Philip van Wilder (Wylder), Lautenist und Komponist in der Renaissance

  • Philip van Wilder war ein flämischer Komponist und vermutlich ein herausragender Lautenspieler in der Renaissance. Seit Geburtsdatum ist unbekannt und gestorben ist er Anfang-Mitte der 1550iger Jahre in London. Seit Mitte der 1520iger Jahre war er am Hof von König Heinrich VIII angestellt und soll auch ein beträchtliches, jährliches Einkommen von Heinrich, für seine Dienste, erhalten haben. Ende der 1520iger Jahre war er Mitglied der Musiker der Privy Chamber, der königlichen Privatbereiche, wo unter anderem hohe Adelige dem Königspaar ihre Dienste zur Verfügung stellen durften / mussten. 1529 erhielt Philip van Wilder die Ehre die spätere Königin Mary, Tochter von Heinrich und Katharina von Aragón, im Lautenspiel zu unterrichten sowie auch Edward VI, Sohn von Heinrich VIII und Jane Seymour. Sein knappes, erhaltenes musikalisches Werk umfasst Lieder, Kirchenmusik, Motetten, Psalmen und Solo-Lautenstücke.


    Philip van Wilder ist ein Beispiel eines Musiker zur Zeit Heinrichs, der, wie viele andere ausländische Komponisten am Hofe angestellt, nicht nur tanzorientierte Musik komponiert hat sondern auch komplexere, geistliche Werke und Psalmlieder. Philip van Wilder wurde später auch Gentlemen of the Privy Chamber, offizieller Bewohner von Englang und erhielt auch ein Wappen.



    Leider gibt es nicht viele Interpretaionen im Internet und leider habe ich, bis auf ein einziges Mal, noch kein Stück von Philip van Wilder auf einem Alte Musik Konzert hören können. Auf JPC gibt es eine Einspielung, die vielversprechend klingt. Interessant finde ich, dass es von einem Komponisten mit so einem Lebenslauf, so wenig neue Interpretationen gibt!? Vielleicht hat jemand einen Tipp hinsichtlich einer Einspielung? :whistling:



    Rückgreifend soll erwähnt werden, dass typisch für die Zeit am Hofe Heinrichs, eine Musik war, die als knapp und melodisch bezeichnet werden kann . Die Musik, die außerhalb oder am Hof Heinrichs komponiert wurde, war eine Musik, die auch außerhalb im ganzen Königreich gespielt wurde. Schon allein die Stücke, die Heinrich selbst komponiert hat, zeugen dafür, dass Heinrich einen volkstümlichen Stil bevorzugt hat, was aber nicht heißen soll, dass die Werke des Königs aus musikalischer Sicht einfältig waren, im Gegenteil. Der größte Teil der Kompositionen am Hofe waren Tanzstücke und Tänze, die auch dafür zeugen, dass die Hofkultur, zumindest in der frühen Regierungsjahren, in erster Linie auf Spaß, Freude und Feste feiern ausgerichtet war. Die meisten Tanzstücke waren melodisch einfach, akkordisch geprägt und rythmisch klar. Die teils einfache Musik des Spätmittelalters und des gewöhnlichen Volkes, wurde am Hofe Heinrichs adaptiert und neu interpretiert.


    (Anmerkung: Wäre wohl John Dowland 50 Jahre früher geboren, wäre er wohl mit seiner Musik bei Heinrich Hof-Lautenist geworden.)


    Die jungen Adeligen sowie auch Heinrich legten viel mehr Wert auf eine beschwingte Leichtigkeit in der Musik und weniger Wert auf die damalige, schon vorherrschenden, teils komplexen Kompostionstechniken des Kontrapunktes, welche beispielsweise die Gelehrten der Klöster studierten. Eine beschwingt, leichte Musik darf aber auch nicht abwertend gesehen werden, denn unter den unzähligen Arten der Tanzmusik, gibt es viele Formen der Instrumentalmusik, die auch heute sehr interessant sind, technisch anspruchsvoll zu spielen sind. Darunter wären Tanzformen wie »domp«, »basse danses«, »hornpype«, »canary«, oder »contredanse« und viele weitere Formen, die als Vorläufer bekannter, künftiger Tänze im Frühbarock und Barock gesehen werden können. Diese leichte Tanzmusik wurde zum Teil von Musikern geschaffen, die am Tudor Hof tätig waren. Bedeutende Komponisten, die zugleich hochkomplexe, geistliche Werke komponiert haben. Beispiele wären William Cornyshe oder Thomas Tallis. Viele Tanzrichtungen, die am Hofe der Tudors entstanden sind, haben Einflüsse aus Italien, Spanien und Frankreich, sind aber von Wesen stark vom englischen Typ geprägt; was ganz klar auf Heinrich VIII zurückzuführen ist. England war zur Zeit Heinrichs musikalisch aber keineswegs isoliert, denn die Musik von Komponisten (Heinrich Isaac, Johannes Ockeghem, Johannes Tinctoris, Vincenzo Capirola, Francesco da Milano, ...) am Festland, war in der Consort Musik am Hofe nicht unbekannt.