Unsere Wahrnehmung russischer Streichquartette beschränkt sich üblicherweise auf die Beiträge von Tschaikowsky, Borodin und Schostakowitsch. Dass es daneben noch anderes gibt, wird einem meist erst klar, wenn ein Label eine Gesamtaufnahme eines anderen Komponisten aus diesem Kulturkreis vorlegt, wie kürzlich CPO mit den 17 Quartetten von Weinberg. Oder wie hier MDG mit einer fünf CD umfassenden Gesamtaufnahme der 7 Quartette (plus einige weitere Stücke) von A. Glasunow. Der hat zwar die Hälfte seines Lebens im 20. Jahrhundert verbracht, ist aber musikalisch eindeutig dem 19. Jahrhundert zuzuordnen.
Die Serie von MDG ist inzwischen vollendet und soll hier in Einzeldarstellungen vorgestellt werden. Wir beginnen mit der 5. Folge, die das 1. und 7. Quartett enthält.
Streichquartett Nr. 1 ist auch gleichzeitig op. 1 und wurde 1881/82 komponiert. Da war der Komponist 17 (!). Und wer hier eine erste Talentprobe eines zukünftigen Meisters erwartet, wird positiv enttäuscht: ein vollgültiges Werk liegt hier vor, mit vier melodisch und technisch völlig ausgereiften Sätzen, die wunderbar anzuhören sind. Ähnlichkeiten mit der Musik von Felix Mendelssohn sind gelegentlich nicht zu überhören. Ähnlich wie dieser war Glasunow offensichtlich ein musikalischer Wunderknabe, der sich dann allerdings nicht mehr groß weiterentwickelt hat, wie man auch an den 8 Symphonien verfolgen kann.
Das Utrecht String Quartet bringt genau den richtigen Ton für diese Musik mit. Nicht zu pathetisch, nicht zu dick aufgetragen, sondern locker und leicht gespielt. Perfekt.