Wagner, Richard: RIENZI Früh- oder Meisterwerk?

  • wenn ich richtig gesehen habe, verfügt dieses Frühwerk Wagners noch nicht über einen eigenen Thread - dies soll hiermit geändert werden, zumal das Werk heute vor 172 Jahren, nämlich am 20. 10. 1842 in Dresden uraufgeführt wurde.


    Es gibt schon eine Beschreibung im Tamino - Opernführer:


    WAGNER, Richard: RIENZI


    Was denkt ihr? Ist dieses Werk bereits ein Meisterwerk, genau wie Lohengrin, Holländer etc. auch, oder noch ein unausgegorenens Frühwerk? Steht es zu Unrecht im Schatten der anderen Opern? Welche Einspielungen oder Aufführungen mögt Ihr?


    Eine der neueren Aufzeichnungen ist diese Blu-ray:


  • Danke für den Thread, lieber Don!


    Ich würde salomonisch sagen: Sowohl Früh- als auch Meisterwerk. Beides schließt sich m. E. nicht unbedingt gegenseitig aus. Mit Einschränkungen könnte man ja sogar noch den "Fliegenden Holländer" und den "Tannhäuser" als "Frühwerke" bezeichnen; ich glaube, die Aufnahme in den Bayreuther Kanon hat sie von diesem Verdikt doch erheblich befreit — anders als im Falle des "Rienzi", der m. M. n. auch schon längst nach Bayreuth gehört.



    Die vollständigste Aufnahme dürfte bis heute jene von Sir Edward Downes aus dem Jahre 1976 sein. Natürlich spielt hier nicht gerade das weltbeste Orchester, aber das BBC Northern Symphony Orchestra macht seine Sache sehr ordentlich.



    Erstaunlich gelungen empfand ich die Aufnahme von Sebastian Weigle, die bereits in der Ouvertüre zu überzeugen weiß. Allerdings habe ich die Aufnahme noch nicht ganz angehört. Sie scheint mir zumindest sehr interessant zu sein, wie auch Weigles Einspielungen der "Feen" und des "Liebesverbots". Hätte ich ihm, ehrlich gesagt, gar nicht mehr zugetraut nach den eher mäßigen "Meistersinger"-Vorstellungen in Bayreuth.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für ein Meisterwerk hat Rienzi leider einige Schwächen und wird deshalb meistens auch nur mit vielen Strichen aufgeführt und meistens konzertant, Die von dir als Beispiel gebrachte Inszenierung dient leider dem Werk auch nicht bekannter zu werden sondern ist eher abschreckend da sie RT der übelsten Sorte ist, oder wie Gerhard schreiben würde " Verunstaltungstheater ". wo ich ihm nur beipflichten kann.

  • Lieber Joseph,


    danke für Deine Anmerkungen, beide CDs kenne ich noch nicht, dem werde ich gerne nachgehen. Jedenfalls wundert es mich auch, dass Rienzi trotz der Schwächen, die Rodolfo zurecht anführt, dennoch nicht in öfters in Bayreuth gebracht worden ist - war dies überhaupt jemals der Fall?
    In der Tat ist die Regie und Inszenierung dieses Werkes, wie so häufig, ein Problemfall, lieber Rodolfo, wenigstens zeigt dies aber zumindest, dass die Oper immer noch -in welcher Form auch immer- durchaus noch inszeniert und gespielt wird.


    Meine bevorzugte Rienzi - Aufnahme ist im Übrigen leider nicht kommerziell erhältlich, es handelt sich um einen Radio - Mitschnitt mit Peter Seiffert. Einen kleinen Ausschnitt mit dem Sänger gibt es zumindest hier auf youtube (und möglicherweise auch der ein- oder anderen Recital -CD):


  • Joseph II. war schneller. :hello: Die Aufnahme unter Downes, ein Mitschnitt der BBC, wollte auch ich eben einstellen, denn es handelt sich dabei um die - wenn ich nicht total falsch liege - komplette Wiedergabe des Werkes - einschließlich aller Ballette. Dass so eine Großtat wieder einmal aus London über uns gekommen ist, spricht Bände. Es lebe das Königreich! :) Deutschland hat sich seit jeher sehr schwer getan mit RIENZI. Mir ist nicht eine vollständige Aufführung bekannt. Nicht mal im Konzert, auch nicht auf CD. In Leipzig wurde in den sechziger Jahren sogar Text umgedichtet. :no: Die Bühnenversuche in letzter Zeit taugen nicht viel. Sie haben das Stück nicht aus seinem Schattendasein befreien können. Am schlimmsten fand ich die Version der Deutschen Oper Berlin von Stölzl (auch auf DVD erhältlich), der das Werk derart brutal zusammengestrichen hat, dass nur noch Lärm übrig blieb. Wer es nicht besser gewusst hat, hätte aus dieser Inszenierung wirklich den Schluss ziehen können, dass RIENZI nichts taugt. Der Arm Bayreuths reicht weit. Dort war der RIENZI immer verdächtig, weil man der Welt weiß machen wollte, dass Wagner einzig Musikdramen geschaffen habe. Ein vom Erzfeind Frankreich inspiriertes Meisterwerk durfte nicht sein. Mir liegt dieses Werk im Stil der Großen französischen Oper sehr am Herzen. Trotz aller traditionellen Momente und Strukturen bricht sich das starke Genie Wagners vom ersten Takt der Ouvertüre an Bahn. So verschwenderisch in den musikalischen Einfällen war er selten. Ich kenne keine andere deutsche Oper dieser Gattung von solchem Rang. Für mich ein Meisterwerk ohne jeden Zweifel.


    Die Dresdener Einspielung unter Hollreiser kommt dem Original nahe, verfehlt es aber doch. Trotz aller Kritik, die diese Produktion seit ihrer ersten Veröffentlichung begleitet, ich würde sie dennoch empfehlen:



    Sie ist rasant musiziert, wenngleich in etlichen Rollen fehlbesetzt.


    Große Szenen enthält diese Aufnahme. Max Lorenz als Rienzi! Dieser gebrochene Held, in seiner Interpretation unerreicht bis heute.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Was denkt ihr? Ist dieses Werk bereits ein Meisterwerk, genau wie Lohengrin, Holländer etc. auch, oder noch ein unausgegorenens Frühwerk?

    Meine Einschätzung des Rienzi läßt sich hier nachlesen:


    Zum Werk selber ist sicherlich einiges zu sagen [...]. Die Aufführungs- und Rezeptions-Problematik ist bekannt. Die These, dass Wagner hier schon einiges der späteren Werke vorausnimmt, kann ich nicht unbedingt nachvollziehen. Zwar halte ich den Rienzi nicht mehr für ein reines und/oder belangloses Jugendwerk; es fällt klar gegen den folgenden Holländer ab. Die Musik ist m.E. über weite Strecken mit einem zu großen Pinsel gezeichnet und verfügt kaum über lyrische Zwischentöne. Das Bomont, der Rienzi sei Meyerbeers beste Oper, tut diesem [gemeint ist Meyerbeer :untertauch: ] Unrecht - man nehme etwa Les Huguenots, die in ihrer Wirkung um einiges weniger plakativ daherkommt.


    anders als im Falle des "Rienzi", der m. M. n. auch schon längst nach Bayreuth gehört.

    Da stellt sich ja immer die Frage nach der musikalischen Realisierbarkeit: Die besonderen akustischen Verhältnisse im Festspielhaus machen nach Aussage diverser Dirigenten ja schon den Holländer problematisch.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • "Rienzi" ist ein 'langes Lied' mit vielen Juwelen, darunter großartigen Massenszenen, die sich eindrucksvoll steigern, und einigen schönen lyrischen Inseln, aber auch viel Leerlauf, viel uninspirierter Deklamatorik usw.


    Ich stimme Joseph II. zu, der sagte, dass "Rienzi" Früh- und Meisterwerk zugleich sei, aber "Rienzi" ist eben keine "Jugendsünde" mehr - damit meinte Wagner sein "Liebesverbot".


    Was ich nicht verstehe, ist das Verdikt, der "Rienzi" müsse möglichst ungekürzt gespielt werden. Gewiss: einige schon erlebte Striche finde ich echt grausam, wenn etwa immer nach 8 Takten vier Takte rausgestrichen werden (so kommt es mir tedenziell insbesondere im 1. Akt beim Dresdner Live-Mitschnitt mit Peter Seiffert unter Prick, aber auch im sängerisch mit Christa Ludwig, Set Svanholm und Paul Schöffler großartigen Wiener Mitschnitt unter Krips vor) oder wenn Thielemann letzten Sommer in Bayreuth 2 von 5 Akten nicht vorne mit dem Vorspiel anfangen ließ, sondern erst mittendrin... :no:


    Vielleicht ist es auch eine Frage der Gewöhnung: Ich habe das Stück über die Hollreiser-Studio-Aufnahme kennengelernt und es über die Mielitz-Inszenierung an der Komischen Oper Berlin (wo ich zwischen 1992 und 1999 immerhin 22 von 27 Aufführungen miterlebt habe) lieben gelernt. Bayreuth letztes Jahr fand ich wie gesagt ziemlich umnöglich zusammengestrichen, aber sinnvolle Striche helfen mehr, als sie schaden.


    Fazit: Ich möchte "Rienzi" nicht missen, aber es muss kein ungestrichener sein, sondern lieber ein sinnvoll(!) gestrichener. :rolleyes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat Joseph II.:
    . . . anders als im Falle des "Rienzi", der m. M. n. auch schon längst nach Bayreuth gehört.


    Dazu Zitat MSchenk: Da stellt sich ja immer die Frage nach der musikalischen Realisierbarkeit: Die besonderen akustischen Verhältnisse im Festspielhaus machen nach Aussage diverser Dirigenten ja schon den Holländer problematisch.


    Ein sehr interessanter Gedanke! Von solchen Einwendungen habe ich auch schon gehört. Sie kommen immer mal wieder hoch. Sind sie wirklich berechtigt? Außer PARSIFAL ist kein anderes Werk Wagners mit dem direkten Einruck der akustischen Verhältnisse in Bayreuth entstanden. Als Solti 1983 mit seinem RING nach eigenem Bekunden scheiterte, weil er mit dem speziellen Orchestergraben nicht zurecht kam, wurde diese Frage besonders heftig gestellt. Wie drückte er sich doch damals gleich noch aus? Wenn er gewusst hätte, was ihn in Bayreuth klangtechnisch erwartete, er wäre Apotheker geworden und nicht Dirigent. Ich glaube, in diese Richtung ging seine Bemerkung, die ich aus dem Gedächtnis zitiere. Hört man sich den Mitschnitt an, klingt der ziemlich rasant.


    Knappertsbusch (1955) und Keilberth (gleiches Jahr, einmal sogar schon in Stereo, einmal in Mono überliefert) haben aus meiner Sicht den Beweis dafür angetreten, dass der HOLLÄNDER vorzüglich klingen kann in Bayreuth - zumindest auf diesen Konserven ist das so. Ich kenne keine anderen Aufnahmen, die das Stück so zwingen und plastisch zugleich herüber bringen. Dem detailverliebten Knappertsbusch gelingt das womöglich noch eine Spur besser. Mein Eindruck ist, dass die spezielle Akustik diesem Werk sogar sehr gut tut. Sollte das nicht auch bei RIENZI der Fall sein? Darauf möchte ich wetten. Es käme doch auf den Versuch an. Nur der kann überzeugen. Man will das Werk nicht in Bayreuth. Erst recht nicht, nachdem die ungeliebte Nike öffentlich über eine Repertoireerweiterung nachgedacht hatte. Das ist des Pudels Kern. Alles andere scheint mir vorgeschoben.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dem Verfasser steht nicht an, zu beurteilen, ob es sich bei Rienzi um ein Frühwerk oder Meisterwerk handelt. Allerdings ist Rienzis Gebet schon immer eine meiner Lieblingsarien gewesen! Ich habe mir deshalb einmal alle Aufnahnen in meinem Besitz angehört und führe hier eine Abfolge von Qualität und Vorliebe auf:


    1.) Franz Völker


    2.) Maximilian Schmitt


    3.) Lauritz Melchior


    4.) Max Lorenz


    5.) August Seider


    6.) Siegfried Jerusalem


    7.) Peter Seiffert


    8.) Rene Kollo


    9.) Rudolf Schock


    10.) Klaus-Florian Vogt


    11.) Peter Hofmann


    12.) Placido Domingo


    Die Krone gehört dem Gralsboten Franz Völker. Seine technische Meisterschaft und sein lyrischer Wohlklang sind unerreicht, wobei hier Maximilian Schmitt, für mich der beste Lyrische Tenor Deutschlands der Gegenwart, meiner Meinung nach, neben ihm bestehen kann. Schmitt singt mit Schmelz und lyrischem Feuer, dabei technisch perfekt! Dann folgen die 3 großen, baritonalen Heldentenöre. Besonders Melchior ist gigantisch, die wirklich größte Stimme in diesem Fach, die bei dieser Arie auch noch die Lyrismen gewaltig klingen läßt. Von ähnlichem Kaliber sind Max Lorenz und August Seider, stimmgewaltiger und expressiver Wagner-Gesang, technisch vielleicht nicht perfekt, aber ich wünsche mir jedes Mal, wenn ich sie höre, daß wir heute noch solche Tenöre hätten. Dann folgt ein Trio der "Heutigen". Jerusalem, Kollo und Seiffert sind praktisch gleichwertig und sorgen so dafür, daß man für eine gute Rienzi-Gesamtaufnahme endlich einmal nicht weit in die Vergangenheit zurück muß, wie so oft bei Wagner, lyrischer Wohlklang, technisch gut ausgeführt. So unterschiedlich Rudolf Schock, Klaus Florian Vogt und Peter Hofmann auch sein mögen: Ihre Interpretation Rienzi-Gebetes eint die hörbare Ehrfurcht vor dieser Musik, ob nun Ehrfurcht vor der Qualität dieser Musik, oder vor deren technischer Schwierigkeit. Sie gehen vorsichtig zu Werke, Schock punktet mit seiner lyrischen Innerlichkeit, Hofmann mit dem Bemühen, seine baritonale, markige Stimme eben in diese lichten Höhen zu führen. Übrigens, in Hofmanns Aufnahme vermochte ich bei Weitem nicht so viele Intonationsfehler zu erkennen, wie der arrogante, von Hybris befallene Papst Kesting! Klaus-Florian Vogt sorgt auch hier für Verwunderung mit seiner überirdisch-esoterischen Stimme, aber man muß dann seinen "Knabensopran mit Turbolader" mögen. Oh Wunder! Der größte Opernsänger aller Zeiten, der Gott der Tenöre, als Letzter! Domingo punktet zwar auch hier mit seinem dunkel-balsamischen Bariton-Tenor, kämpft aber hörbar mit Musik und Sprache. In einem Buch über seine Partien verneinte Domingo, daß das Werk Rienzi sich an italienischen Opern orientieren würde. Hätte ihm die Partie des Rienzi gefallen, hätte Domingo bestimmt eine Gesamtaufnahme der Oper hinterlassen, wie er es immer tat! Mehr Aufnahmen von Rienzis Gebet habe ich nicht. Ich erbitte Meinungen!



    Gruß,


    Antalwin

  • Darf ich noch auf die Aufnahme von Stuttgart 1957 hinweisen? Wieland Wagner hat hier in nicht zu übertreffender Besetzung in einer leider auch gekürzten Fassung eine Bearbeitung hinterlassen, die auch Bayreuthwürdig war. Sie ist beim Hamburger Archiv für Gesangskunst erhältlich. Sorry, Antalwin, ich weiss, dass du WW nicht magst...

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  • Der größte Opernsänger aller Zeiten, der Gott der Tenöre,


    Die Rede war von Placido Domingo. Ist das jetzt ernst gemeint oder gönnst Du dir hier einen ironischen Ausflug, lieber Antalwin? Die Aufnahme mit Domingo kenne ich nicht. Offenbar singt er aber nur das Gebet. Sie klingt gewiss schön leicht und italienisch, was der Rolle ihre Wucht nimmt - aber auch einen Teil ihrer Wirkung. Ich bin schon der Meinung, dass Rienzi groß gesungen werden muss. Aber Domingo als der "größte Opernsänger aller Zeiten..."? Das ist sehr hoch gegriffen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Darf ich noch auf die Aufnahme von Stuttgart 1957 hinweisen? Wieland Wagner hat hier in nicht zu übertreffender Besetzung in einer leider auch gekürzten Fassung eine Bearbeitung hinterlassen, die auch Bayreuthwürdig war.


    Lieber m.joho, diese Aufnahme ist mir auch bekannt. Und ich teile Deine Wertung. Nun bin ich bei Dir ja an der richtigen Adresse wenn ich frage, was Wieland Wagner wohl bewogen haben mochte, sich auf diese gekürzte Fassung einzulassen?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Liebe Rheingold1876,


    die Zuschreibungen für Domingo waren tatsächlich leicht ironisch gemeint!



    Lieber m.jojo,


    ich habe in meinem Beitrag darauf hingewiesen, daß ich nur die Aufnahmen kommentiere, die ich selbst besitze, die Gesamtaufnahme mit Windgassen besitze ich nicht. Es wird Dich vielleicht verwundern, aber ich bin der Meinung, daß Wolfgang Windgassen ein guter Interpret des Cola Rienzi ist, weil die Partie gut für seine Stimme liegt!


    Eine Frage in die Runde: Es gibt angeblich einen Mitschnitt von Rienzi in italienischer Sprache aus der Scala von 1964 mit Giuseppe di Stefano. Hat diese hier jemand schon gehört?



    Danke und Gruß,


    Antalwin

  • Mich würde interessieren, ob bzw. wie stark die im Eingangsbeitrag erwähnte Aufzeichnung aus Toulouse gekürzt ist:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Eine Frage in die Runde: Es gibt angeblich einen Mitschnitt von Rienzi in italienischer Sprache aus der Scala von 1964 mit Giuseppe di Stefano. Hat diese hier jemand schon gehört ?


    Ja, den Mitschnitt gibt's. Gehört habe ich ihn noch nicht, obwohl ich ihn "irgendwo" habe. Jedenfalls handelt es sich hierbei um eine stark gekürzte Fassung des Werkes.


    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Lieber Don Gaiferos,


    mir ist es vergönnt, Rienzi schon 3x live erlebt zu haben. Als Jugendlicher mit Begeisterung in Gera, danach vor etwa 20 Jahren in Dresden mit Peter Seiffert und Petra Maria Schnitzer (konzertant, leicht gekürzt, trotzdem mit Pause fast 4 Stunden, es war ein Höchstgenuß) und vor etwa 6 Jahren in Leipzig.


    Ich halte Rienzi für ein meisterliches Frühwerk. Es hat meiner Meinung nach in der Ouvertüre den Charakter eines späten Verdi. Fachleute rechnen den Rienzi kompositorisch der Grand Opera zu, siehe auch das Ballett darin. Irgendwer hat einmal gesagt, daß Rienzi Meyerbeers beste Oper sei.


    Die machtvollen Chöre incl. des Römerchores "Ihr Römer, hört die Kunde" sind ein Markenzeichen, mit denen Wagner auf kommende, stark von Chören dominierte romatische Opern wie Lohengrin, Holländer und die Festwiese der Meistersinger hingearbeitet hat. Aber es ist noch nicht sein Stil, der mit seinen späteren Opern die musikalische Welt auf den Kopf gestellt hat. Gegenüber dem Liebesverbot und den Feen ist deutlich eine Entwicklung zu sehen. Warum Wagner allerdings sein Veto gegen eine Übernahme in Bayreuth eingelegt hat, das kann ich persönlich nicht verstehen. Mir gefällt der Rienzi außerordentlich gut.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Aus der Steinzeit meines Opernlebens kann ich dazu nur beisteuern:


    Ich habe während meiner Gesangsausbildung in der Stuttgarter Wieland-Wagner-Inszenierung des Rienzi im Verstärkungschor mitgesungen (Windgassen in der Titelpartie, Matacic am Pult, stark gekürzt). Die markantesten Stücke waren die Ouvertüre, einige Chöre und Rienzis Gebet. Im Übrigen viel Grand Opéra, also Aufmärsche, Ballett, große Ensembles.


    Mir wurde klar, warum Wagner das Stück nicht in den Bayreuth-Kanon aufgenommen hat: Das stringente Drama fehlte noch. Zwischen Rienzi und Holländer liegen zwar nur Monate, aber trotzdem Welten. Wagner hat beim Rienzi noch geübt; dabei sind ihm schon einige geniale Stücke gelungen, aber noch kein Ganzes. (Ähnlich wie Verdi bei Nabucco, der im selben Jahr 1842 entstand.)

  • Eine Frage in die Runde: Es gibt angeblich einen Mitschnitt von Rienzi in italienischer Sprache aus der Scala von 1964 mit Giuseppe di Stefano. Hat diese hier jemand schon gehört ?


    Lieber Antalwin, Manfred hatte Deine Frage, was die Existenz dieses "Rienzi" anbelangt" ja bereits beantwortet. Ich habe inzwischen mal wieder hineingehört und bin ganz überrscht, mit wieviel Kraft und Glanz di Stefano die Rolle noch 1964 zu singen vermag. Durch die Übersetzung ins Itaienische verliert das Werk etwas von seiner martialischen Anlage. Die andere Sprache tut ihm sehr gut. Es klingt nicht ganz so heroisch. Leider ist der Klang nicht perfekt. Inzwischen höre ich solche Mitschnitte nicht mehr gern. Für einen Eindruck reicht es allemal. Wer sich für die Oper interessiert, sollte sich dieses Dokument besorgen. Schließlich ist die Zahl der Aufnahmen, die meistens stark bis sehr stark gekürzt sind, übersichtlich.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Mir wurde klar, warum Wagner das Stück nicht in den Bayreuth-Kanon aufgenommen hat


    Lieber Sixtus, ich komme nochmal auf diesen Aspekt zurück. Gibt es denn von Wagner selbst konkrete Überlegungen, was er in Bayreuth aufgeführt wissen wollte? Ich hielt den so genannten Kanon immer für ein Konstrukt, welches sich erst nach Wagners Tod herausbildete. Irre ich mich da?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold,


    ich weiß nur, dass Wagner selbst noch festgelegt hat, dass die Reihe der Bayreuth-würdigen Opern mit dem Holländer beginnt. Vom Rienzi-Stil hatte er sich ja schon mit dem Holländer konsequent abgewandt.
    Belegen kann ich es nicht. Aber in dieser Frage herrschte bis in unsere Zeit relativer Konsens.
    Es gab zuweilen Überlegungen, den Kanon zu erweitern (nicht nur um den Rienzi), doch sind sie dann regelmäßig in der Versenkung verschwunden.
    Dass eine italienischsprachige Aufführung dem Stück gut täte, glaube ich sofort. Aber das betrifft auch den Lohengrin, der ja in Italien gern in der Landessprache aufgeführt wurde. Beim Tannhäuser (Monte Carlo!) wäre ich da eher skeptisch.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Beim Tannhäuser (Monte Carlo!) wäre ich da eher skeptisch.


    Danke für die rasche Antwort, lieber Sixtus. Der "Tannhäuser" ist ein ganz spezieller Fall. Die französische Fassung, die ich in Monte Carlo persönlich gesehen und gehört habe, ist nicht schlechthin eine 1:1-Übersetzung. Die Musik wurde von Wagner dezent aber hörbar der französischen Sprache angepasst. Man hört wirklich fast schon ein anderes Werk. Mich hat das schon fasziniert. Deshalb habe ich auch die ziemlich umständliche Reise nicht gescheut. Ich musste das mal hören!

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • Ich würde salomonisch sagen: Sowohl Früh- als auch Meisterwerk


    Die Aussage von Joseph ganz am Anfang der Diskussion bringt es genau auf den Punkt. Richard Wagner hatte sich noch nicht vom Stil der Grande Opera gelöst und sein Werk zum geschlossenen Drama entwickelt. Sein "Rienzi" ist allerdings obwohl noch romantische Nummernoper ein Geniestreich mit enormer Wirkung. Ich liebe diese Oper wegen der Ouvertüre, den wuchtigen Bläserakkorden, der herrlichen Tenorarie und , und und...... Schade, dass diese Prachtsoper so selten gegeben wird. Auf dem Grünen Hügel ist sie längst überfallig.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo,


    vielen Dank für die Antworten! Bezüglich der Gesamteinordnung von Rienzi finde ich es gerade gut, daß das Werk noch den Geist der Grand Opera vor Wagner atmet! Es zeigt, daß Wagner sehr wohl von Kollegen beeinflußt wurde. Für mich war Rienzi schon immer die erste, "echte" Wagner-Oper! Übrigens, vielleicht sollten wir einfach nur der Dinge harren, die da kommen. Katharina Wagner hat verkündet, Rienzi vielleicht in den Werk-Kanon der Bayreuther Festspiele aufzunehmen!


    Gruß,


    Antalwin

  • Auf ein Neues ! Ich werde jetzt meine Liste der Interpreten von Rienzis Gebet noch vervollständigen:


    1.) Franz Völker


    2.) Maximilian Schmitt


    3.) Lauritz Melchior


    4.) Max Lorenz


    5.) Jonas Kaufmann


    6.) August Seider


    7.) Wolfgang Windgassen


    8.) Siegfied Jerusalem


    9.) Peter Seiffert


    10.) Rene Kollo


    11.) Torsten Kerl


    12.) Rudolf Schock


    13.) Klaus Florian Vogt


    14.) Peter Hofmann


    15.) Placido Domingo


    Ziemlich hoch eingeordnet, Star Jonas Kaufmann. Der sonst sehr expressive Verismo-Tenor, singt das Gebet mit seiner baritonalen Stimme sehr beherrscht. Ungewohnt, aber hervorragend ausgeführt. Deswegen in der Gruppe Dramatischer Tenöre. Wolfgang Windgassen fehlt es auch hier an dramatischer Vibranz, Kraft und Volumen, aber in Rienzis Gebet kann er die Stärken seiner Stimme ausspielen: Schönklang, klangliche Konzentriertheit und hohe Wortverständlichkeit. Deshalb ausdrücklich im obersten Bereich! Die relativ hintere Platzierung von Torsten Kerl soll nicht als deutliche Rückstufung verstanden werden. Ich freue mich über jeden deutschzüngigen Tenor, der ins Heldenfach vordringt und sich dort hält, aber meines Erachtens hat Kerls Stimme keinen hohen Wiedererkennungswert! Ein Kuriosum am Rande: Sowohl Klaus Florian Vogt, als auch Torsten Kerl sind auf Live-Mitschnitten von Rienzi in der Tenor-Nebenpartie des Baroncelli zu hören. Kerl hat den Sprung zur Interpretation der Titelpartie schon getan, fehlt nur noch Klaus-Florian Vogt als Rienzi!


    Gruß,


    Antalwin

  • In der Reihe der Tenöre, die Rienzi hervorragend gesungen haben, sollte ein leider heute fast vergessener Tenor nicht fehlen: Hermin Esser. Das Gebet des Rienzi war ein Lieblingsstück von ihm, dass er besonders in Konzerten sehr gerne gesungen hat. Wolfgang Wagner sagte mir einmal, dass Bayreuth Hermin Esser ein Denkmal aufstellen sollte, weil er so häufig Vorstellungen als Einspringer gerettet hat. Esser war ein universeller Tenor, der mit seiner mächtigen, unverwüstlichen Stimme besonders im Wagner-Fach alles ausgezeichnet singen konnte. Wir sollten ihn deshalb nicht vergessen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vielen Dank, Operus!


    Es verwundert mich, daß keine Kommentare dazu kamen, weil ich den Lyriker Maximilian Schmitt in meiner Aufzählung an die zweite Stelle setzte? Hat jemand hier Schmitts Recital schon gehört? Übrigens, die italienische Gesamtaufnahme mit di Stefano als Rienzi konnte ich erwerben!


    Gruß,


    Antalwin

  • Hallo Antalwin, gewundert hatte ich mich schon, dass Maximilian Schmitt in Deiner Rienzi-Liste auf der zweiten Position erscheint. Mir gefallen eigentlich solche überraschenden Wertungen. Nur kann ich nicht viel dazu sagen, weil ich besagte CD nicht besitze. :( Bei Spotify ist sie leider auch nicht verfügbar. Und auf gut Glück will ich sie nicht anschaffen, weil ich schon jetzt nicht mehr weiß, wohin mit CDs. Ich kenne Schmitt vornehmlich als Liedsänger, zum Beispiel mit der "Schönen Müllerin", die auch bei Oehms herausgekommen ist. Er singt die Lieder sehr schön leicht, hell und auf eine gewisse Weise schlicht. Und er singt sie mit junger Stimme, was ich auch zu schätzen weiß. Daraus nun Schlüsse auf den Rienzi zu ziehen, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit. Ich bin aber überzeugt, dass er das so genannte Gebet stilistisch sauber hin bekommt. Als Einzelstück, als Solitär. Aber die ganze Partie? Da muss es schon ein anderes Kaliber sein, sonst ist sie nicht durchzustehen.


    Was brachte Dich auf Schmitt?


    Es gibt so eine ungewöhnliche lyrische Studioeinspielung des Gebets auch mit Josef Traxel von 1960. Traxel sang in der bereits von m.joho in Beitrag 10 erwähnten Stuttgarter Produktion Wieland Wagners mit Windgassen in der Titelpartie den Adriano. Traxel, den ich sehr schätze, hat schon seine Mühe mit der Szene. So ähnlich könnte ich sie mir auch Schmitt auch vorstellen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Liebe Rheingold1876,


    ich habe mir erst eine Lied-CD und dann das neue Arien-Recital von Schmitt gekauft und die Stimme gefällt mir sehr gut! Um einer eventuellen Falschinterpretationen vorzubeugen: Ich bin nicht der Meinung, daß Maximilian Schmitt den Cola Rienzi auf der Bühne singen kann, oder es tun wird. Er ist, zumindest jetzt noch, ein Lyrischer Tenor! Ich habe nur die Meinung vertreten, daß er Rienzis Gebet, eine Arie aus dieser Oper, fast perfekt singt! Aber Du hast damit ein grundsätzliches Problem angesprochen: Den Vergleich von Aufnahmen. Die Studio-Aufnahme einer Partie in einer Oper, oder einzelner Arien daraus, wird in der sängerischen Qualität immer besser sein, als ein vergleichbarer Höreindruck von SängerInnen, die die Partie live auf der Bühne singen. Das Studio schafft eine eigene Realität! Das berühmteste Beispiel hierfür ist Richard Tauber. Der sehr lyrische Tenor Richard hat als einzige Wagner-Partie Froh auf der Bühne gesungen, nahm aber die Gralserzählung, "Am stillen Herd", Stolzings Preislied und "Winterstürme wichen dem Wonnemond" auf Platte auf. Papst Jürgen Kesting bespricht die Aufnahmen euphorisch und rühmt sie für alle Wagnertenöre als exemplarisch. Tauber gelingen die Arien ohne Zweifel hervorragend, aber Kestings Verabsolutierung ist unfaire Beleidigung aller Tenöre, die Lohengrin, Stolzing und Siegmund je auf der Bühne sangen! Ich fand den Vergleich von Studioaufnahmen von Rienzis Gebet, nur des Gebetes, reizvoll und ein Lyrischer Tenor der jüngeren Generation, Maximilian Schmitt, hat mich stark beeindruckt. Aber würde ich Gesamtaufnahmen der Oper vergleichen, hätten alle diejenigen Tenöre einen Stein im Brett, von denen ich wüßte, daß sie den Rienzi auf der Bühne gesungen haben. Vielen Dank für die Frage und dafür, daß ich sie beantworten durfte!


    Gruß,


    Antalwin

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