"Musik ohne Melodie ist keine Musik"

  • Mit dieser hier sicher nicht konsensfähigen Überschrift startet in der neuesten Ausgabe des führenden deutschen Klassikmagazins ein Portrait der Cellistin Anja Lechner. Etwas genauer zitiert sagt sie: "Die neue Musik in Mitteleuropa ist schon an einem Endpunkt angelangt, zumindestens emotional. Die Menschen im Osten und Süden können mit unserer Neuen Musik wenig anfangen, Sie sagen: "Eine Musik ohne Melodie ist keine Musik. Eine Musik muss singbar sein." Gewissermaßen muss ich ihnen Recht geben."


    Ja, wo fängt Musik an und vor allem wo hört sie auf. Muss Musik eine Melodie zugrunde liegen? Ist jede geplante Abfolge von Tönen automatisch Musik? Sind auch zufällige Aneinanderreihungen von Tönen Musik? Sind geplant erzeugte Geräusche auf Musikinstrumenten Musik? Sind gezielt eingefangene Strassengeräusche Musik? Diese Frage beantwortet sicher jeder anders. Mich würde interessieren, wie ihr das seht.

  • Hat zB das Finale von Chopins b-moll-Sonate eine Melodie? Schumann war sich seinerzeit nicht sicher, ob das noch Musik sei.


    Als ich zum ersten Mal Beethovens Waldstein-Sonate gehört habe, war die erste für mich einigermaßen erkennbare Melodie in dem Stück das Seitenthema nach knapp einer Minute oder so. Ich sehe das Pulsieren und den "Schlenker" oder "Blitz" am Anfang nach wie vor nicht als Melodie und auch nur sehr bedingt als Motiv. Aber das Stück ist ungeachtet dessen sehr populär.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hat zB das Finale von Chopins b-moll-Sonate eine Melodie? Schumann war sich seinerzeit nicht sicher, ob das noch Musik sei.

    So ist es, lieber Johannes! Aber vom selben Robert Schumann stammt auch der schöne Ausspruch:


    "Die Melodie ist das Feldgeschrei der Dilettanten!" :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • Solche Diskussionen flammen immer wieder auf. Tatsache ist aber, dass es die Melodie in der Kunstmusik erst seit ca. 1600 gibt. Trotzdem würde wohl kein vernünftiger Mensch abstreiten wollen, dass Josquin, Ockeghem oder Dunstable Musik geschrieben hätten, oder? Meiner Meinung speist sich Musik primär aus Rhythmus und Harmonik, erst sekundär aus Motivik oder gar Melodik.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Aber vor ca. 1200 gab es im wesentlichen nur Melodik (und Rhythmik) :D

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Aber vom selben Robert Schumann stammt auch der schöne Ausspruch:
    "Die Melodie ist das Feldgeschrei der Dilettanten!"


    Lieber Holger,


    was ist an diesem Zitat, egal von wem es stammt, schön oder richtig?


    Wo sortierst Du - und hat damals Schumann - z. B. Mozart einsortiert? Wie viel Musik von ihm gibt es ohne Melodie? Und war nicht auch Schubert ein "Melodie-Narr"? Und wie steht's eigentlich z. B. mit Schumanns "Rheinischer" - oder sind das keine Melodien sondern nur "Themen"?


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • was ist an diesem Zitat, egal von wem es stammt, schön oder richtig?


    Wo sortierst Du - und hat damals Schumann - z. B. Mozart einsortiert? Wie viel Musik von ihm gibt es ohne Melodie? Und war nicht auch Schubert ein "Melodie-Narr"? Und wie steht's eigentlich z. B. mit Schumanns "Rheinischer" - oder sind das keine Melodien sondern nur "Themen"?


    Lieber Horst,


    das ist eine Spitze Schumanns gegen die Berliner Singschule, welche proklamierte, daß Musik aus einfachen, singbaren Melodien bestehen sollte. Mit dem Argument - das letztlich auf Rousseaus Empfindsamkeit zurückgeht (mit Rameau hatte er ja den berühmten Streit um den Vorrang der Melodie oder Harmonie in der Musik) - läßt sich auch sehr schön Barockmusik als nicht singbar und unmelodisch kritisieren (was ja auch geschehen ist :D ). Auf dieser Schiene kommt man also nicht wirklich weiter, wenn es um ein ernstes Verständnis von Musik geht. Hanslick z.B. hielt Wagners "unendliche" Melodien für wenig melodisch, nannte sie verächtlich "knochenlose Ton-Mellusken". Bei Schumann wird die Melodie "entmachtet" - wichtig wird, was alles so drumherum passiert (die Mittelstimmen). Melodielastige Musik wie die italienische Oper war für die meisten deutschen Romantiker gleichbedeutend mit dem, was heute banale Schlager-Musik ist.


    Herzliche Grüße
    Holger

  • Danke, das beruhigt mich - "nun kann ich schlafen".

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Beruhigt schlafen kann ich auch. Unabhängig davon werden hier zwei Extrema zur Disposition gestellt, die sich so nicht halten lassen und von daher meines Erachtens nicht wirklich sinnvoll zu diskutieren sind. Selbst der Begriff der Melodie ist wohl nicht ohne Weiteres uneingeschränkt konsensfähig. Aber da lohnt sich die Diskussion, denke ich.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo,


    um den Gedanken von WolfgangZ aufzugreifen und zu einer (möglichen?) Einigung zu kommen, erste spontane Einfälle zur Strukturierung.


    Muss eine Melodie eingängig und/oder sanglich sein? Wenn sie eingängig sein müsste, wäre es ein sehr individuelles Kriterium? Gibt es eine Abhängigkeit zwischen der Zeitdauer einer musikalischen Phrase zur Melodie? Abgrenzung zwischen melodiösem Thema und Melodie? Muss ein Lied eine Melodie haben? Muss eine Melodie im c.f. liegen? Gibt es einen Unterschied zwischen Melodie im klassischen und nichtklassischen Bereich?


    Die Anzahl der Kriterien ist bestimmt erweiterungsfähig.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler


  • Damit wäre die atonale "Musik" dann wohl raus ... ;)


    Gruß
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Ich finde diesen Thread als durchaus interessant und das Thema diskutierenswert !! Es muß ja nicht das Ziel einer solchen Diskussion sein zu einem allgemeingültigem Schluss zu kommen, es genügt, darüber nachzudenken und je - nach eigener Position - eigene Schlüsse daraus zu ziehen - oder zur Erkenntnis zu kommen, dass es hier ein unlösbares Problem gibt, welches auch Geschmacksfragen besteht und man vielleicht auch gar nicht lösen will.....(?)


    Zitat

    Trotzdem würde wohl kein vernünftiger Mensch abstreiten wollen, dass Josquin, Ockeghem oder Dunstable Musik geschrieben hätten, oder?


    Allerdings ist es Musik, die nur von wenigen als Vergnügen empfunden wird. Schon die katholische Kirche legte damals Wert darauf, dass Musik nicht den Menschen gefallen - sondern lediglich Gott dienen dürfe.


    Zitat

    Aber vom selben Robert Schumann stammt auch der schöne Ausspruch:
    "Die Melodie ist das Feldgeschrei der Dilettanten!"


    Mir wurde hier erstmals klar, warum ich mit Robert Schumann nie so recht meine Freude haben konnte. Natürlich schreibt er Melodien - aber gemessen - beispielsweise - an Schubert sind sie "sperrig" (wobei man das Wort nicht auf die Goldwaage legen sollte - und natürlich git das nicht für alle Weke von Schumann)


    Zitat

    Melodielastige Musik wie die italienische Oper war für die meisten deutschen Romantiker gleichbedeutend mit dem, was heute banale Schlager-Musik ist.


    Wiederum wird mir klar, warum sich die italienische Oper gegenüber der deutschen durchsetzen konnte. Allerdings gibt es auch deutsche romantische Opern mit ausgeprägter Melodik (Freischütz, Jägerchor, Lortzing mehr oder weniger komplett)


    Mein rhythmisches Gefühl hält sich in Grenzen - ich verstehe aber nun, warum die moderne Popmusik (und alle heutigen Musikrichtungen von denen ich mir nicht mal die Mühe gemacht habe den Namen zu behalten, bzw sie einzuordnen) so beliebt ist.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eine geglückte Komposition drückt sich m. E. durch Ganzheit aus. Der Komponist sollte also souverän Rhythmik, Harmonik, Melodik und Motivik beherrschen und alle diese Stilmittel entsprechend dem gewollten Charakter seines Stückes kompositorisch und dramaturgisch gekonnt nutzen und thematisch zusammenfügen. Richard Strauss der geniale Klangmagier erfüllte diese Forderungen mit großer Meisterschaft.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich meine schon, dass mittelalterliche und Renaissance-Musik sowohl Melodien enthält als auch "schön" klingen sollte. Es gibt ja nicht nur geistliche Musik der Zeit. Und die geistliche Musik sollte die Hörer natürlich ebenfalls stark beeindrucken, die Auseinandersetzungen zwischen Komponisten und Kirche liefen meistens auf die Textverständlichkeit hinaus. (Mit der war es freilich schlecht bestellt, wenn in einer Motette zwei Texte gleichzeitig, mitunter sogar in unterschiedlichen Sprachen gesungen wurden...)


    Gregorianischer Gesang besteht nur aus rhythmisierten Melodien; diese Gesänge sind seit über tausend Jahren im Gebrauch und werden auch heute von vielen Menschen als schön empfunden, auch wenn es nicht klingt wie Mozart oder Rossini.
    (Es sind schon ein paarmal Gregorianische Choräle Verkaufsschlager geworden und nicht immer nur mit Techno-Beats unterlegt, sondern auch Original.)


    Ich kann wirklich kaum glauben, dass eine Musikerin 2014 solche faden Klischees äußert. Klammert man mal die Vagheit des Begriffs Melodie aus und hält sich an weitgehend unbestritten offensichtlich eingängige Melodien wie "Ein Mädchen oder Weibchen", "Greensleeves", "Let it be", dann ist doch immer noch schleierhaft, warum Emotion in der Musik nur damit verknüpft werden sollte. Fast jeder naive Hörer versteht zB in der Oper oder im Film unmelodisches Tremolo der tiefen Streicher als Ausdruck von Angst, Bedrohung etc.


    Wie gesagt, muss man doch keine Musik des 20. Jhd. oder gar der zeitgenössischen Avantgarde bemühen, um zu sehen, dass das ziemlicher Unsinn ist. Ein Popmusikhörer wird große Schwierigkeiten haben, bei Wagner oder Strauss "Melodien" (wie er sie versteht) zu erkennen. Kaum jemand würde das o.g. Chopin-Finale oder das erste Stück aus Schumanns Kreisleriana oder das c-moll-Präludium aus Bachs WTK I "melodisch" nennen. Melodien aus Monteverdi-Madrigalen nachzupfeifen ist auch nicht so ganz einfach, selbst wenn die melodischer sind als die Klavierbeispiele. Wer würde ernsthaft behaupten, dass das deswegen schwächere Musik sei als Rossini oder Schubert? (m.E. erheblich "emotionalere" Musik als das meiste von Rossini, was ich kenne...)


    Oder Minimal Music. Ist für mich auch nicht melodisch und dennoch erstaunlich populär; soviel ich weiß gibt es auch im Bereich der elektronischen Unterhaltungs/Tanzmusik Stücke, bei denen Melodik i.e.S. keine große Rolle spielt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hanslick z.B. hielt Wagners "unendliche" Melodien für wenig melodisch, nannte sie verächtlich "knochenlose Ton-Mellusken".

    Es muß natürlich heißen "knochenlose Ton-Molluske"! ;)


    Muss eine Melodie eingängig und/oder sanglich sein? Wenn sie eingängig sein müsste, wäre es ein sehr individuelles Kriterium? Gibt es eine Abhängigkeit zwischen der Zeitdauer einer musikalischen Phrase zur Melodie? Abgrenzung zwischen melodiösem Thema und Melodie? Muss ein Lied eine Melodie haben? Muss eine Melodie im c.f. liegen? Gibt es einen Unterschied zwischen Melodie im klassischen und nichtklassischen Bereich?

    Am besten, man demonstriert solche Fragen an Beispielen:



    Mahler verwendet dort, wo der Ausdruck herzzerreißend schmerzhaft wird - "gib mir Brot, sonst sterbe ich..." - amelodische Oktavsprungmotive. In der Neuen Musik wird daraus dann Methode - die Aneinanderreihung großer Intervallsprünge bei Webern z.B. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Das, was die Frau Schwarzkopf da singt, hat für mich weniger Melodie als das Präludium C-Dur aus dem Wohltemperierten Klavier I.


    Ich finde, gerade der Barock ist außerordentlich melodisch, strukturiert und harmonisch - die Brandenburgischen Konzerte kann man mitsingen, ebenso den ersten Satz der Feuerwerksmusik etc.


    Da es hier zu unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, was denn überhaupt eine Melodie ist, müßte man sich erstmal über den Begriff "Melodie" einigen.


    Grundsätzlich halte ich aber die Überschrift für richtig, allerdings nur mit meiner eigenen ( :thumbsup: ) Definition von "Melodie".

  • Da es hier zu unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, was denn überhaupt eine Melodie ist, müßte man sich erstmal über den Begriff "Melodie" einigen.


    Siehe Beitrag Nr. 12 hier.


    LG
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ja, da hast Du schon einige Kriterien genannt, die es zu beachten gilt. Und auch, daß sich die Liste derselbigen beliebig verlängern ließe.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Meine klare Gegenposition will ich so beschreiben: Die Aneinanderreihung von Tönen, auch wenn sie einem bestimmten "Bauplan" folgen, ist noch lange keine keine Musik, sondern lediglich Lärmerzeugung.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Meine klare Gegenposition will ich so beschreiben: Die Aneinanderreihung von Tönen, auch wenn sie einem bestimmten "Bauplan" folgen, ist noch lange keine keine Musik, sondern lediglich Lärmerzeugung.


    Gegenposition wozu? "Musik ohne Melodie ist keine Musik"? (Dazu ist Deine Aussage keine Gegenposition...)


    Ist danach zB das Finale von Chopins 2. Sonate Musik oder nicht?


    Ich vermute mal, wir sind uns weitgehend einig, dass dieses Stück nicht melodisch im engeren Sinne ist.


    "Das irdische Leben" ist dagegen erst mal ein Strophenlied mit einer gut erkennbaren Melodie (selbst wenn das gegen Ende aufgebrochen wird). Ein Lied "ohne Melodie" i.e.S. wäre für mich zB Schuberts "Doppelgänger" (freilich immer noch melodischer als der Chopin-Satz oder ein typisches barockes Arpeggio-Präludium).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Meine klare Gegenposition will ich so beschreiben: Die Aneinanderreihung von Tönen, auch wenn sie einem bestimmten "Bauplan" folgen, ist noch lange keine keine Musik, sondern lediglich Lärmerzeugung.


    Also ein Musikstück von Anton Webern oder Karlheinz Stockhausen ist für Dich gleichzusetzen mit dem Lärm eines Preßlusthammers? ?( Positionen darf man natürlich vertreten, nur Überzeugungskraft für Andere haben sie nur durch eine vernünftige Begründung. Die Betonung der "Melodie" in diesem Zusammenhang ist nun mal apologetisch. Behauptet wird, daß einzig und allein die Melodie Sinn und Bedeutung in einen Klangkomplex bringt, wodurch er sich (als sinnhaftes Gebilde) vom Geräusch unterscheidet. Das ist aber nun nicht nur evident falsch sondern ein solcher Begründungsversuch klappt schon bei romantischer und impressionistischer Musik nicht. Johannes hatte schon Chopin erwähnt, man kann hier den späten Liszt ergänzen (ein Klavierstück wie Nuages gris zum Beispiel) oder eine ganze Reihe der Preludes von Claude Debussy. Wieviel Musik bleibt also noch übrig, wenn man dieses Kriterium strikt anwendet?


    Hier Arturo Benedetti Michelangeli als "Lärmerzeuger" (Debussy Prelude Heft 1 Nr. 7):



    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo,


    es wäre m. E. doch sehr hilfreich, sich zuerst darüber auszutauschen, was eine Melodie ausmacht - siehe mein Beitrag Nr. 12 hier - bevor man sich in Details verzettelt und Gegenpositionen aufbaut, die vom Thema her gesehen keine sind. Man kann so weiterwursteln und sich am Ende sinnlos zerstreiten - man kann aber auch eine Struktur hereinbringen und so vom Grundsätzlichen zum Detail fortschreitend zu einer Klärung kommen, die mit Sicherheit keine Einigung sein wird.


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Im "normalen Leben" wird bei der Klärung von Fragen, der Lösung von Aufgaben, der Erledigung von Tätigkeiten etc. doch auch strukturiert vorgegangen - warum nicht hier?

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • :hahahaha: :baeh01:


    Es gibt hübsche Freud'sche Fehlleistungen und es gibt noch hübschere.


    Wolfgang


    PS: Der Forderung von zweiterbass stimme ich gerne zu, allein mir fehlt der Glaube ...

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Gegenposition wozu? "Musik ohne Melodie ist keine Musik"? (Dazu ist Deine Aussage keine Gegenposition...)

    Das stimmt. Ich hatte mich leider nicht auf den Thread-Titel bezogen. In diesem Sinne wäre meine Haltung die Bejahung des Titels.


    Ist danach zB das Finale von Chopins 2. Sonate Musik oder nicht?

    Dazu kann ich mich deshalb nicht äußern, weil jegliche Art von Kammermusik nicht auf meiner Hörliste steht, auch Klaviermusik nicht. Chopins Sonate ist mir also nicht im Ohr, obwohl ich gestehe, daß ich seine Klaviermusik, eingespielt von Idil Biret, im Regal habe. Ich habe diese Musik zwar schon mal gehört, aber keine Erinnerung an das Stück.


    Ansonsten, ich beziehe mich auf Holgers Einwände, kenne ich keine Werke von Webern, Schönberg, Stockhausen usw. Die fallen bei mir unter den Tisch; auch wenn ich damit bei manchen hier anecke, bleibe ich dabei: das ist Geräuschkulisse, die nicht nicht haben will. Ich will auch niemandem meine Meinung aufoktruyieren - jeder wie er mag.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich muss doch sehr bitten!! Was in aller Welt soll man sich unter einem Preßlusthammer vorstellen ???

    Der Verschreiber (2 Tasten daneben gehauen) gefällt mir ja sehr gut! :D Beispiele wären das Laster des Rauchens und Trinkens, jede Art von Sucht, das Computerspiel, der Kaufrausch fast schon als Zwang (Shopping).


    Nachsatz: Im "normalen Leben" wird bei der Klärung von Fragen, der Lösung von Aufgaben, der Erledigung von Tätigkeiten etc. doch auch strukturiert vorgegangen - warum nicht hier?

    Zunächst einmal müßte man fragen: Woher kommt es, daß man in der Melodie die exklusive Sinngebungsinstanz von Musik sucht und so krampfhaft daran festhält? (Darauf gibt es eine eigentlich ziemlich klare Antwort.)


    Dazu kann ich mich deshalb nicht äußern, weil jegliche Art von Kammermusik nicht auf meiner Hörliste steht, auch Klaviermusik nicht. Chopins Sonate ist mir also nicht im Ohr, obwohl ich gestehe, daß ich seine Klaviermusik, eingespielt von Idil Biret, im Regal habe. Ich habe diese Musik zwar schon mal gehört, aber keine Erinnerung an das Stück.


    Ansonsten, ich beziehe mich auf Holgers Einwände, kenne ich keine Werke von Webern, Schönberg, Stockhausen usw. Die fallen bei mir unter den Tisch; auch wenn ich damit bei manchen hier anecke, bleibe ich dabei: das ist Geräuschkulisse, die nicht nicht haben will. Ich will auch niemandem meine Meinung aufoktruyieren - jeder wie er mag.

    Hörst Du eigentlich nur Opern? :D


    Die Logik erinnert mich ein bisschen an die von Kindern, die sich eine Decke über den Kopf ziehen und sagen: "Du siehst mich nicht weil ich dich auch nicht sehe." Man darf sicherlich auch abstrakte Malerei für kunstloses Farbgekleckse halten. Nur ebenso erlaubt ist die Feststellung, daß es eben nur pure Suggestion ist zu glauben, es gebe selbstverständlich "an sich" keinen Sinn, wo man ihn nur selber nicht zu finden vermag. Vielleicht sucht man ihn ja - das ist die Geschichte der Suche nach dem Huhn im abstrakten Bild - einfach an der verkehrten Stelle. ;)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Mit dieser hier sicher nicht konsensfähigen Überschrift startet in der neuesten Ausgabe des führenden deutschen Klassikmagazins ein Portrait der Cellistin Anja Lechner. Etwas genauer zitiert sagt sie: "Die neue Musik in Mitteleuropa ist schon an einem Endpunkt angelangt, zumindestens emotional. Die Menschen im Osten und Süden können mit unserer Neuen Musik wenig anfangen, Sie sagen: "Eine Musik ohne Melodie ist keine Musik. Eine Musik muss singbar sein." Gewissermaßen muss ich ihnen Recht geben."


    Nach dem, was ich über diese Musikerin gelesen habe, scheint es wohl eher um eine Meinungsverschiedenheit innerhalb der zeitgenössischen Musik zu gehen. Mit dem Rosamunde-Quartett hat Lechner u.a. zeitgenössische Werke von Larcher, Silvestrov und Mansurian eingespielt. Ich kenne mich da nicht aus, aber selbst wenn manches davon als "neoromantisch" und weniger modern als Ligeti, Carter oder Birtwhistle eingestuft werden könnte, fürchte ich nach einigen Klangbeispielen, dass es nicht unbedingt den Gefallen von Hörern wie Alfred oder Musikwanderer erwecken würde :D



    Zitat


    Muss Musik eine Melodie zugrunde liegen?


    Nein.


    Zitat


    Ist jede geplante Abfolge von Tönen automatisch Musik?
    Sind auch zufällige Aneinanderreihungen von Tönen Musik?
    Sind geplant erzeugte Geräusche auf Musikinstrumenten Musik?


    Kommt drauf an. Man kann so etwa m.E. nicht pauschal/formal entscheiden. Wenn ich eine Abfolge von Tönen plane und jemand spielt das, ist es vermutlich höchstens sehr schlechte Musik usw. Wenn das jemand plant, der das gut kann, sieht es wahrscheinlich anders aus. Da schon bei Biber und selbst bei Mozart Klangerzeugungen vorkommen, die man als "mißbräuchlich" sehen könnte (zB col legno in den "türkischen" Abschnitten des 5. Violinkonzerts) würde ich auch nicht einen Generalverdacht gegen ungewöhnliche Verwendung von Musikinstrumenten hegen wollen. Mit aleatorischer Musik habe ich mich nie befasst, aber auch da kommt es gewiss darauf an, welche Rolle der Zufall spielt (ein "musikalisches Würfelspiel" wird ebenfalls Mozart zugeschrieben)


    Zitat


    Sind gezielt eingefangene Strassengeräusche Musik?


    Normalerweise nicht, aber vielleicht mit entsprechendem Schneiden/Mixen. (Gab es da nicht mal was mit Glenn Goulds Staubsauger...?)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hörst Du eigentlich nur Opern?:D

    Nein, wie kommst Du darauf? Bis auf Kammermusik habe ich für alles ein offenes Ohr, sofern es meinem melodisch-harmonischem "Gehörbedürfnis" entspricht.


    Die Logik erinnert mich ein bisschen an die von Kindern, die sich eine Decke über den Kopf ziehen und sagen: "Du siehst mich nicht weil ich dich auch nicht sehe."

    Diesem Vergleich kann ich nichts abgewinnen; auch sind Vergleiche so eine Sache. Gestern wurde ich im Bus Zeuge eines Gesprächs, in dem er eine von einem Sushi-Essen schwärmte, der andere das mit verzogenem Mundwinkel quittierte - eindeutiger ging dessen Ablehnung nicht. Was der andere wiederum nicht verstehen wollte oder konnte. Hat sich der Bauer, der das Fremde nicht mag, nun die Decke in der von Dir beschriebenen Weise über den Kopf gezogen?


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose