Isländische Chormusik

  • Im hohen Norden hatte die Chormusik eine weit zurückreichende Tradition. Die christliche Überlieferung in lateinischer Sprache geht bis in das dreizehnte und fünfzehnte Jahrhundert zurück. Der Langholter Kirchenchor unter der Leitung von Jón Stefánsson gilt als der berühmteste gemischte Chor der isländischen Hauptstadt.


    Der erste Komponist von Bedeutung mit einer professionellen musikalischen Ausbildung im Ausland war Sveinbjörn Sveinbjörnsson (1847-1927). Er komponierte die isländische Nationalhymne „ O Gott unseres Landes“


    Einsame Seelen in entlegenen Tälern neigen zur Frömmigkeit, deshalb nimmt die Liturgie im isländischen Musikleben einen breiten Raum ein. Die Hallgrimskirche, ein Meisterwerk der nordischen Architektur, bietet mit seiner vorzüglichen Akustik den geeigneten Mittelpunkt religiösen Lebens.


    Das Requiem von Jón Leifs ist ein einzigartiges Juwel unter den Chorkompositionen. Er schrieb es zum Gedenken an seine kleine Tochter, die durch einen Unfall ums Leben kam.
    Die komponierenden Könige der Bibel David und Salomon sind beliebtes Vorbild, eigene Vorstellungen in Anlehnung an ihre Psalmen zu entwickeln. Dem Psalm Nr. 150 „Lobe Gott in seinem Heiligtum“ hat Helgi Helgason (1848-1922) seinen Stempel aufgedrückt. Der Psalm „Es ist eine feine Sache, Gott zu danken“, ebenfalls von König David, war die Vorlage für eine Komposition von Thorkell Sigurbjörnsson (geb. 1938 ). Das Sopransolo in seinem Hosianna versetzt den Kirchenbesucher in einen Zustand geistiger Verzückung.
    Jón Ásgeiersson (geb. 1928 ) wendet sich den Sprüchen König Salomons zu, um diese musikalisch ins rechte Licht zu rücken..


    Aber auch die Folklore und der Liebesschmerz werden nicht vernachlässigt. Einer der wichtigsten Isländer, welcher Volkslieder sammelte und daraus Arrangements für den Konzertsaal schuf, war neben Ásgeiersson der 1914 geborene Hallgrímur Helgason. Die literarisch anspruchsvollen Gedichte des Dichters Halldór Laxness bieten eine wertvolle Basis, um sich als Komponist von Vokalwerken zu profilieren. Sigfús Einarsson (1877-1939) schuf ein Chorlied, welches von der „Mountain-Lady“ erzählt und Atli Heimir Sweinsson (geb. 1938 ) beklagt „Die kranke Rose“. Dieser Text stammt von William Blake und ist dem Gedenken von Benjamin Britten gewidmet.


    O, Rose thou art sick
    The invisible worm
    That flies at night
    In the howling storm
    Has found out thy bed of crimson joy
    And his dar secret love
    Does thy life destroy.
    O Rose thou art sick


    :angel:

  • hallo, engelbert, ein interessantes thema,
    ich kenne zwar leifs z.b. , habe aber noch keine chormusik von ihm gehört. welche aufnahmen gibt es denn von den genannten?
    viele grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo, lieber Klingsor,


    Glücklicherweise hat man die LP, einstmals unter dem schwedischen
    Label BIS erschienen, auf CD überspielt. Amazon hat sie im Angebot.
    Ich habe die Werbung nachstehend kopiert:
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    Isländische Chormusik


    Various Jon Stefansson Langholter Chor, Jon Stefansson
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    CD


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    Auf dieser CD:
    1. David 92
    Komponist Thorkell Sigurbjörnsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    2. Hosianna
    Komponist Thorkell Sigurbjörnsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    3. O Gud vors Lands
    Komponist Thorkell Sigurbjörnsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    4. Der 150. Psalm
    Komponist Helgi Helgason
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    5. Latum Sönginn Gladan Gjalla - Fjallkonan
    Komponist Sogfus Einarsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    6. Eg Ad Öllum Haska Hlae
    Komponist Hallgrimur Helgason
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    7. Krummavisa
    Komponist Jon Asgeirsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    8. Ordskvidur Salomons
    Komponist Jon Asgeirsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    9. Requiem
    Komponist Jon Leifs
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    10. Glaubst du das Groa
    Komponist Gunnar Reynir Sveinsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    11. Sie war das alles
    Komponist Gunnar Reynir Sveinsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson


    12. The Sick Rose
    Komponist Atli Heimir Sveinsson
    mit Langholter Chor
    Dirigent Jon Stefansson



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    über Jon Leifs, etwa 10 CDs




    Nun hoffe ich, Dir mit meiner Information eine grosse Freude gemacht zu haben.


    Engelbert

  • herzlichen dank, engelbert, für die ausführliche antwort.
    da werde ich mich denn mal auf die entdeckungsreise machen... :D


    liebe grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • In Beitrag 3 ist diese CD des Labels BIS mit einer Anthologie von isländischer Chormusik erwähnt. Ich hatte mir die Scheibe als Souvenir in einem CD-Shop in Rejkjawik erstanden. Die Hauptstadt kam mir eher wie ein grosses Dorf vor. An den isländische Sommer, der wie ein mitteleuropäischer Frühling daherkommt mit seinen taghellen Mitsommernächten, erinnere ich mich, wenn ich diese Musik höre.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber Moderato,


    schön, daß Du dieses interessante Thema aus der Versenkung geholt hast.


    South Island Chamber Choir: Olafur Arnalds, Raddir



    interessanter Sound

  • Lieber m-mueller


    Eine Kamerafahrt, die ich in dieser Form noch nie gesehen habe. Sie passt zum Stück Raddir von Olafur Arnalds.


    Raddir ist Isländisch und bedeutet Stimmen.


    Auch eine Kamerafahrt mit Musik des gleichen isländischen Komponisten, zwar keine Chormusik, aber ich finde die Aufnahme in ihrer Ruhe und Schlichtheit passend.



    Es grüsst dich


    moderato

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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Dieses Wiegenlied mit den typischen nordischen Harmonien gefällt mir. Jón Ásgeirsson und Sveinbjörn Sveinbjörnsson haben es komponiert.


    Sofðu unga ástin mín


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Engelbert hat im Eröffnungsbeitrag dieses Chorwerk erwähnt:


    Requiem Op. 33b


    ist ein kurzes A-cappella-Chorstück des isländischen Komponisten Jón Leifs (1899–1968), das der Erinnerung an seine Tochter gewidmet ist, die kurz vor ihrem 18. Geburtstag bei einem Schwimmunfall ertrunken ist. Das Stück hat nur den Namen mit der traditionellen lateinischen Totenmesse gemeinsam. Es besteht aus einem Text, der eine Collage isländischer Volksdichtung und eine Auswahl aus einem Gedicht von Jónas Hallgrímsson ist. Die Musik hat den Charakter eines Schlafliedes und erinnert zusammen mit dem Text an die Gedanken eines Elternteils, der einem schlafenden Kind vorsingt. Das Stück besteht aus einer Quinte zwischen A und E und wechselt ständig zwischen Dur und Moll. Requiem ist eine der bekanntesten Kompositionen von Leifs und steht im Gegensatz zu seinen anderen Werken , die oft als "wenig zugänglich" und "dissonant" beschrieben werden. (Quelle Wikipedia, Übersetzung moderato)


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Þorkell Sigurbjörnsson (*1938)


    David 92


    92 bezieht sich auf den entsprechenden alttestamentarischen Psalm Davids.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Die 300'000 Isländer sind stolz auf ihre alte Kultur und ihre Sprache. So ist sie gesetzlich geschützt. Neue Wörter werden ins Isländische übertragen. Wikipedia klärt uns auf:


    Man achtet konsequent darauf, die Übernahme von Fremdwörtern so gering wie möglich zu halten. Neue Bezeichnungen erschafft man in der Regel aus dem vorhandenen Wortschatz. So entstand das Wort für „Computer“, tölva, aus den Worten tala, „Zahl“, und völva, „Wahrsagerin, Seherin“. Der Begriff für „Aids“, alnæmi, wurde aus al-, „all-“, und næmi, „Empfindlichkeit“, gebildet. Ein ähnliches Wort ist skrifstofa („Schreibstube“) für Büro.


    Dennoch gibt es eine beträchtliche Anzahl älterer Lehnwörter wie hótel („Hotel“) oder prestur („Priester“); ein Anschwellen von Anglizismen, ähnlich wie im Deutschen, ist seit den 1950er Jahren auch auf Island zu bemerken. Seit 1964 besteht darum in Island ein eigenes Komitee, das für neue Begriffe rein isländische Ausdrücke findet.


    Sehr, sehr alt ist diese Hymne:

    Kolbeinn Tumason hat die Worte vor der Schlacht von Víðanes im 13. Jahrhundert niedergeschrieben. Komponiert wurde der Chorsatz im 20. Jahrhundert von Þorkell Sigurbjörnsson (1938-2013). Die Sänger gehören zu Árstíðir, einer Band aus Island. Entstanden ist die Aufnahme 2013 während einer Konzerttour in der Bahnhofhalle von Wuppertal. https://web.facebook.com/arstidir?_rdc=1&_rdr


    Heyr, himna smiður,

    hvers skáldið biður.

    Komi mjúk til mín

    miskunnin þín.

    Því heit eg á þig,

    þú hefur skaptan mig.

    Eg er þrællinn þinn,

    þú ert drottinn minn.


    Guð, heit eg á þig,

    að þú græðir mig.

    Minnst þú, mildingur, mín,

    mest þurfum þín.

    Ryð þú, röðla gramur,

    ríklyndur og framur,

    hölds hverri sorg

    úr hjartaborg.


    Gæt þú, mildingur, mín,

    mest þurfum þín,

    helzt hverja stund

    á hölda grund.

    Send þú, meyjar mögur,

    málsefnin fögur,

    öll er hjálp af þér,

    í hjarta mér.




    Übrigens: Öffentlichen Schienenverkehr findet man in Island nicht. Es bestanden Schmalspurbahnen, die allerdings nur dem Materialtransport dienten. In Planung ist eine Hochgeschwindigkeits-Bahnlinie zwischen dem Flughafen Keflavík und der Hauptstadt Reykjavík. Wer schon mal in Island war, weiss, dass man heute diese etwa 50 km lange Strecke mit dem Bus fährt.


    Übrigens: Kultur besitzt in Island einen hohen Stellenwert. Das fällt jedem auf, der sich in Island aufhält. Ebenso ist Licht etwas Wichtiges. Wikipedia klärt uns auf:


    Der "Imagine Peace Tower" beleuchtet jedes Jahr vom 9. Oktober, Lennons Geburtstag, bis zum 8. Dezember, dem Datum, an dem John Lennon erschossen wurde, vom 31. Dezember bis zum 6. Januar (ein isländischer Neujahrszeitraum), und für eine Woche um den Frühlingsbeginn den Himmel. Es ist ein Projekt der Lennon-Witwe Yoko Ono.


    Der Turm besteht aus 15 Scheinwerfern mit Prismen, die als Spiegel fungieren und die Lichtsäule von einem 10 Meter breiten Wunschbrunnen vertikal in den Himmel reflektieren. Es erreicht oft die Wolkenbasis und kann tatsächlich gesehen werden, wie er die Wolkendecke durchdringt. In einer klaren Nacht scheint er eine Höhe von mindestens 4000 m zu erreichen. Der Strom für die Lichter wird von Islands einzigartigem geothermischen Energienetz bereitgestellt. Es verbraucht ca. 75 kW Leistung.


    Unter dem Lichtturm sind über 1 Million schriftliche Wünsche begraben, die Ono im Laufe der Jahre in einem anderen Projekt namens Wish Trees gesammelt hat. Island wurde wegen seiner Schönheit und seiner umweltfreundlichen Nutzung der Geothermie für das Projekt ausgewählt.



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Bereits im Eröffnungsbeitrag wurde dieses Chorwerk erwähnt, das Benjamin Britten zugeeignet ist:


    Atli Heimir Sveinsson (1938-2019)


    William Blake (1757-1827)


    The sick rose



    O, Rose thou art sick

    The invisible worm

    That flies at night

    In the howling storm

    Has found out thy bed of crimson joy

    And his dar secret love

    Does thy life destroy.

    O Rose thou art sick



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928