Kontrabässe in Ekstase!

  • Als Furioso war das Festival der Kontrabässe des Heilbronner Sinfonie Orchesters angekündigt und es wurde ein Grandioso, was das Internationale Kontrabassensemble BASSIONA AMOROSA und das Heilbronner Sinfonie Orchester am 11. Mai in der Heilbronner Harmonie entfesselten. Unter der Leitung des renommierten Kammervirtuosen und Pädagogen Prof. Klaus Trumpf haben sich 25 junge Musiker, allesamt mehrfache Preisträger internationaler Musikwettbewerbe und heute Solobassisten in bedeutenden Orchestern zu einer besonderen Formation zusammengefunden. Seit Gründung im Jahr 1966 kann BASSIONA AMOROSA in über 600 Konzerten, Funk- und Fernsehübertragungen in wechselnden Formationen weltweit überzeugen. Die Faszination dieses Ensembles geht vom Überraschungseffekt durch die einmalige Besetzung mit Kontrabässen und den kaum vermuteten, abwechslungsreichen besonderen Programmen aus. Perfekte Technik,enorme Musikalität ,sprühender Spielwitz und unverwechselbare Klangraffinesse bestimmen das hohe Niveau dieser jungen Künstler. In Heilbronn begeisterten aus diesem Musikerpool: Ljubinko Lazic, Andrew Lee, Giorgi Maksohvili und Andrei Shynkevich. Solistisch, im Duo, im Trio und als Quartett entlocken sie ihrem Instrument eine Vielfalt immer neuer tiefster und ganz erstaunlich hoher Klangfarben. Sie spielen Werke von Giovanni Bottesini, Niccolò Paganini, Aram Chatschaturian, Johann Matthias Sperger, Johann Sebastian Bach und Eigenkompositionen. Die Programmfolge mag eher zufällig-beliebig erscheinen, aber jedes Werk erstrahlt in neuem, völig anderem Glanz. Ob elegisch bei Giovanni Bottesini oder wunderbar klangvoll singend in Tomaso Albionis Adagio Ohrwurm.
    Temperamentvoll, ektstatisch werden die Reisser, wie der Säbeltanz von Chatschaturian und Mali/Mali im perfekten Zusammenspiel und witziger Show von den schwarzen Rittern des Kontrabasses geboten. Die Musiker des Heilbronner Sinfonie Orchesters werden von so viel Temperament, musikalischer Perfekton und technischer Virtuosität mitgerissen und treten mit den Kontrabassisten in einen lebendigen Dialog. In der Ouvertüre von Suppés "Banditenstreiche" können die Heilbronner Musiker nochmals durch das differenzierte Spiel der Streicher, die klangschönen Holzbläser und das fetzige Blech brillieren. Höhepunkt die gemeinsam mit den Kontabassisten gebotene "Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauß Sohn, die den voll besetzten Saal zum Toben bringt. Stimmung wie in einem Popkonzert!
    Ein ungewöhnliches Konzertereignis, bei dem man aus dem Staunen nicht herauskam, welche Klangfarben, Tonhöhen und Schattierungen man dem "Brummbär" der Orchesterfamilie entlocken kann. Ein glanzvoller Konzertabend, an dem der Kontrabass, weil von den meisterhaften vier Solisten so liebevoll präsentiert, das Image es behäbigen Langweilers verlor und sicherlich viele neue Fans gewonnen hat.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vielen Dank, lieber Operus, für Deinen informativen Beitrag. Ich gestehe, von der Formation BASSIONA AMOROSA noch nie etwas gehört zu haben und stelle mir gedanklich vor, wie wohl fünfundzwanzig "Brummbären", wie Du sie genannt hast, klingen mögen. ?(


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Lieber Musikwanderer,


    Au weh, da habe ich mich wohl nicht ganz klar ausgedrückt. BASSIONA AMOROSA besteht weltweit aus 25 Kontrabassisten. Alle haben das von ihnen gespielte gesamte Repertoire im Schlaf drauf. Nun werden aus diesem Musikerpool je nach Konzert und Programm die gebrauchte Musikeranzahl ausgesucht, die dann spielen. Wenn ich richtig informiert bin, sind 8 Kontrabassisten die größte und häufigste Besetzung. Da das Heilbronner Sinfonie Orchester ein "armes" Orchester ist, wurden bei uns aus Kostengründen die vier im Eingangsbeitrag namentlich genannten Kontrabassvirtuosen eingesetzt. Aber schon das war eine Wucht!
    Da der Kontrabass kein Soloinstrument ist, kann der Musiker von Einzelauftritten kaum existieren. Also muss er in einem Orchester spielen oder unterrichten. Die Mitglieder von BASSIONA AMOROSA sind alle Solobassisten in führenden Sinfonieorchestern. Eine weitere Schwierigkeit bei der Organisation dieser Truppe ist, dass der Orchesterbetrieb Vorrang hat. Der Organisator, Prof. Klaus Trumpf, weiß also nie, ob der von ihm gewünschte Spieler für ein Gastspiel freigestelt wird. Deshalb braucht er den großen Musikerpool, um immer genügend Reserve zu haben. Nur in dieser Organisation kann ein solcher Betrieb funktionieren. Ach und noch eine Schwierigkeit. Die bei uns eingesetzten Musiker kamen alle aus Osteuropa und sind mit dem Flugzeug angereist. In diesem Verkehrsmittel sind zwar Flöten und Geigen gut zu transportieren. Bei Kontrabässen ist dies schwieriger. Das heißt, dass unsere Geschäftsführung Leihinstrumente besorgen musste.
    Fazit: Musik ist nicht nur mit Geräusch verbunden - sondern oft mit großen Mühen. Ich trage mich deshalb schon lange mit dem Gedanken, ein Büchlein zu schreiben mit einem Titel, wie etwa "Warum ein Konzert niemals stattfinden kann -Die Leiden der Organisatoren".


    Herzlichst :hello:
    Operus


    Übrigens wer BASSIONA AMOROA kennenlernen möchte. Es gibt Aufnahmen bei You Tube.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus


    danke für die Klarstellung - obwohl ich genau in die jetzt von Dir gepostete Richtung gedacht hatte.


    (...) Da der Kontrabass kein Soloinstrument ist, kann der Musiker von Einzelauftritten kaum existieren. Also muss er in einem Orchester spielen oder unterrichten. Die Mitglieder von BASSIONA AMOROSA sind alle Solobassisten in führenden Sinfonieorchestern. (...)

    Ich möchte jetzt auf keinen Fall belehrend wirken, aber ich erinnere mich an ein Sinfoniekonzert, das ich in den Fünfzigern als Jugendlicher in meiner Heimatstadt Hagen erlebte, in dessen Mittelpunkt ein Kontrabasskonzert stand, gespielt vom Orchestermitglied. Ich weiß leider nicht mehr, wer der Komponist war. Auch der Blick in die Wikipedia-Liste der Komponisten, die immerhin 58 Namen aufführt, und für das Instrument Werke geschaffen haben, hat mir nicht weiter geholfen. Ist letztlich auch egal, denn 58 Komponisten ist doch schon eine erstaunliche Menge...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich weiß leider nicht mehr, wer der Komponist war.


    Ich habe ähnliche Jugenderinnerungen. Allerdings weiß ich noch, dass der Komponist meines Konzertes Dittersdorf war.
    Der Solist hieß Streicher, Ludwig.....

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Ich habe ähnliche Jugenderinnerungen. Allerdings weiß ich noch, dass der Komponist meines Konzertes Dittersdorf war.
    Der Solist hieß Streicher, Ludwig.....


    Ja, Ludwig Streicher war ein begnadeter Solist und Virtuose (!) auf diesem Instrument. Ich habe einige seiner Konzerte in seiner Heimatstadt Wien und dem Carinthischen Sommer in Ossiach erleben dürfen, und ich war jedesmal verblüfft, welch hohen Grad an Virtuosität er seinem doch eher sperrigen Instrument entlocken konnte. Auch faszinierende Legatophrasen und erstauniche Farbigkeit in seinen Interpretationen ließen die Zuhörer aus dem Staunen nicht herauskommen.


    Von Ludwig Streicher habe ich einige Schallplatten und auch Konzertmitschnitte in meinem Archiv.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Von Ludwig Streicher habe ich einige Schallplatten und auch Konzertmitschnitte in meinem Archiv.


    Lieber Fritz,


    Ludwig Streicher ist mir als Kontrabassvirtuose ebenfalls ein Begriff. Die ganz großen Solisten auf diesem Instrument waren Johann Matthias Sperger (1750-1812) und Giovanni Bottesini (1821 - 1889) . Beide waren auch bedeutende Komponisten und haben - wie könnte es auch anders sein - viele Kompositionen für ihr Instrument geschrieben. Wir hatten Stücke von beiden im Programm. In einer Quelle, die ich vor unserem Konzert studierte, las ich, das Bottesini in seiner Zeit ähnliche Popularität hatte wie Paganini und Liszt. Eine bedeutende Rolle spielt der Kontrabass heute im Jazz und anderen modernen Musikrichtungen.
    Wenn ich wieder einmal ein Konzert in dieser Richtung vorschlage, dann werde ich versuchen, auch ganz moderne Stücke ins Programm zu schmuggeln, Jazz, Konrabass und Orchester. Die fabelhaften 4 Jungs haben das selbstverständlich
    auch meisterhaft-virtuos drauf. In einer Zugabe ließen sie das kurz einmal aufblitzen. Aber dann werde ich von den Puristen im Orchester gelyncht, weil ich schon als gnadenloser musikalischer "Grenzüberschreiter" verrufen bin.
    Schade, dass noch immer in E- und U-Musik aufgeteilt wird. Fritz wir sind wahrscheinlich zu alt, um die harmonische Universalität aller Musikrichtungen noch zu erleben. Ob es die Zukunft ist?


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!