Über das Hören berühmter Stimmen von akustischen Schellackplatten

  • In den letzten Tagen wurden einige der Stimmenthreads im Bereich Schellackplatten (bzw Übertragungen auf CD davon) sehr aktiv fortgeführt. Da wurde dann auch darpüber diskutiert inwieweit man sich an Hand solcher alter Aufnahmen überhaupt ein Bild von eine Stimme machen kann. Persönlich habe ich mir oft Gedanken gemacht, wie denn die Zeitgenossen solche Tonaufnahmen empfunden haben mögen - und ich bin zum Teil zu überraschenden Ergebnissen gekommen.
    Vor etwa 2 oder 3 Jahren habe ich in einer Buchhandlung in der Auslage einige Schellackplatten ausgestellt gesehen. Die Platten waren fein säuberlich in braunen Papiehüllen, die das Labeletikett durch eine kreisrunde Öffnung im Zentum der Hülle sehen liessen. Ich fragte mich, was denn solch ein Besitzer von Schellackplatten (es waren "klassische") empfunden haben könnte, wenn er solch ein rauschendes und teilweise Knisterndes Exemplar auf den Pkattenteller seines Trichter- oder Reisegrammophins legte. (Seit den mittleren oder späten 30er Jahren gab es sogar schon dynamische Schalldosen, wo das Signal einem Röhrnverstärker und von dort einem Lautsprecher zugeführt wurde.
    Konnte diese Qualität denn überhaupt Genuss bereiten ? Sie konnte !!
    Zum einen war die Wiedergabe über ein "klassisches" Grammophon schon eine Sache für sich, es klang etwas anders als wir es heut von den gefilterten Aufnahmen her kennen. Dann war den meisten Hörern die Stummer von der Natur her bekannt - die Aufnahme diente in gewisser Hinsicht als Notizbuch - ein Privileg, daß wir heute nicht mehr haben.
    Irgendwann begann man die Aufnahmen von Störgeräuschen zu befreien - und damit auch von den Obertönen - Was uns hier vermittelt wurde war allenfalls ein Schatten des Originals. Eine gute Taktik das Störgeräusch auszublenden ist - die Aufnahme mehrfach zu hören und sie dann im Gedächtnis ablaufen zu lassen, wobei - bei einigem Training, das Nadelrauschen etc ausgeblendet werden kann - eine "gereinigte Erinnerung gewissermaßen.


    Mitten im Schreiben diese Beitrags fand ich im Internet eine Caruso -Aufnahme die offenbar nach dem letzten Stand der Technik von Störgeräuschen befreit wurde - sicher nicht absolut perfekt - aber - aus meiner Sicht, das Beste was ich je auf deiesem Gebiet gehört habe....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ja, in der Tat klingt diese fast rausch- und knisterfreie Aufnahme erstaunlich gut. Da bin ich sehr überrascht. Aber um einen direkten Vergleich zu haben, werde ich mir einige meiner vielen Caruso-Schellacks demnächst reinziehen.

    W.S.

  • Zitat

    Ja, in der Tat klingt diese fast rausch- und knisterfreie Aufnahme erstaunlich gut. Da bin ich sehr überrascht. Aber um einen direkten Vergleich zu haben, werde ich mir einige meiner vielen Caruso-Schellacks demnächst reinziehen.


    Es ist eine Frage WELCHE Aufnahmen Du besitzt. Und vora lllem WOMIT Du sie abspielst. Ein Trichtergrammophon der Spitzenklass, vorzugsweise mit HOLZtrichter und Spezial-Schalldose wird vermutlich durch niuchts zu toppen sein. Auch ein gutes Reisegrammophon kann eine gute Wiedergabe bieten - allerdings mit gewissen Einschränkungen. Weniger gut klingen Geräte mit Metalltrichter - und das Schlimmste sind Nostalgie Nachbauten (meist aus Indien mit gefälschtem "His Masters Voice" - Etikett. Sie klingen nicht nur schrecklich, sondern zerstören mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch die Schallplatte. Im englischsprachigen Raum werden diese Geräte daher zu Recht "CrapOPhones" genannt.....


    Ich habe mir inzwischen eine weiter Aufnahme angehört, welch nach dem oben gezeigten Verfahren gereinigt wurde. Und ich muß sagen diese hat mich nicht überzeugt sondern die Mängel des Verfahrens schonungslos offengelegt. Manhört eine etwas weinerliche Singstimme und das begleitende Klavier ist als solches nicht mehr zu erkennen - Zaubern kann anscheinend noch niemand....
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Resultat überzeugt in der Tat. Sehr umstritten war auch vor einigen Jahren das Projekt, bei dem man die alten Caruso - Aufnahmen in der Form bearbeitete, dass man die Stimme des Sängers mit modernen, neu eingespielten Orchesterparts unterlegte. Die Kritik war sehr gespalten - ich für meinen Teil finde es auch besser, möglichst viel "Originalklang" zu erhalten, selbst wenn es dann noch etwas rauscht, als dieses moderne "Facelifting" alter Aufnahmen mit neu dazu gespielten Teilen, die ich als wenig homogen und natürlich empfinde.




    Überzeugender finde ich da schon die von jpc beworbene Edition "Enrico Caruso - the brillant [sic] Sound Edition" - einen Trailer gibt es hier:




    Da klingt die Stimme sehr voll und obertonreich, bei wenig ausgeprägten Störgeräuschen

  • Zitat

    werde ich mir einige meiner vielen Caruso-Schellacks demnächst reinziehen.


    Noch ein ergänzender Nachtrag zu meinen Ausführungen in Beitrag Nr 3.


    Wenn es Original-Schellackplatten - und keine Überspielungen sind, so ist zu beachten, dass ältere Caruso-Aufnahmen nicht mit 78 UpM, sondern mit 75 UpM - ältere Aufnahmen sogar darunter - eingespielt wurden. Die Norm wurde ert nach und nach akzeptiert. Die sich daraus ergebenden Fehler sind sehr gut via Internet dokumentiert, wo viele Caruso-Platten auf alten Grammophonen viel zu schnell - nämlich mit 78 UpM wiedergegeben werden. Die Stimme wird dann hell, die Wiedergabe klingt zu schnell....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Alfred Schmidt: Es ist eine Frage WELCHE Aufnahmen Du besitzt. Und vora lllem WOMIT Du sie abspielst.


    Meine Schellacks spiele ich mit großen Referenz-Plattenspielern, die über die Geschwindigkeit 78 U./Min. verfügen ab. Das sind in erster Linie Thorens 126, Dual Golden One, Dual CS 5000. Hier kommen Spezialnadeln mit einer den Schellacks angepaßten Spitzenverrundung zum Einsatz.


    Zitat

    Alfred Schmidt: Wenn es Original-Schellackplatten - und keine Überspielungen sind, so ist zu beachten, dass ältere Caruso-Aufnahmen nicht mit 78 UpM, sondern mit 75 UpM - ältere Aufnahmen sogar darunter - eingespielt wurden. Die Norm wurde ert nach und nach akzeptiert. Die sich daraus ergebenden Fehler sind sehr gut via Internet dokumentiert, wo viele Caruso-Platten auf alten Grammophonen viel zu schnell - nämlich mit 78 UpM wiedergegeben werden. Die Stimme wird dann hell, die Wiedergabe klingt zu schnell....


    Dies erübrigt sich für mich. Bei meinen Playern kann ich durch die Pitch-Regulierung dieses Manko ausgleichen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, daß ich mit diesen Playern eine bessere Wiedergabe erreiche als mit dem besten Grammophon. Denn schon durch die optimale Spitzenverrundung der Spezialnadeln und das niedrige Auflagegewicht (keine Plattenhobel) erziele ich meiner Meinung nach dadurch optimale Ergebnisse.



    Aus meinem großen Fundus habe ich mir folgende Platten herausgesucht: Aus AIDA die Sterbeszene mit Johanna Gadski und Enrico Caruso (Grammophon); DER LIEBESTRANK (Zwanzig Scudi" (Tatsächlich deutsch beschriftet), DIE MACHT DES SCHICKSALS "Sleale! Il segreto fu dunque violato?" mit Enrico Caruso und Giuseppe de Luca (Electrola); AIDA "Celeste Aida" und DIE MACHT DES SCHICKSALS "O tu che in seno angeli" (Grammophon). Eine genaue Beurteilung ist sehr schwer, schon durch das unterschiedliche Aufnahmedatum (nicht angegeben) und Aufnahmetechnik bedingt. Allerdings gibt es bei den Schellack-Aufnahmen keinerlei Beschneidung der Höhen und, mal von dem Rauschen der Schellacks abgesehen, klingt die Stimme Carusos wie zu der Zeit seiner Aufnahmen. Über die Klangqualität der von Alfred eingestellten Arie in der neuen Technik bin ich sehr erstaunt. Fast rauschfrei erklingt die Stimme Carusos nahe an den Schellacks-Aufnahmen heran. Aber ich werde mir noch weitere Platten von Caruso in Bälde anhören.

    W.S.

  • Zitat

    Ich bin grundsätzlich der Meinung, daß ich mit diesen Playern eine bessere Wiedergabe erreiche als mit dem besten Grammophon.


    Die Plattenschonung ist mit elektrischern Tonabnehmern - auch mit relativ schweren - natürlich wesentlich besser, als mit Grammophon. Indes- abhängig von der Kombination konnte mit Trichtergrammophonen ein beängstigend realistischer Ton erzeugt werden. Vermutlich lag das an den Verzerrungen. Die konnten nämlich in günstigen Fällen Höhen vortäuschen, wo gar keine mehr waren. Ich empfand Schellackplatten, als ich sie erstmals über elektische Wiedergabegeräte hörte, als eigenartig weich und samtig - wie Mittelwellenradio.... ;)
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !