WSO - Staatsoperndirektor Dominique Meyer in der Bredouille?

  • Staatsoperndirektor Dominique Meyer in der Bredouille ?


    Nach dem Abgang von Franz Welser-Möst hat nun auch Bernard de Billy dem Staatsoperndirektor die Gefolgschaft aufgekündigt. Was sich hier wie ein Skandal und ein unlösbares Problem darstellt war – verfolgt man die Geschichte der Wiener Staatsoper der letzten Hundert Jahre – quasi gang und gäbe
    Das Haus ist eine Schlangengrube und hat schon zahlreiche Direktoren vertrieben. Als ich im Jahre 1975 oder 1976 – Egon Seefehlner - er war designierter Operndirektor - die Frage stellte, ob er er sich im Hinblick auf den Ruf dieses Hauses nicht vor diesem Posten fürchte – schaute er grimmig entschlossen und antwortete – man werde sehen wer letztlich sich vor wem fürchten würde….
    Doninique Meyer ist ein völlig anderer Charakter, aber hinter der verbindlichen Fassade und den vorbildlichen Manieren, des französichen Grandseigneurs befindet sich offenbar ein harter Kern, der seine Linie eisern vertritt. Natürlich werden jetzt alle seine Gegner auf ihn schiessen – offen – und aus dem Hinterhalt. Ist er doch jenen, die gerne einen Regietheater-Intendanten an der Spitze sähen, seit langem ein Dorn im Auge.
    Meyer kann jedoch auf die ihm gegenüber loyalen Wiener Philharmoniker bauen und auch auf die Auslastung des Hauses, die unter seiner Führung die 99% Grenze überschritten hat.
    Auch habe ich gelesen, dass OMV seit kurzem als weiterer Hauptsponsor des Hauses auftritt, was vermutlich auch eine Entlastung in der gegenwärtigen Situation darstellt.
    Um die Frage des Threads aus meiner Sicht zu beantworten: Die derzeitige Situation ist sicher nicht angenehm - aber auch nicht unlösbar.
    Fehlende Dirigenten werden sich finden lassen – einen Generalmusikdirektor braucht die Wiener Staatsoper nicht wirklich – wie sich in der Vergangenheit gezteigt hat. Hier wäre Einsparungspotential vorhanden.
    Ich wünsche Dominique Meyer gute Nerven und Glück bei der Auswahl seiner Ersatzdirigenten – denn was wäre ein Kulturmanger ohne Glück ?


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    TAMINO KLASSIKFORUM

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Als ich im Jahre 1975 oder 1976 – er war designierter Operndirektor - ihm die Frage stellte, ober er sich im Hinblick auf den Ruf dieses Hauses nicht vor diesem Posten fürchte – schaute er grimmig entschlossen und antwortete – man werde sehen wer letztlich sich vor wem fürchten würde….


    Egon Seefehlner?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ja Seefehlner - ich habe den fehlenden Namen eingesetzt.
    LG Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Handelt es sich beim derzeitigen Konflikt an der Wiener Staatsoper also um einen Machtkampf des Direktors, der das moderne Regietheater weitgehend ablehnt, mit "progressiven" Dirigenten, die es gerne (noch) weiter ausdehnen würden? Wenn dem so ist, dann kann ich nur hoffen, dass sich Meyer behaupten wird und vielmehr noch mehr auf das Traditionelle setzt. Denn denke ich an Wagner, dann täte mal wieder ein schöner naturalistischer "Ring" not. Wo kann man sowas im deutschsprachigen Raum bitte noch sehen? War nicht der letzte "altmodische" aus der Ära Karajan und lief in den 70er Jahren aus?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich glaube nicht, daß der Machtkampf EIGENTLICH um Regietheater geht oder nicht. Es geht um persönliche Eitelkeiten, die vermutlich Mever strikte "bestraft". Aber natürlich hat sich die RT-Lobby schon bemüht, zu schreiben, daß die Wiener Staatsoper international gesehen eigentlich "unbedeutend" ist, weil sie eine eher konservative Linie verfolge.
    Ich finde, derlei kann uns völlig gleichgültig sein - solange diese Auslastung der Wiener Staatrsoper so ist wie sie ist - nämlich ideal. Das ist unter anderm ein Verdienst von Meyer - und noch dazu eines welches ihn quasi unangreifbar macht.
    Die RT-Presse sehe ich hier nicht als Hauptverursacher, sondern eher als Trittbrettfahrer.
    Vorsicht ist in jedem Falle angezeigt......


    mit freundlichen Grüßen
    Alfred Schmidt
    TAMINO KLASSIKFORUM WIEN

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • 161 Seitenaufrufe kamen bis jetzt zu diesem Thema - aber kaum Stellungnahmen.
    Das deckt sich mit der geringen Anzahl an Antworten auf der Seite für Online-Leserbriefe zu diesem Thema einer renommierten Wiener Tageszeitung. Daraus könnte man schliessen, daß es den meisten Leuten ziemlich egal ist ob Herr de Billy, Herr Welser-Möst oder irgendein anderer guter Dirigent am Pult der Wiener Staatsoper steht.
    De Billy hat Dominique Meyer in einem Interview für den "Standard" vorgeworfen das Grundprinzip von Meyers Intendanz sei der Kompromiss. - Das klingt dann allerdings gar nicht nicht einem "Despoten" - Uber die Machtgelüste von Regisseuren, Sängern und Dirigenten demnächst in diesem Theater - in einem neuen Thread.
    Und hier noch der Link zum Standard- Artikel


    http://derstandard.at/20000057…nzip-von-Meyers-Intendanz


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Daraus könnte man schliessen, daß es den meisten Leuten ziemlich egal ist ob Herr de Billy, Herr Welser-Möst oder irgendein anderer guter Dirigent am Pult der Wiener Staatsoper steht.


    Also mir ist das auch völlig egal! ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich finde, dass Dominique Meyer seine Entscheidungen sehr konsequent durchzieht. Man soll sich durch sein freundliches Lächeln nicht täuschen lassen. Sofort wurde der Vertrag mit Welser Möst gelöst, so daß keine der beiden Seiten mehr finanzielle Ansprüche stellen kann. Optisch wirkt das wie "Reisende soll man nicht aufhalten" und bagatellisiert den Weggang.
    Sofort wurde Ersatz gesucht und für die nächsten Vorstellungen auch gefunden. Und das binnen kürzester Zeit, wobei die Auswahl - wenngleich unter Druck getroffen - doch eine gute sein dürfte. Einen Generalmusikdirektor braucht die Wiener Staatsoper ebensowenig wie die Wiener Philharmoniker einen Chefdirigenten. Optimales Einsparpotential - und ein Klotz weniger am Bein.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • An der Met ist James Levine auch jahrzehnte lang Chefdirigent oder Antonio Pappano in London und beiden Häusern schadet das überhaupt nicht. Es sollte dann auch ein Chefdirigent sein der kein Reisedirigent ist und nebenbei nicht noch gleichzeitig Chefdirigent von verschiedenen Sinfonieorchestern ist.

  • Sofort wurde Ersatz gesucht und für die nächsten Vorstellungen auch gefunden. Und das binnen kürzester Zeit, wobei die Auswahl -wenngleich unter Druck getroffen - doch eine gute sein dürfte. Einen Generalmusikdirektor braucht die Wiener Staatsoper ebensowenig wie die Wiener Philharmoniker einen Chefdirigenten. Optimales Einsparpotential - und ein Klotz weniger am Bein.


    Seit wann gibt es die Funktion des Generalmusikdirektors eigentlich schon? Hatte Seiji Ozawa in der Holender-Ära auch schon diesen Titel? Oder war es nur die gleiche Funktion ohne diesen Titel?
    Ein Dirigent von Weltrang wird sich jedenfalls so schnell für den vakanten Posten wohl kaum finden lassen.


    Es ist natürlich sehr eigenartig, dass innerhalb weniger Tage dem Direktor gleich zwei Dirigenten abhanden kommen. Welser-Möst soll laut Berichten mit diversen Besetzungen unzufrieden gewesen sein.
    Bei de Billy liegt der Fall etwas anders, wie der folgende Artikel und die Interviews mit ihm und Direktor Meyer zeigen.


    Bertrand de Billy: "Es hat keinen Sinn mehr"



    Gregor

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Es ist natürlich sehr eigenartig, dass innerhalb weniger Tage dem Direktor gleich zwei Dirigenten abhanden kommen.

    Ich finde das gar nicht eigenartig. Immer wenn eine besonders mächtige oder einflußreiche Persönlichkeit ungestraft angegriffen wird oder sogar geschwächt oder verwundet wird, dann zieht das andere an und sie nutzen den günstigen Zeitpunkt. Man sollte sich allerdings immer vorher anschauen mit wem man sich da anlegt. Da wäre beispielsweise die Biographie des Direktors, abzurufen bei der Wiener Staatsoper hilfreich.


    http://www.wiener-staatsoper.a…ie-Dominique-Meyer.de.php


    Diplomatisch geschult, eine Menge Erfahrung und beste Verbindungen zu einflußreichen Leuten der Kulturszene, einen Vertrag bis 2010 - und eine Menge Künstler der erste Garde , die nur darauf brennen an der Wiener Staatsoper zu debütieren. Eine Auslastung der Oper knapp unter 100%, Sympathien beim Publikum wegen seiner doch eher moderaten Auswahl der Regisseure - zumindest gemessen an deutschen Verhältnissen. Ein neuer, zusätzlicher Generalsponsor - der Mann ist quasi unangreifbar - und er weiß das auch. Darüber solle auch sein stets verbindliches Lächeln nicht hinwegtäuschen.



    Zitat

    Seit wann gibt es die Funktion des Generalmusikdirektors eigentlich schon? Hatte Seiji Ozawa in der Holender-Ära auch schon diesen Titel? Oder war es nur die gleiche Funktion ohne diesen Titel?

    Soweit ich weiß war sein Titel "Musikdirektor"
    Karajan und Böhm waren indes "Künstlerische Leiter"



    Zitat

    Ein Dirigent von Weltrang wird sich jedenfalls so schnell für den vakanten Posten wohl kaum finden lassen.

    Wahrscheinlich wird man auch keinen suchen - weil es kein "vakanter" Posten ist.
    Manchmal - ohne Namen zu nennen - wird ein solcher Titel vergeben um einen "Schwierigen" bei Laune zu halten und in dadurch ans Haus zu binden..... :stumm::untertauch:


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Einen Generalmusikdirektor braucht die Wiener Staatsoper ebensowenig wie die Wiener Philharmoniker einen Chefdirigenten. Optimales Einsparpotential - und ein Klotz weniger am Bein.


    Und wenn sich die moderne Sicht durchsetzt, braucht man in Zukunft auch keine Dirigenten mehr. Kostüme und Dekor sind ja vielerorts eh schon abgeschafft.


    Der Weg ist also geebnet für das Allkunstwert auf der Allzweckbühne unter der Leitung des Regisseurs als Allzweckkünstler.
    Auf einen Opernchef könnte man dann wohl auch verzichten?

  • Zitat

    Zitat von Hami: Der Weg ist also geebnet für das Allkunstwert auf der Allzweckbühne unter der Leitung des Regisseurs als Allzweckkünstler.


    Das Allkunstwerk besteht in immer den gleichen dummen Ideen, die Allzweckbühne ist meist leer mit höchstens einem alten Tisch und vielleicht ein paar Stühlen, den Allzweckkünstler hast du bereits genannt, vergessen hast du noch die Allzweckkostüme (Straßenanzüge, vielleicht ein paar Naziuniformen, die ja heute ihren Zweck sonst nicht mehr erfüllen) und vielleicht einer Allzweckmusik auf Datenträger. Vielleicht auch eine Allzweckhandlung (wohin der Trend ja schon zu beobachten ist). Dann könnte man sich Opernchefs, Dirigenten, unterschiedliche Sänger (weil ja keine speziellen Rollensänger mehr nötig sind), am Ende sogar die Allzweckkünstler (Regisseure) sparen. Ob Libretto und Musik bei dem heutigen Treiben mancher dieser Allzweckkünstler überhaupt noch notwendig sind, muss man natürlich auch infrage stellen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Nur betrifft das nicht Meyer. Er steht unter dem Druck der RT-Lobby - muß aber andrerseits weitgehend konservativ inszenieren lassen, damit ihm sein Publikum nicht davonläuft und er Defizite schreibt, die nicht mehr abgedeckt werden.


    In der derzeitigen Konstellation - und ich sehe nicht warum sich die in absehbarer Zeit ändern sollte - wage ich die vorsichtige Prognose, daß das Publikum die stärkere Kraft ist, denn die hoheh Auslastung ist sozusagen die Lebensversicherung von Meyer - zusätzlich zum Langzeitvertrag.


    Im PROFIL online finden wir zur Frage nach dem Generalmusikdirektor, das, was ich vor etwa 2 Stunden prognostiziert habe (ich hatte den Artikel noch nicht gelesen)

    Zitat

    profil: Warten Sie also auf Bewerbungen oder sprechen Sie potenzielle Kandidaten an?
    Meyer: Ich muss mir erst darüber klar werden, was und wen wir, wenn überhaupt, an dieser Stelle haben wollen.


    Es arbeitet sich natürlich viel leichter ohne irgendeinen Zwischenrufer.....


    Hier der Link zu Profil online - wie lange der im Netz bleibt, weiß ich natürlich nicht...
    http://www.profil.at/articles/…meyer-diese-beleidigungen


    mir freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Handelt es sich beim derzeitigen Konflikt an der Wiener Staatsoper also um einen Machtkampf des Direktors, der das moderne Regietheater weitgehend ablehnt, mit "progressiven" Dirigenten, die es gerne (noch) weiter ausdehnen würden? Wenn dem so ist, dann kann ich nur hoffen, dass sich Meyer behaupten wird und vielmehr noch mehr auf das Traditionelle setzt. Denn denke ich an Wagner, dann täte mal wieder ein schöner naturalistischer "Ring" not. Wo kann man sowas im deutschsprachigen Raum bitte noch sehen? War nicht der letzte "altmodische" aus der Ära Karajan und lief in den 70er Jahren aus?

    Da wäre Welser-Möst in Regie-Belangen der wilde Revoluzzer? Also beim besten Willen kann ich mir das nicht vorstellen. Wenn man sich ansieht, wie seine Bestellung zustande kam, erhellt sich aber doch Einiges. Ministerin Schmied war wohl klar, dass sie Meyer alleine nicht durchbekommen würde und spannte ihn mit einem renommierten Österreicher zusammen nachdem sich die beiden, die sich vorher nicht kannten, telefonisch eine Stunde lang Zeit hatten, sich zu beschnüffeln". WM ist sicher kein einfacher Partner und reduziert wohl zu viel auf die schwarz-weiss Ebene. Wohl gab es auch große Kommunikationsprobleme und obwohl WM Generalmusikdirektor war, hatte in künstlerischen Belangen wohl trotzdem Meyer das letzte Wort.



    Meyer bagatellisiert die Sache natürlich und lächelt künstlerische Befürchtungen eisern weg - alles lovely, alles bestens, einen Generalmusikdirektor brauche man nicht unbedingt - ich frage mich nur, WER jetzt das künstlerische Sagen im Haus am Ring übernimmt. Meyer??? Ich halte von Meyer´s Ohr für Sänger gar nichts, auch scheint er sich diesbezüglich ungern beraten zu lassen. Es gibt laute Stimmen, der Falsche wäre gegangen...