Kurt Atterberg - ein unverbesserlicher Romantiker

  • Ganze 145 Treffer weist sein Name hier in der Forensuche auf, zahlreiche Mitglieder schätzen ihn, nach Jahren des Vergessens ist seine Musik wieder auf der ganzen Welt präsentiert - ich rede von


    Kurt Atterberg


    (1887-1974)




    Kurt Atterberg wurde am 12. Dezember 1887 in der Haga Kyrkogatan in Göteborg an der Westküste Schwedens geboren. Sein Vater war ein Ingenieur, besaß aber auch ein eigenes Labor in dem der junge Kurt gerne herumexperimentierte und dabei das ein oder andere Mal fast das Haus abgebrannt hätte. Bereits hierbei zeigt sich seine große technische Leidenschaft, die ihn Zeit seines Lebens im Hauptberuf als Ingenieur und leitender Beamter im Patentamt Stockholm begleitete. Mit 10 Jahren wurde sein Interesse zur Musik durch den Kontakt zu einigen Mitschülern geweckt. Als er jedoch das Leipziger Orchester 1902 hörte, überkam ihn die Leidenschaft und er entschloss sich Cellounterricht zu nehmen. Bereits drei Jahre später ist seine erste Komposition verzeichnet. Er schien ein eifriger Spieler zu sein, wurde er doch bereits 1908 - ein Jahr nach seinem Studienexamen - als fester Cellist de Mazerska Quartetts beordert. Doch auch die Komposition reizte ihn weiter und seine Klavierrhapsodie op.1 entstand. 1910 sollte er einen richtigen Kompositionslehrer bekommen - Andreas Hallén, selber ein ordentlicher Komponist. Doch Atterberg und er zerwarfen sich schnell - er nahm nur wenige Stunden und lehrte sich die Kunst der Komposition von nun an autodidaktisch (was Hallén später mit Bewunderung zu beurteilen wusste). 1912 debütierte Atterberg als Komponist und Dirigent mit seiner ersten Sinfonie in Göteborg und erntete einen stürmischen Erfolg. Weitere Engagements folgten u.a. in Stuttgart. Dank seines großen Erfolges konnte er nun die Heirat mit Ella Peterson eingehen, die ihm 1917 einen Sohn schenken sollte. In diesem Jahr durfte er auch erstmals seine Werke in Berlin präsentieren und erntete weiterhin große Erfolge. 1919 begann er neben seiner Dirigier- Komponier- und Ingenieurstätigkeit als Kritiker bei der Stockholmer Zeitung und lieferte sich dort häufig arge Wortkämpfe mit dem Komponisten Wilhelm Peterson-Berger. Obgleich dieser Atterbergs Musik verriss, stieg sein Stern immer weiter: Arthur Nikisch dirigiert seine zweite Sinfonie in Leipzig, 1923 wird seine fünfte Sinfonie und sein Cellokonzert von den Berliner Philharmoniker uraufgeführt - Atterberg ist nun in Deutschland fast besser repräsentiert als in seinem Heimatland. Zeitgleich mit der Uraufführung der 5. gründet Atterberg die STIM (schwedische GEMA) und setzt sich dafür ein, dass Komponisten für ausgeliehene Noten, etc. ebenfalls Geld erhalten, was zuerst auf großen Widerstand trifft. Einen seiner größter Erfolge hat Atterberg im Jahr 1928 als er mit seiner sechsten Sinfonie den internationalen Schubert-Wettbewerb gewann und 10.000$ Preisgeld erhielt, weshalb das Werk fortan "Dollarsinfonie" genannt wurde. Nach diesem letzten Höhepunkt begann Atterbergs Stern zu sinken - sein romantisches Idealbild wurde von der Moderne verdrängt. Im Laufe der Zeit fühlte sich Atterberg immer einsamer - nachdem seine romantischen Mitstreiter Ture Rangström (†1947) und Natanael Berg (†1957) gestorben sind und er zwar noch als musikalische Persönlichkeit anerkannt wurde, die schwedische Musik nun von Hilding Rosenberg, Gösta Nystroem und Lars-Erik Larsson beherrscht wurde, entschloss er sich nach seiner letzten großen Sinfonie (Sinfonia visionaria 1956) nur noch sporadisch zu komponieren und seine Kraft vermehrt den Rechten der Komponisten zu widmen. Sein letztes Werk, ein Adagio komponierte er 1967. Ein Jahr später wurde er - gegen seinen Willen - nach 56 Jahren Arbeit aus dem Patentwerk entlassen. 1974 stirbt Atterberg als letzter der großen romantischen schwedischen Komponisten am 15. Februar in Stockholm und wurde in Solna begraben.


    Kurt Atterberg war - wie bereits erwähnt - der letzte der großen romantischen Komponisten Schwedens und zweifellos auch der erfolgreichste. Auch als Dirigent für skandinavische Werke war er gefragt. Seine Werke wurden mehr in Deutschland als in Schweden gespielt und waren immer ein großer Erfolg. Auch heute wird er nach Jahren der Vernachlässigung wieder regelmäßig gespielt - in Schweden, in Deutschland aber auch in den USA und in Asien. Sein Werk besticht durch eine opulente Klangfülle, enormen melodischen Reichtum, eine Vorzügliche Instrumentation und gutes Formempfinden. Zeit seines Lebens plädierte er gegen die moderne Musik, sah sie als Zerfall jahrhunderter langer Kultur an und bekannte sich oft und gerne öffentlich dazu. Obgleich er später die modernen Werke einen Gösta Nystroems akzeptierte, die ebenfalls aus einer tiefen Liebe zur Natur entspringen, war er wie er selbst sagte "ein unverbesserlicher Romantiker". Dies merkt man seinen Werken an, die oft schwelgend, zwischen lieblicher Lyrik und großer Dramatik schwanken und trotz allem romantischen Zeitgeists zum Trotz Anklänge an Hollywood aufzeigen. Heute ist sein sinfonisches Schaffen komplett erschlossen. Es gibt einen kompletten Zyklus von CPO, einer von Chandos ist in Planung, Einzeleinspielungen sind ebenfalls vorhanden. Lediglich seine zu Lebzeiten erfolgreichen Opern sind keineswegs erschlossen und warten auf eine Wiederentdeckung.
    Zu seinen Werken sei in den kommenden Antworten etwas gesagt.


    Beste Grüße
    Christian

  • Schade, dass dieser Thread bislang keine Resonanz erfährt. Der Komponist interessiert mich und insbesondere zu seinem sinfonischen Werk würden mich Beschreibungen und Empfehlungen sehr interessieren.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Ja, es stimmt, es ist schon schade, daß der ausführliche und gut geschriebene Einführungsbeitrag von Christian Biskup so wenig Beiträge enthält.


    Ich selbst hatte mir auf Empfehlung durch das Forum vor einem Jahr (wie ich gerade sehe) die Gesamtaufnahme der Sinfonien zugelegt, die mir ausgesprochen gut gefiel (und die sehr preiswert erhältlich ist):



    Da ich die Aufnahmen aber erst einmal hörte kann ich leider für den Moment noch nichts erhellendes beitragen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Liebe Taminos,


    dann möchte ich nun meine vorerst liebste Sinfonie Kurt Atterbergs hier vorstellen - die Sinfonie Nr. 5 "Funebre" in d-Moll aus den Jahren 1917-1922. Diese, im Januar 1923 mit den Berliner Philharmonikern unter seiner Leitung uraufgeführt Sinfonie wurde ein großer Erfolg in Deutschland. Selbst Wilhelm Furtwängler dirigierte das Werk im Leipziger Gewandhaus, die schwedische Premiere fand am 21. Februar 1923 statt.


    Zum Werk selber: Wie der Titel erahnen lässt, beginnt das ohne Pause gespielte Werk durchaus düster in der Stimmung. Der mächtige thematische Hauptgedanke, der die kommenden 35 Minuten Musik auf sich trägt, eröffnet die Sinfonie. Er durchläuft das ganze Werk und zieht sich durch fast alle Instrumente. Nach einem sehr mächtigen, vorwärtsdrängenden ersten Teil mit strahlenden Blechfanfaren, kann der Zuhörer in einem fast Trance-artigen Abschnitt entspannen, der deutlich harmonische Nachbarschaft zu Hugo Alfvén zeigt. Die Ruhe ist jedoch von kurzer Dauer und das Orchester bäumt sich wieder auf. Alles mündet in einem grotesken "Totenwalzer", der zur Uraufführung, wie auch noch heute ziemlichen Effekt macht. Die Stimmung legt sich wieder. Tiefe Streicherpizzicati beenden das Werk.
    In der Tonsprache ist das Werk kaum zu defenieren. Es ist ein beeindruckender Mix aus schwedischer Nationalromantik, Impressionismus und sinfonischer Filmmusik, die opulent instrumentiert durch expressive Steigerungen von einem genialen Höhepunkt zum nächsten kommt. Ich selber hörte das Werk am 5. und 6. Februar diesen Jahres in Göteburg unter Neeme Järvi und war sehr beeindruckt. Wirklich tolle Musik mit einer unverwechselbaren Tonsprache.


    Von der Funebre gibt es momentan zwei verschiedene Aufnahmen, eine dritte - das Järvi-Konzert wurde eingespielt - wird wohl nächstes Jahr erscheinen.


    Beide Aufnahmen, sowohl die unter Ari Rasilainen mit dem Radio-Sinfonie Orchester Frankfurt, als auch die mit der Königlichen Philharmonie Stockholm mit Stig Westerberg sind sehr solide, wobei die unter Rasilainen doch ein wenig mehr Drive hat, was dem Werk sehr gut steht. Westerberg hingegen kannte Atterberg persönlich, ebenso das Orchester, weshalb es wohl die authentischere Version ist. Wer sich jedoch auch mit dem weiteren Werken Attbergs beschäfitgen will, wird um die vorzügliche CPO-Box nicht herumkommen.


    LG
    Chrissi


  • Mein Beitrag zu diesem Thread sei fürs erste die kurze Vorstellung der Rhapsodie für Klavier und Orchester op 1., ein kraftvolles und dennoch gefälliges, Optimismus ausstrahlendes Werk von knappen elf Minuten Spieldauer. Es entstand in den Jahren 1908 und 1909 und enthielt einige kleiner formale „Kompositionsfehler“, auf die ihn Hofkapellmeister Armas Järnefelt aufmerksam machte, als er ihm mutig das Werk zur Aufführung anbot. Kein Wunder - Atterberg war zu jenem Zeitpunkt völliger Autodidakt - (näheres siehe Booklet der cpo Ausgabe) was sich Atterberg zu Herzen nahm und das Werk erstmals 1912 erstmals überarbeitete, eine weitere Revision erfolgte 1958.
    In dieser Fassung ist das Werk hier auf CD zu hören.
    Atterberg hat das Werk auch in seinen späten Jahren nocht verleugnet, sondern es als „eigentlich gar nicht so übel“ bezeichnet, erbekennt sich auch ausdrücklich dazu, dass Rimsky-Korsakoffs „Scheherezade“ in zu dieser Rhapsodie inspiriert hat, und seine eigen Komposition „auf Biegen und Brechen“ geschrieben wurde. Der Normalhörer mag ersteres gut heraushören – aber es stört nicht, denn der orientalische Unterton ist hier sehr eingängig, zweiteres indes nicht…. Ein sehr gut anhörbares und Publikumswirksames Erstlings-Werk mit optimaler Balance zwischen Klavier als Soloinstrument und Als Teil des Orchsters, ohne jegliche Modernismen oder Anzeichen darauf, dass die Komposition aus dem 20. Jahrhundert stammt…


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das 30-minütige 2. Quartett von Atterberg ist eine Art Zwitter, deshalb auch zwei opus Nummern. Die beiden Mittelsätze stammen von einem frühen Versuch op. 2 noch vor dem 1. Quartett, dessen Ecksätze verworfen wurden und 28 Jahre später mit zwei neuen Ecksätzen op. 39 ergänzt wurden. Hören tue ich die zeitliche Distanz ehrlich gesagt nicht. Das Quartett ist konventionell viersätzig und vielleicht auch etwas konservativer als op. 11. Aber ohne Zweifel ist auch dies ein tolles Stück, das eigentlich permanent in den Konzertsaal gehört. Insgesamt habe wir damit eine prallgefühlte CD vorliegen, die vergessene wertvolle Musik enthält, die zumindest in meiner Sammlung nicht mehr fehlen darf.

  • Liebe Taminos,


    in den letzten Tagen habe ich mich verstärkt Atterbergs wohl bekanntester Sinfonie gewidmet. Die 6. Sinfonie, die sogenannte "Dollarsinfonie" ist heute Atterbergs meistgespieltes Werk und wird auf der ganzen Welt in Konzerten gegeben, zu seinen Lebzeiten war es die erste.
    Manch einer mag sich bestimmt Fragen, warum man einer Sinfonie den Beinahmen "Dollarsinfonie" verpasst. Dazu folgende Geschichte: 1927 wurde von der Schallplattenfirma Columbia sowie von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien einen Wettbewerb zur Vollendung von Schuberts Unvollendeter ausgeschrieben. Nach einer Zeit war man sich allerdings einig, dass dieses Unterfangen absurd ist, weshalb man nun 10.000$ für die beste Sinfonie auslobte. Diese sollte den Geiste Schuberts in Melodik und Instrumentation atmen.
    Atterberg plante bereits Anfang Oktober die Komposition einer neuen Sinfonie mit den Sätzen Allegro traditionale, Adagio sentimentale und Finale banale, als er um 8.10.1927 in der Allgemeinen Musik Zeitung vom Wettbewerb las. Das Preisgeld war verlockend, weshalb seine neue Sinfonie nun für diesen Wettbewerb werden sollte. Die Zeit war knapp, die Sinfonie sollte spätestens am 31. März 1928 (was schnell auf den 30. April verlängert wurde) eingereicht werden, und so komponierte Atterberg in jeder freien Minute - sogar in den kleinen Pausen bei seiner Arbeit im Patentwerk. Am 8. April sandte er die Partitur ab. Am 23. Juni erhielt Atterberg 37.325 schwedische Kronen als Preisgeld, er hat den ersten Preis gewonnen. Von dem Geld kaufte er sich einen Ford und nannte seine Sinfonie fortan "Dollarsinfonie".
    Die Sinfonie wurde am 15. Oktober 1928 im Günzenich-Saal in Köln unter Hermann Abendroth aufgeführt. Zusätzlich zum Preisgeld, wurde die Sinfonie auch aufgenommen. Sir Thomas Beecham spielte sie mit dem Royal Philharmonic Orchestra ein. Die Platten fanden reißenden Absatz. Weitere unter Toscanini, Atterberg selber waren bis 1992 die einzigen erhältlichen Aufnahmen. Hironkami (BIS), Neeme Järvi (Chandos), Ari Rasilainen (cpo), Stig Westerberg (wahrscheinlich Sterling) nahmen die Sinfonie ebenfalls auf.


    Zur Musik:

    Zu Beginn des 1. Satzes moderato wird sofort das Thema im Horn vorgestellt. Diese typisch schwedische Melodie wird schnell von den Streichern aufgegriffen und fortgeführt. Schon bald wandelt sich die Musik in einen Marsch, der sich steigert und im Höhepunkt in das erste Thema überleitet, welches in voller Pracht erstrahlt. Der Marsch erscheint wieder, diesmal lässt er Schostakowitsch 5. vorausahnen, und beendet den Satz wuchtig.
    Das Adagio bildet nach diesem fulminanten Beginn einen angenehmen Kontrast. Eine unendliche Weite beschreibt diese Sinfonie, vielleicht ein Abend auf den Schären? Zu Beginn ein zweiminütiges Klarinettensolo, nach weiteren Momenten Stille, erscheinen nun weitere Instrumente, die miteinander zu reden scheinen, einander aufbauen und in eine schwelgende Streicherpassage voller Schmalz einleiten. Es wird wieder ruhiger, ein sanfter Sommerregen kommt auf. Nun steigert sich wieder alles, man meint die ganze schwedische Küste zu hören - das ist wirklich Musik vom feinsten!!! Der Satz klingt leise, wie im Nebel, aus.
    Dazu wieder voll im Kontrast steht das Vivace im letzten Satz, welcher nun Schostakowitsch 9. erahnen lässt. Flinke Streichermotive prägen den ersten Teil, der dann von einem Marsch unterbrochen wird (erneut lässt Schostakowitsch's 5. grüßen - die wohlgemerkt 9 Jahre später komponiert wurde), der mehrfach wiederkehrt. Zwischendurch klingt auch Mahlers 3. kurz an, bevor das enthusiastische, spielerische in den Streichern und Bläsern wieder erscheint. Dies steigert sich immer mehr und Atterberg bereitet der Sinfonie ein flottes, effektvolles Ende. Der Applaus ist vorprogrammiert!


    Insgesamt ist Atterbergs Dollarsinfonie es Werk, welches sich gewiss beim Publikum größter Beliebtheit erfreuen könnte. Der 1. Satz mit seinen einprägsamen Themen, die herrliche schwedische Landschaft im zweiten, mitreißende Rhythmen und Atterbergs famose Orchesterbehandlung machen die Sinfonie zu wohl einem der bedeutendsten sinfonischen Werken Schwedens. Warum sie allerdings den ersten Preis für eine Sinfonie im Geiste Schuberts erhalten hat, wird vielen, wie auch mir, ein Rätsel bleiben. Die Aufnahme mit Ari Rasilainen kann ich sehr ans Herz legen, Toscanini macht mir in der Sinfonie zu sehr sein eigenes Ding, Westerberg ist auch gut, allerdings hat die Aufnahme zu viel Hall, was gerade bei der sehr wichtigen und feinen Rhythmisierung nachteilig ist.


    Beste Grüße
    Christian


  • Mie einer Aufnahme seines Cellokonzertes op.21 mit Truls Mork unter Krsitjan Järvi, dem Bruder von Paavo Järvi, und dem Streichsextett op. 36 von Johannes Brahms:


    möchte ich daran erinnern, dass Kurt Atterberg am 15. 2. 1974 gestorben ist.


    Heute ist sein 41. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Steter Tropfen höhlt den Stein: In meiner Sammlung findet sich lediglich eine einzige Aufnahmen, nämlich jene auf der sich weiter oben meine Vorstellung der Rhapsodie für Klavier und Orchester op. 1 befindet. (und auch das Klavierkonzert op 37)
    Eigentlich hatte ich vergessen, daß ich dieses Werk bereits "besprochen" hatte. So hörte ich es mir heute an, ohne irgendwelche erläuternden Texte gelesen zu haben, meinen eigenen hatte ich nicht in Erinnerung. Ich ließ die leicht bombastisch angehauchte, sehr eindrucksvolle Komposition einfach auf mich wirken. Auffallend war der exotische Touch, den das Werk überraschenderweise ausstrahlte. Erst bei Nachlesens meines Beitrags Nr 8 wurde mir klar, daß ich mich nicht geirrt hatte, und auch warum das so ist.
    Es ist immer interessant alte Beiträge von sich zu überprüfen. Im wesentlichen kann ich den vor rund 7 Monaten getätigten Aussagen noch immer beipflichten. Allerdings mit einem kleinen, aber dennoch entscheidenden Unterschied: Damals hatte ich von dem Werk einen freundlich positiven Eindruck, diesmal war ich begeistert. Es hat dazu geführt, daß ich die Gesamtaufnahme aller Sinfonien und das Violinkonzert auf meine Bestellliste für März geschrieben haben - obwohl die schon längst das vorgesehene Budget überschritten hat......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Seit heute besitze ich die cpo -Gesamtaufnahme aller Sinfonien von Atterberg unter Ari Rasilaainen. Es biten sich nun 3 Wege an:
    1) Wir integrieren allfällige Hörberichte über die einzelnen Sinfonien in diesen Thread hier
    2) Wir eröffnen einen neuen Thread über die Sinfonien
    3) Wir eröffnen für jede der 9 Sinfonien einen eigenen Thread


    Jede Entscheidung hat für und wider. Langfristig ist sicher Version 3 die Ideallösung, aber die Threads werden zumindes anfangs eher leer bleiben. Version 2 ist ein akzeptabler Kompromiss, Version 1 behagt mir persönlich am wenigsten. Stellungnahmen zu dieser Frage sind gern gelesen, allerdings nur von jenen, die sich an diesem Themenkreis beteiligen wollen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eigentlich darf ich nicht Stellung nehmen, weil ich mich mangels vorhandener Aufnahmen an dem Thread erstmal nicht beteiligen könnte. Ich bin allerdings an Atterbergs sehr interessiert und würde gerne etwas darüber lesen. Mir scheint Lösung 2 sinnvoll.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Es gibt genug Möglichkeiten, sich mit Atterbergs Sinfonien zu beschäftigen
    und an der Diskussion teilzunehmen, wenn man die CDs nicht besitzt.


    Mehr Information über Atterbergs Sinfonien bietet diese Seite:
    http://odeonmusic.blogspot.de/search/label/Atterberg


    Außerdem wartet Youtube mit Atterbergs Sinfonien auf hier die Sinfonie Nr. 1:



    Sollte die Beteiligung an diesem Thread trotz der Möglichkeit, die Sinfonien gratis z.B. bei Youtube zu hören, gering ausfallen, so halte ich Lösung 1 für ausreichend. Bei reger Beteiligung Lösung 3.

    mfG
    Michael

  • Kurt Atterberg war - wie bereits erwähnt - der letzte der großen romantischen Komponisten Schwedens und zweifellos auch der erfolgreichste.


    Das spiegelt sich, wie mir scheint, allerdings nicht in der heutigen Aufführungsfrequenz nieder. An aktueller Beliebtheit stehen im Ture Rangström, Wilhelm Stenhammar, Hugo Alfvén oder Franz Berwald sicher nicht nach.
    Auch nicht der schwedische Hanslick, Wilhelm Peterson-Berger, von dem allerdings oft gesagt wird, dass die eigenen Werke seine kritischen Bemerkungen über die Konkurrenz etwas fragwüdig erscheinen lassen.

  • Zitat

    Zitat Hami: Das spiegelt sich, wie mir scheint, allerdings nicht in der heutigen
    Aufführungsfrequenz nieder. An aktueller Beliebtheit stehen im Ture Rangström, Wilhelm Stenhammar, Hugo Alfvén oder Franz Berwald sicher nicht nach.


    Dem möchte ich - ich will fast sagen leider - wiedersprechen. Wo wird denn schon bitte Alfvén (von seiner ersten schwedischen Rhapsodie abgesehen) oder Rangström aufgeführt? Richtig - nirgendwo, nicht mal in Schweden! Atterberg hingegen viel mehr! Allein in der Spielzeit 2014/15 Sinfonie Nr. 9 sowie die Zwischenspiele aus Fanal in Göteborg, sein Hornkonzert in Freiberg und Döbeln, die Suite von 1917 in Zürich und Bremen, die 5. Sinfonie kommend in Stockholm, sein Adagio Amoroso in Washington. Das ist durchaus viel für einen Komponisten den Nieschenrepertoires. Beliebt mögen die anderen auch sein, aber den nachhaltigsten Erfolg im Konzertsaal hatte Atterberg. Er war es auch, der die Werke seines Freundes Rangström immer wieder aufführte... für ihn brauchte sich niemand einsetzen, seit der 1. Sinfonie war er der führende Komponist Schwedens und wurde auf der ganzen Welt gespielt...


    Ich wäre übrigens für Lösung 2...


    LG
    Christian

  • Dieses Thema hat mich, der sowieso eine Schwäche für nordische Symphonik entwickelt hat, neugierig gemacht. Atterberg war für mich bisher nur ein Name. Seltsamerweise kannte ich Alfvén davor. Der hat mich seinerzeit nicht sooo gefesselt. Wie würdet ihr Atterbergs Symphonik charakterisieren? Eine Art Pedant zu Sibelius (Finnland) und C. Nielsen (Dänemark)? Den Lebensdaten nach ja eher eine Generation danach. Gibt es von Atterberg auch solche "Gassenhauer" wie die 2. und 5. Symphonie von Sibelius und die 4. Symphonie von Nielsen? Welche seiner neun Symphonien kommt denen am ehesten nahe?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es gibt genug Möglichkeiten, sich mit Atterbergs Sinfonien zu beschäftigen und an der Diskussion teilzunehmen, wenn man die CDs nicht besitzt.

    Mehr Information über Atterbergs Sinfonien bietet diese Seite:
    http://odeonmusic.blogspot.de/search/label/Atterberg

    Außerdem wartet Youtube mit Atterbergs Sinfonien auf hier die Sinfonie Nr. 1:


    Ich bekenne, zu den unverbesserlichen Gestrigen zu gehören, die mit Musik hören im Netz nicht wirklich etwas anfangen können / wollen. Aber da gilt natürlich: Mein Problem!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat

    Zitat Joseph II: Der hat mich seinerzeit nicht sooo gefesselt. Wie würdet ihr Atterbergs Symphonik charakterisieren? Eine Art Pedant zu Sibelius (Finnland) und C. Nielsen (Dänemark)? Den Lebensdaten nach ja eher eine Generation danach. Gibt es von Atterberg auch solche "Gassenhauer" wie die 2. und 5. Symphonie von Sibelius und die 4. Symphonie von Nielsen? Welche seiner neun Symphonien kommt denen am ehesten nahe?

    Lieber Joseph II,


    Atterberg ist weder mit Sibelius noch mit Nielsen zu vergleichen... ohne mich wirklich mit ihm groß beschäftigt zu haben, kommt mir Joseph Marx als erster in den Sinn. Sehr opulente Orchestermusik, durchaus deutsch in der Instrumentation mit harmonischen und melodischen Tendenzen zur schwedischen Volksmusik, vielleicht sogar schon mit ein wenig Hollywood-Klang (hier kommt mir das Klavierkonzert in den Sinn). Sein Gassenhauer ist die 6. Sinfonie, die Dollarsinfonie, ein teils doch recht plakatives Werk mit jedoch hinreißenden stellen.


    LG

    Christian

  • Zitat

    Ja, es stimmt, es ist schon schade, daß der ausführliche und gut geschriebene Einführungsbeitrag von Christian Biskup so wenig Beiträge enthält.


    Wie man sieht ist dieses Statement bereits überholt. Das Interesse ist inzwischen durchaus vorhanden. Ich glaube, daß wir keinen Fehler machen, wenn wir - ähnlich wie im Falle Weinberg - zusätzlich zu diesem "Kennenlern-Thread" vorerst einen eigenen für die Sinfonien und sonstige sinfonischen Werke, sowie einen für die Instrumentalkonzerte eröffnen. Der Rest wird sich finden. Dies entspreicht durchaus dem derzeitigen Angebot auf Tonträger, wo zwar einiges doppelt vorhanden ist, aber die Gefahr der Unübersichtlichkeit besteht momentan in der Tat nicht.
    Für allgemeine Fragen zu Atterberg bleibt dieser Thread weiterhin offen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Danke, lieber Christian, für Deine Ausführungen.


    Ich habe mir heute die 6. Symphonie komplett angehört sowie Auszüge aus den anderen acht. Ich muss ehrlich zugeben, dass mir die ersten drei spontan am meisten zusagten. Dies mag wohl mit der Entstehungszeit zu tun haben (entstanden zwischen 1909 und 1916). Hier hörte ich den "unverbesserlichen Romantiker" am ehesten. Die Siebte bis Neunte, Werke aus den 1940ern und 50ern, fand ich dagegen, gelinde gesagt, sehr gewöhnungsbedürftig. Und stimmt, der Tonfall erinnerte mich in gar keiner Weise an Sibelius. Der große Aha-Effekt hat sich noch nicht eingestellt, aber ich werde dran bleiben. ;)


    Beste Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Liebe Taminos,


    mal wieder verbringe ich den Abend mit Herrn Atterberg. Vor einigen Tagen ist bei mir die unten abgebildete CD mit seiner 6. Sinfonie, der Ballade ohne Worte und der Värmlandsrhapsodie mit dem Norrköpinger Orchester unter der Leitung von Jun'Ichi Hirokami angekommen:



    Sehr angetan bin ich in diesem Fall von der mir bis dato noch unbekannt gebliebenen Värmlandsrhapsodie. Värmland ist ein schwedische Region/Landschaft, in der nach dem doch recht flachen Süden nun langsam aber sicher die nordische Wildniss anfängt. Eines der beliebtesten und schönsten Volkslieder der Region ist "Ack Värmeland du sköna", welches bereits von Jussi Björling und anderen schwedischen Opernstars eingesungen wurde. Dieses liegt der Rhapsodie zugrunde und wird erstmals lediglich mit den Harmonien, später komplett mit Melodie übernommen (übrigens nutze auch Smetana diese Melodie, die er sicherlich während seiner Zeit in Göteborg kennengelernt hatte, für das berühmte Hauptthema der Moldau). Die Aufnahme unter Järvi mit dem GSO habe ich noch nicht... wird aber gewiss bald angeschafft :D Die Aufnahme mit Hirokami ist jedoch vorzüglich... erstaunlich wie schwedisch das Orchester unter dem japanischen Dirigenten klingt.



    Das knapp neunminütige Stück beginnt düster mit einigen typisch schwedischen volkstümlichen Melodiewendungen. Von Ferne ertönen die ersten Klänge einer Polska - eines schwedischen Tanzes im 3/4 Takt - doch es war nur ein kleiner Anklang und die Melancholie kehrt wieder zurück. Nach einem weiteren kleinen Tanzintermezzo klingt das berühmte Volksliedthema in "Einzelteilen" an (im Video ab 3:08) und die Flöte variert bereits in einem Solo diese Melodie, bis der Tanz erst gemächlich, dann in vollem Gange die Dunkelheit verdrängt. Ab 6.40 gelingt Atterberg dann der Geniestreich und kombiniert das melancholische Element des Volkliedes, welcher nun in voller Pracht von den Hörnern erklingt, mit dem lustigen Reigen der Polska und schafft eine Atmosphäre zwischen großer Freude, Sehnsucht und Trauer. Das Stück klingt aus, wie es angefangen hat.
    Vielleicht will es ja von Euch der ein oder andere nachhören und kann ebenfalls meine Begeisterung für dieses Werk teilen...


    Herzliche Grüße
    Christian

  • Kurt Atterberg

    Sinfonie Nr.6 C-Dur Op.31 Dollar Sinfonie

    1. 8:52

    2.9:47

    3.8:20

    En Värmlandsrapsodi Op.36

    7:57

    Suite Nr.3 Op.19 Nr.1

    Für Violine, Bratsche und Streichorchester

    1. 3:39

    2. 4:49

    3. 5:56

    Sinfonie Nr.4 G-Moll Op.14 Sinfonie piccola

    1.5:46

    2.7:10

    3.1:23

    4.5:37

    Sara Trpbäck Hesselink, Violin

    Per Högberg, Bratsche

    Neeme Järvi

    Gothenburg Symphony Orchestra

    Aufgenommen: Concert Hall, Gothenburg, 31.05-8.06.2012

    Die beiden Sinfonien sind auch in ihrer Länge klassisch. Die sechste ist mit einer Länge von weniger als einer halben Stunde kurz und die vierte (bekannt als „Sinfonia Piccola“) ist noch kürzer. Es verdankt seine Existenz in der Tat einer Wette zwischen Atterberg und seinem Freund und Komponistenkollegen Natanaell Berg, die sich gegenseitig herausfordert, eine weniger als zwanzig Minuten lange Sinfonie zu schreiben. (Eine zweite Bestimmung war, dass beide Sinfonien eine herausragende Rolle für die Bass-Tuba enthalten sollten). Den Ärmelnotizen zufolge haben beide Komponisten diese erste Bestimmung nicht erfüllt, aber aufgrund der Beweise dieser Aufnahme (19 Minuten 59 Sekunden lang) erreichte Atterberg sie tatsächlich am engsten. Die Sechste Sinfonie besteht aus nur dreii Sätzen mit einer schnell-langsam-schnellen Struktur. Der vierte beinhaltet die traditionellen vier Sätze, aber der dritte davon ist weniger als eineinhalb Minuten lang, was ihn sicherlich zu einem der kürzesten sinfonischen Sätze aller Zeiten machen muss.

    Die beiden anderen auf dieser CD aufgenommenen Werke, die „Varmland Rhapsody“ und die Suite Nr. 3, kamen mir stärker romantisch vor, vielleicht weil beide Beispiele für Programm und keine absolute Musik sind. Die Rhapsodie ist als musikalisches Porträt der schwedischen Provinz Varmland gedacht und enthält eine Reihe lokaler Volkslieder. Die Suite basiert auf beiläufiger Musik, die Atterberg für das religiös thematisches Stück „Soeur Beatrice“ des belgischen Autors Maeterlinck geschrieben hat.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Danke! Dann weiß ich bescheid:)

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)