Beste Einsteigeropern bzw. Opern, die in einer "Best of" Aufzählung nicht fehlen dürfen...

  • Banale Frage, aber wenn Ihr eine Aufzählung der geeignetsten Opern für Kinder, Jugendliche und Einsteiger verfassen müsstet, welche Opern wären das?

  • Ich sehe einen sehr deutlichen Unterschied zwischen Kindern und jüngeren Jugendlichen und erwachsenen Einsteigern. Grundsätzlich sind die meisten Opern nicht für Kinder gedacht; allein von den Themen her nicht. Selbst eine "Märchenoper" wie die Zauberflöte enthält versuchte Vergewaltigung, Morddrohungen und Selbstmordversuche.


    Allgemeine Empfehlungen sind auch aus anderen Gründen eher schwierig. Ich muss zugeben, dass ich selbst berühmte und sehr populäre Opern wie Boheme und Butterfly nach wie vor ziemlichen Käse finde :untertauch: und kann mir sowohl vorstellen, dass jemand sofort begeistert davon ist (weil thematisch und musikalisch vergleichsweise eingängig), aber eben auch abgestoßen, weil sozusagen alle Opernklischees in Reinform verkörpert sind.
    Auch große komische Opern wie Mozarts und Rossinis Figaro finden viele Einsteiger vielleicht inhaltlich banal.


    Egal, meine Kurzliste (ab ca. 14):


    Purcell: Dido und Aeneas
    Mozart: Entführung, Zauberflöte, Don Giovanni, Hochzeit des Figaro (s.o., die letzten beiden sind allerdings allein aufgrund der Länge nicht zu unterschätzen...)
    Beethoven: Fidelio
    Weber: Freischütz
    Donizetti: Der Liebestrank
    Verdi: Rigoletto, La Traviata
    Puccini: Tosca

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Danke. Ich bin auch der Meinung, dass Opern in der Form, wie wir Erwachsenen sie erleben, Kinder eher abschrecken. Ich bekomme aber oft Anfragen, wie man Kinder am ehesten an Opern heranführen kann und empfehle immer, die Geschichte als solches wie ein Märchen zu erzählen und dazu musikalische Ausschnitte zu füttern... Wollte nur die Lieblingsopern der Community haben, da ich auch ein bisserl vom Mainstream weg möchte .. falls möglich.

  • Ich bekomme aber oft Anfragen, wie man Kinder am ehesten an Opern heranführen kann und empfehle immer, die Geschichte als solches wie ein Märchen zu erzählen und dazu musikalische Ausschnitte zu füttern...

    In einigen Städten wie z.B. Köln, gibt es eigene Kinderopern . Die bringen aber keine der klassischen Opern, sondern meist für Kinder direkt komponierte.


    Die einzigen Opern, die halbwegs kindgerecht sind, sind m.E. Hänsel und Gretel, Rusalka und das schlaue Füchslein. Aber auch erst ab 8-10 Jahren, davor ist schon die Spielzeit zu lang.


    Und man sollte sich vorab über die Inszenierung informieren. Rusalka ist vielleicht eine der kindgerechtesten Opern, aber sicher nicht in der umstrittenen Münchener Inszenierung, die als Film frühestens ab 16 freigegeben wäre.


    Um Kinder an Opern heranzuführen gibt es entsprechend konzipierte CD-Reihen



    Ideale Einstiegsopern für Erwachsene sind für mich: Carmen, La Traviata, Tosca, Fidelio, Rusalka, Das schlaue Füchslein


    Da werden vernünftige nachvollziehbare Geschichten erzählt und die Musik ist in allen Fällen hinreissend. Sind auch alle nicht so lang.

  • Ich habe durch ein musikalisch interessiertes Elternhaus schon sehr früh Kontakt zur Opernwelt im Theater bekommen und bin dankbar dafür. Wenn ich mich richtig erinnere, war die erste Opernaufführung, die ich als Kind sah, "Die Zauberflöte" und ich fühlte mich nicht vom Inhalt abgeschreckt. Die Handlung war in erster Linie spannend, die Musik außerordentlich begeisternd. Was Erwachsene als abstoßend wahrnehmen könnten, kam mir überhaupt nicht in den Sinn.


    Auch der Osmin ist ja eine Figur, dessen wüten abstoßend wirken kann - aber auch darüber nachzudenken, kam mir nicht in den Sinn. Und die Hexe in "Hänsel und Gretel" bekommt das, was sie verdient hat. Der Gedanke, dass hier beispielsweise ein unmögliches Elternpaar agiert, kam nicht auf.


    Das Schöne war allerdings, und da trügt mich die Erinnerung keinesfalls, dass in akzeptablen Bühnenbildern gespielt wurde. Mag also sein, dass Kinder heute solche Erfahrungen nicht mehr machen können, weil - nun, ich will hier nicht wieder eine Tirade auf's Verunstaltungstheater loslassen.


    Ich unterschreibe Johannes' Liste sofort...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Von der "Entführung" habe ich mal eine "musikpädagogisch" bearbeitete Version, die von Schülern aufgeführt wurde, gesehen. Natürlich sehr stark gekürzt, die Musik auf die Chöre und wenige einfache Arien reduziert; letztere wurden dann von Fortgeschrittenen oder Musikstudenten o.ä. gesungen. Dafür wurden die "Comedy"-Elemente, etwa die Interaktion von Blondchen und Osmin und das Besäufnis von Osmin und Predillo entsprechend ausgekostet. Das war durchaus unterhaltsam und dann auch kindgerecht. Aber wie gesagt, vermutlich nur ca. 50-60% der Originalmusik, wobei ich die Details nicht mehr weiß (die "Martern"-Arie war natürlich nicht dabei).


    Man hat ähnliches auch mit der Zauberflöte u.a. gemacht. Ich fand als siebenjähriger allein einen Titel wie "Der Hölle Rache" unheimlich.... :untertauch:


    Die Liste oben enthält nicht meine Lieblingsopern (wenn auch einige), sondern eher welche, die ich für Einsteiger geeignet halte. Wagner und Strauss finde ich für diesem Zweck eher weniger passend. Carmen ist natürlich auch ein naheliegender Vorschlag, hatte ich vergessen.
    Dass Tosca statt La Boheme dabei ist, mag meinen Vorlieben geschuldet sein.


    Gewiss kann man immer Situationen vorfinden, in denen etwas ganz anderes passt, bei älteren Jugendlichen oder Erwachsenen, aufgrund besonderem Interesse an bestimmten Themen. Wenn jemand einen besonderen Hang zur klassischen Mythologie hat, sind vielleicht Iphigenie oder Elektra bessere Vorschläge als "Liebestrank"...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Auf jeden Fall mal nicht mit der Zauberflöte beginnen. :D Leider sehen viele darin eine Kinderoper was sie ganz und gar nicht ist. Natürlich wirkt sie zuerst sehr märchenhaft, aber in der Zauberflöte steckt eine Tiefgründigkeit die wohl kaum ein Kind erfassen kann. Im Grunde geht es doch um existenzielle Dinge, um den Menschen und sein Dasein. Ein ungeheuer komplexes Werk.
    Auch die Mozart/Da Ponte-Opern würde ich nicht als erstes auswählen. Da wäre nicht nur die Länge von mehr als drei Stunden pro Werk, sondern sind auch diese Werke viel zu anspruchsvoll. Für Mozart braucht es einfach eine gewisse Reife, die man als Kind noch gar nicht haben kann.


    Mit Puccini's La Boheme hat auch meine Opernerfahrung ihren Anfang genommen und die Wahl hätte nicht besser ausfallen können. Die Musik Puccini's erreicht auch leicht junge Menschen, zudem kann man der Handlung, trotz ihrer Dramatik, leicht folgen. Diese eigentlich simple Liebesgeschichte erreicht nicht nur Erwachsene immer wieder sondern auch Kinder zeigen sich davon tief beeindruckt und berührt. Gerade die Boheme kann ein bewegendes erstes Opernerlebnis werden, welches einem nachhaltig in Erinnerung bleibt.


    Der Liebestrank von Donizetti bietet sich ganz besonders auch als erste Oper für ein Kind an. Die Musik ist leicht und eingängig, die Geschichte einfach, mit witzigen Momenten. Und wer seinem Kind beim ersten mal eine Oper mit Happy End präsentieren will, trifft mit dem Liebestrank die wahrscheinlich beste Wahl.


    Ich kann nur nicht verstehen, wie man kleine Kinder in Wagner-Opern schleppen kann. Vor kurzem erst sah ich zwei Mädchen im beginnenden Volksschulalter in Wagner's Götterdämmerung und auch einen etwa sechsjährigen Buben in, ich glaube es war Siegried oder Walküre. Etwas in dieser Richtung. Da haben die Eltern die Kinder wohl einfach mitgeschleppt.
    Dass die Kinder auf ihren Sitzen herumwälzten und dem stundenlangen Geschehen auf der Bühne gar nicht folgten braucht einen nicht zu verwundern. So kann man es schaffen, dass sie dann im Erwachsenenalter vielleicht nie wieder ein Opernhaus betreten. :rolleyes:


    Gregor

  • Danke an alle. Ich finde auch, Überforderung fördert späteres Desinteresse. Die musikalischen Bücher von Annette Betz sind sehr nett, aber für die Altersgruppe bis maximal 8-9 Jahren geeignet. Danach tut sich ein Vakuum auf. Mal sehen...

  • Ich finde, dass Opern generell nicht für Kinder geeignet sind - notabene nicht in den derzeitigen Inszenierungen.
    Ich halte auch manch anderes Werk mit dem man Kinder quält für ungeeigenet. In meinem Falle war es "Peter und der Wolf" (Ich mag das Werk bis heute nicht) und auch ein pantomimisches Kinderballett mit vermutlich eigens dafür komponierter Musik. Dessen simpler Inhalt war, dass eine Gruppe von Kindern eine Tombola veranstaltetet, wo alle Zettel in einer Urne die gleiche Zahl hatten, damit das ärmste Kind zum "Glückskind" wurde......Und natürlich spieten da auch noch Kinder. Ich fands - obwohl damals selbst noch ein Kind - einfach furchtbar.
    DENNOCH - oder vielleicht gerade deshalb - habe ich ohne jeglichen erkennbaren Anstoß von aussen - meinen Weg zur Oper, bzw Klassik gefunden....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ja, der Zugang zur klassischen Musik gestaltet sich manchmal steinig!
    Meine Mutter erzählte oft, daß mein Großvater im Volksschulalter von seinem Vater, der eine Zeitung besaß, kurzerhand mit der Kritiker-Dauerkarte ausgestattet und ohne jegliche Begleitung in die Meistersinger geschickt wurde.
    Der arme Junge ging nach dem ersten Akt nach Hause, da er meinte, die Oper sei jetzt aus.
    Daher wurde er erbarmungslos in die nächste Aufführung verfrachtet und musste jetzt bis zum Schluß ausharren. Das war die einfühlsame Pädagogik der Kaiserzeit!
    Trotz dieses unglücklichen Einstandes wurde mein Großvater später zu einem begeisterten Wagnerianer.
    Ich weiß allerdings auch nicht, ob "Kinderopern" (s. die entsprechenden Bemühungen z.Zt. in Bayreuth) wirklich ein taugliches Mittel darstellen, frühzeitig diese Altersklasse in die Musik einzuführen.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich bin als erstes mit dem Freischütz an die Oper gekommen, aber das war schon mehr im jugendlichen Alter und mit einfachen Mitteln (einem Klavier und zwei Amateursängern, von denen einer unser Musiklehrer selbst war). Unser guter Musikpädagoge verstand es, uns mit einfachen Erklärungen von der Zusammensetzung der Ouvertüre bis zu den einzelnen Arien und Duetten (wobei er als Bass nicht nur den Kaspar, sondern auch Ännchen und der zweite als Tenor nicht nur den Max, sonder auch die Agathe vortrug). Allerdings gab es nichts zu sehen und auch eine Musikanlage mit Schallplatten besaß die Schule damals noch nicht. Heute kann man per DVD (vielleicht durch Auswahl) Kinder heranführen. Der Freischütz kann Kinder aber auch abschrecken, ich denke da an die Wolfsschluchtszene, die man vielleicht durch Erzählen des Inhalts überbrücken könnte.
    Ein Kind ins Opernhaus mitzunehmen ginge vielleicht bei Hänsel und Gretel oder Rusalka, vorausgesetzt, dass sie nicht modern entstellt sind. Als wir eigene Kinder hatten, konnten wir uns aus in ihren jungen Jahren aus finanziellen Gründen keine Opern leisten. Ich konnte sie also nur mit Hörbeispielen im Radio heranführen (Später mit Aufnahmen aus einem einfachen Kassettenrecorder). Als wir uns in den 70er Jahren erstmalig einen Urlaub leisten konnten, waren die Kinder bereits 14 und 11 Jahre alt. Wir waren am Bodensee und haben zweimal mit ihnen das Spiel auf dem See in Bregenz gesehen (Hoffmanns Erzählungen - sicherlich weitgehend auch für Kinder geeignet, z.B. der Olympia- oder der Antonia-Akt, aber selbst beim Giulietta Akt werden Kinder wohl kaum auf Gedanken kommen, die Erwachsene dabei haben könnten - und Oberon, die aber leider viel zu selten gespielt wird).
    Unsere Enkelkinder haben wir in früherem Alter zum ersten Mal in ein Opernhaus mitgenommen, als der Liebestrank gegeben wurde, der durchaus nach vorheriger Einführung für sie verständlich war.
    Auch die Entführung aus den Serail halte ich durchaus bei vorheriger Einführung für Kinder geeignet. Bei der Zauberflöte bezweifle ich, dass die Kinder in der unlogischen Handlung einen Zusammenhang erkennen könnten (Dass sie aber bei den Annäherungsversuche des Monostatos auf Vergewaltigung kommen würden oder die Szene des Papageno unbedingt als Selbstmordversuch werten würden, halte ich für recht unwahrscheinlich, bedenklicher scheint mit dagegen die Mordaufforderung der Königin der Nacht, die ihrer Tochter das Mordwerkzeug - Messer - in die Hand drückt).
    Den schon genannten Barbier von Sevilla halte ich durchaus für möglich, doch Figaros Hochzeit werden sie wohl im Kindesalter kaum richtig durchschauen.
    Ich sehe aber noch andere geeignete Opern, z.B.
    Lortzing: Zar und Zimmermann, Undine, Der Wildschütz,
    Nikolai: Die lustigen Weiber von Windsor
    Flotow: Martha
    Cornelius: Der Barbier von Bagdad
    Schultze: Schwarzer Peter
    Rossini: La Cenerentola
    Vorausgesetzt, dass diese Opern nicht verunstaltet wären.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Es gibt wirklich nur sehr wenige Opern, die für Kinder geeignet sind. Auf keinen Fall die Zauberflöte, auch nicht Bohème (Verhungern in dieser Form ist für Kinder schrecklich). Hänsel und Gretel ist gut geeignet, das Märchenhafte der Handlung ertragen Kinder, die Grausamkeit nehmen sie kaum wahr (Eltern, Hexe). Dazu ist die Musik für Kinder sofort zugänglich. Das gilt leider nicht für das "Schlaue Füchslein", für dessen Musik sich ja hier ein erwachsenes Mitglied auch nicht beim ersten Mal erwärmen konnte. Zar und Zimmermann geht, ist aber viel zu lang. Sehr gut ist der Vorschlag "Der Barbier von Bagdad", das ist von Handlung und Musik sehr eingängig und dazu wirkliche Qualität. Niemals darf man ein Kind in eine Regietheaterarbeit mitnehmen. Ich erinnere mich, dass ein befreundetes 11jähriges Mädchen mit ihrer Klasse die "Entführung" im Musikunterricht durchgenommen hatte. Dann gingen sie alle nach Essen in die Vorstellung ins Aaalto-Theater. Ich hatte mit der Mutter im PC den Trailer angesehen und ahnte nichts Gutes. Alles in Weiß, alles abstrakt, keine Spur von Orient. Ein Verbrechen!!

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Da muss ich Dr. Pingel doch sofort widersprechen. Es war justament die Zauberflöte, die mich als Vierjährigen in Form des kleinen Electrola-Querschnitts mit Traxel, Prey, Köth, Grümmer und Frick in den Bann gezogen hatte. Es folgte der Querschnitt durch die Entführung aus dem Serail, danach Land des Lächelns und Barbier von Sevilla. Meine Mutter musste mir damals die Inhalte aus dem Opernführfer vorlesen. Als ich lesen konnte, las ich selber nach.


    Die Zauberflöte bedient so richtig eine kindlich imaginierte Märchenwelt mit klaren Abrenzungen von Gut und Böse. Dass sich diese Perspektive während der Oper verschiebt ist mirt damals gar nicht aufgefallen.


    Kinder und Jugendliche sind leichter zu begeistern als ältere Herrschaften (sieht man hier im Forum zuweilen recht deutlich): mit 11 hatte ich mein Erweckungserlebnis für die Musik des anbrechenden 20. Jh. Es war Debussy's Rhapsodie für Saxophon und Orchester. Kurze Zeit später hörte ich im Radio Ravels Daphnis und Chloe, ein Überstück, das mich auch heute noch begeistert. Mit 14 hörte ich in der Schule Auszüge aus Alban Bergs Wozzeck. Wenn ich zwei Opern benennen sollte, die für mich absolut unverzichtbar sind, dann wären das die Zauberflöte und der Wozzeck.


    Freilich, das wird jeder anders wahrnehmen. Aber eine allgemeinverbindliche Regel aufstellen? Nö, das geht, glaube ich, nicht.


    Mein Zugang als Knd waren übrigens keine Theaterauffühungen oder das Abhören einer Operngesamtaufnahme. So was verdaut ein Kind nicht. Es waren Einzelarien und -szenen, abgehört von den Tonbändern meines Vaters oder den Klassik-Singles daheim. Ein, zwei schöne Arien reichen, um die Neugierde anzustacheln.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ich habe den Eindruck, dass mit der übervorsichtigen Annäherung an die Opernwelt für Kinder übertrieben wird. Es ist wohl eine Zeiterscheinung, dem Nachwuchs ja nichts Grausames anzubieten.


    Wir haben als Kinder Märchen ohne Ende vorgelesen bekommen (später auch selbst gelesen) und ich kenne keine(n), dem diese Volksmärchen geschadet hätten - muss ich im Umkehrschluss annehmen, dass die Vorsichtigen hier unter Schmerzen (wegen der Märchen in Kindertagen) leiden? Sind sie in psychiatrischer Behandlung, um keine Verbrechen zu begehen, weil Nachwirkungen aus Märchenvorlesungen befürchtet werden?


    Interessierte Kinder sollte man durchaus in die Oper mitnehmen - auch Wagner nicht ausklammern. Der "Holländer" war mein erster "Knüller", 1960 in Münster mit einem Onkel. Da war ich allerdings mit fünfzehn wohl schon nicht mehr Kind. Und es war spannend. Marcel Prawy hat Wagner sogar als Einstieg in die Opernwelt empfohlen - na ja, muss man nicht goutieren, und die Empfehlung ist bei Prawy auch verständlich.


    Also bitte, das kindliche Gemüt verträgt so etwas durchaus. Und das Fernsehprogramm fragt ohnehin nicht bei den Eltern, Opas und Omas nach - da sieht der Nachwuchs (zur Ruhigstellung) noch ganz andere Sachen...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Es gibt ja explizite Opern für Kinder, zB "Hilfe, hilfe, die Globolinks", "Brundibar" und noch etliche weitere (u.a. meiner Erinnerung nach auch eine zu "Wo die wilden Kerle wohnen". Ansonsten richteten sich meine Empfehlungen eher an Jugendliche ab ca. 14.


    Warum eine auf die Tränendrüsen drückende Liebesgeschichte wie La Boheme eher für Kinder/Jugendliche geeignet sein sollte als ein symbolisches Märchen wie die Zauberflöte leuchtet mir aber auch nicht unbedingt sein.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Thomas Pape hat durchaus recht, und so ist es mir ja auch ergangen, wenn auch nicht mehr in zarten Kindesalter. Ich habe die Oper zuerst durch Hören von Ausschnitten kennengelernt. Allerdings konnte mir niemand Erläuterungen geben, weil in meinem Elternhaus (das wegen Verlusts der eigenen Eltern aus Großeltern und Tanten bestand) niemand - außer an vielleicht einigen Operettenmelodien - an klassischer Musik interessiert war. Opernhausbesuche waren bei mir - selbst im frühen Erwachsenenalter - aus finanziellen Gründen nicht drin. Und auch die eigenen Kinder konnte zunächst ich nur durch Ausschnitte im Radio und später von Kassette heranführen. Ich konnte ihnen allerdings dazu Erläuterungen geben. Natürlich muss man es bei jedem Kind individuell beurteilen, ob man es erstmals an die Oper heranführen kann, indem man es in ein vollständiges Werk mitnimmt, das mehr als zwei Stunden dauert.
    Was die Märchenoper betrifft, muss ich Musikwanderer zustimmen. Uns hat kein Märchen geschadet und wir mussten uns dadurch nicht psychiatrische Behandlung geben. Als Kinder kamen wir garnicht auf den Gedanken, alles das hineinzudeuten, was heute einige Übertreiber hineindeuten, genauso wie sie in die Oper allen möglichen Blödsinn hineinzudeuten versuchen. Wir wurden nicht in Watte gepackt und sind dennoch - denke ich - anständige Menschen geworden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lortzing: Zar und Zimmermann, Undine, Der Wildschütz,
    Nikolai: Die lustigen Weiber von Windsor
    Flotow: Martha
    Cornelius: Der Barbier von Bagdad
    Schultze: Schwarzer Peter
    Rossini: La Cenerentola


    Man sollte sicherlich zwischen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Empfehlung der Einstiegopern differenzieren.


    Bei Kindern sind sicherlich "Schwarzer Peter" von Norbert Schultze und die Orff-Opern "Die Kluge" und "Der Mond" gut geeignet, besonders weil Kinder durch Begegnung mit dem Orffschen Schulwerk Affinitäten zu Rhythmus haben.
    Ich glaube auch nicht, dass man bei Kindern all zu viele pädagogische Bedenken haben muss. Die können in der Regel durch die Begegnung mit Märchen gut zwischen Phantasiewelt und Realität differenzieren. Trotzdem sollte eine überlegte kindgerechte Auswahl erfolgen.


    Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die Spielopern, die Gerhard Wischniewski in seinem Beitrag nannte, eine geeignete Wahl. Später kann man mit Haydn und Mozartopern, besonders "Entführung" und "Zauberflöte" ausbauen.


    Ich selbst hatte das Glück, dass mich meine Mutter sehr früh in Opern und Konzerte schleppte. Große Erlebnisse für den jungen Mann: Salzburger Festspiele, Don Giovanni Felsenreitschule, Dirigent Furtwängler oder Mitropoulos (?). Bleibendster Eindruck als die Türe hereinbrach, der Komtur - Gottlob Frick - auf die Bühne kam und den Don Giovanni abmurkste! Nächste Jugenderinnerung : Augsburg Freilichtbühne "Am Roten Tor": "Bajazzo". Auch hier sind mir die Ermordung von Silvio und Nedda am nachdrücklichsten in Erinnerung geblieben. Canio Hans Hopf


    ...und ich habe keinen bleibenden psychischen Schaden erlitten, auch sadistische Neigungen wurden nicht aktiviert. Fazit: Junge Menschen möglichst früh liebevoll in die musikalische Welt einführen und mit ihnen gemeinsam die zauberhafte Märchenwelt der Oper erleben.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo,


    ich habe eine sehr alte LP (leider nicht mehr am Markt) mit "Peter und der Wolf" und dem Niederl. Phil. Orchester unter Otto Ackermann und der Sprecherin Grete Mosheim, die alle anderen Sprecher/innen (deren Aufnahme ich kenne) weit in den Schatten stellt.


    Diese LP habe ich mit meinen Kindern gehört und anfangs einige wenige Worte dazu "verloren". Die LP-Hülle - sehr kindgerechter Holz-, Lineoldruck - brachte mich auf die Idee, meine Kinder zu motivieren, etwas zu malen, was ihnen dazu einfiel. Die LP-Hülle hat auch meinen Kindern sehr gefallen und sie haben - mit oder ohne Musik - drauflos gemalt, Blei-, Buntstifte, Wasserfarben - das gab nicht nur eine Aktion.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • In aller Kürze möchte ich mich - entgen der Meinung anderer Forianer - dennoch für Die Zauberflöte als für Kinder geeignet aussprechen. Letztlich ist sie nicht blutrünstiger als Grimms "Hänsel und Gretel", wo die Hexe Hänsel sogar verspeisen wollte, oder die gruseligen Geschichten des "Struwelpeter". Auch "Rotkäppchen" oder "Schneewittchen" sind nicht wirklich "harmlos"
    Harmlose Geschichten würden Kinder entweder langweilen oder - noch schlimmer - verdummen - im Sinne von "einfältig" erziehen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich denke, ein ganz wesentlicher Punkt ist die eigene Liebe zur Oper! Wenn diese gegeben ist und dem Kind gegenüber glaubwürdig vertreten wird, geht (zumindest musikalisch) fast jede Oper. Natürlich handelt es sich hier auch um eine kleine psychologische Gemeinheit, denn grundsätzlich neigen insbesondere jüngere Kinder dazu, die Dinge toll zu finden, die auch die Eltern toll finden - jedenfalls bis zum Eintritt der Pubertät ;) Was sicherlich nicht funktioniert, das Kind in die musikalische Früherziehung schleppen, wo es dann "ausgelassen" nach klassischer Musik tanzen darf, mit der Begründung, das Kind solle das mal kennenlernen und zuhause höre man solche Musik ja nicht so oft; eine derartige Begründung habe ich tatsächlich in einem Fernsehinterview von einer Mutter gehört ... :no:
    Wichtig ist zudem ein wenig Vorbereitung, also worum geht es in der Oper, wie hört sich die Musik an etc. aber auch solche "Banalitäten, wie z.B. Wie lange geht die Oper? Gibt es in der Pause eine Laugenbrezel und Apfelschorle? Darf ich meine schönsten Sachen anziehen? Und als durchaus wichtiges Versprechen: Wir gehen wieder heim, wenn es Dir nicht gefällt! - Unter diesen Voraussetzungen hat meine Tochter mit großer Freude als viereinhalbjährige (früher würde ich nicht anfangen) Hänsel und Gretel in der Oper gesehen. Später dann Die Zauberflöte, La Cenerentola und Flavius Bertaridus(!). Zuletzt waren wir in der Musikhalle zu einer Aufführung von Händels Israel in Egypt. Und unbedingt mal sehen möchte sie Turandot. Spannend für mich zu erleben, dass nun auch der kleine Bruder nachziehen will ...


    Wohlgemerkt handelt es sich hier nicht um "hochgezüchtete" Wunderkinder, sondern es reicht - so glaube ich - meine eigene Liebe zur klassischen Musik, die ich transportiere. Damit ist zumindest ein kleiner Samen gepflanzt, auf den beide später bei Bedarf zurückgreifen können; denn eins ist sicher: es wird die Rock und Pop-Phase kommen, und damit wahrscheinlich die Zeit, in der Papas Musik ein totales no go sein wird 8|

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.