Franz Welser-Möst tritt als GMD der Wiener Staatsoper zurück

  • Nich, dass ich ihm besonders nachweine - es wird aber interessant, wer für ihn einspringen wird...


    Aus orf.at


    In einem Brief an Dominique Meyer, den Künstlerischen Direktor der Wiener Staatsoper, hat Franz Welser-Möst heute seinen Rücktritt als Generalmusikdirektor erklärt.


    Der Grund liege in den seit längerer Zeit bestehenden Auffassungsunterschieden in künstlerischen Belangen, die auch in mehreren Gesprächen nicht aufzulösen gewesen seien, so Welser-Möst in einer Aussendung. Er lege zugleich alle für die Saison 2014/2015 vorgesehenen Dirigate und Neuproduktionen zurück.

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  • Kein großer Verlust. Hoffentlich kommt nichts ähnlich Mäßiges nach.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das dürfte wirklich total unerwartet gekommen sein. Ich habe gleich, nachdem ich die Nachricht erfahren hatte, einige Mitglieder des Ensembles kontaktiert - niemand hatte das gewusst und sie waren auch noch nicht informiert worden...

    Hear Me Roar!

  • Der sehr konsequente Rücktritt Welser-Möst vom Amt und allen Verpflichtungen als Dirigent geht mir nun auch nicht eben nahe. Ich halte nicht sehr viel von ihm. Interessant finde ich die Nachricht schon. Was steckt denn nun hinter den Differenzen über die künstlerische Ausrichtung des Hauses? Ich bringe die Frage auch aus der Lektüre von Leserzuschriften aus Standart.at mit. Dort beklagen Besucher einen gewissen Niedergang der Wiener Staatsoper, der manche inzwischen die Volksoper vorziehen. Dazu kann ich wenig sagen. Nur so viel, dass ich in den letzten Jahren bei Besuchen in Wien wenig Gründe sah, das Haus selbst mal wieder zu beehren. Frau Stemme als Tosca - um nur ein Beispiel, an das ich mich erinnere, zu nennen - war nicht dazu angetan.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich erinnere mich gut an einen Opernabend mit "Don Carlo" unter Welser-Möst. Die Sängerriege war exquisit. Leider war recht wenig davon zu vernehmen, da der Herr (Ex-)GMD alles derart zudeckte, dass man selbst Weltklassesänger/innen kaum hörte. Im Ganzen sehr undifferenziert dirgiert, keine Feinheiten, Details vermisste man. Kein Vergleich zu Karajans Salzburger Aufnahmen aus den 70ern und 80ern. Das reichte mir, um den Briten darin zuzustimmen, dass "Frankly Worse Than Most" ("ehrlich gesagt schlimmer als die meisten") nicht gerade der Hit ist. Wieso er sich seit zwölf Jahren beim Cleveland Orchestra halten kann, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben (George Szell würde wohl im Grabe routieren).


    Hoffentlich wird sein Nachfolger nicht nur nach dem Kriterium "Unbedingt ein Österreicher" ausgewählt, denn der alte Harnoncourt, dem ich es zutrauen würde, wird es nicht mehr machen, und sonst sieht es dort eher düster aus.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Wieso er sich seit zwölf Jahren beim Cleveland Orchestra halten kann, wird mir ewig ein Rätsel bleiben (George Szell würde wohl im Grabe routieren).


    Na ja, lieber Joseph II., ich habe ihn mit dem CO in 2014 hier in Hamburg erlebt und es war definitiv nicht das worst concert of the year. Im Gegenteil die 5te Beethoven war schon ziemlich gut und die 8te Schostakowitsch sogar ausgezeichnet. Insbesondere wäre anzurechnen, dass er die 8te überhaupt in das Programm genommen hat, denn für gewöhnlich werden eher weniger anspruchsvolle Werke für ein Tournee-Programm ausgewählt. Auch das "Sarajewo-Konzert" mit den Wiener Philharmonikern, welches ich im TV verfolgt habe, war m.E. musikalisch gelungen; allerdings fand ich dort die Programmauswahl etwas überambitioniert. Insgesamt also halte ich FWM kaum für einen schlechten oder mäßigen Konzertdirigenten. Zu seinen Fähigkeiten im Orchestergraben kann ich allerdings nichts sagen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wenn man unüberwindbare Schwierigkeiten hat ist es logisch die Konsequenz daraus zu ziehen. Was allerdings bitter aufstößt, ist das Timing dieses Rücktritts. Gerade zu Beginn der Saison legt der Dirigent Amt und sämtliche Dirigate zurück. Das gibt dem Staatsoperndirektor nicht viel Luft. Welcher renommierte Dirigent steht schon auf Abruf bereit, um den Posten des Generalmusikdirektors der Wiener Staatsoper ad hoc zu übernehmen? :rolleyes:


    Ich kann nur vom Operndirigenten Welser-Möst sprechen, aber hier konnte er mich nie begeistern. Seine italienischen Dirigate zeugten nur von wenig Italianità. Seine Boheme zum Beispiel war mir viel zu nüchtern und undifferenziert. Auch der Don Carlo - bei dem ihm eine hervorragende Sängerbesetzung zur Verfügung stand - war erstaunlich einförmig und vor allem laut.
    Besser gefiel er mir mit Richard Strauss.


    Den reinen Konzertdirigenten Welser-Möst kenne ich nicht. Sein Dirigierstil läßt mich vermuten, dass ihm Symphonisches von Beethoven, Mahler oder R. Strauss viel mehr liegen könnte.


    Gregor

  • Ich will mich hier nicht über die Qualität von Herrn Welser-Möst als Dirigenten auslassen - indes wirkt sein Verhalten auf mich höchst unprofessionell und wird vermutlich auf viele Intendanten abschreckend wirken. Man kann Verträge lösen, kann sich zurückziehen, etc. Aber so einfach alles hinzuschmeißen halte ich für nicht angebracht. Ich jedenfalls würde so jemanden nicht engagieren, zumindest nicht für eine bedeutende Position. Mancher Publikumsliebling kann sich solch ein Verhalten leisten. Aber der muss dann schon exorbitant beliebt sein, Charisma haben, und eine große Anhängerschar hinter sich haben. So etwas konnte sich Karajan erlauben oder Karl Böhm. Aber ob die Strahlkraft von Welser Möst hier ausreicht - da bin ich mir eigentlich nicht ganz sicher. Das ist ein Vabanquespiel, das böse enden kann.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ist denn bekannt ob er schon ein Angebot als GMD für ein anderes Opernhaus hat? Aber als er an der Wiener Staatsoper angefangen hat und aus Zürich gekommen ist haben doch alle gejubelt was für ein toller Dirigent er ist.

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  • Und die Presse hat sich schon überschlagen und dem "Skandal" mehr Aufmerksamkeit gewidmet als er überhaupt verdient. Die Wiener Staatsoper hat schon ärgere Skandale überlebt - und ist auch lange Zeit ohne Generalmusikdirektor ausgekommen.
    Ebenso sind Dirigenten gekommen und gegangen. Die Wiener Staatsoper hat über die Zeiten hinweg keinen Schaden dadurch genommen. Ihre Auslastung ist - verglichen mit anderen Häusern extrem hoch - und daran wird sich auch in Hinkunft nichts wesentliches ändern. Es wird sich nun zeigen, über welche Managerqualitäten der Staatsoperndirektor verfügt - und wenn er mit Geschick und Glück agiert, wird ihm dieser Abgang eher nützen als schaden. Die Beliebheit von Welser Möst bei Publikum und Sängern kann ich nicht realistisch einschätzen - allerdings habe ich hiervon schon eine gewisse Vorstellung....
    Sie wird letztlich wichtiger sein als etliche andere Faktoren in dieser Sache......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Stimmt, verglichen mit den Abgängen von Böhm (1956), Karajan (1964) und Maazel (1984) ist dieses "Skandälchen" eigentlich gar nicht der Rede wert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Wiener Staatsoper gibt bekannt:


    Der koreanische Spitzendirigent Myung-Whun Chung, der 2011 sein Staatsoperndebüt als Dirigent von Simon Boccanegra feierte, wird die von Franz Welser-Möst zurückgelegten Dirigate der Neuproduktion von Rigoletto (Premiere am 20. Dezember; Reprisen am 23., 30. Dezember 2014, 2. Jänner 2015 – die Vorstellung am 27. Dezember dirigiert Guillermo García Calvo) übernehmen. Des Weiteren wird er auch die Dirigate von La traviata (5., 8., 16. Dezember 2014 – die Vorstellung am 12. Dezember wird von Jesús López-Cobos dirigiert) leiten.


    Peter Schneider, Stammdirigent und Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper, übernimmt dafür von Myung-Whun Chung die gesamte Vorstellungsserie von Tannhäuser am 22., 26., 30. Oktober und 2. November 2014.


    Der deutsche Dirigent Michael Boder steht anstelle des ehemaligen Generalmusikdirektors bei der Wiederaufnahme von Hindemiths Cardillac am 22. Juni 2015 (Reprisen: 25. und 29. Juni) am Dirigentenpult.


    Quelle: http://www.wiener-staatsoper.a…besetzung_Dirigate.de.php


    Und ich hatte mich schon auf Chungs "Tannhäuser" gefreut ...

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    – Luís de Camões