Cosi fan tutte (Mozart), Hamburgische Staatsoper 25.06.2014

  • Angekündigt waren Ensemblemitglieder, also nichts Besonderes, um alle knapp 1.700 Plätze im Hause füllen zu können.
    Da die Oper aber nur ein kleines Orchester und wenig Chor benötigt, scheint sie kostengünstiger aufzuführen zu sein,
    als beispielsweise Arabella mit großem Orchester und zahllosen Mitwirkenden (die auch nicht so gut besucht war). Deswegen
    handelte es sich heute bereits um die 97. Vorstellung seit der Premiere im November 1991. Die Aufführung hat sich aber
    nicht abgenutzt, weder musikalisch, noch vom Bühnenbild her. Marco Arturo Marelli hatte eine Art begehbare Riesenmuschel
    auf die Bühne gesetzt, die mit einem blauen Seidenvorhang allseits verschlossen werden konnte. Der Hintergrund zeigte
    gemalte Prospekte des Golfs von Neapel mit zum Schluss ausbrechendem Vesuv. In der Muschel bauten sich im Laufe
    der Aufführung entsprechend den Liebesverstrickungen halbhohe Wände und Balustraden auf, die den Sängern als
    Postament dienten, hinter denen sie sich aber auch verbergen konnten. Die Kostüme waren zeitbezogen zwischen Rokoko
    und Empire anzusiedeln.


    Marelli, der auch für die Inszenierung verantwortlich war, ließ Don Alfonso (Tigran Martirossian) und seine jungen Freunde
    Ferrando (Dovlet Nurgeldiyev) und Guilelmo (Viktor Rud) im Orchester (befrackt) mitspielen, Martirossian am Kontrabass
    und Rud an der Violine sehr professionell aussehend, Nurgeldiyev eher voller Verzeiflung ob der instrumentalen Anforderungen.
    Nach der Ouvertüre traten die Sänger aus dem höher liegenden Orchester auf die Bühne, und das Stück begann. Vida
    Mikneviciute
    als Fiordiligi und Maria Markina als Dorebella waren hübsch anzusehen und begannen mit ihrem Duett sehr
    schönstimmig. Frau Mikneviciute beherrschte ihre Partie, lieferte schöne Piani und war den Koloratuen gut gewachsen.
    Ihre Stimme ist nicht sehr großvolumig im Sinne von ausfüllender Breite, vielmehr verfügt sie über eine außergewöhnliche
    Stimmkraft und Tragweite, die auch die Tiefe des Hauses erreicht. In den dramatischen Partien der Rolle („Come scoglio“)
    könnte die Stimme etwa wärmer und runder klingen. Maria Markina erfüllte ihre Rolle stimmlich und darstellerisch ohne Fehl
    und Tadel. Bei Viktor Rud fehlt für meine Ohren immer die Durschlagskraft seiner Stimme. Der stimmliche Höhepunkt des
    Abends war der Ferrando von Dovlet Nurgeldiyev, schöner und herzergreifender kann man die Liebesarie im ersten Akt
    („Un’aura amorosa“) fast nicht singen. Er erhielt dafür am Ende auch zahlreiche Bravos, die ihm offenbar sehr nahe gingen,
    denn er wollte und wollte nicht zur Seite gehen. Auch Vida Mikneviciute wurde herzlich bejubelt, ebenso Gabriele Rosmanith,
    die die Despina in dieser Inszenierung nun schon seit 23 Jahren singt und weder stimmlich noch äußerlich nachgelassen hat.
    Sie sieht immer noch so jung wie früher aus, zudem hat ihre Stimme nicht mehr die Schärfe, die ich früher bemängelte.
    Frau Rossmanith freute sich sehr über die Bravos, die ihr zuflogen (bei sonst während der Aufführung eher mäßigem Beifall).
    Dirigiert hatNicholas Carter.


    Cosi fan tutte war die erste Oper, die ich, vielleicht 16jährig, gesehen hatte. Sie missfiel mir so, dass ich jahrelang nicht mehr in
    diese Oper ging (zu kleines Orchester, kaum Chor, wenig Sänger und eine damals für mich völlig unglaubwürdige Handlung).
    Man braucht schon ein bischen Lebenserfahrung, um das Stück verstehen zu können. Mozart war schon genial, wie er mit so
    jungen Jahren so tief in die Seelen der Menschen blicken konnte und diese Gefühle in nachvollziehbare Musik umsetzte. Dieses
    war jetzt, soweit meine gesammelten Opernzettel es hergeben, die 13. Cosi-Aufführung. Mozart ist Erholung für Ohren und Seele,
    nun kann es wieder zu Wagner und Verdi gehen.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv