macht es keinen Sinn, direkte Vergleiche zu ziehen, zumal Lipatti bereits im Alter von nur 33 Jahren einer schweren Krankheit erlegen ist.


    Auch Radu Lupu zählte zu den überragenden Künstlerpersönlichkeiten, die nicht durch spektakuläres Virtuosentum von sich reden machten, sondern bescheiden und ohne viel Aufsehen ihrer Kunst dienten. Lupu hatte sich bereits im Jahr 2019 aus den großen Konzertsälen der Welt zurückgezogen, was wahrscheinlich seiner angegriffenen Gesundheit geschuldet war. Noch früher hatte er sich aus den Tonstudios verabschiedet. Die meisten seiner Aufnahmen, auch die letzten, sind von DECCA produziert worden.


    Die schier unschlagbare Aufnahme von Schuberts letzter Sonate (D.960) wurde hier bereits gewürdigt; sie ist gekoppelt mit einer wunderschönen Interpretation der A-dur-Sonate D. 664. Auch klangtechnisch ist diese CD einfach top!

    Schubert: Piano Sonatas Nos. D960 & D664 By SCHUBERT ,,Radu Lupu (1997-11-05)


    Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Beethoven-Konzerte, die Radu Lupu zusammen mit dem Dirigenten Zubin Mehta und dem Israel Philharmonic Orchestra für DECCA (1979/80) eingespielt hat. Sehr ausdrucksvoll, fast kammermusikalisch und hochsensibel. Im Konzert Nr. 2 spielt Lupu eine eigene Kadenz, die mir passender zu sein scheint als Beethovens eigene von ca. 1808, die zwar großartig ist, aber zu dem frühen Konzert einen nicht ganz nahtlosen Kontrast bildet.

    Die Klavierkonzerte


    Die Welt der klassischen Musik hat durch seinen Tod einen unersetzlichen Verlust erlitten!

    Möge er in Frieden ruhen.

    Dieser Bitte möchte ich mich gerne anschließen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino,


    vielen Dank für deine angemessene Würdigung!


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Beethoven-Konzerte, die Radu Lupu zusammen mit dem Dirigenten Zubin Mehta und dem Israel Philharmonic Orchestra für DECCA (1979/80) eingespielt hat.

    Lieber Nemorino,


    herzlichen Dank für Deine ausführliche Würdigung! Leider besitze ich die Box mit den Konzertaufnahmen von ihm nicht - nur die mit den Soloaufnahmen. Da habe ich gestern in seine Aufnahme des 3. Konzertes von 1970 reingehört, die in dieser Box als Zugabe enthalten ist, und fand sie überragend! Ebenso das Beethoven Rondo op. 51 Nr. 1. Wie er da die Klassizität wahrt und zugleich einen sachte romantisch-poetischen Ton hat mit sensibler Anschlagskultur ist einfach erhebend! :)


    Hier noch ein Nachruf von Franz Xaver Ohnesorg, der das Klavierfestival Rhein-Ruhr managet:


    https://www.klavierfestival.de…pu-und-nicholas-angelich/


    Liebe Grüße

    Holger

  • Da habe ich gestern in seine Aufnahme des 3. Konzertes von 1970 reingehört, die in dieser Box als Zugabe enthalten ist, und fand sie überragend

    Lieber Holger,


    ich denke, daß Du die frühere Aufnahme mit Lawrence Foster und dem LSO meinst. Die habe ich leider nicht, sondern nur die von 1979 mit Mehta aus der GA. Die scheint mir von besonderer Güte zu sein, und nicht zu Unrecht wird sie im Nachruf der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hervorgehoben, vor allem die Interpretation des Largo, wo es unter dem Titel "Stilles Pathos" heißt:


    "Die tiefsten Eindrücke aber hinterließ Lupu oft mit pianistisch weniger spektakulären Werken, mit effektärmeren Stücken. Sei es das Andante einer Schubert-Sonate oder Beethovens c-moll-Konzert mit dem Israel PO unter Zubin Mehta. Wenn er im Largo nach dem ersten Akkkord innehielt und einen zeitenthobenen E-dur-Akkord in den Raum stellt, der sich kaleidoskopartig nach H-dur und schließlich zum c-moll-Trugschluß verschob, dann weitete Lupu den Beginn dieses Satzes allein durch die Strukturierung der Zeitdimension geradezu ins Kosmische.

    Dieser Satz ist so komponiert, daß nur derjenige Pianist, der sich vollkommen zurücknimmt, die bebende Glut dieses Beginns entfachen kann. Jeder, der das Schweigen des Orchesters nutzt, um sich eitel in Szene zu setzen, wird hier scheitern. Viele Pianisten drängen verängstigt nach dem sicheren Schoß des Orchesterklangs. Radu Lupu hielt das Alleinsein aus, schuf allein durch seine Präsenz den wenigen Akkorden jenen Raum, den sie brauchen, um ungeheure Wirkung zu entfalten. Man kann diesem Largo-Beginn nur zu der nötigen Größe verhelfen, wenn man selber innere Glut und Größe besitzt. Was man nicht braucht, ist äußere Größe und Tastendonner."


    Vor allem möchte ich Dir für den Link zu dem sehr persönlichen Nachruf des Rhein-Ruhr-Festival Intendanten, Franz Xaver Ohnesorg, danken, der nich sehr berührt hat. Bei der Gelegenheit bedauere ich wieder, daß viele Freunde des Klavierspiels hier nicht mehr präsent sind, die sicher zum Tod von Radu Lupu einiges beigetragen hätten.


    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Vor allem möchte ich Dir für den Link zu dem sehr persönlichen Nachruf des Rhein-Ruhr-Festival Intendanten, Franz Xaver Ohnesorg, danken, der nich sehr berührt hat. Bei der Gelegenheit bedauere ich wieder, daß viele Freunde des Klavierspiels hier nicht mehr präsent sind, die sicher zum Tod von Radu Lupu einiges beigetragen hätten.

    Lieber Nemorino,


    herzlichen Dank für die tolle Kritik! :) Sehr schade, dass es die Box mit den Konzertaufnahmen nicht mehr gibt. Interessant sind auch die Konzertprogramme beim Klavierfestival Rhein-Ruhr - zu lesen in Ohnesorgs Nachruf. Er hat die Janacek-Sonate gespielt und sogar Debussy - die Preludes Heft I. Das hätte ich gerne gehört! Leider habe ich ihn im Konzertsaal nicht erlebt.


    Einen schönen Sonntag wünschend :hello:

    Holger

  • Sehr schade, dass es die Box mit den Konzertaufnahmen nicht mehr gibt.

    Lieber Holger,


    in der Tat, es gibt sie zwar noch, aber z.Zt. nur zu einem horrenden Preis. Ich bin aber sicher, daß bald wieder eine günstige gebrauchte Box irgendwo angeboten wird. Es lohnt sich immer, da ab und zu mal nachzuschauen.


    Die Janacek-Sonate bzw. die Préludes von Debussy hat Lupu scheinbar nicht eingespielt, ich finde jedenfalls nichts derartiges im Angebot.


    Hier noch eine CD, die sicher nur für diejenigen interessant ist, die schon alles x-fach im Schrank haben, aber zumindest einen kleinen Einblick in die Kunst Lupus gewinnen möchten:


    Radu Lupu: The Singing Piano

    Der Titel "The singing Piano" paßt sehr gut zu diesem Künstler, aber ich mache keinen Hehl daraus, daß ich solche Promotion-Platten mit Auszügen diverser Sätze nicht sonderlich mag. Die CD enthält Stücke von Beethoven, Schubert, Schumann und Brahms. Wie gesagt, nur geeignet zum Kennenlernen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • die sicher zum Tod von Radu Lupu einiges beigetragen hätten...

    Um Himmels willen!

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Oh, die große 28 CDs umfassende Box steht bei mir im Regal,und ich bin immer wieder erschüttert, was alles so aus den Programmen gestrichen wird. Kaufmotivierend seinerzeit waren Lupus Schubertaufnahmen. In den letzten Wochen habe ich gelegentlich nach dieser Box gegriffen und die Mozart-CDs gehört. Die höre ich aktuell alternierend mit Aufnahmen von Maria Joao Pires. Die beiden scheinen sich zu ähneln, in ihrer zurückhaltenden, nicht nach vorne drängenden Art und in der Schönheit des Klaviertones. Aufgefallen war mir Lupu in dem Klotz "DECCA-Sound-The Piano Edition",in dem ihm immerhin drei Cds gewidmet werden, darunter zwei Beethoven-Konzerte, ein paar Beethoven-Sonaten sowie ein Weniges von Brahms. Grund genug, von diesem Pianisten mehr hören zu wollen.


    Man kann nur hoffen, dass DECCA die CDs wieder auflegt. Lässt sich der Inhalt der Box "streamen", was auch immer das meint. Hier gibt's einen Link dazu:


    https://www.deccaclassics.com/…u-complete-recordings-476


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Eine klanglich einigermaßen zufriedenstellende Aufnahme von Brahms ersten Klavierkonzert mit dem finnischen Radiosinfonieorchester unter Jukka-Pekka Saraste mit Radu Lupu. (im Web findet sich leider auch eine klanglich katastrophale zu diesem Konzert)


  • Radu Lupu wurde hier kürzlich im Zusammenhang mit Schumanns Klavierkonzert erwähnt. Leider hat er ja nicht viel aufgenommen, immerhin sind bei Doremi nun zwei Live-Aufnahmen angekündigt, auf die ich sehr gespannt bin.


    Im Internet habe ich zudem einige sehr interessante Konzertmitschnitte gefunden von Werken, die er nicht eingespielt hat. Sein Repertoire scheint also doch größer gewesen zu sein. Die Schumann-Fantasie ist außergewöhnlich, dazu müsste man ins Detail gehen und auch in die Noten schauen (einiges im ersten Satz habe ich so noch nie gehört und ich bin mit nicht sicher, ob das so in der Partitur steht?). Besonders freue ich mich über die Aufnahme der Sinfonischen Etüden, die bei Lupu gar nicht so sehr als Virtuosenwerk angelegt sind, dafür aber wundersame Räume nach Innen eröffnen.



  • Die Schumann-Fantasie ist außergewöhnlich, dazu müsste man ins Detail gehen und auch in die Noten schauen (einiges im ersten Satz habe ich so noch nie gehört und ich bin mit nicht sicher, ob das so in der Partitur steht?).

    Ich habe jetzt nicht alles gehört, aber es stimmt: Er erlaubt sich ein paar Abweichungen vom Notentext, darunter Bass-Oktavierungen und Dynamik-Änderungen, rhythmische Verzerrungen und eigenwillig hervorgehobene Stimmen. Ich bin etwas hin- und hergerissen: Lupu spielt das Stück (zumindest den ersten Satz; mehr habe ich noch nicht gehört) mit quasi improvisatorischer Freiheit, radikal subjektiv. Das passt sowohl zum Titel "Fantasie" als auch zum überromantischen Gestus dieser Musik. Allerdings fällt dabei weitgehend unter den Tisch, dass all diese wilden romantischen Ideen, Stillstände, Neuanfänge, Aufschwünge und Verträumtheiten kompositorisch durch eine klare (Sonaten-)Form und ein dichtes Netz motivisch-thematischer Verknüpfungen zusammengehalten werden. Das spielt bei seiner Darstellung kaum eine Rolle, womit der Satz Gefahr läuft, seine innere Stabilität zu verlieren. Ich finde, dass gerade die Spannkräfte zwischen der stabilen Form und den sprunghaften Ideen diesen Satz prägen. Seine strenge Form steht im denkbar größten Kontrast zu seiner inneren Unruhe; beides bekommt seine Bedeutung erst durch den jeweiligen Gegenpart. Insofern ist mir Lupu hier dann doch zu radikal einseitig. Aber als eine Art künstlerisches Experiment finde ich es doch faszinierend.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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