Krenek: "Der Sprung über den Schatten "

  • Uraufführung heute vor 90 Jahren:



    Der Sprung über den Schatten
    Komische Oper in 3 Akten und 10 Bildern
    von Ernst Krenek,
    Uraufführung am 9.6.1924 Frankfurt a.M.

    Inszenierung von Walther Brügmann
    mit Else Gentner-Fischer • Jean Stern • Richard von Schenck • Betty Mergler • Max Roller • Elisabeth Friedrich • Hermann Schramm,
    Dirig. Ludwig Rottenberg.


    Das Werk wird als Meilenstein in der Entstehung und Etablierung der Jazzoper gehandelt.
    Krenek selbst sah sie als eine Vorstudie zu seinem Hauptwerk Jonny spielt auf. Als ein wesentliches Stilmittel verwendet Krenek eine Kollagiertechnik.


    Vor 25 Jahren inszenierte John Dew die Oper in Bielefeld. Hiervon ist ein Mitschnitt beim Label cpo auf CD erschienen, siehe obenstehendes Cover. Die Aufnahme scheint bei jpc allerdings inzwischen wieder gestrichen zu sein.
    Aufnahme: Mai 1989, live, Bielefeld
    Spieldauer: 104'13
    Dirigent: David de Villiers
    Philharmonisches Orchester der Stadt Bielefeld
    Chor der Bühnen der Stadt Bielefeld
    Inszenierung: John Dew
    Product Code: Cpo 999 082 2 (2 CD)


    Rollen und Sänger


    Dr. Berg: John Pflieger
    Gräfin Blandine: Susan MacLean
    Kuno: Thomas Brüning
    Laurenz Goldhaar: Jörg Dürmüller
    Marcus: Ulrich Neuweiler
    Odette: Diana Amos
    Prinzessin Leonore: Lynda Kemeny
    Richter: Ion Bric
    Richter: Jeffrey Lock
    Richter: Lassi Partanen
    Richter: Werner Schwarz
    Soloquartett: Ion Bric
    Soloquartett: Elin Carlson
    Soloquartett: Eun Hyeong Kim
    Soloquartett: Werner Schwarz
    Vorsängerin: Diana Amos
    [Ernst KrenekZeno.org: A. Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen, S. 7976]



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe die Produktion in Bielefeld gesehen - als DVD wäre sie besser geeignet gewesen (aber das stand damals noch nicht zur Diskussion). Dew hat ungeheuer flott inszeniert - mit einer Art durchgezogenen Choreographie, dh., daß sich das gesamte Ensemble (durchaus erfolgreich) quasi-tänzerisch bewegte.
    Das Werk selbst allerdings machte mich weder damals ganz glücklich noch beim Nachhören auf der CD. Krenek kann wirklich hinreißend im Stil der Unterhaltungsmusik seiner Zeit schreiben, aber alle anderen Teile haben die Schwäche, die auch der (in dieser Schaffensphase Kreneks) stilistisch verwandte Weill etwa im "Zar" und im "Protagonisten" hat: Da rattern zuviele gleichmäßige Viertel und Achtel durch mit zuvielen immer ähnlichen Einschrägungen und Verschmutzungen der Harmonie. Erst im "Jonny" funktioniert das besser, weil Krenek ab "Orpheus und Eurydike" (1923) bereit ist, echte Lyrismen zu schreiben, und zwar unabhängig davon, ob er sie auf atonaler, neoromantischer oder zwölftöniger Grundlage bildet.


    Dew hat übrigens auch "Zwingburg" und "Ausgerechnet und verspielt" als Einakterabend herausgebracht - na ja... In "Ausgerechnet" war die Inszenierung sehr nett, aber die Werke erwiesen sich als sehr schwach: "Zwingburg" mit gesuchtem Expressionismus und "Ausgerechnet" als serielle Oper überzeugten beide nicht recht. Ich hatte mit Dew damals eine recht gute Gesprächsbasis und wies ihn auf "Das Leben des Orestes" und "Pallas Athene weint" hin - beide Opern halte ich (damals nur auf der Basis der Klavierauszüge) für überragend; aber vergebens, der extrem mäßige Erfolg der Einakter hatte ihn wohl von Krenek wieder abgebracht.


    Nichts desto weniger: Was sich in den Dew-Jahren in Bielefeld abgespielt hat, war Goldgräber-Stimmung vom Feinsten: Schreker, Wellesz, Korngold, Antheil, Rathaus, Krenek, Ullmann, Delius, Villa-Lobos waren unter den Entdeckten (wenngleich manchmal aufgrund der beengten Orchesterverhältnisse nicht ideal aufgeführten - wie oft habe ich mich nach mehr Streichern gesehnt, um, etwa in der "Heliane" oder in den "Bakchantinnen", die Bläser auszubalancieren).
    Waren das Zeiten...

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