Scheherazade (Nikolai Rimsky-Korssakoff)

  • Tag,


    hätte Nikolai Rimsky-Korssakoff nur sein Opus 35, die sinfonische Dichtung Scheherazade, geschrieben, er wäre allein damit ein großer Komponist in der Musikgeschichte.


    Die sinfonische Dichtung nach den Erzählungen aus 1001 Nacht stellt einem großen Orchester eine herrliche Aufgabe, dem Führer der Bratschen gibt das Werk reichlich Gelegenheit, sein solistisches Können zu zeigen. Ach, wäre die musikalische Erzählung doch noch etwas länger. Doch das Ende naht, das Schiff zerschellt am Felsen. Stille.


    Meine LP stammt aus der Hochzeit des Dirigenten Fritz Reiner, dirigiert das Chicago Sinfonieorchester, RCA (auch als CD). Eine aus der Reihe gesuchter Aufnahmen unter Schallplatten-Liebhabern.


    Ich empfehle die Scheherazade op. 35 von Nikolai Rimsky-Korssakoff der freundlichen Beachtung.


    Mit freundlichen Grüßen
    Albus

  • Hallo Albus und RK-Freude,


    derThread für dieses beliebte Werk war lange überfällig.
    In anderen Thread´s wurde allerdings schon mehrfach über RK´s Sheherazade geschrieben.
    In die Märchenwelt aus 1001Nacht einzutauchen ist schon eine sehr gute Idee für eine Komposition, die von Rimsky-Korsakoff mit einem orchestralen Meisterwerk umgesetzt wurde.


    So gibt es von der Sheherazade eine unmenge an Aufnahmen.
    Im Laufe der Jahre haben sich auch bei mir eine Menge Interpretationsvergleiche angesammelt, die alle gut sind und ihre eigenen Qualitäten haben:
    Ormandy / Phiadelphia Orchestra auf CBS (AAD),
    Karajan / Berliner PH auf DG (ADD),
    Maazel / Berliner PH auf DG (DDD),

    :] doch meine erste Aufnahme, die ich schon auf LP hatte (wie so oft) gefällt mir noch am Besten:
    Ansermet / Orchestre de la Suisse Romande auf DECCA (von 1960).



    Die TOP-Aufnahme gibt es jetzt in diesen beiden Versionen (ist aber die gleiche Aufnahme von 1960); ich besitze noch die Decca-Hochpreisversion als Einzel-CD mit den Polowetzer Tänzen gekoppelt, die ich nur bei Ansermet so vollendet gehört habe.


    Diese Aufnahmen sind auch gut und unterscheiden sich hauptsächlich in der Klangqualität, die bei Maazel sehr gut geraten ist:


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Meine Favoriten:
    Die Stuttgarter Aufnahme unter Celibidache (Deutsche Grammo), auch wenn Celi irrsinnig laut singt und brummt.
    Und vor allem die Debut-Produktion von Rostropowitsch als Dirigent mit dem Orchestre de Paris (EMI).
    Ich mag es, wenn man die sinfonischen Strukturen hört und wenn der erste Satz nicht so runtergehudelt wird.
    Diesbezüglich ist die Aufnahme von Immerseel mit Anima Eterna leider sehr mechanisch geraten, auch wenn es faszinierend ist, das Stück mal auf Instrumenten von ca. 1900 hören zu können.

  • ich LIEBE dieses werk und habe deshalb bestimmt 10 aufnahmen davon...
    am besten gelungen finde ich die stokowski-aufnahme bei decca ... dramatischeren zugriff, mehr einzelheiten, mehr einfühlungsvermögen habe ich niemals gefunden ....einfach HERRLICH!!!!!! :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo TaminoanerInnen


    Letzte Woche wurden auf SWR 2 verschiedene Interpretationen dieses Werkes miteinander verglichen. Herr Jolyon Brettingham Smith führte durch die Sendung, begleitet durch Lotte Thaler, Sigfried Schibli und Hermann Backes. Es wurden immerhin in 12 Aufnahmen hineingehört.


    Wenn wir genug gut aufgepasst haben, wurden folgende Aufnahmen besonders gelobt;


    Kirill Kondrashin mit Concertgebouw Orchestra
    Philips 1979


    Valery Gergiev mit Kirov-Orchester
    Philips 2001


    Leonard Bernstein mit New York Philharmonic
    Sony 1959


    Kennt jemand diese gelobten Aufnahmen und seid ihr ebenfalls zufieden damit?


    Wir besitzen nur die CD mit Solti und können gut damit leben würden sie aber gerne durch eine Alternative ergänzen.


    Gruss


    romeo&julia

  • Von den vorhergehend genannten Aufnahmen besitze ich Bernsteins Sony/CBS-Aufnahme.


    Ist zwar nicht meine Lieblingsaufnahme aber wegen des Geigers John Corigliano hervorzuheben.


  • Zitat

    Original von romeo&julia
    Wenn wir genug gut aufgepasst haben, wurden folgende Aufnahmen besonders gelobt;


    Valery Gergiev mit Kirov-Orchester
    Philips 2001
    ...
    Kennt jemand diese gelobten Aufnahmen und seid ihr ebenfalls zufieden damit?


    Hallo,


    ich besitze seit kurzem diese Aufnahme. Vergleichen kann ich allerdings nur mit der o.g. Ansermet-Einspielung; außerdem bin ich inzwischen wohl so sehr Gergiev-Fan, dass ich hier nur noch bedingt objektiv sein kann.


    Ich versuche es trotzdem: Die Ansermet-Aufnahme halte ich für geradezu perfekt, sie ist wundervoll natürlich, in sich schlüssig und mit vollem, warmen Orchesterklang interpretiert.


    Die Zeiten:
    1) 10.09
    2) 11.15
    3) 9.39
    4) 12.27


    Gergievs Aufnahme ist IMO schroffer, wuchtiger, zupackender, für mein Empfinden „russischer“ (was immer das bedeuten mag). Der Orchesterklang ist farbig, aber nicht so homogen, was mich aber nicht stört, da mich diese Aufnahme insgesamt mehr berührt.


    Die Zeiten:
    1) 10.26
    2) 12.26
    3) 10.55
    4) 12.04


    Eine Anmerkung: Auf der amazon-Seite äußerte sich ein Rezensent sehr negativ über den Klang der SACD. Da ich die normale CD besitze, kann ich hierzu nichts sagen, die Klangqualität ist bei meiner Aufnahme sehr gut.


    Müsste ich eine CD empfehlen, so wäre es wohl eher die Ansermet-Aufnahme, aber hergeben würde ich den Gergiev auf gar keinen Fall…


    Gruß, Cosima

  • Zitat

    Original von sound67
    "Interpretation" ist hier nicht gefragt, da es nichts zu "interpretieren" gibt.


    ?(


    "Unter Interpretation versteht man in der Musik die Ausführung einer Komposition und die Art und Weise, wie sie erfolgt.“ (Quelle: wikipedia)


    Gruß, Cosima

  • Na, wenns in Wikipedia steht, dann muss es ja stimmen. :D


    Es gibt Stücke, die keine interpretatorischen Ansätze zulassen, z.B. auch die Alpensymphonie. Hier hängt es mehr an der Virtuosität des beteiligten Klangkörpers.


    Gruß, Thomas

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  • Zitat

    Original von sound67
    Na, wenns in Wikipedia steht, dann muss es ja stimmen. :D


    Es gibt Stücke, die keine interpretatorischen Ansätze zulassen, z.B. auch die Alpensymphonie. Hier hängt es mehr an der Virtuosität des beteiligten Klangkörpers.


    Gruß, Thomas


    Hallo Thomas,


    ich habe ja gar nicht behauptet, dass das stimmen muss. ;)


    Nur zu meinem Verständnis (ich bin ja Laie); ich glaube, wir reden hier gerade von unterschiedlichen Definitionen:


    Aus einem Fachwörterbuch der Musik :D :


    Interpretation nennt man:


    1. die Ausdeutung eines Tonstücks in der Wiedergabe durch Dirigenten und Vortragende.


    (Das meine ich. Danach gäbe es so viele Interpretationen wie es unterschiedliche Einspielungen gibt. Der Dirigent oder Vortragende als Mittler zwischen dem nackten Notentext und dem fertigen, zu hörenden Ergebnis.)


    2. ebenso auch die Erklärung oder Einführung in Form von Analysen und Beschreibungen eines Werkes.


    (Das meinst wahrscheinlich Du, wenn Du als zusätzliches Beispiel die „Alpensinfonie“ anführst.)


    Gruß, Cosima ?(

  • Hallo, kennt irgendwer die Aufnahme mit dem Boston Symphony Orchestra unter Seiji Ozawa (1978 )?
    Von dieser Aufnahme bin ich nicht so sehr begeistert, ich würde gerne wissen, ob es sich rentiert in nächster Zeit eine weitere Einspielung zu kaufen.
    Vielleicht kann irgendwer diese Einspielung direkt mit weiteren vergleichen.


    (Aber die von Gergiev werde ich mir wahrscheinlich sowieso irgendwann holen (vielleicht nach dem ich in Lotto gewonnen habe :())


    Nachtrag: Dass sich Gergievs Aufnahme sehr authentisch anhört wie Cosima sagt, daran könnte was dran sein. Gergiev ist ja ossetischer Herkunft und kommt ja mehr oder weniger fast aus dem Orient.

  • Hallo,


    ich muss da nochmals auf die ohnehin schon von Albus erwähnte, wohl berühmteste aller Märchenerzählerinnen hinweisen, nämlich auf die von Fritz Reiner mit dem Chicago Symphony Orchestra. Ich weiß nicht, ob sie auch noch die beste ist, auf jeden Fall aber auch ein Stück Schallplattengeschichte.


    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Rimsky-Korsakoff-Freunde,


    die Reiner-Aufnahme ist hier und an mehreren Stellen im Forum schon positiv erwähnt worden. Da diese Aufnahme als RCA-CD bei Ebay im Sofortkauf günstig zu bekommen war habe ich zugeschlagen und damit eine schöne Bereicherung meiner Sammlung erreicht.


    :) Reiner´s Interpretation der Sheherazade ist durchweg brillant und dem Werk angemessen; das CSO spielt gewohnt präzise. Das die Aufnahme von 1959 sein soll ist fast nicht zu glauben, denn das Rauschen ist geringer als bei macher Analogaufnahme aus den 70er-Jahren. Derzeit ist die Aufnahme nur als relativ teure SACD zu erhalten. Die CD ist so einwandfrei, das eine SACD unnötig wäre, da diese dann auch nur 2kanalig (nicht multikanalfähig) ist.
    Der zweite Satz, in dem Sheherazade dem Erzähler zuhört ist sehr schon auszelebriert und ungewohnt langsamer als in anderen Aufnahmen. Dafür dreht Reiner im letzten Satz, wenn das Schiff zerschellt wieder mehr auf.
    ---- Meine Favoriten: Ansermet und (neu) Reiner ----


    :) Der Kauf hat sich auch wegen dem zweiten Werk auf der CD gelohnt: Strawinsky: Gesang der Nachtigall ist eine angenehme Bereicherung, denn es fehlte noch in meiner CD-Sammlung und ist aufnahmetechnisch ebenfalls so gut geraten, dass das Aufnahmedatum 1956 fast unglaublich ist - das Rauschen stört gar nicht.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Karajan, Berliner Philharmoniker (DG)


    Phantastischer, märchenhaft-lautmalerischer Orchesterklang. Makelloses, außerordentlich ausdrucksstarkes Spiel! Maazels Aufnahme mit dem gleichen Orchester (20 Jahre später) verblaßt dagegen regelrecht.


    Loge


  • Jewgenij Swetlanow mit dem Symphonieorchester der UdSSR.


    Ein Farbenrausch im Orchester, weiträumige Steigerungsbögen, eruptive Höhepunkte. Fast meint man, den Klang mit den Händen angreifen zu können, so plastisch ist er. Dem Orchester (mit unglaublichen solistischen Leistungen - so ausdrucksstark wie musikalisch perfekt) merkt man an, daß es unter Hochdruck spielt. Und doch bleibt noch genügend Raum für die Klangkultur. Karajans Aufnahme verblasst dagegen regelrecht.
    (Vorsicht! - Es gibt eine Londoner Swetlanow-Einspielung - auch gut, aber nicht ganz so farbintensiv wie die russische.)
    :hello:

    ...


  • Die Kritik war zurückhaltender mit dieser Einspielung des Originalklangensembles Anima Eterna aus dem Jahre 2005 - zurückhaltender als bei ihrer Ravel-CD. Das mag daran liegen, dass stärker als bei Ravel neben dem Gewinn der Verlust steht, der Verlust an Opulenz, den Rimsky stärker benötigt als Ravel.


    Dennoch hat mich der intensivere, da quantitativ reduzierte Farbklang neues Interesse für das Werk gewinnen lassen. Ich habe die "Scheherazade" über Jahre ruhen lassen, hatte keine Lust auf diese Breitwandillustrationsmusik.


    Es mag aber sein, dass der naivere Hörer zunächst auf die klangopulenten Einspielungen zurückgreifen sollte, wie sie auch hier empfohlen werden .. wobei ich natürlich nur zwei, drei kenne.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner

    Jewgenij Swetlanow mit dem Symphonieorchester der UdSSR.


    Man kann und sollte auch die Svetlanov Aufnahme mit dem S. S. UdSSR empfehlen. Allerdings muss man dazu ein paar Worte verlieren, denn als Referenz eignet sie sich nur eingeschränkt. Dazu ist sie in mancher Hinsicht doch etwas speziell.


    Es handelt sich um eine ausgesprochen russische Lesart. Für unsere Ohren sehr gewaltig (bombastisch), archaisch und zuweilen auch ein wenig sentimental. Typisch Svetlanov eben!


    Das Unisono des Orchesters zu Beginn ist derart gewaltig gestaltet, dass es die damalige Aufnahmetechnik schier überfordert. Derlei akustische Störungen muss man einige hinnehmen wollen (die Qualität der musikalischen Interpretation stellt sich für mich damit natürlich nicht in Frage).

    Heinrich Friedrich spielt die Geige sehr expressiv und voll. Zum Teil kommt es dabei zu einem übermäßigen Vibrato.


    Zwiespältig auch mein Eindruck vom Orchester. Einerseits spielt es atemberaubend ausdrucksstark, präzise und mit großer Klangpracht. Dann wieder gibt es Momente, vor allem bei den Holz- und Blechbläsern in den ersten beiden Sätzen, an denen das Spiel unerklärlich unpräzise wird und verschwimmt. So z. B. gleich zu Beginn nach dem Eröffnungstutti. Ähnlich missraten erscheint mir die Solo-Posaune in der „Geschichte vom Prinzen Kalender“. Höchstleistungen wechseln mit weniger geglückten Leistungen.


    Im Finale vermag Svetlanov einen gewaltigen Spannungsbogen zu gestalten.


    Wie schon gesagt, diese Aufnahme sollte man haben. Insgesamt ist mir die Darstellung dieses Märchens bei Svetlanov aber ein wenig zu gewaltig geraten. Es fehlt ein Schuß orientalisch-leichtes Kolorit. Und die bezaubernde Tochter des Wesirs des Königs Scharyâr stelle ich mir in Gedanken eher so vor, wie Michael Schwalbe sie auf dem märchenhaften Klangteppich der Berliner Philharmoniker darzustellen weiß.


    Loge

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner

  • Unter der Leitung von Kondrashin verwandelt sich die Scheherazade in ein mitreissendes Abenteuer, das durch die für Kondrashin übliche rhythmische Akzentuierung und Transparenz frei von jedem klebrigen Schwülst daherkommt, der einen meist zu einem passiven Beobachter "degradiert".


    Das Werk wird uns nicht einem Pascha gleich auf dem Präsentierteller angeboten, sondern lädt uns ein, mit auf die Reise zu gehen.


    Ist es auch kein russisches Orchester, so ist mit dieser Aufnahme eine der für mich überzeugendsten gelungen. :yes:


    :hello:
    Wulf

  • Ich kenne nur diese Einspielung, mit der ich sehr zufrieden bin:


    Kirov Orchestra St. Petersburg
    Valery Gergiev


    Philips



    Live habe ich das Werk mit dem Orchestre de Paris unter Kurt Masur gehört. Das hat mir weniger gefallen.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Loge zu Swetlanow
    die bemängelten solistischen Stellen hängen mit dem für unsere Ohren für den ersten Moment fremden Klang der russischen Instrumente zusammen sowie mit der Eigenart, aus dem Orchester hervortretende Soli praktisch automatisch mit reichlich Vibrato zu spielen. Da es sich um eine spezifisch russische Eigenart handelt, ist uns bei russischer Musik dieser Klang wie auch der etwas grobkörnigere und speziell bei den Blechbläsern schärfere lieber als der wunderschön weich-opulente der Berliner Philharmoniker, die das Werk spielen, als wäre es eine glänzend arrangierte Musik eines mitteleuropäischen oder amerikanischen Komponisten zu einem Technicolor-Fantasyfilm.


    ***


    Lieber Wulf,
    der Kondraschin ist die andere Aufnahme, die mich restlos überzeugt. Die dritte (mehr wirklich überzeugende sind's bei mir nicht) ist die unter Reiner - wenn schon auf Show Piece spielen, dann so!


    :hello:

    ...


  • Auf "Show-Piece" darf man dieses orientalische Märchen meines Erachtens gar nicht spielen. Aber ich kenne die Aufnahme unter Reiner nicht und kann deshalb nichts weiter zu ihr sagen.


    Die Mängel bei den Holz- und Blechbläsern unter Svetlanov sind nach meinem Verständnis technische Spielmängel, was sich (abgesehen davon, dass ich mich gewöhnlich in der Lage sehe, technische Spielmängel als solche zu erkennen) unter anderem schon daraus erweist, dass andere Stellen in der Aufnahme beeindruckend gut gelungen sind (ich meinte, das deutlich gemacht zu haben).


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    mit dem für unsere Ohren für den ersten Moment fremden Klang der russischen Instrumente zusammen sowie mit der Eigenart, aus dem Orchester hervortretende Soli praktisch automatisch mit reichlich Vibrato zu spielen.


    Seltsam, ich habe eine ganze Reihe rein russischer Aufnahmen von Melodiya und habe ein solches Vibrato als Spezifikum noch nicht feststellen können. An den Klang russischer Instrumente bin ich gewöhnt. Als fremd würde ich ihn nicht gerade bezeichnen. Aber das hängt natürlich vom Standpunkt des jeweiligen Hörers ab.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Da es sich um eine spezifisch russische Eigenart handelt, ist uns bei russischer Musik dieser Klang wie auch der etwas grobkörnigere und speziell bei den Blechbläsern schärfere lieber als der wunderschön weich-opulente der Berliner Philharmoniker


    Anstelle von "grobkörnig" möchte ich von "archaisch-wilder" und anstelle von "schärfer" von "metallisch-kälter" sprechen, jedenfalls wenn die Bläser nicht gerade schwimmen, wie zuweilen in der Aufnahme unter Svetlanov.


    Loge

  • Zitat

    Die Mängel bei den Holz- und Blechbläsern unter Svetlanov sind nach meinem Verständnis technische Spielmängel,


    Dein Verständnis täuscht Dich leider - wie viele Hörer, die sich mit den Eigenarten und Problemen russischer Orchester weniger auseinandergesetzt haben. Die Musiker spielen nämlich tatsächlich vielfach auf Instrumenten, die zwangsläufig zu scheinbaren technischen Mängeln führen - aber nicht, weil die Musiker diese Mängel haben, sondern weil die Instrumente sehr oft technisch unzulänglich sind. Ich kenne ausgezeichnete West-Musiker, die mir glaubhaft versicherten, daß sie auf den russischen Instrumenten (der Sowjet-Zeit) keinen vernünftigen Ton hervorbrächten.
    Umgekehrt habe ich die Freude eines ukrainischen Fagottisten in Odessa erlebt, als er ein durch einen österreichischen Industriellen gesponsertes neues Fagott in die Hand nehmen durfte - er hatte damit zum ersten Mal ein Instrument, dessen Klappen alle den gleichen Widerstand hatten und dessen Risse nicht mit Klebeband abgedichtet werden mußten.


    Zitat

    Zitat Loge
    Seltsam, ich habe eine ganze Reihe rein russischer Aufnahmen von Melodiya und habe dergleichen noch nicht feststellen können.


    Vielleicht ist es Dir beim flüchtigen Hören nicht aufgefallen - als Paradebeispiel empfehle ich den Trompeteneinsatz im Finale der Passacaglia von Hindemiths "Harmonie der Welt"-Symphonie unter Mrawinskij oder auch die diversen Bläsersolostellen bei den Mahler-Aufnahmen Kondraschins, etwa die Posaune im ersten Satz der Dritten. Es ist, wie mir von mehreren russischen Dirigenten bestätigt wurde, eine russische Eigenart, die sich erst mit der Öffnung und der damit verbundenen direkten Konkurrenz durch West-Orchester abzuschleifen begann.


    Aber wir entfernen uns vom Thema - es geht hier ja um die "Scheherazade" und nicht um die Leiden russischer Musiker unter ihren unzulänglichen Instrumenten.


    :hello:

    ...

  • Deine intimen Kenntnisse von den defizitären Instrumenten mancher sowjetischer Musiker in Ehren. Wirklich! Aber das galt nicht generell und vor allem nicht für das Symphonieorchester der UdSSR. Das war doch keine sibirische Tanzkapelle! Die Aufnahmen, die ich sonst z. B. unter Roshdestwensky mit diesem fabelhaften Orchester kenne (und nicht nur oberflächlich gehört habe ;)), bestechen auf ihre Weise immer wieder durch einen geradezu brillanten Orchesterklang. Was auch immer das für Instrumente waren, sie waren sehr geeignet bzw. wurden blendend bedient. Zur 1. Sinfonie von Glasunov unter Roshdestwensky habe ich das an anderer Stelle auch schon einmal hervorgehoben. Aber wir müssen das hier gar nicht vertiefen, denn selbst wenn die besagten orchestralen Unzulänglichkeiten in der Svetlanov Aufnahme tatsächlich ihren Grund in der mangelnden Qualität einzelner Instrumente hätten, so bleibt dies ein Schwachpunkt dieser ansonsten großartigen Einspielung.


    Loge

  • Zitat

    Aber das galt nicht generell und vor allem nicht für das Symphonieorchester der UdSSR.


    Ich hoffe, es erschüttert Dich nicht allzusehr, wenn ich Dein Bild ins Wanken bringe (sei beruhigt, Du mußt es nicht zugeben ;) ). Es galt auch für das Symphonieorchester der UdSSR. Der zweite Oboist spielte etwa die Swetlanow-Live-Einspielung der 7. Schostakowitsch auf einem Instrument, dessen eine Klappe er wochenlang mit Draht fixiert hatte - ein Wunder, daß man es nicht merkt. Aber solche und andere ähnliche Dinge erfährt man halt als Außenstehender nicht immer - insofern sind "intime Kenntnisse" (inklusive Freundschaften, Bekanntschaften und andere Stufen von persönlichen Nahbeziehungen) mitunter von Nutzen.


    Dein Einwand stimmt freilich insoferne, als das Sinfonieorchester der UdSSR - neben den Leningrader Philharmonikern und dem Bolschoj-Orchester - das am besten ausgestatte Sinfonieorchester der UdSSR war.


    Was Roschdestwenskij betrifft: Seine intensiven Kontakte mit West-Orchestern scheinen bei ihm eine andere Klangästhetik bewirkt zu haben. Du brauchst nur etwa den Klang bei Gauk, Golowanow und Mrawinski mit Roschdestwenskij zu vergleichen und wirst zweifellos merken, daß, bei allen Unterschieden untereinander, eine Kluft zwischen den dreien und Roschdestwenskij klafft. (Und beachte, wie stark Roschdestwenskij aber einen "russischen" Klang bei Schostakowitsch und, interessanterweise, Bruckner, etwa der Fünften, anstrebt.)


    Übrigens: Vergiß nicht, die Vibrato-Angelegenheit vor allem bei Mrawinskijs hervorragender "Harmonie"-Aufnahme nachzuhören, da gehen Dir über das spezifische Musizieren russischer Orchester geradezu die Kronleuchter auf.


    Und nun wirklich wieder zurück zu Rimskij-Korsakow.


    :hello:

    ...

  • meine lieblinge dieses großartigen werkes sind: stokowsky !!!!!, ansermet (und wenn ich mich recht erinnere: beecham; aber da leg ich keine hand ins feuer). daneben müßte ich mal wieder karajan, muti hören, die mir auch ziemlich gut gefielen. kondraschin sagte mir m.erinnerung n. weniger zu wie gergiev und mackerras.

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Klingsor!
    Ganz leise und vorsichtig möchte ich anmerken, daß Du bei Stokowski zwar eine tolle Aufführung bekommst, die Instrumentierung aber nicht ausschließlich von Rimskij-Korsakow ist - an einigen Stellen hat Stokowski "helfend" eingegriffen. (Wobei ich mich des Schmunzelns nicht erwehren kann, daß ausgerechnet der Uminstrumentierungsmeister uminstrumentiert wurde...)
    :hello:

    ...

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