Die großen Pianistinnen der letzten 50 Jahre

  • Neulich wurde in einem anderen Thread am Rande auch über das Thema diskutiert, wie viele "große" Pianistinnen es denn gäbe. Dann wurden ziemlich spontan ein paar Namen ins Rennen geworfen. Ich meine, daß das Thema nicht uninteressant ist und habe ihm einen eigenen Thread gewidmet. Man könnte nun darüber diskutieren, wie man denn "große Pianistin" definiert - aber das wollen wir gar nicht. Egal ob Bach- oder Mozartinterpretin, ob "lyrische Träumerin" oder "Tastenlöwin": Klavierfreunde werden eingeladen Kandidatinnen vorzustellen, wobei jeder Kandidatin ein Klavierwerk zugeordnet werden soll, welches in Form einer Aufnahme der betreffenden Künstlerin hier im Thread gezeigt wird....
    Pro Interpretin lediglich EIN Beitrag - die Anzahl der Interpretinnen indes ist nicht beschränkt....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • [align='justify']Dann möchte ich nicht versäumen, Alicia de Larrocha zu erwähnen, die nicht nur Maßstäbe im spanischen Fach gesetzt hat, sondern auch eine großartige Mozart-Interpretin m. E. war. Als Einstieg empfehle ich folgende Aufnahmen:



    Bald soll diese Box erscheinen, die ich schon mit Spannung erwarte:


  • Die erste Pianistin, die hier genannt werden muss, ist natürlich Martha Argerich. Über diese Pianistin ist soviel gesagt und geschrieben worden, dass mir jetzt nichts originelles mehr einfällt. Keine andere Pianistin hat das Klavierspiel der letzten 50 Jahre so dominiert wie sie, auch wenn sie sich also Solistin in den letzten Jahren extrem rar gemacht hat und lieber Kammermusik mit Freunden spielt. Was ich sehr gut verstehen kann.


    Eine der vielen stellaren Aufnahmen:


  • Auch Mitsuko Uchida dominiert seit jetzt 40 Jahren die Pianistenszenerie. Ob Mozart oder Schubert, Debussy oder Schönberg, ihre Aufnahmen sind praktisch ausnahmslos Spitzeneinspielungen. z.B. diese:

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  • Nicht ganz so bekannt, aber von mir sehr geschätzt: die brasilianische Pianistin Cristina Ortiz, die naturgemäß natürlich viel südamerikanisches eingespielt hat, aber auch in anderen Ecken der Welt unterwegs ist:




  • Prof. Annerose Schmidt (* 5. Oktober 1936 in Wittenberg) ist eine deutsche Pianistin.
    Ihre musikalischen Schwerpunkte waren die Klavierwerke von Mozart und Schumann.


    CHRISSY


    Jegliches hat seine Zeit...


  • Elisso Virssaladze (geb. 1942 in Tiflis) ist eine georgische Pianistin.
    Sie ist eine renommierte Interpretin der Klavierwerke von Schumann, Beethoven, Mozart und Chopin, aber auch der modernen sowjetischen und russischen Komponisten.


    Ich habe sie einmal live in meiner Heimatstadt erlebt. Sie spielte das 5. KK von Beethoven.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lili Kraus, geb. am 4. März 1905 in Budapest, gestorben am 6. November 1986 war eine bedeutende englische Pianistin ungarischer Abstammung. Sie stammte aus ärmlichen Verhältnissen, erlernte aber nichts desto trotz schon mit 6 Jahren Klavier und wurde schon mit 8 Jahren am Königlichen Konservatorium in Budapest aufgenommen , wo sie in Theorie bei Zoltán Kodály und In Klavier bei Béla Bartok Unterricht hatte. Bereist mit 17 Jahren schloss sie mit Auszeichnung ab und wechselte nach Wien, wo sie bei Severin Eisenberger und Eduard Steuermann ihre Kenntisse vervollkommnete. Anfang der 30er Jahre zog sie mit ihrem Ehemann nach Berlin, wo sie die Meisterklasse von Arthur Schnabel besuchte.
    Lili Kraus gilt als eine der herausragenden Mozartpianistinnen des gesamten 20 Jahrhunderts. Ihre Gesamtaufnahme der Mozart-Sonaten von 1967-68 dürfen noch heute Referenzcharakter beanspruchen. Aus ihnen möchte ich meine Lieblingssonate, Nr. 11 in A-dur KV 331 hervorheben:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Dann möchte ich nicht versäumen, Alicia de Larrocha zu erwähnen, die nicht nur Maßstäbe im spanischen Fach gesetzt hat, sondern auch eine großartige Mozart-Interpretin m. E. war. Als Einstieg empfehle ich folgende Aufnahmen:


    Sie war wirklch eine der ganz "großen" Pianist(inn)en Persönlichkeiten, die diesen Namen verdient, lieber Don. Der "Ritterschlag" für einen Pianisten ist immer, wenn die berühmten Kollegen im Konzert erscheinen. Zu Alicia de Larrocha kamen sie - etwa Horowitz und Claudio Arrau. Dabei hatte sie eigentlich ein großes Handycap, nämlich viel zu kleine Hände! Bei ihr merkt man das aber überhaupt nicht - das ist wahrhaft exzellente Technik. Der Albeniz ist titanisch schwer - wenn man nur die Noten sieht, bekommt man einen Schock (zwei Notenlinien reichen nicht...). Wirklich empfehlen kann ich nur die folgende Box, bevor sie vergriffen ist, die zeigt, daß sie eine universelle Pianistin war:



    Ihr Bach ist eine Sensation - jeder, der damit in Berührung kommt, wird spontan zum großen Bach-Liebhaber. Die Chopin-Preludes gehören zu den besten Aufnahmen, ebenso Mendelssohn die Variations serieuses. Bei Liszts Sonate h-moll staunt man, wie sie das mit ihren kleinen Händen mühelos bewältigt. Musikalisch und technisch absolute Spitze. Besonders gefällt mir auch die in dieser Box enthaltene Aufnahme von Ravels Klavierkonzert für die linke Hand. So intim und beseelt habe ich das noch nie gespielt gehört. Leider nicht in der Box enthalten ist ihre phänomenale Aufnahme von Rachmaninows 3. Klavierkonzert. Ganz anders gespielt als Martha Argerich - aber um keinen Deut "schlechter":



    Sie war eine geborene Mozart-Spielerin - auch ihr Scarlatti wird zu Recht hoch gelobt, mit spanischer Herbheit gespielt. Haben sollte man diese Aufnahme:



    Alicia de Larrocha hat das Verdienst, die wunderbare spanische Klaviermusik im Konzertrepertoire etabliert zu haben - ansonsten wäre sie wohl fast vergessen. Sie spielt sie auf einem unerreichten Niveau. Ihre Klangkultur ist wahrlich außergewöhnlich - da steht sie in einer Reihe mit der absoluten "Elite" der männlichen Kollegen. Darüber könnte man Romane erzählen.


    Auf diese Box hattest Du schon hingewiesen:



    Erwähnenswert ist hier der Klappentext, wo ihre Tochter über sie Lesenswertes schreibt, etwa, daß sie mit ihr hochschwanger ins Tonstudio ging und eine Hebamme im Hintergrund saß, falls etwas passierte! :)


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Die israelische Pianistin Yaara Tal setzte und setzt mit Partner Andrea Groethuysen neue Maßstäbe für das Spiel zu vier Händen an einem oder zwei Klavieren.


  • Monique de la Bruchollerie hätte sicher auch dazu gehört, wäre ihre Karriere nicht vor 48 Jahren jäh durch einen schweren Verkehrsunfall beendet worden. Der französische Präsident Charles de Gaulle bestätigte damals die traurige Erkenntnis, dass ein großer Politiker kein großer Mensch sein muss.


    Zitat aus dem Spiegel vom 25.12.1973:


    Monique de la Bruchollerle, 57. "Sie wird zur Walküre, der Flügel zum Schlachtroß, und auf geht"s in den Kampf gegen die Oktaven", so kennzeichnete Kritiker Joachim Kaiser das ekstatische Spiel der Pianistin in ihren guten Tagen. Was der normannischen Landadligen an Werktreue und Logik bisweilen abging, kompensierte sie -- ob Mozart, ob Chopin -- durch "ungebrochenen Wagemut" und "reinen Schwung" (Kaiser); ein internationales Konzertpublikum fühlte sich dadurch mitgerissen. Die glänzende Karriere endete 1966 jäh, als Monique de la Bruchollerie, die zum Staatsbesuch de Gaulles in Bukarest musiziert hatte, in einem Dienstwagen der rumänischen Regierung schwer verunglückte -- erst Jahre später konnte die Künstlerin versuchen, zumindest mit der linken Hand Klavierschülern ihre Technik zu demonstrieren. Der Unfall -- aus Staatsräson fast vier Jahre lang geheimgehalten -- stürzte sie in materielle Not und fortschreitendes Siechtum. Vorletzten Freitag starb sie in Paris.


    Cyprien Katsaris wurde ihr erfolgreichster Schüler.


  • Eine der ganz großen Persönlichkeiten unter den Pianistinnen des 20. Jh. war Monique Haas. Mit ihrem großen, vollen Ton war sie dabei gar keine typisch "französische" Pianistin. Als Vertreterin der Moderne machte sie um die Romantiker eher einen großen Bogen (was sie allerdings nicht hinderte, etwa Schumanns Klavierkonzert hinreißend zu spielen). Verheiratet mit dem Komponisten Marcel Mihalovici führte sie viele Werke der Klaviermusik des 20. Jh. auf. Von bleibender Gültigkeit sind ihre Interpretationen der Werke von Debussy und Ravel - sie ist die einzige, die ich neben Michelangeli und Gieseking gelten lasse! :) Ihre Aufnahme der "Mirroirs" von Ravel ist bis heute die avanciert modernste geblieben - ihr luzider Vortrag von Jeux d´eau der absolute Gegenentwurf zu Martha Argerich. Nach dem Krieg gehörte sie zu denjenigen, die sich sehr für die deutsch-französische Aussöhnung verdient machten - Debussy wurde vor allem durch sie dem deutschen Publikum bekannt. (Mein Vater hörte sie damals im Konzertsaal und beschrieb sie mir als "echte Pariser Dame"!)




    Schöne Grüße
    Holger

  • Die griechische Pianistin Gina Bachauer wurde in Athen geboren und starb auch dort. Ihre Karriere fand aber vor allem in den USA statt, sie war u.a. eng mit dem Dirigenten Maurice Abravanel befreundet und spielte oft unter ihm. Ende der 50er und Anfang der 60er machte sie eine Reihe von Aufnahmen für das legendäre Mercury Label. Diese Scheiben sind unter Kennern nach wie vor sehr gesucht.


    Einige davon wurden kürzlich in der ersten Box der Living Presence Serie wiederveröffentlicht, vor allem Brahms KK 2 war eine ihrer Meisterinterpretationen.:





    Nach Gina Bachauer wurde ein alle vier Jahre stattfindender Klavierwettbewerb benannt.

  • Noch ein Geheimtipp, wenn auch nicht mehr ganz so geheim, hat die junge in Riga geborene und heute in Berlin lebende schwedische Pianistin Maria Lettberg vor einigen Jahren eine Scriabin-Totale auf 8 CD hingelegt, die allen Vergleichen standhält, auch denen mit Horowitz, Shukov und Hamelin. Mit ausgefallenem Repertoire (Melartin, Schnittke) setzt sie ihren interessanten eigenwilligen Weg fort. Die neueste CD lässt bei der Covergestaltung allerdings guten Geschmack vermissen :D.



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  • Das Doppelpack der Labeque-Schwestern hat vor allem in den 80ern und 90ern die bis dahin etwas dröge Duoszene mächtig aufgemischt und eine ganze Reihe von hinreissenden Schallplatten und Konzerten hingelegt. In den letzten Jahren ist es etwas ruhiger um sie geworden und derzeit führen Tal/Groethuysen das Feld an.



  • Inzwischen auch ganz oben angekommen ist die deutsche derzeit in Halle lebende Kämmerling-Schülerin Ragna Schirmer. Sie ging von Anfang an ihren eigenen Weg, macht die Dinge, die sie interessieren und der Erfolg gibt ihr recht. Praktisch jede Veröffentlichung wird ausgezeichnet. Kennt jemand ihr neuestes CD-Projekt mit den Händel'schen Orgelkonzerten?


  • Die im vergangenen Jahr verstorbene Brigitte Engerer darf hier nicht fehlen. In jungen Jahren ausgesprochen temperamentvoll hatte ihr Spiel dennoch immer einen schönen, vollen Ton. Lange Jahre war sie von schwerer Krankeit gezeichnet, musiziert hat sie bis zuletzt. Und da ist jede einzelne ihrer Platten eine Empfehlung.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Die polnische Pianistin Ewa Kupiec geht auch ihren eigenen Weg und überzeugt nicht nur - aber natürlich gerade - bei Musik aus ihrer Heimat.


  • Und auch sie darf nicht fehlen: Anne Quffelec, Schwägerin von Brigitte Engerer.


    Von ihren vielen Recital-Platten hebe ich die mit Werken von Bach hervor. Ebenfalls hörenswert: ihre Auswahl an Scarlatti-Sonaten.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Naxos sei Dank ist die GA der Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven mit Maria Grinberg wieder verfügbar (ich musse meine Ausgabne in Japan bestellen). Eine wichtige russische Pianisten, der man aber einige Steine in den Weg gelegt hatte, die aber dennoch als erste Frau in Russland eine GA der Beethoven-Sonaten einspielen durfte. Ein sehr sachlicher Zugang zu Beethoven, makellos, schnörkellos.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Um bei den Russinnen zu bleiben: Maria Yudina ist zu Recht in die Reihe "Große Pianisten" aufgenommen worden. Freilich kann men ihr Spiel als eigenwillig bezeichnen, manche Tempoverschleppungen sind gewöhnungsbedürftig. Hörenswert war dennoch alles, was ich bislang von ihr hören konnte. Mozart, Bach, Beethoven, Schubert, daneben Taneyev und auch Strawinsky. Hier ihre Sichta auf Bach, Brahms und Beethoven:



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ziemlich ruhig ist es inzwischen auch um die in Manila geborene Cecile Licad geworden, die 1981 als bisher jüngste den Leventritt-Wettbewerb gewann und in den 80 und 90er Jahren ziemlich erfolgreich war. Die Schülerin von Rudolf Serkin und Mieczyslaw Horszowski gilt als Pianist's Pianist.


    Sie tritt auch als Kammermusikpartnerin von Nadja Salerno-Sonneberg und Alban Gerhardt auf. Sie ist verheiratet mit Cellist Antonio Meneses.


    Für diese Einspielung gab es den Grand Prix du Disques:



    Einmal editiert, zuletzt von lutgra ()

  • Als Zweite möchte ich in diesem Thread Mitsuko Uchida nennen, die ich im Gegensatz zu Lili Kraus schon mehrere Male live erleben durfte, das letzte Mal live in Köln mit der Schlusstrias von Schuberts Sonaten und das nächste Mal am 29. Januar 2014 ebenfalls wieder in Köln, dann mit Schuberts G-dur-Sonate und Beethovens Diabelli-Variationen. Weil ich Lili Kraus als herausragende Mozart-Pianistin genannt hatte, möchte ich Mittsuko Uchida hier als herausragende Schubert-Pianistin nennen. Stellvertretend möchte ich meine Lieblingssonate, die B-dur-Sonate D.960 nennen, die sie, vollkommen in sich ruhend, abgeklärt vorträgt, dabei aber die dynamische Spannweite voll ausnutzend, wie das erste große Crescendo nach ff unter Beweis stellt, in dem das Hauptthema vorgetragen wird, nachdem sie ihren Vortrag mit pp/ppp begonnen hat- ganz große Kunst.


    Ich bin schon gespannt auf die G-dur-Sonate D.894, die ja wohl die einzige ist, in der Schubert (im Kopfsatz) ein fff notiert hat.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Annie Fischer (1914-95) studierte in ihrer Geburtsstadt Budapest, u.a. bei Dohnanyi. (Ein Foto aus den 20er Jahren bei wikipedia zeigt sie mit einer Geige, ich finde aber keinen Hinweis, dass sie tatsächlich auch dieses Instrument gespielt hat). 1933 gewann sie den Liszt-Wettbewerb; die Karriere wurde 1940 durch die Flucht nach Schweden unterbrochen. Es gibt zwar eine ganze Reihe Einspielungen aus den 1950er bis 80er Jahren, aber vieles davon ist nicht mehr erhältlich. Bei EMI erschienen u.a. 6? Mozart-Konzerte, Solostücke von Beethoven, Schubert, Schumann, bei der DG Beethovens c-moll-Konzert mit Fricsay. In den 1970ern begann sie eine Gesamtaufnahme der Beethovensonaten, die auch fertiggestellt wurde, bei hungaroton aber erst posthum erschienen ist, da sie die Aufnahmen teils nicht freigegeben hatte. Ich kenne hauptsächlich ihre Aufnahmen von Beethoven (nicht alle) und Schumann. Ähnlich wie bei Argerich würde man kaum auf die Idee kommen, dass hier eine Frau spielt; es handelt sich um sehr kraftvolle und leidenschaftliche Interpretationen, Charme und Humor kommen eher etwas zu kurz. (Ich habe mich mal in einem anderen Thread zu op.31/3 geäußert). Problemlos erhältlich (gleichwohl teuer) sind die späteren Beethovensonaten bei hungaroton; die EMI-Aufnahmen nur sehr begrenzt. Das 1. Liszt- und das Schumann-Konzert finden sich in einer der neueren Klempererboxen.



    http://en.wikipedia.org/wiki/Annie_Fischer

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Ich möchte gern auf Maria Joao Pires hinweisen.
    Zwischen 1953 und 1960 studierte sie am Lissabonner Konservatorium, danach in Deutschland bei Rosl Schmid an der Münchner Musikakademie und bei Karl Engel in Hannover. 1970 gewann sie in Brüssel den internationalen Wettbewerb anlässlich des 200. Geburtstags Beethovens. Das war zugleich ihr größerer Durchbruch. In der Folge tat sie sich aber insbesondere als Mozart Interpretin hervor, den sie mit einem feinen Anschlag spielt, der nur manchmal zu fein ist. Ich persönlich mag aber einige Einspielungen der Klavierkonzerte unter Abbado. Etwa diese


    In diesem Jahr höre ich sie noch ein Leipzig.
    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)


  • Die Braslilianerin Guiomar Novaes gilt als "Geheimtip" in der Pianistenszene - als Stipendiatin kam sie nach Paris und spielte Debussy und Faure persönlich vor. Eine ausgezeichnete Pianisten. Beschäftigt habe ich mich mit ihr im Rahmen meines Chopin-Projektes der Sonate op. 35. Mich haben besonders die Chopin-Nocturnes beeindruckt. So rhythmisch vielschichtig spielt sie sonst niemand - eine unvergleichliche, zeitlose Aufnahme, die einem völlig neue Einblicke in das Werk gibt und in keiner Chopin-Sammlung fehlen sollte. Nelson Freire kannte sie persönlich (und schleppte seine Freundin Martha Argerich zum Besuch zu ihr mit). Ihr Foto steht auf seinem Schreibtisch. Es gibt ein schönes Youtube-Video dazu:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Erst vor wenigen Jahren (1918–2009) verstarb Maria Curcio, gleichsam Pianistin wie Klavierlehrerin. 1963 konzertierte sie zum letzten mal und wäre damit hier eigentlich "aus dem Rennen", eine CD Produktion liegt nicht wirklich vor. Aber sie hier nicht zu erwähnen, wäre mir dann zu arg gewesen und so mag man mit diesen kleinen Regelverstoß verzeihen. Ihr wichtigster Klavierlehrer war niemand Geringeres als Artur Schnabel. 1939, im Alter trat sie in der Aeolian Hall mit einem Programm aus Beethoven, Mozart, Schubert und Strawinsky auf. Strawinsky hatte Curcio auch persönlich kennengelernt. Einer schnellen Karriere stand dann aber leider der zweite Weltkrieg im Weg.
    Maria Curcio war bei Kriegsende schwer erkrankt und es dauerte lange Jahre, bis sie sich davon wieder erholen sollte. Dann trat sie u. a.
    mit Klemperer oder Giulini auf. 1963 gab sie ihr letztes Konzert und begann, sich ganz aufs Unterrichten zu konzentrieren. Sie genoß schnell einen Ruf als brillante Klavierlehrerin und lehrte am Conservatoire de Paris, aber auch in Deutschland, Griechenland oder Spanien sowie den Vereinigten Staaten. Ihre Lister der Schüler liest sich wie ein who is who der Pianisten: u. a. Pierre-Laurent Aimard, Angela Brownridge, Alfredo Perl, Mitsuko Uchida. Andere Pianisten wie Marta Argerich oder Leon Fleischer hat sie beraten.
    Ich selbst habe keine Einspielungen von ihr und weiß nicht, ob solche existieren, vielleicht mag hier jemand helfen? Aber erinnern mußte ich dennoch an sie, verdanken wir ihr doch - wenn auch auf indirektem Weg - viele schöne Einspielungen. Daher hier der Hinweis auf eine Hommage an sie



    Mit herzlichem Gruß
    JLang


    PS Lieber Holger, danke für den Hinweis auf Novaes, Freire verehrt sie wirklich sehr, auch wenn ihre Ansätze der Interpretationen zum Teil weit auseinanderliegen.

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)


  • Ingrid Haebler - Endlich kann man sie wieder erwähnen und seine Wertschätzung für sie bekunden - denn es gibt wieder Aufnahmen von ihr am Markt. Es war generell eine Schande, dass ihre Einspielungen so lang in den Archiven schlummern mussten, war sie doch zwischen 1960 und 1970 DIE Mozart- und Schubertinterpretin schlechthin, das Aushänge Schild von Philips und ein Aushängeschild von Wien. Die Künstlerein hat Aufnahmen sowohl auf modernem als auch auf historischem Flügel gemacht, letzteres unter anderem mit Werken von Johann Christian Bach. ich besitze seit einigen Monaten die links abgebildete Aufnahme der Schubert Klaviersonaten. Zusätzlich gäbe es nioch eine weitere Kassette mit vermutlich allen (?) verfügbaren Aufnahmen. Die Edition umfasst 34 CDs und kostet derzeit knapp unter 140 Euro. Das wäre grob gerechnet etwa 4 Euro pro CD. Durchaus günstig - aber es gibt weder Klangbeispiele, noch eine Inhaltsangabe, und Label ist auch keines angegeben. Daher kann man nicht zu 100% davon ausgehen, daß es sich um einem Remastering von Originalbändern handelt...... Persönlich bin ich überhaupt kein Freund von solchen Mammutboxen. Ich ziehe nach Komponisten und Genre gegliederte Verpackungseinheiten vor.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Martha Argerich traut sich hier offensichtlich niemand zu erwähnen - weil sie ohnehin jeder kennt und schätzt? :) Die Argerich ist zweifellos ein Phänomen, eine Jahrhundertpianistin. Pianistische Potenz ohne Grenzen! Ihr Geheimnis ist nicht nur ihre immense Begabung - dazu gehört auch die ganze Reihe außergewöhnlicher Lehrer, die sie hatte: Vicente Scaramuzza, Friedrich Gulda, Arturo Benedetti Michelangeli, Nikita Magaloff, Stefan Askenase, der sie auf den Chopin-Wettbewerb vorbereitete. Sie verfügt über eine seltene Fähigkeit: Intuition. Damit liegt sie - fast - immer goldrichtig. Bemerkenswert ist ihre Vielseitigkeit. Da sie ungern alleine auftritt, bevorzugt sie das Duo-Spiel, die Kammermusik. Damit ist sie quasi zur "Institution" geworden, hat eine ganz neue musikalische Kultur des Miteinanders von Ausnahmemusikern geschaffen - wozu auch die Nachwuchsförderung gehört. Martha Argerich ist ein sozial unglaublich engagierter Mensch. Jeder Instrumentalist von Rang und Namen träumt davon, mindestens einmal mit Martha Argerich zusammen musizieren zu dürfen. Daraus sind unzählige unersetzliche Dokumente künstlerischer Zusammenarbeit auf olympischem Niveau entstanden. Eines davon ist die Bartok-Sonate mit Gidon Kremer. Da ist alles drin: Expressionsimus, explosive Kraft, spekulative Mystik. Einfach unglaublich.



    Brahms mag Martha Argerich eigentlich nicht - der ist ihr zu deutsch-"schwer". Nelson Freire dagegen, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verbindet, ist ein großer Brahms-Bewunderer, der immer wieder mit ihr über Brahms streitet. Tatsächlich hat er es geschafft, sie zu diesem gemeinsamen Auftritt zu bewegen, der Seltenheitswert hat:



    Schöne Grüße
    Holger

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